Illness name: subclavian steal syndrom
Description:
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Das
Subclavian-Steal-Syndrom
ist eine Durchblutungsstörung des Gehirns. Sie kommt durch eine Verengung einer Arm-Arterie in Nähe des Schlüsselbeins (Arteria subclavia) zustande. Patienten empfinden häufig Schwindel oder Sehstörungen. Die Krankheit lässt sich durch einen Eingriff heilen. Lesen Sie hier mehr zum Subclavian-Steal-Syndrom.
Das Subclavian-Steal-Syndrom ist eine sehr seltene Durchblutungsstörung des Gehirns. Es tritt auf, wenn eine Schlüsselbeinarterie (Arteria subclavia) verengt ist, die für die Blutversorgung der Arme zuständig ist. Diese Verengung ist meist durch eine Verkalkung der Gefäße bedingt.
Die verengte Schlüsselbeinarterie zapft zum Ausgleich die Wirbelarterie (Arteria vertebralis) an, die eigentlich
Blut
ins
Gehirn
leitet: Das heißt, die Schlüsselbeinarterie „stiehlt“ (englisch „to steal“ = stehlen) Blut aus der Arteria vertebralis und damit vom Gehirn. Damit gehört die Erkrankung zu den sogenannten Anzapf-Phänomenen (Steal-Phänomenen).
Dadurch kommt es zu einer Mangelversorgung verschiedener Hirnabschnitte. Um die Ursachen für ein Subclavian-Steal-Syndrom besser zu verstehen, lohnt sich ein kurzer Blick auf die Anatomie.
Das Gehirn wird sowohl durch die rechte und linke Arteria carotis interna als auch durch die rechte und linke Arteria vertebralis mit Blut versorgt. Diese Arterien sind über zwischengeschaltete
Blutgefäße
miteinander verbunden.
Die linke Karotis-Arterie entspringt der Hauptschlagader (
Aorta
). Links zweigt die linke Arteria subclavia ab. Die rechte Körperhälfte wird versorgt, indem aus der Aorta der Truncus brachiocephalicus entspringt. Dieser teilt sich anschließend in die rechte Arteria subclavia und die rechte Karotis-Arterie auf.
Aus der rechten und linken Arteria subclavia entspringt die jeweilige Arteria vertebralis. Diese verläuft entlang der Wirbelkörper Richtung
Schädel
und versorgt dort Teile des Gehirns. Die Arteria subclavia verläuft weiter unter dem
Schlüsselbein
entlang Richtung Achsel und übernimmt die Blutversorgung der Arme.
Aufgrund der Verläufe der Blutgefäße stehen die Arteria carotis, die Arteria vertebralis und die Arteria subclavia in Verbindung miteinander.
Das Subclavian-Steal-Syndrom wird als solches bezeichnet, wenn verschiedene Krankheitszeichen vorliegen, die gleichzeitig auftreten und in einem Zusammenhang zueinander stehen. Man spricht dann auch von einem Symptom-Komplex.
Davon zu unterscheiden ist das Subclavian-Steal-Phänomen. Ärzte verwenden diesen Begriff, wenn die Ursache für ein mögliches Subclavian-Steal-Syndrom vorliegt, aber der Patient (noch) keine Symptome zeigt, das heißt asymptomatisch ist.
Das Subclavian-Steal-Syndrom äußert sich durch verschiedene Krankheitszeichen, die meist nur eine Körperhälfte betreffen. Es müssen nicht immer alle der folgenden Symptome vorliegen. Einige Patienten bleiben bei Verengungen der Arteria subclavia beschwerdefrei (asymptomatisch, Subclavian-Steal-Phänomen).
Die folgenden Krankheitszeichen sind beim Subclavian-Steal-Syndrom typisch:
Bei einem Subclavian-Steal-Syndrom verstärken sich die Beschwerden häufig, wenn der Patient den Arm der betroffenen Seite bewegt.
Außerdem sind Schmerzen,
Blässe
und verringerte Temperatur eines Arms möglich.
Die Symptome treten sowohl dauerhaft (chronisch) auf als auch anfallsartig, wenn der betreffende Arm bewegt wird.
