Illness name: phenylketonurie
Description:
Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.
Die
Phenylketonurie
(PKU) ist eine angeborene, erbliche Erkrankung des Eiweiß-Stoffwechsels. Sie verhindert den Abbau der Aminosäure Phenylalanin. Diese sammelt sich im Körper an und stört beim Kind die Entwicklung des Gehirns. Unbehandelt führt eine Phenylketonurie zu schweren geistigen Behinderungen. Eine rechtzeitige Therapie ermöglicht Patienten aber ein normales Leben. Erfahren Sie hier alles über die Phenylketonurie!
Die Phenylketonurie (PKU), ist eine vererbte Stoffwechsel-Erkrankung, die von
Geburt
an besteht und den Abbau der essenziellen Aminosäure
Phenylalanin
stört.
Aminosäuren
sind die Grundbausteine der Eiweiße (Proteine) und somit lebenswichtige Bestandteile des Stoffwechsels. Einige davon müssen über die Nahrung aufgenommen werden, da der menschliche Körper nicht in der Lage ist, sie selbst herzustellen. Solche Aminosäuren bezeichnet man als essenziell.
Normalerweise gibt es ein Gleichgewicht zwischen der Aufnahme beziehungsweise dem Aufbau von Aminosäuren und deren Abbau. Dadurch sind immer so viele vorhanden, wie der Körper benötigt. Je nach Aminosäure ist ein Mangel oder ein Überschuss oft sehr schädlich und ruft verschiedene Symptome hervor.
Bei der sogenannten
klassischen PKU
ist die Wirkung der Phenyl-Alanin-Hydroxylase (PAH) eingeschränkt oder sie fehlt sogar völlig. Normalerweise baut dieses Enzym die Aminosäure Phenylalanin ab. Durch den PAH-Mangel sammelt sich zunehmend Phenylalanin im Körper an. Eine zu hohe Konzentration stört die Hirnentwicklung erheblich und führt bei den jungen Patienten früh zu geistigen Behinderungen.
Weil bei der Erkrankung der normale Abbau von Phenylalanin nicht möglich ist, entstehen andere Abbauprodukte, die sogenannten Phenyl-Ketone. Sie werden über den
Urin
ausgeschieden und sind für den Namen der Krankheit verantwortlich.
Auch bei
atypischen Formen einer Phenylketonurie
ist der Abbau von Phenylalanin gestört. Allerdings ist die Ursache nicht ein Defekt der PAH. Stattdessen ist die Funktion eines Ko-Enzyms, des Tetrahydro-Biopterins (BH
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), eingeschränkt. Es ist indirekt am Abbau von Phenylalanin beteiligt, denn die PAH benötigt BH
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für die Umwandlung von Phenylalanin zur Aminosäure Tyrosin.
Weil BH
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außerdem für die Herstellung der Botenstoffe Dopamin und Serotonin wichtig ist, verläuft eine atypische Phenylketonurie mit BH
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-Mangel meist komplizierter als die klassische Form.
Die PKU ist eine der häufigsten angeborenen Stoffwechsel-Erkrankungen. In Europa erkrankt von 10.000 Neugeborenen etwa eines. Die Zahl schwankt von Land zu Land. Einen Unterschied zwischen Mädchen und Jungen gibt es nicht. Da es sich um eine Erbkrankheit handelt, sind oft mehrere Mitglieder einer Familie betroffen.
Zunächst zeigen Babys mit einer Phenylketonurie noch keine Symptome. Erst im vierten bis sechsten Lebensmonat treten erste Probleme auf, wenn die Erkrankung bis dahin noch nicht erkannt und behandelt wurde. Vor allem die gestörte Reifung des Gehirns verursacht im Verlauf starke Komplikationen. Zu den Symptomen einer unbehandelten PKU gehören:
Bei der Phenylketonurie ist auch die Produktion des Farbstoffes Melanin gestört, der für die Haut- und Augenfarbe verantwortlich ist und somit teilweise das Aussehen der Betroffenen beeinflusst. Deshalb haben viele Betroffene sehr helle, sonnen-empfindliche Haut und weiß-blondes Haar, die Regenbogenhaut (Iris) der Augen ist hellblau bis transparent und lässt den rötlichen Augen-Hintergrund durchscheinen.
Die PKU-Symptome sind individuell verschieden stark ausgeprägt. Grund dafür ist vor allem, dass die Aktivität der Phenyl-Alanin-Hydroxylase (PAH) bei jedem Patienten unterschiedlich eingeschränkt ist. Bei manchen besteht noch eine gewisse Restaktivität, sodass sich weniger Phenylalanin im Körper ansammelt. Bei anderen zeigt sich keinerlei Enzymaktivität – entsprechend schneller und schwerer schreitet die Erkrankung voran.
