Illness name: gruener star
Description:
Jens Richter ist Chefredakteur bei NetDoktor. Seit Juli 2020 ist der Mediziner und Journalist außerdem als COO für den Geschäftsbetrieb und die strategische Weiterentwicklung von NetDoktor verantwortlich.
Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.
Grüner Star
(Glaukom) ist ein Sammelbegriff für verschiedene Augenkrankheiten, die den Sehnerv und die Netzhaut schädigen. Betroffen sind meist Menschen nach dem 40. Lebensjahr, wobei die Krankheitshäufigkeit mit dem Lebensalter ansteigt. Grüner Star kann aber auch angeboren sein. Unbehandelt führt die Erkrankung zur Erblindung. Hier erfahren Sie alles Wichtige zum Grünen Star.
Der Begriff "Grüner Star" (Glaukom) bezeichnet eine Gruppe von Augenkrankheiten, die im fortgeschrittenen Stadium die Nervenzellen der lichtempfindlichen Netzhaut (Retina) sowie den Sehnerv (Nervus opticus) schädigen. Der Krankheitsname hat also nichts mit der Vogelwelt zu tun. Er beschreibt einerseits das häufig zu beobachtende (blau-)grünliche Schimmern der Regenbogenhaut (Iris) beim fortgeschrittenen Glaukom, andererseits den "starren Blick", wenn das
Auge
erblindet ist.
Grüner Star gehört zu den häufigsten Ursachen für eine Erblindung. In den Industrienationen steht die Diagnose "Grüner Star" auf Platz drei der Erblindungsursachen. In Europa sind schätzungsweise rund 14 Millionen Menschen am Glaukom erkrankt. In vielen Fällen wissen die Betroffenen nichts von ihrer Erkrankung.
Sobald ein Betroffener die Glaukom-bedingten Sehstörungen selbst wahrnimmt, ist die Schädigung von Netzhaut und/oder Sehnerv oft schon weit fortgeschritten. Und bereits entstandene Schäden lassen sich in der Regel nicht mehr rückgängig machen.
Grüner Star ist mit zunehmendem Lebensalter häufiger. Jenseits des 75. Lebensjahrs sind sieben bis acht Prozent der Menschen betroffen, nach dem 80. Lebensjahr sogar 10 bis 15 Prozent.
Grüner Star kann in verschiedenen Formen auftreten. Zum einen unterscheidet man
primäre Glaukome
– sie treten eigenständig, also ohne erkennbare Ursache auf – und
sekundäre Glaukome
. Letztere sind die Folge von anderen Erkrankungen (Augenerkrankung oder Allgemeinerkrankung), Augenverletzungen, chirurgischen Eingriffen oder bestimmten Medikamenten.
Zum anderen lassen sich Glaukome je nach der Anatomie des Kammerwinkels in die beiden Hauptgruppen
Offenwinkelglaukom
(Weitwinkelglaukom) und
Engwinkelglaukom
(Winkelblockglaukom) einteilen.
Die weitaus häufigste Form von Grünem Star bei älteren Menschen ist das
primäre Offenwinkelglaukom
– es findet sich bei etwa neun von zehn Glaukompatienten. Diese Glaukom-Form beruht auf einer Abflussstörung im sogenannten Trabekelwerk (schwammartiges Gewebe im Kammerwinkel), deren Ursache unbekannt ist. Weil das Kammerwasser nicht gut abfließen kann, erhöht sich der Augeninnendruck. Das primäre Offenwinkelglaukom verläuft chronisch und betrifft beide Augen.
Seltener ist das
sekundäre Offenwinkelglaukom
. Hier kann das Kammerwasser aufgrund einer Verlegung innerhalb des Trabekelwerks nicht gut abfließen. Diese Verlegung kann beispielsweise durch Entzündungszellen, rote Blutkörperchen oder Tumorzellen zustande kommen oder die Folge einer Kortison-Therapie sein.
Beim Engwinkelglaukom ist die vordere Augenkammer der Betroffenen so flach, dass die Regenbogenhaut (Iris) den Kammerwinkel stark verengt oder sogar blockiert. Dies geschieht vor allem dann, wenn die Pupille in der Dunkelheit oder durch die Wirkung von Medikamenten (oder Drogen) geweitet wird und sich die Regenbogenhaut im Kammerwinkel "auffaltet". Der Abfluss des Kammerwassers wird also behindert oder sogar komplett unterbunden.
