Illness name: herzbeutelentzuendung
Description:
Jens Richter ist Chefredakteur bei NetDoktor. Seit Juli 2020 ist der Mediziner und Journalist außerdem als COO für den Geschäftsbetrieb und die strategische Weiterentwicklung von NetDoktor verantwortlich.
Bei der
Herzbeutelentzündung
entzündet sich die feste, bindegewebige Hülle, welche das Herz im Brustkorb umschließt und hält. Mediziner sprechen von einer Perikarditis (oder Pericarditis). Sie kann akut und schwer oder chronisch-schleichend verlaufen. Ein akuter Verlauf ist ohne medizinische Behandlung potenziell lebensbedrohend. Erfahren Sie hier mehr über Ursachen, Symptome und Behandlung der Herzbeutelentzündung!
Unter einer Herzbeutelentzündung oder Perikarditis (Pericarditis) versteht man die
Entzündung der Bindegewebshülle
, die das
Herz
komplett umschließt. Sie kann durch Krankheitserreger wie
Viren
oder
Bakterien
, aber auch durch nicht-infektiöse Reaktionen des Immunsystems verursacht werden.
Eine Herzbeutelentzündung kann akut auftreten und geht dann oft mit starken Symptomen einher. Diese können lebensbedrohlich sein. Denn eine häufige Komplikation der akuten Perikarditis ist die Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel (
Perikarderguss
). Sie engt den Herzmuskel ein und beeinträchtigt so dessen Funktion (Herzbeutel-
Tamponade
). Es gibt aber auch chronische Herzbeutelentzündungen, die schleichend verlaufen.
Der Herzbeutel (
Perikard
, Pericardium) besteht aus einem festen, kaum dehnbaren Bindegewebe. Er hält das Herz an seinem Platz. Zudem schützt das Perikard den empfindlichen Herzmuskel und seine
Blutgefäße
. Eine kleine Flüssigkeitsmenge von 20 bis 50 Millilitern liegt zwischen Herzbeutel und Herzmuskel und reduziert bei jedem
Herzschlag
die Reibung.
Infektionen, aber auch andere Erkrankungen wie etwa rheumatische Krankheiten können eine akute Perikarditis auslösen. Zudem kann die Perikarditis Folge eines Herzinfarkts sein. Dabei rufen die abgestorbenen Herzmuskelanteile eine Entzündungsreaktion hervor. Sie kann wenige Tage nach einem
Herzinfarkt
auftreten, wenn die Entzündung auf den benachbarten Herzbeutel übergeht (Früh-Perikarditis, Pericarditis epistenocardia). Seltener entzündet sich das Perikard erst Wochen nach dem Myokardinfarkt (Dressler-Syndrom, Spät-Perikarditis).
Bilden sich bei der Entzündung weiß-gelbliche
Fibrin-Beläge
(ähnlich wie bei einer Schürfwunde, wenn sie sich verschließt) spricht man von einer fibrinös-akuten Herzbeutelentzündung.
Sind Bakterien die Ursache für die Herzbeutelentzündung, besteht die Möglichkeit, dass sich
Eiter
bildet. Dieser besteht aus abgestorbenen Immunzellen und Bakterien. Eine eitrige akute Herzbeutelentzündung ist also ein Zeichen für eine frische bakterielle Infektion.
In manchen Fällen verläuft die
Herzbeutelentzündung blutig
, etwa in der Folge einer Herzoperation, nach einem Herzinfarkt oder bei einer
Tuberkulose
. Auch in den Herzbeutel wachsende Tumore oder Tochtergeschwülste (Metastasen) können eine blutige Entzündung verursachen.
Eine chronische Herzbeutelentzündung entsteht oft, wenn eine akute Perikarditis (trotz Behandlung) nicht komplett ausheilt und immer wieder aufflackert. Besteht eine Perikarditis über
drei Monate
, sprechen Ärzte von einer chronischen Perikarditis. Sie kann auch ohne akute Vorgeschichte entstehen. Beispielsweise verursachen Tuberkulose, rheumatologische Erkrankungen, manche Medikamente oder eine medizinische Bestrahlung (etwa bei einem Lungentumor) unter Umständen eine chronische Herzbeutelentzündung.
Durch die Entzündungsreaktionen lagert der Herzbeutel möglicherweise "Kalk" ein und vernarbt. Das macht ihn immer unbeweglicher. Dadurch verringert sich auch der Platz für den arbeitenden Herzmuskel, er kann sich beispielsweise nicht mehr richtig füllen. Beim sogenannten Panzerherz kann der eigentlich dünne Schutzbeutel um das Herz auf eine Dicke von einem Zentimeter anwachsen und das
Herz stark einengen
(Pericarditis constrictiva).
