Illness name: savant syndrom
Description:
Hanna Rutkowski ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.
Das
Savant-Syndrom
oder auch
Inselbegabung
beschreibt das Phänomen, dass Menschen eine außergewöhnliche Begabung in einem speziellen Teilbereich besitzen. Meist haben sie eine geistige Behinderung oder eine Entwicklungsstörung. Nicht selten erlangen diese Ausnahmetalente Berühmtheit als Maler, Musiker oder Rechenprofis. Lesen Sie hier mehr über das Savant-Syndrom.
Oft zeigen Menschen mit
geistiger Behinderung
oder einer
tief greifenden Entwicklungsstörung
, zu denen etwa
alle Formen des
Autismus
gehören, herausragende Fertigkeiten in einem kleinen, spezialisierten Teilbereich. Die Bezeichnung "
Inselbegabung"
beschreibt vielleicht noch besser, worum es sich bei diesem Phänomen genau handelt.
Der Begriff "Savant" stammt aus dem Französischen und bezeichnet einen "Wissenden".
Aufgrund ihrer Erkrankung verfügen die Betroffenen oft über eine verminderte Intelligenz. So sind Autisten oder geistig retardierte Personen in den meisten Lebensbereichen überfordert und auf Hilfe angewiesen.
Doch in einem ganz bestimmten Gebiet, einer Insel, besitzen sie außergewöhnliche Fähigkeiten. Die Savants widmen sich dabei mit aller Hingabe und Zeit oft nur diesem einen, äußerst speziellen Interessensgebiet. Liegt der Intelligenzquotient vieler Savants unter dem Wert von 70, also weit unter dem Durchschnitt, so ist er oft gerade in ihrem speziellen Bereich überdurchschnittlich hoch.
Doch das Savant-Syndrom muss nicht zwangsläufig an einen unterdurchschnittlichen Intelligenzquotienten gekoppelt sein. Auch Begabte mit normalem oder überdurchschnittlichem IQ sind bekannt. Außerdem Fälle, bei denen die Inselbegabung nicht angeboren ist, sondern erst später erworben wurde.
Die Ursache der Inselbegabungen liegt bis heute im Dunklen.
Wissenschaftler versuchen, dem Rätsel der Savants auf die Spur zu kommen. Die außergewöhnliche Gedächtnisleistung vieler Personen mit Savant-Syndrom ist dabei besonders interessant. Die Frage nach den Strategien für dieses enorme Erinnerungsvermögen und wie es zu diesen Leistungen kommt, ist immer noch ungeklärt. In den vergangenen Jahren entwickelten Psychologen und andere Wissenschaftler verschiedene Theorien, um das Phänomen zu erklären. Belegen ließ sich allerdings noch keine — auch weil etwa die erstaunlich begabten Savants recht selten sind. Weltweit sind nur rund 100 Fälle bekannt.
Eine Theorie ist, dass ein Überschuss am männlichen Sexualhormon
Testosteron
im
Fruchtwasser
das Gehirnwachstum beschleunigt und so Gehirnveränderungen verursacht, die beim Autismus vermehrt auftreten. Scheinbar vermag das
Gehirn
unwichtige von wichtigen Informationen nicht zu unterscheiden, sodass einige dieser Menschen offensichtlich Zugriff auf alle "Daten" haben.
Fraglich ist auch, ob die inselbegabten Rechengenies wirklich rechnen oder aus einer Vielzahl an bereits durchgeführten Mustern immer wieder neu kombinieren. Dass Savants beispielsweise immer wieder die gleichen Fehler machen, unterstützt diese Theorie.
Die meisten Inselbegabungen sind wohl angeboren. Allerdings gibt es wenige bekannte Fälle, in denen solche außergewöhnlichen Fähigkeiten erst nach einer Erkrankung des Nervensystems oder nach einer Verletzung auftraten. Ein sehr bekannter dieser sekundären Fälle ist etwa der von Orlando Serrel. Mit zehn Jahren traf ihn ein Baseball am Kopf. Ab diesem Ereignis ist er in der Lage, sich an jedes einzelne Detail des von ihm Erlebten zu erinnern.
Man unterscheidet zwischen einer talentierten und einer erstaunlichen Begabung:
Diese Talente sind oft so erstaunlich, dass sie das öffentliche Interesse auf sich ziehen. Viele Savants sind anerkannte Maler oder Musiker. Manche besitzen ein herausragendes fotografisches Gedächtnis und sind etwa in der Lage, Bilder aus ihrer Erinnerung detailgetreu nachzuzeichnen.
Bei den Musikern gibt es Ausnahmeerscheinungen, die ein oder mehrere Musikinstrumente perfekt beherrschen und die tausende Stücke aus dem Gedächtnis nachspielen — ohne je Musikunterricht genommen zu haben. Einige Menschen mit Savant-Syndrom verblüffen durch den spielerischen Umgang mit Zahlen, manche sind einzigartige Rechentalente.
Die "Kalenderrechner" sind beispielsweise in der Lage, zu jedem Datum den genauen Wochentag zu benennen. In vielen Fällen steht eine imposante Gedächtnisleistung hinter diesen Talenten. Einige Inselbegabte tragen deshalb auch den Beinamen "lebendes Lexikon".
Häufige Talente beim Savant-Syndrom sind:
Spezielle Untersuchungsmethoden zum Erkennen von Savants gibt es nicht. Sie fallen in der Regel wegen ihrer besonderen Fähigkeiten auf. Nicht in allen Fällen ist dabei bekannt, dass sie in anderen Bereichen Einschränkungen aufweisen. Manche Fälle des (leichten) Asperger-Syndroms werden etwa so erst entdeckt.
Darüber hinaus liefern IQ-Tests und andere Test zu den verschiedenen Bereichen der geistigen Fähigkeiten in der Regel Aussagen.
Eine konkrete Behandlung existiert nicht und ist in der Regel auch nicht notwendig.
Inselbegabungen sind in den meisten Fällen angeboren und zeigen sich im Verlauf der Entwicklung, oft bereits im Kindes oder Jugendalter. Nur in wenigen Fällen treten diese Begabungen plötzlich nach einer Erkrankung des Nervensystems oder nach einer Verletzung auf. Ein typischer Verlauf lässt sich nicht beschreiben.
Über die Auswirkungen der meist bestehenden übrigen geistigen oder körperlichen Einschränkungen sowie die Auswirkungen der außergewöhnlichen Begabung hinaus gibt es keine besonderen Auswirkungen auf die Lebensqualität oder Lebenserwartung.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Hanna Rutkowski ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.
Savant-Syndrom
Kurzübersicht
Was ist das Savant-Syndrom?
Was hat die Inselbegabung mit Autismus zu tun?
Wie zeigt sich das Savant-Syndrom?
Diagnose
Behandlung
Prognose
Autoren- & Quelleninformationen