Illness name: hyperhidrose
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Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.
Schwitzen an sich ist keine Krankheit -
Hyperhidrose
(also krankhaftes Schwitzen) aber schon. Die Betroffenen schwitzen übermäßig stark. Ausschlaggebend für die Diagnose ist allerdings nicht die Schweißmenge, sondern die Fehlfunktion: Das Schwitzen geht weit über seine natürliche Funktion - die Regulierung der Körpertemperatur - hinaus. Lesen Sie hier, welche Hyperhidrose-Formen es gibt, wie sich die Hyperhidrose äußert und wie man sie behandeln kann.
Hyperhidrose ist der medizinische Begriff für starkes, krankhaftes Schwitzen, das deutlich über die eigentliche Funktion des Schwitzens - die Regulierung der Körpertemperatur - hinausgeht. Das heißt: Nicht jeder, der stark schwitzt, leidet an Hyperhidrose. Nur, wenn das Schwitzen unabhängig von der Temperaturregulierung (wie sie etwa bei Hitze oder körperlicher Anstrengung notwendig ist) auftritt, handelt es sich um eine medizinisch relevante Symptomatik.
Untersuchungen zeigen, dass bei Hyperhidrose-Patienten die
Zahl der Schweißdrüsen nicht erhöht
ist, die Drüsen sind auch nicht vergrößert. Die vermehrte Schweißabsonderung liegt vielmehr an einer
Überstimulation der Schweißdrüsen
, die durch das vegetative Nervensystem ausgelöst wird. Je nachdem, was dafür verantwortlich ist, unterscheiden Mediziner zunächst die primäre von der sekundären Hyperhidrose:
Der primären Hyperhidrose liegen keine erkennbaren Ursachen zugrunde. Sie zeigt sich meist an bestimmten Körperstellen (
fokale Hyperhidrose
), vorwiegend unter den Achseln (axilläre Hyperhidrose), an der Stirn, den Händen (palmare Hyperhidrose), Füßen (plantare Hyperhidrose) und im Leistenbereich. Auch eine Hyperhidrose am Kopf, im Gesicht oder im Intimbereich ist möglich.
Im Unterschied zu dieser fokalen Hyperhidrose zeigt sich eine
generalisierte Hyperhidrose
am gesamten Körper, ohne dass einzelne Bereiche stärker betroffen sind als andere.
Meist beschränkt sich die primäre Hyperhidrose auf die Zeit der Pubertät und das junge Erwachsenenalter. Mit zunehmendem Alter verschwindet sie in der Regel von selbst.
Die sekundäre Form der Hyperhidrose tritt oft im Zusammenhang mit bestimmten Erkrankungen auf. Sie kann aber auch durch Medikamente wie Betablocker, Schilddrüsenhormone, Antidepressiva oder Kortisonpräparate ausgelöst werden.
Als krankheitsbedingte Ursachen kommen zum Beispiel infrage:
Auch Frauen in den Wechseljahren sowie während einer Schwangerschaft können unabhängig von der Temperaturregulierung übermäßig stark schwitzen.
Was Sie selbst gegen starkes Schwitzen tun können, erfahren Sie im Beitrag
Schwitzen
.
Bei der sekundären Hyperhidrose konzentriert sich die Hyperhidrose-Behandlung auf die zugrunde liegende Erkrankung wie Schilddrüsenüberfunktion. Damit bessert sich dann meist auch das übermäßige Schwitzen.
Für die primäre Hyperhidrose haben sich verschiedene Therapieverfahren etabliert - von speziellen Deodorants oder Cremes (Antiperspiranzien) über bestimmte Medikamente und Stimulanzien bis hin zur operativen Eingriffen.
Für Deutschland und Österreich gilt: Informieren Sie sich im Vorfeld bei Ihrer Krankenkasse über eine mögliche Übernahme der Therapiekosten bei Hyperhidrose (Operation etc.). Die Kosten der Behandlung in der Schweiz werden nicht von der Grundversicherung getragen. Allerdings wird die Hyperthyreose-Behandlung von einzelnen Krankenkassen im Rahmen einer Zusatzversicherung bezahlt. Fragen Sie im Vorfeld bei Ihrer Kasse nach.
Antiperspiranzien gibt es in Form von Deodorants und Cremes: Die Spezial-Deos eignen sich für starkes Schwitzen in den Achseln. Mit einer Antiperspirant-Creme lassen sich Schweißhände und Schweißfüße behandeln.
Die Wirkung der Antiperspiranzien beruht auf den enthaltenen Aluminiumsalzen. Diese verschließen die Schweißdrüsen vorübergehend, was die Schweißmenge reduziert. Die Anwendung sollte stets abends erfolgen, weil man bei fokaler Hyperhidrose nachts nicht schwitzt.
Antiperspiranzien sind meist die erste Maßnahme, mit der man eine Hyperhidrose zu behandeln versucht. Reicht ihre Wirkung nicht aus, können weitere Therapiemethoden zum Einsatz kommen.
