Illness name: alveolitis
Description:
Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).
Eine
Alveolitis
ist eine Entzündung der kleinen Lungenbläschen (Alveolen), an denen der Gasaustausch zwischen Blut und Atemluft stattfindet. Sie entwickelt sich in vielen Fällen berufsbedingt. So sind etwa Landwirte, die den Staub von schimmeligem Heu einatmen, oft von einer Alveolitis betroffen. Lesen Sie alles Wichtige zu Ursachen, Symptomen, Diagnostik und Therapie der Alveolitis.
Eine Alveolitis ist eine Entzündung der Lungenbläschen (Lungen-Alveolen). Eine ausgewachsene
Lunge
weist rund 400 Millionen solcher Lungenbläschen auf. Zusammengefasst bilden sie eine Fläche von etwa 100 Quadratmetern. Auf dieser riesigen Fläche findet der Gasaustausch zwischen
Blut
(in den Gefäßen rund um die Alveolen) und eingeatmeter Luft (in den Alveolen) statt: Über die dünne Wand der Alveolen wird der Sauerstoff der eingeatmeten Luft in das Blut aufgenommen und Kohlendioxid aus dem Blut in die Luft abgegeben.
Oftmals ist die Entzündung der Lungenbläschen - Alveolitis - allergisch bedingt (
exogen allergische Alveolitis, EAA
): Die Betroffenen reagieren allergisch auf eingeatmete Fremdstoffe. Bei diesen Allergieauslösern (Allergenen) kann es sich beispielsweise um Pilzsporen, Bakterienbestandteile, Mehle, Chemikalien oder tierische Eiweiße in Exkrementen (wie Vogelkot) handeln.
Eine andere Bezeichnungen für die exogen allergische Alveolitis ist Hypersensivitätspneumonitis. Sie kann akut oder chronisch verlaufen. Bei Erwachsenen ist die akute Form häufiger, bei Kindern dagegen die chronische.
Manchmal ist der Auslöser einer Alveolitis nicht eine Allergie, sondern eine Infektion, ein Giftstoff (Toxin) oder eine immunologische Systemerkrankung. Dieser Text hier befasst sich aber ausschließlich mit der exogen allergischen Alveolitis.
Die EAA ist eine relativ seltene Erkrankung. Je nach Auslöser der allergisch bedingten Alveolitis beziehungsweise betroffener Personengruppe unterscheiden Mediziner verschiedene Krankheitsformen. Am häufigsten sind die Vogelhalterlunge, Farmerlunge und Befeuchterlunge:
Weitere Formen von exogen allergischer Alveolitis sind zum Beispiel die
Saunabesucherlunge
(ausgelöst durch Pilzsporen auf verschlimmeltem Holz),
Waschmittellunge
(durch Enzymproteine aus Waschmitteln),
Innenraumalveolitis
(durch Schimmelpilz im Haus),
Holzarbeiterlunge
(durch Holzstäube, Schimmelpilz),
Dampfbügeleisenalveolitis
(durch bakteriell verunreinigtes Wasser im Bügeleisen) und
Chemiearbeiterlunge
(z.B. durch Isocyanate, freigesetzt etwa bei der Herstellung von Polyurethanschaum).
Die
akute Form der exogen allergischen Alveolitis (EAA)
macht sich oft vier bis 12 Stunden nach Kontakt mit einer großen Dosis des Allergens, gegen das der Betroffene sensibilisiert ist, bemerkbar (z.B. beim Umlagern von verschlimmeltem Heu). Der Patient fühlt sich krank, hat Kopf- und Gliederschmerzen, Reizhusten und Atemnot. Der Nasen- und Rachenraum ist wie bei einer
Erkältung
entzündet. Manchmal treten auch Fieber und
Schüttelfrost
auf. Wird der Kontakt zum Allergen unterbrochen, nimmt das Beschwerdebild innerhalb von zwei bis vier Tagen ab - auch ohne Therapie.
Die Symptome einer akuten EAA können leicht mit denen einer
Lungenentzündung
verwechselt werden!
Die
chronische Form der EAA
entwickelt sich, wenn jemand über Monate oder Jahre hinweg immer wieder Kontakt mit kleineren Mengen des Allergens hat (z.B. Halter von Ziervögeln). Die anhaltende Entzündung führt zu bindegewebsartigen Umbauprozessen im Lungenzwischengewebe (Gewebe zwischen den luftführenden Abschnitten) sowie einer Verdickung der Alveolenwände (behindert den Gasaustausch!). Bemerkbar macht sich dies an schleichend zunehmenden unspezifischen Beschwerden - darunter vor allem an zunehmender Kurzatmigkeit (Atemnot) bei körperlicher Belastung. Weitere häufige Symptome sind
Müdigkeit
, Appetitmangel,
Gewichtsabnahme
, langsamer Leistungsabfall und Krankheitsgefühl.
In schweren Fällen von chronischer Alveolitis kommt es zu fortschreitenden Vernarbungen im Lungegewebe (
Lungenfibrose
).