Ursache des Subclavian-Steal-Syndroms ist eine starke Verengung (Stenose) oder ein Verschluss (Okklusion) der Arteria subclavia oder des Truncus brachiocephalicus. Entscheidend dabei ist, dass diese Verengung vor dem Abgang der Arteria vertebralis aus der Arteria subclavia liegt.
Durch die Verengung gelangt zu wenig Blut in den Arm der betroffenen Seite. Dadurch entsteht ein Unterdruck in der Arteria subclavia. Aufgrund der Schwerkraft zapft diese so die Arteria vertebralis an, die normalerweise das Gehirn mitversorgt. Der Blutstrom der Arteria vertebralis wird dabei umgedreht und das Blut fließt von ihr in die Arteria subclavia und nicht mehr ins Gehirn.
Mögliche Ursachen der Arterienverengung sind eine
Arteriosklerose
(Verengung des Gefäßes durch Kalkablagerungen), eine spezielle Form der Arterien-Entzündung (
Takayasu-Arteriitis
) oder ein sogenanntes Halsrippen-Syndrom, bei dem eine zusätzliche Rippe am Halswirbel Blutgefäße einengt.
Aufgrund der Ausgleichs- oder Umgehungs-Mechanismen beim Subclavian-Steal-Syndrom fehlt Blut im Gehirn. Vor allem, wenn der betroffene Arm einen erhöhten Blutbedarf hat, wie bei Bewegung, verstärkt sich die Mangelversorgung im Gehirn. Dadurch kommt es besonders auf der betroffenen Seite zu Ausfall-Erscheinungen wie Schwindel oder Sehstörungen.
Besonders gefährdet, an einem Subclavian-Steal-Syndrom zu erkranken, sind Patienten mit einem Gefäßleiden. Vor allem Verkalkungen der Arterien (Arteriosklerose) führen dazu, dass sich die Blutgefäße verengen.
Risikofaktoren dafür sind Rauchen, erhöhte
Blutfettwerte
und Bewegungsmangel. Außerdem sind Fehlbildungen der Gefäße ein Risikofaktor für Verengungen sowie das seltene Vorkommen einer zusätzlichen Halsrippe.
Um ein Subclavian-Steal-Syndrom festzustellen, setzt Ihr Arzt verschiedene Untersuchungsmethoden ein. Zunächst befragt er Sie nach Ihrer Krankengeschichte (
Anamnese
). Dazu stellt er Ihnen unter anderem folgende Fragen:
Anschließend untersucht Ihr Arzt Sie körperlich. Dabei tastet er unter anderem den Puls und misst den Blutdruck. Wenn auf einer Seite der Puls abgeschwächt ist und zwischen beiden Armen eine Blutdruckdifferenz von über 20 mmHg besteht (Millimeter Quecksilbersäule = mmHg, Messeinheit des Blutdrucks), deutet dies auf eine mögliche Verengung der Arteria subclavia und damit auf ein Subclavian-Steal-Syndrom hin.
Außerdem hört Ihr Arzt Ihr
Herz
und die umliegenden Blutgefäße ab. Bei einer Verengung der Arteria subclavia ist das Strömungs-Geräusch verändert.
Beim Verdacht auf ein Subclavian-Steal-Syndrom veranlasst Ihr Arzt unter Umständen weitere Untersuchungen. Die Methode der ersten Wahl ist dabei die Doppler- oder Duplex-Sonografie. Dies ist eine Ultraschalluntersuchung, mit der sich sowohl die Gefäße als auch der Blutfluss darstellen lassen. So ist eine eventuelle Verengung der Arteria subclavia und eine Umkehr des Blutflusses in der Arteria vertebralis zu erkennen.
Andere bildgebende Verfahren setzt der Mediziner in manchen Fällen zusätzlich zur Diagnostik ein. Dazu zählt eine Röntgenuntersuchung der Gefäße mittels
Computertomografie
oder Magnetresonanztomografie (CT- oder MRT-Angiografie) beziehungsweise eine Angiografie mit Kontrastmittel.
Dabei muss der Arzt ein Aortenbogen-Syndrom ausschließen, bei dem es zwar zu ähnlichen Symptomen kommt, aber bei dem Verengungen in mehreren Gefäßen vorliegen.
