Illness name: trigeminusneuralgie

Description:

Trigeminusneuralgie

Von Dr. med. Fabian Sinowatz
und Dr. Monique Amey-Özel , Biologin und Medizinredakteurin
und Carola Felchner , Wissenschaftsjournalistin
Dr. med. Fabian Sinowatz

Dr. med. Fabian Sinowatz ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.

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Dr. Monique Amey-Özel

Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.

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Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

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Bei einer Trigeminusneuralgie treten plötzlich heftige Gesichtsschmerzen auf. Sie halten meist nur wenige Sekunden an, kehren oftmals aber immer wieder. Die Beschwerden gehen vom größten Gesichtsnerv, dem Trigeminusnerv, aus, der bei Schädigung Schmerzsignale an das Gehirn sendet. Lesen Sie hier alles Wichtige über Therapie, Symptome, Ursachen und Prognose der Trigeminusneuralgie!

ICD-Codes für diese Krankheit: ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen. G50

Kurzübersicht

  • Behandlung: Medikamente oder Operation ggf. mit Bestrahlung, eventuell ergänzt durch eine psychologische Betreuung
  • Symptome: Blitzartige, sehr kurze und extrem starke Schmerzattacken im Gesicht, oftmals schon bei leichter Berührung, Sprechen, Kauen etc. (episodische Form) oder andauernde Schmerzen (konstante Form)
  • Ursachen und Risikofaktoren: Häufig eine auf den Nerv drückende Arterie (klassische Form), andere Erkrankungen (sekundäre Form), unbekannte Ursache (idiopathische Form)
  • Untersuchungen und Diagnose: Körperliche Untersuchung, Magnetresonanztomografie (MRT), Liquorpunktion, Computertomografie (CT), Angiografie oder Kernspin-Angiografie (MRA), elektrophysiologische Untersuchungen, Untersuchungen beim Zahnarzt, Kieferorthopäden oder HNO-Arzt
  • Prognose: Schmerzen sind mit Therapie kontrollierbar, lassen sich jedoch nicht dauerhaft beseitigen.
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Was ist eine Trigeminusneuralgie?

Bei der Trigeminusneuralgie handelt es sich um heftige, attackenartige, meist einseitige Gesichtsschmerzen, die vom fünften Hirn- beziehungsweise Gesichtsnerv (Trigeminusnerv oder N. trigeminus) ausgehen. Sie basieren auf einer Funktionsstörung des Nervs, die häufig mit einer Entzündung einhergeht. Außerdem ist bei der Trigeminusneuralgie meist eine Rückbildung (Degeneration) der Nervenstränge mit einem Abbau der außen liegenden Isolierschicht (Demyelinisierung) zu beobachten.

Die Erkrankung ist insgesamt nicht sehr häufig, Schätzungen zufolge sind etwa vier bis 13 von 100.000 Menschen betroffen. Eine Trigeminusneualgie kann in jedem Alter auftreten, am häufigsten jedoch tritt sie bei über 60-Jährigen auf.

Mediziner unterscheiden zwischen einer klassischen, sekundären und idiopathischen Trigeminusneuralgie.

Der Trigeminusnerv ist der größte Hirnnerv und teilt sich in drei Äste auf. Diese versorgen den Großteil des Gesichts, insbesondere die Haut von der Stirn, den Augen, der Nase , den Wangen und der Kieferregion sowie die Schleimhäute in Mund und Nase sowie Zähne . Von hier leitet der Nerv Sinneseindrücke wie Berührungen, Temperaturempfinden oder Schmerz an das Gehirn . Der Trigeminusnerv versorgt zudem die Kiefer- und Zungenmuskulatur und steuert deren Bewegungen. Er ist so zum Beispiel für das Kauen verantwortlich.

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Trigeminusneuralgie: Therapie

Grundsätzlich lässt sich die Trigeminusneuralgie entweder mit Medikamenten oder einer Operation behandeln.

Eine Trigeminusneuralgie, egal um welche Form es sich handelt, behandeln Ärzte in erster Linie medikamentös. Dabei steht die Beseitigung der Symptome im Vordergrund.

Eine Operation kommt nur infrage, wenn die Medikamente nicht wirken oder die Nebenwirkungen zu schwerwiegend sind. Bei einer sekundären Trigeminusneuralgie ist es häufiger erforderlich, die Ursache (etwa ein Hirntumor) operativ zu beseitigen. Der Eingriff lindert dabei die Schmerzen oder schaltet sie eine Zeitlang sogar ganz aus.

