Illness name: plazentainsuffizienz
Description:
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Die
Plazentainsuffizienz
(utero-plazentare Insuffizienz) beschreibt eine mangelhafte Versorgung des ungeborenen Kindes mit Nährstoffen und Sauerstoff. Das beeinträchtigt das Wachstum des Kindes, während die werdende Mutter nur selten Symptome wahrnimmt. Als wichtigste Strategie bei einer Plazentainsuffizienz gilt ein von Ärzten und der Schwangeren gemeinsam erarbeiteter Geburtsplan. Lesen Sie hier alles Wichtige über die Plazentainsuffizienz.
Unter einer Plazentainsuffizienz verstehen Mediziner eine mangelhafte Versorgung des ungeborenen Kindes mit Nährstoffen und Sauerstoff über den Mutterkuchen (Plazenta).
Die Plazenta ist ein scheibenförmiges Organ, das sich in der Gebärmutterwand einnistet. In ihr treffen sich mütterliche und kindliche Gefäße, um einen Stoffaustausch zwischen Mutter und Kind zu ermöglichen. Das Kind ist über die
Nabelschnur
mit der Plazenta verbunden. Die uneingeschränkte Funktion der Plazenta spielt eine entscheidende Rolle in der Entwicklung des Kindes im Mutterleib. Wenn diese Funktion eingeschränkt ist (Insuffizienz), hat dies möglicherweise schwere Folgen für das Kind.
Man unterscheidet verschiedene Formen von Plazentainsuffizienz:
Die verschiedenen Formen haben teilweise unterschiedliche Ursachen und Symptome. Ihnen gemeinsam ist, dass sie in schweren Fällen für das ungeborene Kind (Fetus) lebensgefährlich werden.
Bei den Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft macht sich eine Plazentainsuffizienz durch Symptome beim Fetus bemerkbar. Durch die anhaltende Mangelversorgung ist das ungeborene Kind häufig zu klein für die entsprechende Schwangerschaftswoche. Außerdem ist es oft weniger aktiv als Ungeborene gleichen Alters, bei denen der Mutterkuchen seine volle Funktion erfüllt. Zusätzlich ist die Menge an
Fruchtwasser
bei einer Plazentainsuffizienz in vielen Fällen geringer als zu erwarten (Oligohydramnion).
Bei einer akuten Plazentainsuffizienz leidet der Fetus unter plötzlichem Sauerstoffmangel. Diese Situation ist für ihn lebensbedrohlich. Eine
Frühgeburt
oder
Totgeburt
ist eine mögliche Folge.
Viele werdende Mütter bemerken von einer Plazentainsuffizienz nichts. Bei anderen zeigen sich oft Symptome einer
Präeklampsie
mit Bluthochdruck und Eiweißverlust über den
Urin
. Außerdem führt eine chronische Plazentainsuffizienz in manchen Fällen dazu, dass die Schwangere weniger an Bauchumfang und Gewicht zunimmt als zu erwarten wäre.
Eine mangelnde Sauerstoffversorgung im Mutterleib hat in manchen Fällen langfristige Folgen für das Kind.
Insgesamt haben die betroffenen Babys ein höheres Risiko, zu sterben oder andere Krankheiten zu entwickeln. So zeigen Kinder, die im Mutterleib einer Plazentainsuffizienz ausgesetzt waren, im späteren Alter oft:
Viele Eltern befürchten zudem, dass ihr Kind durch die Plazentainsuffizienz später geistig beeinträchtig oder sogar behindert ist. Wissenschaftler fanden heraus, dass Kinder, die etwa durch Sauerstoffmangel in der
Gebärmutter
nicht altersentsprechend gewachsen sind, später als Kinder und Jugendliche in Intelligenztests tendenziell schlechter abschneiden als Gleichaltrige.
In einigen Fällen kommt es durch die Plazentainsuffizienz zu einer Frühgeburt. Kinder, die unreif geboren werden, haben ein erhöhtes Risiko für eine geistige Behinderung.
Die Gründe für eine Plazentainsuffizienz sind vielfältig. Mögliche Ursachen und Risikofaktoren für eine chronische Plazentainsuffizienz sind beispielsweise:
Die akute Plazentainsuffizienz beruht auf einer akuten Durchblutungsstörung und tritt meist während der
Geburt
auf. Mögliche Ursachen sind:
Beim Vena-cava-Kompressionssyndrom wird die untere
Hohlvene
(Vena cava) der Mutter durch die vergrößerte Gebärmutter eingeklemmt, wenn die Frau auf dem Rücken liegt. Das beeinträchtigt den Rückstrom des Blutes zum Herzen. Die Folge: Die Frau kollabiert und das Ungeborene wird minderversorgt.
Es ist wichtig, dass Schwangere regelmäßig die Vorsorgeuntersuchungen bei ihrem Frauenarzt wahrnehmen. Hierbei überprüft der Arzt, ob Mutter und Kind gesund sind und die Schwangerschaft gut verläuft. Hegt der Frauenarzt Verdacht auf eine Plazentainsuffizienz, befragt er die Schwangere zunächst ausführlich zu ihrer Krankengeschichte (
Anamnese
). Mögliche Fragen dabei sind zum Beispiel:
Anschließend erfolgt eine Untersuchung. Beim Ultraschall der Gebärmutter erkennt der Arzt einen möglichen Wachstumsmangel des Kindes. Dafür misst er die Größe des Kindes und vergleicht sie mit Durchschnittswerten, die entsprechend der Schwangerschaftswoche bei dem Fetus zu erwarten wären. Außerdem erscheint die Plazenta bei einer Insuffizienz im Ultraschall meist ungewöhnlich klein und abnorm geformt.