Manchmal bleibt die Ursache des Engwinkelglaukoms – also der abgeflachten Vorderkammer – unbekannt (
primäres Engwinkelglaukom
). Dagegen lässt sich das
sekundäre Engwinkelglaukom
auf eine andere Augenerkrankung zurückführen, zum Beispiel auf Rubeosis iridis (krankhafte Gefäßneubildung der Iris aufgrund mangelnder lokaler Durchblutung, z.B. bei Diabetes-Patienten).
Wenn diese Abflussstörung akut (anfallsartig) auftritt, spricht man von einem
Glaukomanfall
(auch "akuter Winkelblock" genannt). Dabei wird der Kammerwinkel ganz plötzlich verlegt. Der Augeninnendruck kann dann innerhalb weniger Stunden so stark ansteigen, dass Netzhaut und Nerven unmittelbar und dauerhaft Schaden nehmen (Erblindungsgefahr!).
Ein Glaukomanfall ist ein augenärztlicher Notfall, der schnellstens behandelt werden muss!
Es gibt noch einige andere Glaukom-Varianten.
So findet sich bei nicht vielen Glaukom-Patienten ein sogenanntes
Normaldruckglaukom
(Niederdruckglaukom). Bei dieser Sonderform von Grünem Star treten trotz normalem Augeninnendruck typische Glaukom-Veränderungen im Auge auf. Das Glaukom entsteht hier aufgrund einer Durchblutungsstörung (vaskuläre Dysfunktion). Betroffene entwickeln häufig ein sogenanntes Flammer-Syndrom. Dieses betrifft überwiegend sehr schlanke Frauen, die häufig kalte Hände haben - und zudem häufig unter Migräne und Tinnitus leiden.
Selten ist dagegen das
kongenitale (angeborene) Glaukom
: Bei den betroffenen Babys ist aus unbekannter Ursache das Trabekelwerk im Augenwinkel nicht vollständig angelegt oder der Abfluss des Kammerwassers durch Gewebe behindert. Diese Form von Grünem Star macht sich schon im ersten Lebensjahr bemerkbar und kann relativ rasch zur Erblindung führen.
Die bei Grünem Star auftretenden Symptome variieren je nach Krankheitsform und Stadium.
Bei den allermeisten Patienten findet sich ein
chronisch fortschreitendes Glaukom
– am häufigsten ein primäres Offenwinkelglaukom, manchmal auch ein chronisches Engwinkelglaukom. In solchen Fällen zeigen sich im Frühstadium meist keine Symptome. Die Glaukom-Patienten bemerken ihre Erkrankung oft erst im fortgeschrittenen Stadium anhand von
zunehmenden Gesichtsfeldausfällen
(
Skotome
):
Bedingt durch den Verlauf von Nerven und Blutgefäßen verengt sich das Gesichtsfeld des Auges bei Menschen mit Glaukom bogenförmig von außen her. Typischerweise geht dies vom Blinden Fleck aus, also jenem Netzhautbereich, an dem der Sehnerv abgeht. Diese Art von Gesichtsfeldausfall wird Bjerrum-Skotom genannt. Durch diesen von außen nach innen fortschreitenden Gesichtsfeldausfall entwickeln die Betroffenen einen "Tunnelblick": Das, was gerade vor ihnen ist, sehen sie gut, während alles in der Peripherie des Gesichtsfelds (rechts, links, oben und unten von der Mitte) zunehmend schlechter bis gar nicht mehr wahrgenommen wird.
Gelegentlich treten auch Gesichtsfeldausfälle im Zentrum des Sehbereichs auf.
Weitere Glaukom-Symptome können
Augenrötung
,
Kopf- und Augenschmerzen
sein. Darüber hinaus kann bei länger bestehendem erhöhten Augeninnendruck eine Schwellung (
Ödem
) bestimmter Zellen im Auge zu Lichtbrechungen führen, die als
farbige Ringe oder Höfe (Auren) um helle Lichtquellen
wahrgenommen werden.