Die Phenylketonurie ist eine Erbkrankheit. Es sind mittlerweile viele Fehler im Erbgut (genetische Mutationen) bekannt, die zu einem Defekt der PAH führen. Die Art der Mutation bestimmt, wie stark der Phenylalanin-Abbau eingeschränkt ist.
Die Vererbung einer PKU erfolgt rezessiv. Das heißt, nur weil eine Person im Stammbaum Träger der Mutation ist, erkranken nicht zwangsläufig deren Nachkommen. Genauso ist es möglich, dass Menschen, die an einer Phenylketonurie erkrankt sind, gesunde Kinder zeugen.
Nur wenn beide Eltern entsprechende Mutationen im Erbgut haben, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder an einer Phenylketonurie erkranken. Sollten die Eltern beide nicht nur Genträger, sondern selbst an der PKU erkrankt sein, werden alle gemeinsamen Kinder ebenfalls daran erkranken.
Die schweren Folgen einer Phenylketonurie lassen sich verhindern, wenn man rechtzeitig mit einer Behandlung beginnt. Deshalb ist es besonders wichtig, die Krankheit so früh wie möglich zu entdecken. Daher untersucht man im Rahmen einer allgemeinen Untersuchung (Neugeborenen-Screening) die Kinder bereits kurz nach der Geburt auf verschiedene angeborene Erkrankungen, darunter auch die PKU.
In Österreich findet diese Untersuchung zwischen dem zweiten und dritten Tag, in Deutschland am dritten Tag und in der Schweiz am vierten Tag nach der Geburt statt.
Mittlerweile diagnostiziert man viele angeborene Stoffwechsel-Störungen mit Hilfe der sogenannten Tandem-Massenspektrometrie. Sie ermöglicht es, das
Blut
der Neugeborenen unkompliziert und schnell zu untersuchen. Innerhalb weniger Minuten lassen sich so eine Phenylketonurie und mehr als 20 weitere Erkrankungen nachweisen.
Auch der nach seinem Erfinder benannte Guthrie-Test ermöglicht die Diagnose einer PKU. Dafür entnimmt man den Kindern aus der Ferse eine kleine Menge Blut und trägt es auf ein Stück Filterpapier auf. Im Labor stellt man dann fest, ob die Konzentration von Phenylalanin erhöht ist.
Der Guthrie-Test wurde in den 1960er-Jahren eingeführt und war lange Zeit die Standard-Methode, um eine Phenylketonurie festzustellen. Gegenüber der Tandem-Massenspektrometrie hat sie aber Nachteile. So liefert der Guthrie-Test erst nach fünf Tagen ein Resultat und dieses ist anfällig für Fehler. Faktoren wie die Ernährung oder eine mögliche Antibiotika-Therapie des Kindes verfälschen beispielsweise die Ergebnisse. In einigen Ländern wird der Guthrie-Test noch oft durchgeführt.
Ergibt sich aus dem Neugeborenen-Screening der Verdacht auf eine Phenylketonurie, schließt sich eine weitere Untersuchung zur Bestätigung an. Mit dieser wird gleichzeitig die exakte Konzentration von Phenylalanin im Blut bestimmt.
Schließlich muss unterschieden werden, ob es sich um eine typische (klassische) oder atypische PKU handelt. Auch dafür gibt es spezielle Tests, wie etwa den Tetrahydro-Biopterin-Belastungstest. Die Unterscheidung ist wichtig, weil eine atypische Phenylketonurie anders behandelt wird als die klassische Form.
Eine Phenylketonurie lässt sich bereits während der Schwangerschaft feststellen (Pränatal-Diagnostik). Dazu entnimmt man aus der Fruchtblase der Mutter ein kleine Menge
Fruchtwasser
und untersucht die darin enthaltenen Zellen des ungeborenen Kindes auf mögliche Gendefekte, die eine PKU verursachen.
Mithilfe des Neugeborenen-Screenings entdeckt man eine Phenylketonurie aber normalerweise früh genug, um sie zu behandeln. Weil eine Fruchtwasser-Untersuchung immer mit einem gewissen Risiko einhergeht, ist ihr Einsatz zur Diagnose einer PKU meist nicht sinnvoll.
Es gibt nur eine Möglichkeit, dem Überschuss an Phenylalanin bei einer PKU entgegenzuwirken: Die betroffenen Kinder müssen eine spezielle Diät einhalten, um möglichst wenig Phenylalanin mit der Nahrung aufzunehmen. Außerdem brauchen sie bestimmte Nahrungsergänzungsmittel, um Stoffe zu ersetzen, die bei gesunden Kindern aus Phenylalanin gebildet würden.
Die Therapie muss beginnen, bevor die ersten Symptome einer Entwicklungsstörung auftreten, also innerhalb der ersten zwei Lebensmonate. Ist das
Gehirn
jedoch bereits geschädigt, lassen sich diese Schäden nicht mehr rückgängig machen.