Aluminiumsalze standen lange im Verdacht, krebsauslösend zu sein. Nach aktuellem Forschungsstand gibt es aber keine wissenschaftlichen Belege für diese These. Deshalb empfehlen Experten den Einsatz von Antiperspiranzien zur Behandlung der Hyperhidrose. Allerdings sollten die Produkte sparsam verwendet werden.
Die Methode bietet sich vor allem bei einer Hyperhidrose der Hände oder Füße an. Dabei werden die betroffenen Körperstellen mehrmals in der Woche für 20 bis 30 Minuten in Stromwasser gebadet. Nach einer Schulung können Betroffene dies auch selbstständig zuhause machen (mit dem dafür erforderlichen medizinischen Gerät). Damit die Behandlung erfolgreich ist, muss sie dauerhaft durchgeführt werden.
Prinzipiell kann die Leitungswasser-Iontopherese auch bei einer axillären Hyperhidrose angewendet werden. Sie gestaltet sich hier aber etwas aufwendiger - das Stromwasser muss mithilfe eines Schwämmchens in den Achseln aufgetragen werden. Zudem sind die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Behandlung bei axillärer Hyperhidrose weniger gut durch klinische Studien belegt als bei Schweißhänden und Schweißfüßen.
Botulinumtoxin A ist ein Nervengift. Es wird vor allem dann injiziert, wenn eine lokale Behandlung (z.B. mit einem Antiperspirant-Deo) nicht ausreichend gegen die Hyperhidrose hilft.
Die Injektionstherapie ist die wirksamste Methode zur Behandlung der Hyperhidrose an den Achseln. Gegebenenfalls kann sie aber auch zur Schweißreduktion an anderen Körperstellen wie den Händen eingesetzt werden.
Das Nervengift wird an 15 bis 20 (Achseln) bzw. 40 bis 50 (Hände, Füße) definierten Punkten injiziert. Es blockiert vorübergehend bestimmte, an der Schweißproduktion beteiligte Nervenfasern. Da die Wirkung mit der Zeit nachlässt, müssen die Injektionen wiederholt werden. Meist genügen ein- bis zwei Injektionsbehandlungen pro Jahr.
Die in Deutschland, Österreich und der Schweiz verfügbaren Botox-Präparate sind nur für die axilläre Hyperhidrose zugelassen. Ihre Anwendung an anderen Körperstellen wie Händen oder Füßen erfolgt außerhalb der Zulassung ("off-label").
Eine Behandlung mit Radiofrequenz, Mikrowellen oder Ultraschall soll die Schweißdrüsen durch subkutan (unter die
Haut
) zugeführte Wärme so schädigen, dass sie weniger Schweiß produzieren. Problematisch ist allerdings, dass dabei neben den Schweißdrüsen auch andere Haut- und Nervenstrukturen in Mitleidenschaft gezogen werden können. Zur Anwendung kommen diese Methoden deshalb vor allem im weniger sichtbaren Achselbereich.
Von den drei Methoden gilt die Radiofrequenztherapie als am besten erforscht und wirksam. Alle Verfahren werden unter lokaler Betäubung durchgeführt und sollten nach einmaliger Anwendung Wirkung zeigen. Ist dies nicht der Fall, raten Experten zu anderen Behandlungsformen, insbesondere zur Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A.
In schweren Fällen, die auf keine der konservativen Behandlungsmethoden ansprechen, kann möglicherweise eine Hyperhidrose-Operation helfen.
Bei der axillären Hyperhidrose kommt eine chirurgische Schweißdrüsenentfernung in Betracht. Es stehen dafür verschiedene Verfahren zur Auswahl:
Hände, Füße und Gesicht kommen für eine chirurgische Schweißdrüsenentfernung nicht infrage. Vor allem bei palmarer Hyperhidrose bietet sich alternativ die sogenannte Endoskopische thorakale Sympathektomie (ETS) an. Aber auch Menschen, die im Gesicht oder in den Achseln übermäßig stark schwitzen, können von dieser operativen Hyperhidrose-Behandlung profitieren:
Der Eingriff wird meist von einem Neurochirurgen durchgeführt. Dieser unterbricht bei dem Eingriff einen bestimmten Nervenstrang des
sympathischen Nervensystems
im Brustkorb (
Thorax
), zum Beispiel mit Hilfe von elektrischem Strom (Hitze!). Dadurch verringert sich die Stimulation der Schweißdrüsen an den oberen Extremitäten, in den Achseln und im Gesicht.
Eine Hyperhidrose an diesen Körperstellen lässt sich mit dem Eingriff dauerhaft behandeln. Häufig schwitzen Betroffene in der Folge aber verstärkt in anderen Körperregionen (kompensatorisches Schwitzen).