Bei einem akuten Engwinkelglaukom (Glaukomanfall) löst das plötzliche starke Ansteigen des Augeninnendrucks innerhalb weniger Stunden folgende Beschwerden aus:
Ein Glaukomanfall ist ein medizinischer Notfall – es besteht akute Erblindungsgefahr! Deshalb muss der Druck im Augapfel schnellstens gesenkt werden. Die ersten Behandlungsschritte kann der Hausarzt einleiten und den Patienten dann an den Augenarzt oder in eine Klinik überweisen.
Wenn ein Baby folgende Symptome zeigt, kann ein angeborenes (kongenitales) Glaukom die Ursache sein:
Sollten Sie diese Anzeichen bei Ihrem Kind feststellen, sollten Sie unbedingt zum Kinderarzt gehen! Dieser kann Sie und Ihr Kind an einen Spezialisten überweisen.
Wie oben erwähnt, gibt es
primäre Glaukom-Formen
, deren Ursache unbekannt ist, und
sekundäre Glaukom-Formen
, die sich etwa infolge einer anderen Erkrankung oder einer Augenverletzung entwickeln.
Die wichtigsten Ursachen beziehungsweise Risikofaktoren für ein Glaukom im Überblick:
In vielen Fällen geht Grüner Star mit einem
erhöhten Druck im Augapfel
(Augeninnendruck) einher. Dieser entsteht, wenn sich das Kammerwasser in der vorderen Augenkammer etwa infolge einer Abflussbehinderung staut:
Das Kammerwasser wird von speziellen Zellen gebildet und in die hintere Augenkammer abgegeben. Von dort fließt es in die vordere Augenkammer, wo es dann über das Abflusssystem im Kammerwinkel abgeleitet wird. Der ständige Austausch von Kammerwasser ist für die Funktion des Auges wichtig. Das Kammerwasser trägt Nährstoffe und Sauerstoff an die Linse und die Hornhaut, die keine eigenen Blutgefäße haben. Zudem dient es als optisches Medium.
Entscheidend für die Glaukom-Entstehung ist nun nicht der absolute Druck im Augeninneren, sondern die Differenz zwischen Augeninnendruck und dem Druck in den Blutgefäßen der Netzhaut und des Sehnervs, dem sogenannten
Perfusionsdruck
. Steigt der Druck im Inneren des Auges soweit an, dass er sich dem Perfusionsdruck nähert oder ihn sogar übersteigt, werden die feinen Blutgefäße regelrecht abgeklemmt – es kann kein
Blut
mehr fließen.
Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass nur bei rund der Hälfte der Glaukom-Patienten tatsächlich ein abnorm hoher Augeninnendruck gemessen wird. Bei den anderen etwa 50 Prozent der Betroffenen liegt der Augeninnendruck dagegen im Normalbereich. Trotzdem ist auch bei ihnen die Durchblutung infolge eines Missverhältnisses zwischen Augeninnendruck und Perfusionsdruck gestört. Dieses Missverhältnis beruht hier aber nicht auf Abflusshindernissen für das Kammerwasser (wie bei erhöhtem Augeninnendruck), sondern möglicherweise auf Veränderungen in den Blutgefäßen oder Störungen der allgemeinen Kreislauffunktion.
Viele Glaukom-Patienten gehen erst dann zum Augenarzt, wenn sie erste Krankheitszeichen (wie Sehstörungen) bemerken. Die Erkrankung ist dann bereits weiter fortgeschritten. Aber auch ohne solche Symptome sollten Sie Ihre Augen kontrollieren lassen (und zwar regelmäßig), wenn Sie Risikofaktoren für Grünen Star aufweisen (wie Glaukom-Fälle in der Familie, enger Kammerwinkel, Diabetes, Raynaud-Syndrom).
Den Anfang des Arztbesuchs bildet ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch (
Anamnese
). Danach folgen verschiedenen Augenuntersuchungen.
Anhand der Informationen aus dem Anamnese-Gespräch kann der Arzt Ihre Krankengeschichte erheben. Mögliche Fragen des Arztes sind zum Beispiel:
Nach der Anamnese folgt die Inspektion des Auges. Dabei betrachtet der Arzt die Lider, die Hornhaut, die Linse und den Tränenapparat und achtet auf mögliche Veränderungen. So können etwa Rötungen oder Eiter auf bestimmte Erkrankungen hinweisen.
