Illness name: sexsucht

Description:

Sexsucht

Von Carola Felchner , Wissenschaftsjournalistin
und Christiane Fux , Medizinredakteurin
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

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Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Die Sexsucht (auch Hypersexualität) zählt wie die Kauf- und die Spielsucht zu den Verhaltenssüchten. Kennzeichnend ist, dass der Drang Sex zu haben übergroß ist und einen erheblichen Leidensdruck verursacht. Erfahren Sie hier, wie sich eine Hypersexualität äußert, wie man sie in den Griff bekommt und warum das Ziel einer Behandlung nicht ist, ein Leben lang abstinent zu bleiben.

ICD-Codes für diese Krankheit: ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen. F52

Kurzbeschreibung

  • Beschreibung : Verhaltenssucht, exzessive, zwanghafte sexuelle Betätigung trotz negativer Konsequenzen
  • Symptome : ständig sexuelle Fantasien, exzessiver Pornofilm-Konsum, häufiges Masturbieren, ständig wechselnde Sexualpartner, ausbleibende Befriedigung, Suche nach dem "Kick"
  • Ursachen : Konditionierung des Belohnungszentrums im Gehirn , gestörte Impulskontrolle, Risikofaktoren sind Einsamkeit , geringes Selbstwertgefühl, familiäre Konflikte
  • Diagnose : Kriterien sind u.a. unkontrollierbares sexuelles Verlangen, psychische Entzugserscheinungen, Toleranzentwicklung, Verlust von Interessen, Gefährdung von Beziehungen, Beruf, Ausbildung
  • Behandlung : ambulante Verhaltenstherapie , verhaltenstherapeutische Einzel-, teilweise auch Gruppensitzungen
  • Prognose : Mit therapeutischer Hilfe lässt sich die Kontrolle über das Sexualleben zurückgewinnen.
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Sexsucht: Beschreibung

Der Begriff Sexsucht taucht immer wieder in der Boulevardpresse im Zusammenhang mit angeblich sexsüchtigen Prominenten auf. Aber ob eine Person nur sexuell sehr aktiv oder tatsächlich sexsüchtig ist, ist oft nicht leicht zu entscheiden. Wie oft jemand am Tag oder in der Woche Sex hat, spielt eine untergeordnete Rolle.

Kontrollverlust

Von krankhaftem oder zwanghaftem Verhalten kann man ausgehen, wenn der oder die Betroffene ihr sexuelles Verhalten nicht mehr unter Kontrolle hat, darunter leidet und sich auch nicht mäßigen kann, obwohl das Verhalten negative Konsequenzen hat.

Schleichender Beginn

Sexsucht beginnt schleichend – wie jede andere Sucht auch. Im gleichen Maße wie die Sucht zunimmt, schränkt sie die persönliche Freiheit ein. Bleibt sie über einen längeren Zeitraum unbehandelt, kann sich sogar die Persönlichkeit verändern und auch die Gesundheit leidet auf Dauer unter der Sexsucht.

Ähnlich wie bei einem Alkohol- oder Drogensüchtigen kompensiert das kurzzeitige Hochgefühl beim Sex eine innere Leere, Langeweile, Ängste oder Selbstzweifel – aber eben nur kurzfristig. Oft wird auch das intensive Lustgefühl mit der Zeit immer geringer. Die Betroffenen fühlen sich nie richtig befriedigt. Die Folge: Sie steigern die sexuelle Aktivität und sie brauchen immer häufiger und meist auch immer intensiveren Sex.

Nymphomanie und Satyriasis

Sexsucht bei Frauen wird auch als Nymphomanie bezeichnet. Der entsprechende Begriff für Sexsucht beim Mann ist Satyriasis . Da die Begriffe aber umgangssprachlich und unscharf gebaucht werden und zudem mit negativen Vorstellungen und Vorurteilen verbunden sind, werden sie im fachlichen Zusammenhang nicht mehr verwendet.

Sehnsucht nach Normalität

Sexsucht bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Betroffene einen speziellen Fetisch oder eine Vorliebe für ausgefallene Sexualpraktiken haben. Viele Betroffene möchten eine ganz normale Beziehung eingehen, sie sehnen sich nach einer festen Bindung und nach Romantik. Doch meist wird ihnen Sex mit dem immer gleichen Partner schnell langweilig.

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Sexsucht: Symptome

Auch eine hohe Frequenz sexueller Aktivität ist kein Beweis für Sexsucht. Entscheidend ist, dass Sex zwanghaft ausgeübt und trotz negativer Folgen in problematischem Ausmaß praktiziert wird.

Die Gedanken kreisen unentwegt um das Thema Sex. Die Betroffenen können ihr Sexualverhalten nicht mehr steuern, vernachlässigen darüber ihre Aufgaben und übrigen Interessen. Job und Privatleben und insbesondere die Partnerschaft leiden unter dem zwanghaft ausgeübtem Sex.