Eine exogen allergische Alveolitis beruht auf einer allergischen Reaktion gegen Substanzen, die mit der Atemluft in die Lunge gelangen. Beim Erstkontakt mit einer bestimmten Fremdsubstanz (z.B. tierische Eiweiße aus Vogelkot, Pilzsporen) wird das Immunsystem dagegen sensibilisiert: Es stuft die Substanz als gefährlich ein und entwickelt Antikörper dagegen. Beim nächsten Einatmen des betreffenden Allergens startet das Immunsystem das volle Abwehrprogramm gegen den Eindringling. Als Folge davon entzünden sich die Alveolen.
Insgesamt ist eine exogen allergische Alveolitis selten. Bei Risikogruppen wie Vogelzüchtern oder Landwirten tritt sie aber häufiger auf und kann bis zur Berufsunfähigkeit führen. Raucher erkranken aus noch ungeklärten Gründen seltener an einer EAA.
Bei möglichen Symptomen einer exogen allergischen Alveolitis sollten Sie einen Lungenfacharzt oder Arbeitsmediziner aufsuchen. Eine rasche Diagnosestellung ist wichtig, um schnell eine Behandlung einleiten und so langfristige Schäden an der Lunge verhindern zu können. In einem ersten Gespräch wird der Arzt zunächst Ihre
Krankengeschichte
erheben (
Anamnese
). Dabei fragt er zum Beispiel:
Im Anschluss an das Anamnesegespräch folgt eine
körperliche Untersuchung
. Bei einem akuten Verlauf der EAA hört der Arzt beim Abhören der Lunge ein Knisterrasseln.
Bei einer exogen allergischen Alveolitis mit akutem Verlauf ist ein Röntgenbild der Lunge (
Röntgen-Thorax
) eher unspezifisch. Aussagekräftiger ist eine hochauflösende
Computertomografie
(HR-CT).
Generell gut mittels Bildgebung darstellbar ist eine chronische EAA mit den damit einhergehenden bindegewebigen Umbauvorgängen und Vernarbungen im Lungengewebe, auch im
Röntgen
.
Der Begriff "bronchoalveoläre Lavage" bezeichnet das
Ausspülen der unteren Atemwege
(inkl. Alveolen) im Rahmen einer
Bronchoskopie
durchgeführt wird: Der Arzt führt ein sogenanntes Bronchoskop - einen starren oder flexiblen Schlauch mit einer integrierten Kamera - über die
Nase
oder den
Mund
in die Atemwege ein. Über diesen Schlauch leitet er dann Spülflüssigkeit in die Lunge (bis in die Alveolen), die im Anschluss wieder abgesaugt wird.
Auf diese Weise lassen sich Sekret und Zellen aus den unteren Atemwegen gewinnen und im Labor genauer untersuchen. Bei einer exogen allergischen Alveolitis findet sich ein auffälliges Verhältnis bestimmter Immunzellen in der Spülflüssigkeit.
Mit einem
Lungenfunktionstest
prüft der Arzt, ob und wie schwer die Lungenfunktion durch die Alveolitis beeinträchtigt ist. Dazu muss der Patient über das Mundstück eines Messgerätes ein- und ausatmen. Gemessen wird, wie viel Luft der Patient in welcher Zeit ein- und ausatmen kann und wie gut der Gasaustausch (Sauerstoff, Kohlendioxid) funktioniert. Die Ergebnisse können die Diagnose einer Alveolitis unterstützen.
Blutuntersuchungen
können ebenfalls helfen, eine exogen allergische Alveolitis zu diagnostizieren: Im Blut des Betroffenen wird gezielt nach spezifischen Antikörpern gegen das im Verdacht stehende Allergen gesucht. Gelingt der Nachweis, bestätigt dies den Verdacht.
In unklaren Fällen muss manchmal eine kleine
Probe des Lungengewebes
(
Biopsie
) entnommen und unter dem Mikroskop untersucht werden, um die Diagnose zu sichern.
Ebenfalls in unklaren Fällen kann ein
Provokationstest
- eine Form von
Allergietest
- sinnvoll sein: Der Arzt lässt dabei den Patienten eine kleine Menge des im Verdacht stehenden Allergens einatmen. Treten daraufhin tatsächlich Allergiesymptome (wie Kurzatmigkeit) auf, liegt der Arzt mit seinem Verdacht richtig. Ein Provokationstest ist allerdings nur ganz selten notwendig - meist lässt sich bereits durch den Nachweis spezifischer Antikörper im Blut sicher sagen, welches Allergen die Alveolitis auslöst.
Außerdem sollte ein Provokationstest am besten unter stationärer Aufsicht in spezialisierten Zentren durchgeführt werden - der Allergenkontakt könnte einen schweren Anfall von Atemnot mit Sauerstoffmangel im Blut hervorrufen.
Zur Diagnose einer exogen allergischen Alveolitis kann gegebenenfalls auch die Analyse des Arbeitsplatzes durch einen Hygienespezialisten beitragen.