Mittels Spaltlampe richtet der Augenarzt einen scharf begrenzten Lichtstrahl auf das Auge. Je nach Bündelung und Richtung des Lichtstrahls werden verschiedene Strukturen sichtbar beziehungsweise besonders hervorgehoben. Per Mikroskop lassen sich dann auch feinste Veränderungen entdecken, etwa der Hornhaut, der vorderen Augenkammer und des Kammerwinkels, der Augenlinse oder der Netzhaut.
Beim Verdacht auf ein Glaukom beurteilt der Augenarzt insbesondere die Platzverhältnisse des Kammerwinkel-Eingangs und die Tiefe der vorderen Augenkammer. Er achtet auch auf Veränderungen der Regenbogenhaut (Iris) sowie auf eine ungewöhnliche Pigmentierung der Hornhaut.
Die Spaltlampen-Untersuchung findet in einem abgedunkelten Raum statt und ist für den Patienten völlig schmerzfrei.
Der Druck im Augapfel lässt sich schnell mit dem sogenannten
Applanationstonometer
messen. Die Messplatte des Geräts drückt von vorn auf die Hornhaut des Auges (im Bereich der Pupille) und bestimmt den Druck, der nötig ist, um einen definierten Bereich zu verformen (Applanation = Abplatten, Plattdrücken; Tonus = Spannung, Druck). Da die Hornhaut des Auges sehr berührungsempfindlich ist, wird sie für die Untersuchung mit einem Lokalanästhetikum betäubt.
Die Maßeinheit für den Druck im Augapfel ist „Millimeter Quecksilbersäule“ (mmHg) - dieselbe Einheit, die auch beispielsweise für den Blutdruck verwendet wird. Normalwerte für den Augeninnendruck liegen zwischen 10 und 21 mmHg. Sie können im Tagesverlauf um etwa fünf mmHg schwanken, wobei die höchsten Werte nachts und in den frühen Morgenstunden auftreten (deshalb sollte bei der Messung immer die Tageszeit dokumentiert werden).
Bei den meisten Menschen mit Glaukom werden Augeninnendruck-Werte oberhalb von 21 mmHg gemessen, im Extremfall (Glaukomanfall) manchmal sogar mehr als doppelt so hohe.
Der Augenarzt wird bei der Messung berücksichtigen, dass bei älteren Menschen der Druck im Auge oft höher ist, ohne dass gleich ein Grüner Star vorliegt. Darüber hinaus wird das Messergebnis auch von der Dicke der Hornhaut beeinflusst, die deshalb durch eine weitere Untersuchung mitbestimmt werden sollte (Pachymetrie - siehe unten).
Der Nutzen einer Augeninnendruckmessung bei der Glaukom-Diagnostik ist allerdings umstritten. Der Augeninnendruck ist nämlich nicht bei jedem Glaukom-Patienten erhöht. Es kann also auch bei normalen Messergebnissen ein Grüner Star vorliegen. Nutzen und Risiken der Untersuchung sind im Einzelfall abzuwägen und mit dem Augenarzt zu besprechen.
Die Dicke der Hornhaut ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Sie kann zwischen ungefähr 450 und 650 Mikrometer (Tausendstel Millimeter) betragen. Gemessen wird die Hornhautdicke entweder punktuell mit
Ultraschall
oder Licht – oder es wird ein Dickeprofil über die gesamte Hornhautfläche erstellt:
Dazu wird mit einem spaltförmigen Lichtstrahl die gesamte Hornhautvorder- und Rückfläche abgebildet und von einer hochauflösenden Kamera festgehalten. Ein Computerprogramm errechnet aus diesen Bildern die Dicke an Tausenden von Einzelpunkten und rekonstruiert damit schließlich ein Dickenprofil von hoher Genauigkeit.