Natürliche Eiweiße enthalten die Aminosäure Phenylalanin. In den meisten Nahrungsmitteln, insbesondere proteinreichen Lebensmitteln wie Fleisch oder Milchprodukten, ist somit viel mehr davon enthalten als der Körper braucht. Für gesunde Menschen ist das kein Problem, weil sie die überschüssigen Mengen an Phenylalanin abbauen und ausscheiden.
Patienten mit einer Phenylketonurie müssen dagegen auf natürliche Eiweiße größtenteils verzichten. Es gibt aber speziell hergestellte eiweißarme Produkte, mit denen sich diese Lebensmittel ersetzen lassen. Zum einen will man so einen Überschuss an Phenylalanin verhindern, zum anderen den Patienten jene Stoffe zuführen, die ihnen sonst fehlen würden – zum Beispiel Tyrosin, das aus Phenylalanin gebildet wird.
Das Ziel der PKU-Diät ist es aber nicht, die Aufnahme von Phenylalanin völlig zu stoppen. Denn eine bestimmte Menge der Aminosäure braucht der Organismus für wichtige Stoffwechsel-Vorgänge. Die richtige Konzentration zu erreichen, ist eine große Herausforderung und erfordert viel Disziplin.
Die Diät muss ein Leben lang eingehalten werden, besonders strikt aber bis zum sechsten Lebensjahr. Denn das Gehirn entwickelt sich gerade bis zu diesem Alter sehr stark und ist somit für Schäden besonders anfällig. Bei Erwachsenen richten hohe Konzentrationen an Phenylalanin zwar keine Hirnschäden an wie bei Kindern. Sie sind aber mögliche Auslöser für andere neurologische Beschwerden, wie Störungen der Konzentrationsfähigkeit oder eine Verlangsamung von Reaktionen.
Die Diät zur Behandlung der Phenylketonurie sollte in einem Spezial-Zentrum für Stoffwechsel-Erkrankungen beginnen. Denn nicht in jeder Klinik ist es möglich, die Eltern in die Diät einzuweisen. Dafür eignet sich am meisten eine Diät-Beratung, die zeigt, wie man die Diät durchführt und den Phenylalanin-Blutspiegel regelmäßig kontrolliert.
Sofern noch eine Rest-Aktivität des Enzyms PAH vorhanden ist, besteht die Möglichkeit, diese Aktivität durch die Gabe von BH
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zu fördern. Durch die Gabe soll sich die Toleranz für aufgenommenes Phenylalanin erhöhen und eventuell sogar die Diät etwas lockern lassen. Das Medikament zur Behandlung der PKU ist jedoch erst ab einem Alter von vier Jahren zugelassen.
Bei atypischen Formen einer PKU ersetzt man künstlich das fehlende Ko-Enzym BH
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sowie bestimmte Botenstoffe wie Dopamin und Serotonin. In einigen Fällen muss der Patient zusätzlich eine phenylalanin-arme Diät einhalten.
Falls Sie schwanger sind und selbst unter einer Phenylketonurie leiden, beachten Sie Folgendes:
Die Prognose ist in der Regel gut, wenn die Erkrankung früh – möglichst schon beim Neugeborenen – diagnostiziert wird und die spezielle PKU-Diät eingehalten wird. Die Kinder entwickeln sich dann geistig normal und haben eine durchschnittliche Lebenserwartung.
Unbehandelt führen die Hirnschäden dagegen zu schweren geistigen Entwicklungsstörungen, die sich später nicht mehr ausgleichen lassen. Die Betroffenen haben zwar eine normale Lebenserwartung, ihr Intelligenz-Quotient liegt aber fast immer sehr weit unterhalb des Durchschnitts.
Einen Sonderfall stellt die seltene atypische Form der Phenylketonurie dar, bei der ein BH
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-Mangel vorliegt. Bei dieser Variante der
Phenylketonurie
ist es möglich, dass es trotz Diät zu fortschreitenden neurologischen Schäden mit schweren Krämpfen kommt.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.
Phenylketonurie
Kurzübersicht
Was ist Phenylketonurie?
Was passiert bei der Phenylketonurie?
Atypische Phenylketonurie
Wen betrifft eine Phenylketonurie?
Welche Symptome treten auf?
Wie wird Phenylketonurie vererbt?
Phenylketonurie: Untersuchungen und Diagnose
Tandem-Massenspektrometrie
Guthrie-Test
Sonstige Tests
Fruchtwasser-Untersuchung
Behandlung
Ernährungstherapie mit der PKU-Diät
BH
4
-Gabe bei PKU
Behandlung der atypischen Phenylketonurie
Phenylketonurie während der Schwangerschaft
Krankheitsverlauf und Prognose
Autoren- & Quelleninformationen