Symptome, die typischerweise bei einer Hypersexualität auftreten, sind beispielsweise:

  • ausschweifende sexuelle Fantasien, die teils von Arbeit und Alltagsverpflichtungen abhalten
  • oft mehrere Stunden am Tag Pornofilme schauen
  • häufiges Masturbieren
  • ständig wechselnde Sexualpartner
  • ausbleibende Befriedigung, Suche nach dem "Kick"
  • gestörtes Sozialverhalten und Realitätsverlust (z. B. aggressives Verhalten gegenüber Menschen, die ihrem ästhetischen Empfinden nicht entsprechen)

Psychische Entzugserscheinungen

Anders als bei substanzgebundenen Süchten wie Alkoholismus , leiden Hypersexuelle nicht unter körperlichen Entzugserscheinungen. Psychische Entzugserscheinungen wie Unruhe, Nervosität und Reizbarkeit treten aber auf und sind schwerwiegend, dass sie denn Entschluss, das Veralten zu ändern immer wieder aushebeln.

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Sexsucht: Therapie

Der erste Schritt, eine Sexsucht zu überwinden, ist die Einsicht, ein ernsthaftes Problem zu haben. Eine erste Anlaufstelle kann dann eine Beratungsstelle wie Pro Familia sein um Sexsucht zu behandeln.

Ziel einer Therapie der Hypersexualität ist, die Kontrolle über das sexuelle Verhalten wiederzuerlangen und so zerstörerische Auswirkung der Sexsucht einzudämmen.

Verhaltenstherapie bei Sexsucht

Mit verhaltenstherapeutischer Unterstützung lernen die Betroffenen, ihre sexuellen Impulse zu kontrollieren. Die Therapie erfolgt in Form von therapeutischen Einzelgesprächen und gruppentherapeutischen Sitzungen. Auch Selbsthilfegruppen zum Thema Sexsucht können dazu beitragen, eine solche zu überwinden, reichen aber als alleinige Maßnahme meist nicht aus.

Im Rahmen der Therapie ergründen die Betroffenen, welche Rolle Sex als Suchtmittel für sie spielt – zum Beispiel Hebung des Selbstwertgefühls, Überdecken von innerer Leere, Bewältigung von Ängsten – und wie sie dies auf anderem Wege erreichen. Betroffene lernen, Gefühle anzunehmen und auszuhalten, sich selbst positiver wahrzunehmen und ihr Selbstbewusstsein zu verbessern.

Sexuelle Abstinenz ist nicht das Ziel

Sexuelle Abstinenz wird im Rahmen der Therapie nicht angestrebt. Zum einen, weil sexuelle Aktivität ein wichtiger Bestandteil des Lebens und der Lebensqualität ist. Zum anderen, weil Abstinenz das Problem nicht löst. Es ist deshalb nur eine Frage der Zeit, bis es zu einem Rückfall in die Sexsucht kommt. Letztlich geht es darum, die Betroffenen zu einem normalen Umgang mit Sexualität zurückzuführen, die nicht das gesamte Leben bestimmt.

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Sexsucht: Diagnose

Die Grenze zwischen einem normalen, stark ausgeprägten Sexualtrieb und zwanghaftem sexuellen Verhalten, ist schwierig. Entscheidend für die Diagnose Hypersexualität ist:

  • Kontrollverlust über sexuelle Handlungen und Phantasien
  • Unfähigkeit, das Verhalten zu verändern trotz negativer Konsequenzen für sich und andere, z.B. in Partnerschaft, sozialem oder beruflichem Umfeld
  • hoher Zeitaufwand für sexuelle Handlungen und Phantasien
  • psychische Entzugssymptome bei sexueller Abstinenz wie Unruhe und Reizbarkeit
  • Leidensdruck aufgrund der schwer zu kontrollierendem Sexualität

Für die Diagnose Hypersexualität müssen die Probleme mindestens sechs Monate bestehen.

Sexsucht-Test

Im Internet werden verschiedene Tests angeboten, die einen Hinweis auf eine mögliche Problematik geben können. Eine professionelle Diagnose können sie allerdings nicht ersetzen.

Die Sexsucht-Tests enthalten unter anderem Fragen

  • zum Raum, den Sexualität in Ihrem Leben einnimmt
  • zu Risiken, die Sie eingehen um Sex zu haben
  • zu Problemen, die ihnen Ihr aktives Sexleben schon bereitet hat
  • zur Zahl der Sexualpartner
  • zum Pornokonsum
  • zum Onanierverhalten
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Sexsucht: Ursachen

Eine Sexsucht kann ganz verschieden Ursachen haben. Meist kommen mehrere Auslöser zusammen, wenn sich ein zwanghafter Sexualtrieb entwickelt. Die Ursachen können in der Kindheit, in den persönlichen Erfahrungen mit Sex aber auch in der Persönlichkeit, der individueller Veranlagung und im soziokulturellen Umfeld begründet sein.