Die Augenspiegelung (
Funduskopie
, Ophthalmoskopie) ist für die Diagnose "Grüner Star" besonders aufschlussreich, weil sich damit Glaukom-Schäden und das Krankheitsstadium direkt sichtbar machen lassen:
Mithilfe eines Ophthalmoskops – einer Mischung aus Lupe und Lichtquelle – beurteilt der Augenarzt den Zustand der Netzhaut, ihrer Blutgefäße sowie des Sehnerv-Kopfes. Damit der Arzt einen möglichst großen Ausschnitt des Augenhintergrunds betrachten kann, erhält der Patient kurz vor der Untersuchung spezielle Augentropfen, welche die Pupille erweitern.
Lautet die Verdachtsdiagnose "Grüner Star", wird mittels Gonioskopie der Kammerwinkel untersucht. Dieser ist wegen seiner peripheren Lage im vorderen Augapfel normalerweise von außen nicht einsehbar. Das Gonioskop verfügt aber über eine spezielle Linse, mit deren Hilfe der Augenarzt gewissermaßen "um die Ecke sehen" kann. Dazu setzt er das Gonioskop direkt auf die zuvor lokal betäubte Hornhaut.
Bei einem Engwinkelglaukom findet sich ein flacher Kammerwinkel. Beim Offenwinkelglaukom können sich etwa Abflussblockaden durch die Regenbogenhaut sowie mögliche altersbedingte Plaques erkennen lassen. Auch Verwachsungen und Verfärbungen können auf ein Glaukom hinweisen.
Eine wichtige Untersuchung zur Erkennung bereits bestehender Netzhaut- oder Nervenschäden ist die Gesichtsfeldmessung (
Perimetrie
). Sie wird für jedes Auge einzeln durchgeführt (währenddessen ist das jeweils andere abgedeckt).
Während der Untersuchung werden dem Patienten nacheinander optische Reize an verschiedenen Orten des Raums präsentiert, ohne dass er seinen Blick direkt darauf richten darf. Wenn er einen Lichtreiz wahrnimmt, muss er dies mit einem Knopfdruck angeben. Somit lassen sich die Größe des Gesichtsfelds und eventuelle Gesichtsfeldausfälle (
Skotome
) feststellen, wie sie bei Grünem Star auftreten.
Grüner Star ist nicht die einzige Ursache für ein eingeschränktes Gesichtsfeld. Zudem treten Skotome beim Glaukom meist erst spät auf – dann, wenn mehr als 30 Prozent der Nervenfasern geschädigt sind.
Verschiedene Untersuchungen können den Blutfluss zur Netzhaut und zum Sehnerven bestimmen. Häufig verwendete Verfahren sind die
Fluoreszenzangiografie
(Röntgen-Kontrastuntersuchung der Blutgefäße im Auge), die Thermografie (Aufzeichnung der Wärmeabgabe des Augapfels als Maß für die Durchblutung) sowie die Kapillarmikroskopie (Betrachtung der feinsten Blutgefäße der Netzhaut in der Vergrößerung).
Da beim Glaukom das Verhältnis zwischen Augeninnendruck und dem Druck in den Blutgefäßen des Auges nicht stimmt, gehört auch eine Blutdruckmessung zu den Routineuntersuchungen.
Steht die Diagnose "Grüner Star" fest, sollte möglichst schnell mit der Behandlung begonnen werden, um möglichst (weitere) Augenschäden zu verhindern. Es stehen dazu verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Bei vielen Menschen mit Grünem Star muss der Augeninnendruck gesenkt werden – mit Medikamenten und/oder einem operativen Eingriff. Das kann das Voranschreiten des Glaukoms verhindern und zumindest verlangsamen.
Bei sekundären Glaukomen muss zusätzlich nach Möglichkeit die zugrundeliegende Ursache (z.B. eine andere Augenerkrankung oder eine den ganzen Körper betreffende Erkrankung wie Diabetes) behandelt werden.