Die Tatsache, dass die Ursachen der Gesichtsschmerzen nicht gänzlich geklärt sind, erschwert die Trigeminusneuralgie-Therapie. Findet sich die richtige Behandlung, lassen sich die Schmerzen gut lindern, jedoch nie ganz beziehungsweise für immer "abstellen".

Medikamente bei Trigeminusneuralgie

Die üblichen Schmerzmedikamente (nicht-steroidale Analgetika) wie Ibuprofen oder Diclofenac entfalten ihre Wirkung zu spät für die blitzartigen, kurzen Schmerzattacken. Eine Trigeminusneuralgie erfordert deshalb eine vorbeugende Dauertherapie mit speziellen Schmerzmedikamenten.

Hierbei kommen Wirkstoffe wie Carbamazepin und Oxcarbazepin zum Einsatz. Oft hilft auch der muskelentspannende Wirkstoff Baclofen . Nach Möglichkeit verschreibt der Arzt bei Trigeminusneuralgie nur einen Wirkstoff allein (Monotherapie). Bei starken Schmerzen sind unter Umständen jedoch zwei Medikamente sinnvoll (Kombinationstherapie).

Akute Schmerzen behandeln Ärzte mitunter stationär im Krankenhaus mit dem Wirkstoff Phenytoin .

Operation bei Trigeminusneuralgie

Eine Operation lindert bei einer Trigeminusneuralgie die Schmerzen oder beseitigt sie sogar langfristig. Aber auch hierbei besteht die Möglichkeit, dass sie nach einigen Jahren erneut auftreten. Zudem birgt jede Operation naturgemäß Risiken. Vor der Operation empfiehlt es sich daher, mit dem behandelnden Arzt ausführlich über Chancen und Risiken des Eingriffs zu sprechen.

Prinzipiell gibt es bei Trigeminusneuralgie drei Operationsmöglichkeiten:

Klassisches Operationsverfahren (mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta)

Diese Methode kommt bei gesunden Menschen mit geringem Operationsrisiko zum Einsatz. Über eine Öffnung im Hinterkopf setzt der Arzt ein Goretex- oder Teflonschwämmchen zwischen Nerv und Gefäß. Das soll verhindern, dass der Trigeminusnerv erneut unter Druck gerät.

Direkt nach dem Eingriff sind über 80 Prozent der Patienten schmerzfrei. Fünf Jahre nach der Operation sind es meist noch über 70 Prozent. Für Folgeoperationen ist die Erfolgsrate für Schmerzfreiheit geringer.

Mögliche Nebenwirkungen beziehungsweise Risiken der Operation sind zum Beispiel Blutungen, Verletzungen des Kleinhirns sowie auf der betroffenen Seite Verlust des Hörvermögens und Taubheitsgefühle im Gesicht.

Perkutane Thermokoagulation (nach Sweet)

Bei diesem Verfahren erfolgt die Operation durch die Haut. Dieser Eingriff eignet sich für Menschen mit höherem Operationsrisiko. Der Arzt schiebt eine Sonde durch die Haut zum sogenannten Ganglion Gasseri. Das ist eine Ansammlung von Nervenzellkörpern des Trigeminusnervs. Dort zerstört beziehungsweise verödet er dann vor allem die Schmerzfasern des Nervs – entweder durch lokale Hitzeanwendung (Radiofrequenzthermokoagulation), mechanisch mittels Druckballon oder chemisch mittels Glyzerin.

Die Erfolgsrate direkt nach der Operation ist hoch: Etwa 90 Prozent der Patienten sind zunächst schmerzfrei. Dieser Erfolg hält allerdings nur bei etwa jedem Zweiten dauerhaft an.

Mögliche Nebenwirkung ist ein zum Teil schmerzhafter Gefühlsverlust auf der betroffenen Gesichtshälfte.

Radiochirurgisches Verfahren

Das ist eine vergleichsweise schonende Methode der Strahlentherapie . Dabei bestrahlt der Arzt den Trigeminusnerv nahe am Hirnstamm einmalig mit einer hohen Strahlendosis. Dazu verwendet er das sogenannte Gamma-Knife oder Cyber-Knife . Im Vergleich zu den beiden anderen OP-Methoden kommt es bei diesem Eingriff seltener zu Komplikationen. Dafür sind aber auch die Erfolgsaussichten niedriger:

Wird dieses Verfahren ohne vorangegangene andere Operationen durchgeführt, sind mehr Patienten nach dem Eingriff schmerzfrei als wenn zuvor schon eine andere Operation stattgefunden hat. Insgesamt tritt die Wirkung der Therapie meist erst nach einigen Wochen ein, also deutlich später als bei den anderen Verfahren.