Es gibt verschiedene Behandlungsarten des Subclavian-Steal-Syndroms. Sind schwere Symptome vorhanden, empfindet der Patient einen hohen Leidensdruck.
Hat der Arzt in den Untersuchungen eine starke Verengung oder ein Verschluss der Arteria subclavia festgestellt, erfolgt ein Eingriff mit einer Operation. Gängige Verfahren sind die perkutane transluminale
Angioplastie
(PTA) sowie das Einsetzen eines Bypasses.
Bei einer perkutanen transluminalen Angioplastie (PTA) schiebt man einen Katheter über ein Blutgefäß bis zur Verengung vor. Dort wird ein Ballon platziert, der das Gefäß aufweitet (Ballondilatation).
Ein Bypass ermöglicht die Umgehung eines verengten Gefäßes: Der Bypass, der häufig aus körpereigenen Gefäßen besteht, wird jeweils vor und hinter der Verengung mit dem Blutgefäß verbunden.
Auf diese Weise leitet man das heranströmende Blut über den Bypass an der Verengung vorbei und die dahinterliegenden Körperabschnitte werden weiterhin versorgt.
Bei rechtzeitiger Behandlung hat das Subclavian-Steal-Syndrom eine gute Prognose. Nicht alle Patienten mit einer Verengung der Arteria subclavia zeigen die entsprechenden Symptome (Subclavian-Steal-Phänomen). Mit der Zeit geht eine leichte Verengung aber oft in eine schwere Verengung über oder führt sogar zum vollständigen Verschluss des Gefäßes.
Ist eine Arteriosklerose der Schlüsselbein-Arterie die Ursache, sind auch an anderen Arterien ähnliche Verengungen oder Verkalkungen möglich, die unter Umständen lebensbedrohlich werden. Daher wird der Arzt im Verlauf auch andere Gefäßabschnitte, wie zum Beispiel die
Herzkranzgefäße
, im
Auge
behalten.
Nach einem
Herzinfarkt
erfolgen Bypässe der Herzkranzgefäße häufig mithilfe der inneren Brustwandarterie (Arteria thoracica interna), die aus der Arteria subclavia entspringt. Kommt es zu einem Subclavian-Steal-Syndrom, also einer Verengung der Arteria subclavia, ist es möglich, dass es durch einen solchen Bypass eine Mangelversorgung am Herzen und eventuell zu Brustschmerzen kommt.
Neben den genannten Symptomen beim Subclavian-Steal-Syndrom führt ein Verschluss der Arteria subclavia häufig auch zu Durchblutungsstörungen im Arm. Ist der Truncus brachiocephalicus verengt, sind neben dem
Subclavian-Steal-Syndrom
Probleme in der Gehirnversorgung über die Karotis-Arterie möglich, was Schlaganfälle als mögliche Folge hat.
Das Subclavian-Steal-Syndrom lässt sich bei bekannten Risiken oder zusätzlicher Gefährdung wie bei einem Herzkranzgefäßbypass vorbeugend behandeln. Dabei versucht der Arzt, das Risiko für einen möglichen Verschluss der Arteria subclavia zu senken. Weil eine solche Gefäßverengung häufig bei Arteriosklerose entsteht, empfiehlt der Mediziner etwa, nicht zu rauchen, sich fettarm und ausgewogen zu ernähren und regelmäßig Sport zu treiben.
Ferner untersucht man die Durchblutung in regelmäßigen Kontrolluntersuchungen bereits vorsorglich, wenn ein entsprechendes Risiko besteht oder die Erkrankung bereits einmal überstanden wurde
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Subclavian-Steal-Syndrom
Kurzübersicht
Was ist das Subclavian-Steal-Syndrom?
Anatomie
Subclavian-Steal-Syndrom und Subclavian-Steal-Phänomen
Wie äußert sich ein Subclavian-Steal-Syndrom?
Ursachen und Risikofaktoren
Risikofaktoren für ein Subclavian-Steal-Syndrom
Untersuchungen und Diagnose
Behandlung
PTA und Bypass
Krankheitsverlauf und Prognose
Vorbeugung
Autoren- & Quelleninformationen