In etwa der Hälfte der Fälle bessert die thorakale Sympathektomie als Nebeneffekt auch eine gleichzeitig bestehende Hyperhidrose an den Füßen. Wie dies neurophysiologisch möglich ist, weiß man nicht. Gezielt gegen Schweißfüße bietet sich eine ähnliche Operation an - die lumbale Sympathektomie. Auch hier wird ein Nervenstrang des Sympathikus unterbrochen, allerdings im Lendenbereich und nicht im Brustkorb. In Einzelfällen konnte dieser Eingriff eine hartnäckige Hyperhidrose an den Füßen bessern.
Als systemisch (im ganzen Körper) wirkende Medikamente gegen Hyperhidrose kann der behandelnde Arzt sogenannte
Anticholinergika
verschreiben (vor allem bei generalisierter Hyperhidrose). Sie wirken nach der Einnahme entspannend auf das Nervensystem. Dadurch werden für die Schweißbildung nötige Nervenreize vorübergehend nicht mehr weitergeleitet.
Anticholinergika werden aber in der Regel nicht als Dauerbehandlung eingesetzt, sondern nur zeitweise. Der Grund: Sie entfalten ihre Wirkung auch an anderen Körperstellen. Dadurch erklären sich die recht häufigen Nebenwirkungen wie
Mundtrockenheit
, Störung der Nah- und Ferneinstellung des Auges,
Herzrasen
, Störungen der Blasenentleerung und Konzentrationsprobleme.
Die Anwendung von systemischen Anticholinergika kann andere Maßnahmen der Hyperhidrose-Therapie nicht ersetzen, sondern nur situationsweise ergänzen.
Gelegentlich verordnen Ärzte bei Hyperhidrose auch
andere Medikamente
, die systemisch wirken, wie Psychopharmaka, Tranquilizer, Sedativa oder Betablocker. Zu deren Wirksamkeit bei Hyperhidrose liegen allerdings keine kontrollierten Studien vor. Experten empfehlen die Anwendung solcher Medikamente daher nur in Einzelfällen, wenn nachweislich psychische Belastungen im Vordergrund stehen - also vermutlich eine sekundäre Hyperhidrose infolge einer psychischen Grunderkrankung vorliegt.
Das Hauptsymptom der Hyperhidrose ist die verstärkte Schweißabsonderung, die nicht durch äußere Faktoren wie Hitze oder körperliche Anstrengung erklärbar ist. Treten weitere weitere Symptome wie Fieber, Kurzatmigkeit oder Leistungsschwäche auf, spricht dies für eine sekundäre, krankheitsbedingte Hyperhidrose.
Auch eine nächtliche Hyperhidrose ("Nachtschweiß") kann ein Zeichen für eine vorliegende Grunderkrankung sein. So gehen Krebserkrankungen wie Leukämie oft mit nächtlichen Schweißausbrüchen einher.
Eine Hyperhidrose in den Achseln, an den Händen und/oder Füßen lässt sich je nach Ausprägung der Symptomatik in drei Schweregrade unterteilen:
Wenn Sie unter starkem Schwitzen leiden, ist der Hausarzt erster Ansprechpartner. Er wird Sie gegebenenfalls für die weitere Diagnostik und Behandlung der Hyperhidrose an einen Hautarzt (Dermatologen) überweisen.
Für die Diagnose einer Hyperhidrose liefern das Anamnesegespräch, klinische Untersuchungen und Bildgebung sowie gegebenenfalls spezielle Tests.
Im Rahmen der
Anamnese
fragt der Arzt den Patienten zum Beispiel:
Routinemäßig wird der Arzt den Patienten körperlich untersuchen. Weiterführende Untersuchungen können notwendig sein, um diverse Erkrankungen als Ursache für das übermäßige Schwitzen nachzuweisen beziehungsweise auszuschließen. Das können unter anderem Blutanalysen (z.B. Bestimmung der Schilddrüsenhormone), bildgebende Verfahren (etwa bei Tumorverdacht) sowie eine Messung der Herzaktivität mittels
EKG
(bei Verdacht auf Herzrhythmusstörungen) sein.
Bei der fokalen Hyperhidrose - also ausgeprägtem Schwitzen an bestimmten Körperstellen - können spezielle Hyperhidrose-Tests helfen:
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.
Hyperhidrose
Kurzübersicht
Was ist Hyperhidrose?
Hyperhidrose: Ursachen
Primäre Hyperhidrose
Sekundäre Hyperhidrose
Wie kann Hyperhidrose behandelt werden?
Antiperspiranzien
Leitungswasser-Iontophorese
Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A
Radiofrequenz, Mikrowellen, Ultraschall
Chirurgische Behandlung
Chirurgische Schweißdrüsenentfernung
Thorakale Sympathektomie
Systemische Therapie
Wie äußert sich Hyperhidrose?
Einteilung in Schweregrade
Hyperhidrose: Welcher Arzt ist zuständig?
Wie erkennt der Arzt eine Hyperhidrose?
Anamnese
Untersuchungen
Spezielle Tests bei fokaler Hyperhidrose
Autoren- & Quelleninformationen