Der Arzt muss bei der Diagnosefindung eine exogen allergische Alveolitis gegen andere Erkrankungen mit ähnlichem Beschwerdebild abgrenzen. Zu diesen sogenannten Differenzialdiagnosen gehört vor allem
Asthma
, un dzwar vor allem allergisches Asthma. Unterscheidungsmerkmale sind unter anderem:
Zunächst sollte der Patient nach Möglichkeit
jeden weiteren Kontakt zum Allergen meiden
. Wer etwa eine Vogelhalterlunge hat, muss alle Vögel aus der Wohnung entfernen und sich auch von Federbetten, -kissen und Daunenkleidung verabschieden.
Wenn sich berufsbedingt ein Allergenkontakt nicht völlig vermeiden lässt, kann man zumindest versuchen, die Alveolitis-Beschwerden mit geeigneten
Präventivmaßnahmen
zu reduzieren. Dazu kann etwa das Tragen einer Schutzmaske, der Einbau eine guten Lüftungssystems beziehungsweise die fachgerechte Wartung der Klimaanlagen gehören. Nicht immer aber reichen solche Maßnahmen aus. Unter Umständen können Patienten dann gezwungen sein, ihre Stelle oder gar ihren Beruf zu wechseln.
Eine
akute exogen allergische Alveolitis
wird bei Bedarf mit Glukokortikoiden ("Kortison" wie
Prednison
) behandelt: Diese wirken als Entzündungshemmer und Immunsuppressiva (dämpfen also Immunreaktionen). Das kann akute Symptome wie Atemnot und Fieber lindern.
Auch bei einer
chronischen EAA
kann Kortison - in höherer Dosierung und bei längerer Anwendung - hilfreich sein. Meist verschreibt der behandelnde Arzt hier aber stärker wirksame Immunsuppressiva (z.B.
Azathioprin
,
Methotrexat
), um das Fortschreiten der Lungenfibrose aufzuhalten. Gegen bereits bestehende Lungenveränderungen und -schäden können die Medikamente aber nichts ausrichten.
Rehamaßnahmen wie Lungensport sind ein wichtiger Therapiebaustein bei chronischen Atemwegserkrankungen, auch bei chronischer exogen allergischer Alveolitis. Das gezielte körperliche Training kann die Leistungsfähigkeit steigern, die Atemnot verringern und auch der Psyche gut tun. Insgesamt verbessert sich dadurch die Lebensqualität der Patienten. Wichtig ist aber eine angemessene Dosierung der Belastung - weder zu viel noch zu wenig, lautet die Devise. Betroffene erhalten deshalb ein individuell angepasstes Trainingsprogramm.
Gelingt es den Betroffenen, die auslösenden Allergene strikt zu meiden, heilt eine
akute exogen allergische Alveolitis
in der Regel vollständig aus.
Bei
chronischem Verlauf
hat diese Alveolitis dagegen eine schlechtere Prognose: Weder durch das Meiden des Allergens noch durch Medikamente lassen sich die bestehenden narbigen (fibrotischen) Veränderungen im Lungengewebe rückgängig machen. Man kann nur das Fortschreiten der Lungenfibrose aufhalten - und das ist extrem wichtig:
Bei zunehmend vernarbtem, verdicktem Lungengerüst muss nämlich das
Herz
gegen einen höheren Widerstand das Blut aus der rechten Herzkammer in den
Lungenkreislauf
pumpen. Der resultierende Lungenhochdruck (
pulmonale Hypertonie
) kann zu einer
Herzschwäche
(
Herzinsuffizienz
) führen - genauer gesagt zu einer Rechtsherzschwäche infolge eines
Cor pulmonale
(Lungenherz). Den Betroffenen hilft dann meist nur noch eine
Lungentransplantation
.
Um einer exogen allergischen Alveolitis vorzubeugen, sollte man beispielsweise Schimmelpilz keine Chance geben, sich im eigenen Umfeld auszubreiten. Das heißt etwa, das eigene Zuhause richtig heizen und lüften und auch regelmäßig Luft an die Matratze zu lassen - das beugt einem Schimmelpilzbefall vor. Aus dem gleichen Grund sollten Luftbefeuchter und Klimaanlagenregelmäßig gewartet werden - auch am Arbeitsplatz. Dort können noch andere arbeitsmedizinischen Maßnahmen eine Belastung mit Allergenen (nicht nur Pilzsporen, sondern beispielsweise auch Chemikalien) reduzieren und somit einer exogen allergischen
Alveolitis
vorbeugen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).
Alveolitis
Alveolitis: Beschreibung
Exogen allergischer Alveolitis: Formen
Alveolitis: Symptome
Alveolitis: Ursachen und Risikofaktoren
Alveolitis: Untersuchungen und Diagnose
Bildgebung
Bronchoalveoläre Lavage
Lungenfunktionsprüfung
Sonstige Untersuchungen
Abgrenzung zu Asthma
Alveolitis: Behandlung
Medikamente
Lungensport
Alveolitis: Krankheitsverlauf und Prognose
Alveolitis: Vorbeugung
Autoren- & Quelleninformationen