Ziel der Glaukom-Behandlung ist die
dauerhafte Absenkung eines erhöhten Augeninnendrucks
unter einen kritischen Wert, sodass wieder genug Blut zu den Zellen der Netzhaut und des Sehnerven fließen kann. Dieser "kritische Augeninnendruck" ist individuell unterschiedlich. Er hängt davon ab, mit welchem mittleren Druck das Blut in den Blutgefäßen des Augapfels zirkuliert (Perfusionsdruck):
Wichtig ist, dass der Druck im Augapfel deutlich unter dem Perfusionsdruck liegt, damit dem Blutfluss nicht zu viel Widerstand entgegengesetzt wird. Augenärzte nennen den angestrebten Wert für den Augeninnendruck auch "
Zieldruck
". Um diesen individuellen Zieldruck zu bestimmen, ist vor allem zu Beginn einer Glaukom-Behandlung eine engmaschige Kontrolle des Augeninnendrucks, des Blutdrucks sowie der Durchblutung von Netzhaut und Sehnervenkopf notwendig. Dafür nutzt der Augenarzt im Prinzip die gleichen Verfahren wie zur Diagnose des Glaukoms. Die Kontrolluntersuchungen sind auch deshalb wichtig, weil sich ein Glaukom mit der Zeit verschlechtern kann. In diesem Fall muss die Therapie angepasst werden.
Die Absenkung des Augeninnendrucks bis unter den individuellen Zielwert lässt sich oftmals mit Medikamenten erzielen, manchmal ist aber auch eine Glaukom-Operation notwendig. Das hängt von der Ursache und dem Krankheitsverlauf ab.
Nicht alle Glaukomformen lassen sich mit Medikamenten zufriedenstellend behandeln. Bei der häufigsten Glaukom-Form, dem primären Offenwinkelglaukom, ist eine medikamentöse Behandlung aber oft ausreichend.
Die Patienten erhalten hier in der Regel spezielle
Augentropfen
, die ein- oder mehrmals täglich angewendet werden müssen. Die Tropfen enthalten Wirkstoffe, die den Augeninnendruck unter den individuellen Zielwert senken sollen – indem sie die
Produktion des Kammerwassers drosseln
und/oder den
Abfluss des Kammerwassers verbessern
:
Der Arzt kann auch verschiedene Wirkstoffe kombinieren, um den Therapieerfolg bei Grünem Star zu steigern.
Welche Medikamente in welcher Dosierung letztlich verordnet werden, hängt vor allem von der zu behandelnden Glaukom-Form ab. Wichtig ist in jedem Fall, dass Arzt und Glaukom-Patient gut zusammenarbeiten, und der Patient die Therapie konsequent einhält.
Wenn Medikamente zur Behandlung eines Glaukoms den Augeninnendruck nicht ausreichend und zuverlässig senken können, wird eine Operation erforderlich. Manchmal werden medikamentöse und operative Glaukom-Therapien auch kombiniert.
So werden etwa bei einem Glaukomanfall zunächst Medikamente zur akuten Druckentlastung eingesetzt, und erst dann das Auge operiert. Bei der frühkindlichen Form des Grünen Stars (primäres angeborenes Glaukom) wird dagegen so früh wie möglich eine Glaukom-Operation durchgeführt.
Folgende Verfahren stehen zur operativen Glaukom-Behandlung zur Verfügung:
Bei dieser Methode wird das Kammerwasser aus der Vorderkammer abgeleitet, indem man ein künstliches Drainagesystem legt. Das Kammerwasser kann so aus der vorderen Augenkammer nach außen zur
Bindehaut
absickern; dort wird es über die großen Gefäße der Bindehaut abgeleitet.
Die Operation erfolgt unter örtlicher Betäubung und kann oft auch ambulant durchgeführt werden. Der Eingriff dauert etwa 30 Minuten.
Hierbei wird die Regenbogenhaut (Iris) durch einen kleinen Schnitt eröffnet – entweder mit einem feinen Messer oder einem Laser. Durch das kleine Loch kann das Kammerwasser direkt aus der hinteren in die vordere Augenkammer gelangen, wo es dann über einen Kanal abfließt.
Dieser Eingriff ist dann sinnvoll, wenn ein Engwinkelglaukom vorliegt und die Gefahr eines Winkelblocks (Glaukomanfall) besteht. Er wird unter lokaler Betäubung durchgeführt.
Das schwammartige Gewebe im Kammerwinkel (Trabekelwerk) wird hier mit Laserstrahlen beschossen, was den Abfluss des Kammerwassers verbessert. Die Methode wird vor allem bei Patienten mit einem Offenwinkelglaukom angewendet. Im Idealfall lässt sich der Druck im Auge damit um etwa acht Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) absenken.