Da der Herzbeutel nahe am Herzmuskel liegt, sind manchmal beide Strukturen zugleich entzündet. Ärzte sprechen dann von einer Perimyokarditis. Meist ist es schwer, eine Perikarditis von einer Herzmuskelentzündung zu unterscheiden. Das ist aber auch nicht zwingend notwendig, da sich die Behandlung oft nicht ändert. Diese erfolgt dann allerdings im Krankenhaus, da das Risiko für Komplikationen erhöht ist.
Typische Symptome bei der akuten Herzbeutelentzündung sind
Schmerzen
hinter dem Brustbein (retrosternale Schmerzen) oder im gesamten Brustkorb. Die Schmerzen können auch in den Hals, Rücken oder den linken Arm ausstrahlen und verstärken sich beim Einatmen,
Husten
, Schlucken oder durch Lageveränderungen. Oft haben Menschen mit akuter Perikarditis zudem
Fieber
.
In manchen Fällen beschleunigt sicher der Herzschlag (Tachykardie). Auch
Herzrhythmusstörungen
und das Gefühl des Herzstolperns treten bei einer Perikarditis auf. Je nach Schwere der Erkrankung kann es zu
Atemnot und Brustenge
kommen. Ähnliche Beschwerden können auch bei einer
Lungenentzündung
mit Pleuritis, einem Lungenkollaps (
Pneumothorax
) oder insbesondere bei einem akuten Herzinfarkt auftreten.
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Viele Symptome entstehen erst, wenn sich Flüssigkeit im Herzbeutel sammelt. Eine trockene, fibrinöse Perikarditis äußert sich deshalb oft nur durch Schmerzen. Die Beschwerden einer feuchten (exsudative) Perikarditis, beispielsweise durch eine bakterielle Infektion, hängen von der Ergussmenge ab. Je mehr Flüssigkeit sich im Herzbeutel sammelt, desto mehr wird die Herzfunktion eingeschränkt. Arbeitet der Herzmuskel nicht mehr richtig, leiden Betroffene an Beschwerden einer
Herzschwäche
(
Herzinsuffizienz
). Auch ein Panzerherz führt schließlich zu einer schwachen Herzfunktion.
Bei einer von Beginn an chronischen Herzbeutelentzündung entwickeln sich Symptome meist schleichend. Sie bleibt daher oft lange Zeit unbemerkt. Neben allgemeinen Entzündungssymptomen wie Mattigkeit und verringerter Leistungsfähigkeit können mit fortschreitender Vernarbung und Verdickung des Perikards ebenfalls Symptome einer Herzschwäche auftreten:
Die Herzbeuteltamponade ist eine lebensgefährliche Komplikation der Herzbeutelentzündung. Sie entsteht, wenn sich rasch viel
Blut
, Eiter und/oder Entzündungsflüssigkeit im Herzbeutel ansammelt. Da sich der Herzbeutel nicht ausdehnen kann, engt der Erguss den Herzmuskel ein und die Herzkammern können sich nicht mehr richtig ausdehnen. Dadurch wird weniger Blut in die
Lunge
(von der rechten Herzkammer) oder in den Körperkreislauf (von der linken Herzkammer) gepumpt. Der Blutdruck fällt ab, das Herz rast. Außerdem staut sich das Blut in die
Venen
zurück, was man an hervortretenden Halsvenen sehen kann. Sie bekommen nur schwer Luft. Betroffene erscheinen plötzlich blass und schwitzen. Der Kreislauf kann zusammenbrechen. Eine Herzbeuteltamponade ist
akut lebensbedrohend
und muss sofort behandelt werden.
Die akute Perikarditis kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Häufig sind
Viren oder Bakterien
, manchmal (vor allem bei einem geschwächten Immunsystem) auch Pilze oder Parasiten die Auslöser. Sie gelangen aus den Atemwegen oder anderen Organen über die Blut- oder Lymphgefäße zum Herzen.
Aber auch andere Erkrankungen oder Behandlungsmethoden können eine Herzbeutelentzündung hervorrufen. Dazu gehören:
Besteht der Verdacht auf eine Herzbeutelentzündung, wird der Hausarzt den Patienten in den meisten Fällen an einen Herzspezialisten (
Kardiologen
) überwiesen. Dieser erfragt zunächst die
medizinische Vorgeschichte
:
Zur sogenannten
körperlichen Untersuchung
gehört das Fiebermessen, Ertasten des Pulses, eine Blutdruckmessung und das Abklopfen und Abhören des Brustkorbs. Bei einer Herzbeutelentzündung kann der Arzt häufig, wenn der Erguss noch klein ist, mit jedem Herzschlag ein charakteristisches
Reiben
hören. Ist der Erguss schon ausgedehnter, hört der Untersucher die Herztöne hingegen kaum noch.