Sex als Droge : Guter Sex aktiviert das Belohnungszentrum im Gehirn, ähnlich wie das Drogen wie Alkohol oder Kokain können. Insbesondere wenn Sex eingesetzt wird, um negative Gefühle wie Selbstzweifel, innere Leere oder Sorgen zu entfliehen, läuft eher Gefahr, in eine Sexsucht abzugleiten.

Sexueller Missbrauch : Menschen, die sexuell missbraucht wurden, haben häufig ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität. Manche entwickeln in diesem Zusammenhang eine Hypersexualität.

Gestörte Impulskontrolle : Eine gestörte Impulskontrolle bewirkt, dass die Befriedigung unmittelbarer Bedürfnisse von einer Person nur schwer zurückgestellt werden können. Dazu kann auch der Sexualtrieb gehören.

Sexverfügbarkeit im Internet : Pornos und potentielle Sexualpartner sind im Internet unkompliziert, anonym und immer verfügbar. Auch scheinen im Netz Hemmschwelle und Schamgrenze niedriger zu liegen – der Trieb lässt sich umgehend, ohne weitere Verpflichtungen und ohne größere Schuldgefühle befriedigen.

Psychische Erkrankung : Im Rahmen einer Zwangsstörung oder einer Manie kann sich ein hypersexuelles Verhalten entwickeln.

Körperliche Erkrankung : Manche körperlichen Erkrankungen können eine Hypersexualität verursachen, beispielsweise ein Tumor in der Nebennierenrinde .

Genetische Veranlagung : Wie bei stoffgebundenen Suchterkrankungen wie Alkoholismus sind auch Verhaltens suchte teilweise genetisch bitbegründet.

Medikamente : Manche Medikamente steigern den sexuellen Appetit oder stören die Impulskontrolle. Dazu gehören beispielsweise bestimmte Parkinson-Medikamente.

Drogenkonsum : Der Konsum von Drogen, insbesondere von Kokain, kann eine Sexsucht hervorrufen.

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Prognose

Die Behandlung einer Sexsucht ist langwierig. Wer sich darauf, einlässt hat aber gute Chancen, die Kontrolle über sein Liebesleben zurückzugewinnen. Ohne professionelle Unterstützung ist es schwer möglich, eine Sexsucht zu überwinden.

Negative Folgen von Sexsucht

Sexsucht kann eine Reihe negativer Konsequenzen haben.

Schwierigkeiten in der Partnerschaft : Ständiges Bedrängen des Partners zum Beischlaf, das Aufdrängen sexueller Praktiken oder insbesondere Seitensprünge belasten eine Partnerschaft erheblich.

Berufliche Schwierigkeiten : Wenn sich alles nur noch um Sex dreht, vernachlässigen Betroffene ihre Aufgaben. Problematisch kenn es auch schnell werden, wenn die Sexsucht am Arbeitsplatz ausgelebt wird, sexuelle Belästigung von Kollegen und Kolleginnen, Pornokonsum während der Arbeitszeit etc.

Kriminelle Delikte : Sexsucht kann auch in kriminelles Verhalten münden, beispielsweise in Form von Voyeurismus oder sexuellen Übergriffen.

Selbstablehnung : Wer daran scheitert, seine Sexsucht in den Griff zu kriegen, leidet häufig unter Versagensgefühlen, Selbstvorwürfen bis hin zum Selbsthass.

Geldprobleme : Manche verlieren aufgrund unangemessenen sexuellen Verhaltes ihren Job. Andere geben viel Geld für Prostituierte aus.

Geschlechtskrankheiten : Häufig wechselnde sexuelle Kontakte erhöhen das Risiko, sich mit einer Geschlechtskrankheit anzustecken.

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Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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ICD-Codes:
F52
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Anonyme Sexaholiker Deutschland: https://anonyme-sexsuechtige.de (Abruf: 20.02.2020)
  • Anonyme Sex- und Liebessüchtige – Deutschsprachige S.L.A.A. e.V.: https://slaa.de (Abruf: 20.02.2020)
  • Bundesärztekammer: "Medikamente - schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit", Leitfaden für die ärztliche Praxis (2007)
  • Kornelius Roth, Sexsucht Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige, 4. Auflage, Ch. Links Verlag, 2012
  • Schritte aus der Sexsucht, Weißes Kreuz, www.weisses-kreuz.de (Abruf 20.02.2020)
  • Stirn et al., Sexualität, Körper und Neurobiologie: Grundlagen und Störungsbilder im interdisziplinären Fokus, Kohlhammer 2014