Der Eingriff wird unter lokaler Betäubung durchgeführt, der Patient kann direkt nach der Behandlung nach Hause gehen. Die Wirkung der
Lasertherapie
ist bei einem Grünen Star aber häufig nicht von Dauer.
Im Fokus des operativen Eingriffs steht hier der Ziliarkörper – ein ringförmiger Teil der mittleren Augenhaut, an dem die Augenlinse "aufgehängt" ist und der an der Produktion des Kammerwassers beteiligt ist.
Bei dem Eingriff wird der Ziliarkörper mit einem Laser (Zyklophotokoagulation) oder Kältestift (Zyklokryokoagulation) in jenem Bereich zerstört, der das Kammerwasser bildet – die Menge des gebildeten Kammerwassers geht zurück, wodurch der Augeninnendruck sinkt.
Beide Verfahren zur Behandlung des Grünen Stars kommen bei sekundären Glaukomen sowie bei Glaukomen in Betracht, bei denen andere Operationen erfolglos sind.
Der Schlemm'sche Kanal leistet einen Hauptanteil bei der Ableitung des Kammerwassers. Bei dem Eingriff sucht der Chirurg den Kanal mit einer Sonde auf und schafft dann von dort aus eine Öffnung zur vorderen Augenkammer. Das verbessert den Abfluss des Kammerwassers.
Diese Glaukom-Operation wird beim angeborenen Grünen Star (kongenitales Glaukom) durchgeführt.
Ein wichtiger Teil der Glaukom-Behandlung sind auch regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt. Sinnvoll sind ein bis drei Kontrolltermine pro Jahr – je nachdem, wie weit der Grüne Star bereits fortgeschritten ist.
Ohne Behandlung führt Grüner Star zur Erblindung, weil er die Sehzellen der Netzhaut und den Sehnerven immer weiter schädigt. Dabei beschleunigt sich der Krankheitsverlauf, je länger der Grüne Star schon besteht. Einmal entstandene Schäden lassen sich auch nicht mehr rückgängig machen.
Umso wichtiger ist es, ein Glaukom frühzeitig zu erkennen, Risikofaktoren zu meiden und eine begonnene Behandlung konsequent fortzuführen. Die gute Nachricht: Mit geeigneten Medikamenten und/oder einem operativen Eingriff lässt sich Grüner Star meist stoppen und das Sehvermögen erhalten.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Jens Richter ist Chefredakteur bei NetDoktor. Seit Juli 2020 ist der Mediziner und Journalist außerdem als COO für den Geschäftsbetrieb und die strategische Weiterentwicklung von NetDoktor verantwortlich.
Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.
Grüner Star
Kurzübersicht
Grüner Star: Beschreibung
Glaukom-Formen
Offenwinkelglaukom
Engwinkelglaukom
Weitere Glaukom-Formen
Grüner Star: Symptome
Chronisches Glaukom: Symptome
Akutes Glaukom (Glaukomanfall): Symptome
Kongenitales Glaukom: Symptome
Grüner Star: Ursachen und Risikofaktoren
Erhöhter Augeninnendruck
Augeninnendruck nur bei jedem zweiten Patienten erhöht
Grüner Star: Untersuchungen und Diagnose
Anamnese
Inspektion des Auges
Spaltlampen-Untersuchung
Augeninnendruck-Messung (Tonometrie)
Umstrittener Nutzen
Messung der Hornhautdicke (Pachymetrie)
Augenspiegelung (Funduskopie)
Untersuchung des Kammerwinkels (Gonioskopie)
Gesichtsfeldmessung (Perimetrie)
Messung der Durchblutung
Grüner Star: Behandlung
Absenkung des Augeninnendrucks
Grüner Star: Medikamente
Grüner Star: Operative Eingriffe
Trabekelektomie/Trabekulotomie
Iridektomie und Laser-Iridotomie
Laser-Trabekuloplastik
Zyklophotokoagulation/Zyklokryokoagulation
Eröffnung des Schlemm'schen Kanals
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen
Grüner Star: Krankheitsverlauf und Prognose
Autoren- & Quelleninformationen