Eine
Blutentnahme
dient der Suche nach typischen Markern für eine Entzündung oder einen Infekt. Dazu gehören unter anderem:
Verschiedene
apparative Untersuchungen
erhärten anschließend die Verdachtsdiagnose Perikarditis:
Die erste Maßnahme bei Herzbeutelentzündung ist
körperliche Ruhe
, um das Herz zu entlasten. Virale Herzbeutelentzündungen behandeln Ärzte für gewöhnlich ambulant. Sie verordnen dann entzündungshemmende Medikamente, beispielsweise NSAR wie
Ibuprofen
, ASS oder auch
Colchicin
. Mittel direkt gegen die Viren kommen nicht (oder nur in Einzelfällen) zum Einsatz.
In manchen Fällen erhöhen aber bestimmte Umstände das Risiko, dass eine Herzbeutelentzündung kompliziert verläuft. Liegt ein solcher Risikofaktor vor, weisen Ärzte den Betroffenen in ein Krankenhaus ein. Hohes Fieber über 38 Grad oder ein großer Herzbeutelerguss zählen beispielsweise zu diesen Risikofaktoren.
Ist eine spezifische Ursache der Perikarditis bekannt, bestimmt sie die weitere Behandlung (
kausale Therapie
):
Bei
bakteriellen Infekten
verordnen Ärzte Antibiotika. Sie werden oft als
Infusion
gegeben, damit sie besser wirken.
Bei
Pilzinfektionen
kommen Pilzmittel, sogenannte
Antimykotika
, zum Einsatz. Auch diese werden häufig als Kurzinfusionen verabreicht.
Bei
Autoimmunerkrankungen
werden die überschießenden Immunreaktionen mit Medikamenten unterdrückt. Geeignete Wirkstoffe sind beispielswiese Glukokortikoide,
Cyclophosphamid
oder
Methotrexat
("MTX").
Ist ein
Nierenversagen
die Ursache der Herzbeutelentzündung, muss das Blut über eine sogenannte
Dialyse
gereinigt werden.
Der Erfolg der Behandlung wird durch regelmäßige Ultraschalluntersuchungen des Herzens kontrolliert. Bei einer chronischen Herzbeutelentzündung mit Verdickungen und Vernarbung des Herzbeutels (Panzerherz) muss der Herzbeutel durch einen Operation am offenen Brustkorb entfernt werden (
Perikardektomie
).
Bei einer Herzbeuteltamponade sammelt sich so viel Flüssigkeit im Herzbeutel, dass die Herzfunktion beeinträchtigt wird. Sie ist lebensbedrohend und muss sofort behandelt werden. Dazu wird der Herzbeutel unter Ultraschallkontrolle (Sonographie) von außen durch den Brustkorb hindurch mit einer Nadel punktiert und die Ergussflüssigkeit abgezogen. Der Patient muss anschließend engmaschig sonografisch überwacht werden, um ein Nachlaufen von Ergussflüssigkeit oder Blut frühzeitig zu erkennen.
Auch langsam, aber stetig zunehmende Perikardergüsse entlasten Ärzte durch eine Punktion, wenn Betroffene darunter leiden. Auf diese Weise wollen sie frühzeitig weiteren, letztlich lebensbedrohlichen Einschränkungen der Herzfunktion vorbeugen. Nimmt die Flüssigkeit kaum zu und verspürt der Patient keine Symptome, erfolgt keine
Perikardpunktion
.
Die Herzbeutelentzündung ist eine schwere Erkrankung. Sie kann sich auf den Herzmuskel (Perimyokarditis) oder das gesamte Herz (Pankarditis) ausdehnen. Der manchmal entstehende Erguss (seröse Flüssigkeit, Eiter oder Blut) kann den Herzmuskel gefährlich einengen. Wird eine Perikarditis früh erkannt und ihre Ursachen sowie Folgen behandelt, kann sie folgenlos abheilen. Unbehandelt ist die
Herzbeutelentzündung
aufgrund ihrer schweren Komplikationen (Panzerherz und Herzbeuteltamponade) eine lebensbedrohende Erkrankung.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Jens Richter ist Chefredakteur bei NetDoktor. Seit Juli 2020 ist der Mediziner und Journalist außerdem als COO für den Geschäftsbetrieb und die strategische Weiterentwicklung von NetDoktor verantwortlich.
Herzbeutelentzündung
Herzbeutelentzündung: Beschreibung
Aufbau und Funktion des Herzbeutels
Akute Herzbeutelentzündung
Chronische Herzbeutelentzündungen
Panzerherz
Perimyokarditis
Herzbeutelentzündung: Symptome
Komplikation Herzbeuteltamponade
Herzbeutelentzündung: Ursachen und Risikofaktoren
Herzbeutelentzündung: Untersuchungen und Diagnose
Herzbeutelentzündung Behandlung
Behandlung der Herzbeuteltamponade
Herzbeutelentzündung: Krankheitsverlauf und Prognose
Autoren- & Quelleninformationen