Bei Verdacht auf eine akute Plazentainsuffizienz wird eine
Kardiotokografie
(CTG) durchgeführt. Dabei werden die Herzschlagfrequenz des Fetus sowie die Wehentätigkeit aufgezeichnet.
Eine besondere Form des Ultraschalls, die sogenannte Doppler-Sonografie, stellt den Blutfluss in der Nabelschnur dar. Bei einer akuten Plazentainsuffizienz ist dieser stark herabgesetzt.
Eine Therapie der Plazentainsuffizienz mit Beseitigung der Ursache (kausale Therapie) gibt es nicht. Ziel der Behandlung ist daher die rechtzeitige Entbindung. Es wird angestrebt, die Schwangerschaft so lange wie möglich auszutragen, ohne dass für Mutter oder Kind eine Gefahr besteht. Bei schweren Symptomen wie Kleinwuchs des Kindes oder Eklampsie der Mutter (lebensgefährliche Verlaufsform der Präeklampsie) werden die Risiken einer Frühgeburt in Kauf genommen.
Der Arzt rät Schwangeren bei chronischer Plazentainsuffizienz zu Bettruhe und empfiehlt, jeglichen Stress und körperliche Aktivität zu vermeiden. Um einer Frühgeburt vor der 37. Schwangerschaftswoche vorzubeugen, ist es wichtig, Blutzucker und Blutdruck medikamentös optimal einzustellen. Das gilt vor allem dann, wenn die Schwangere an Diabetes mellitus oder Bluthochdruck leidet. Auf diese Weise lässt sich möglicherweise verhindern, dass sich die Plazentainsuffizienz weiter verschlechtert.
Außerdem ist es bei Frauen mit Plazentainsuffizienz besonders wichtig, dass sie nicht rauchen.
Nach der 37. Schwangerschaftswoche oder wenn sich die Plazentainsuffizienz verschlechtert, entscheiden sich Ärzte oft dafür, das Kind auf die Welt zu holen. Hierfür erhält die Schwangere entweder Medikamente, die die
Geburt einleiten
, oder es wird ein
Kaiserschnitt
gemacht.
Eine akute Plazentainsuffizienz erfordert rasches Handeln. Eventuell entschärft ein Lagewechsel der Mutter, zum Beispiel bei Vena-cava-Kompressionssyndrom, die Situation. Anderenfalls ist eine sofortige Entbindung notwendig.
Kinder, die zum Beispiel aufgrund einer Plazentainsuffizienz zu früh auf die Welt kommen, haben ein erhöhtes Risiko für neurologische Schäden. Es gibt Hinweise darauf, dass die Gabe von
Magnesium
die Nervenzellen des Babys schützen und das Risiko für Schäden des Nerven- und Muskelsystems möglicherweise verringert.
Krankheitsverlauf und Prognose sind bei der Plazentainsuffizienz von Patientin zu Patientin sehr verschieden. Dies hängt von der Schwere sowie der Art der Plazentainsuffizienz ab.
Bei einer
akuten
Plazentainsuffizienz kommt es plötzlich und unmittelbar zu einer Mangelversorgung des Fetus. Dabei droht dem Kind ein akuter Sauerstoffmangel, der im schlimmsten Fall tödlich endet. Dann ist schnelles Handeln gefordert.
Eine chronisch verlaufende Plazentainsuffizienz hat hingegen häufiger eine Mangelentwicklung des Fetus zur Folge im Sinne eines zu geringen Wachstums (intrauterine Wachstumsrestriktion, IUGR). Eine chronische Plazentainsuffizienz geht manchmal in eine (sub-)akute Form über und führt dann ebenfalls zu einer plötzlich einsetzenden Notsituation.
Wenn eine Plazentainsuffizienz diagnostiziert wurde, erarbeitet der behandelnde Arzt gemeinsam mit der werdenden Mutter einen Geburtsplan. Dabei gilt es zu klären, wie in einer akuten Situation zu handeln ist.
Bei einer erneuten Schwangerschaft besteht, wenn Faktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder Nikotinkonsum nicht ausgeschaltet werden, das Risiko, dass die Plazentainsuffizienz wieder auftritt.
Um einer Plazentainsuffizienz vorzubeugen, ist es wichtig, dass Schwangere die Risikofaktoren möglichst ausschalten. Dazu gehört es zum Beispiel, sich ausgewogen und gesund zu ernähren und keinesfalls zu rauchen.
Frauen, die unter Diabetes mellitus oder Blutdruck leiden, achten besonders engmaschig darauf, dass ihre Blutzucker- und
Blutdruckwerte
optimal eingestellt sind.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Plazentainsuffizienz
Kurzübersicht
Was ist Plazentainsuffizienz?
Formen von Plazentainsuffizienz
Welche Symptome und Spätfolgen sind möglich?
Spätfolgen der Plazentainsuffizienz
Welche Ursache liegt einer Plazentainsuffizienz zugrunde?
Wie wird eine Plazentainsuffizienz festgestellt?
Wie wird eine Plazentainsuffizienz behandelt?
Wie verläuft eine Plazentainsuffizienz?
Wie lässt sich einer Plazentainsuffizienz vorbeugen?
Autoren- & Quelleninformationen