Eine Trigeminusneuralgie bei Multiple-Sklerose-Patienten behandelt der Arzt medikamentös (Wirkstoff Misoprostol ) oder mittels perkutaner Thermokoagulation und radiochirurgischem Verfahren.

Alternative Behandlungsmethoden und Hausmittel

Einige Menschen sind davon überzeugt, dass neben den klassischen medizinischen Behandlungsverfahren alternative Methoden wie Homöopathie bei der Therapie einer Trigeminusneuralgie helfen. Ebenso gibt es verschiedene pflanzliche Schmerzmittel oder Hausmittel wie eine Infrarotlicht-Lampe zur Behandlung insbesondere der Schmerzen, die bei Neuralgien typisch sind.

Das Konzept der Homöopathie, ihre spezifische Wirksamkeit und die anderer alternativer Therapien sind in der Wissenschaft umstritten und durch Studien nicht eindeutig belegt. Sprechen Sie daher vor Beginn einer solchen Therapie mit Ihrem behandelnden Arzt, ob sie für Sie sinnvoll ist.

Experten der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) raten zudem von Vitaminpräparaten ab, die beispielsweise Vitamin B1 oder Vitamin E enthalten. Vitaminpräparate werden häufig damit beworben, Neuropathien, zu denen auch die Trigeminusneuralgie gehört, zu lindern. Es gibt jedoch keine medizinischen Studien, die das belegen.

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Trigeminusneuralgie: Symptome

Charakteristisch für eine Trigeminusneuralgie sind Schmerzen im Gesicht , die

  • plötzlich und blitzartig (attackenartig) einsetzen,
  • extrem stark sind und
  • kurz andauern (Sekundenbruchteile bis zwei Minuten).

So sind plötzliche und starke Schmerzen an einer bestimmten Stelle im Bereich der Gesichtshaut, Zahnschmerzen, Schmerzen im oder am Ohr oder im Bereich des Auges typische Anzeichen für eine Trigeminusneuralgie. Nicht zu verwechseln sind die Gesichtsschmerzen, die vom Trigeminusnerv ausgehen, mit Migräne oder anderen Kopfschmerzen . Beide verursachen mitunter ähnlich starke, ins Gesicht ausstrahlende Schmerzen. Diese sind in der Regel aber eher dumpf und nicht stechend.

Die Trigeminusneuralgie-Schmerzen gehören zu den stärksten Schmerzen überhaupt. Sie wiederholen sich in manchen Fällen bis zu hundert Mal am Tag (vor allem bei der klassischen Krankheitsform). Die heftigen, einschießenden Schmerzen lösen meist ein reflektorisches Zucken der Gesichtsmuskulatur aus, weshalb Mediziner die Erkrankung auch als Tic douloureux (frz. für "schmerzhafte Muskelzuckung") bezeichnen.

Betroffene beschreiben die Schmerzen oft als "aus heiterem Himmel einschießend" oder "stromstoßartig". Manchmal treten die Schmerzen ohne jeglichen Auslöser auf. Sehr oft aber gibt es sogenannte Trigger , die eine Schmerzattacke hervorrufen. Das ist oft etwas ganz Alltägliches wie:

  • Berührungen der Gesichtshaut (mit der Hand oder durch den Wind)
  • Sprechen
  • Zähneputzen
  • Kauen und Schlucken

Aus Angst vor einer Schmerzattacke essen und trinken manche Patienten möglichst wenig. Sie verlieren dadurch oft (gefährlich viel) Gewicht und entwickeln einen Flüssigkeitsmangel.

  • „Eine Akuttherapie gibt es nicht“

    Drei Fragen an

    Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul ,
    Facharzt für Neurologie
  • 1

    Wer ist besonders gefährdet, an Trigeminusneuralgie zu erkranken?

    Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul

    Vor allem ältere Menschen – die Häufigkeit steigt mit zunehmendem Alter immer weiter an. Bei jüngeren Patienten kann eine Trigeminusneuralgie insbesondere dann auftreten, wenn eine Multiple Sklerose vorliegt. Man nennt das dann eine symptomatische Trigeminusneuralgie. Deshalb ist es wichtig, solche Patienten sehr sorgfältig zu untersuchen.

  • 2

    Kann ich etwas tun, um einen Schmerzanfall zu unterbrechen?

    Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul

    Da die Attacken so kurz andauern, ist eine Akuttherapie nicht möglich. Was man tun kann, ist vorbeugend Antikonvulsiva zu nehmen, also Medikamente, die gegen Krampfleiden eingesetzt werden. Sie hemmen die elektrischen Entladungen der erkrankten Nerven. In bestimmten Situationen können Sie auch vorbeugend örtliche Betäubungsmittel als Spray in das Nasenloch der betroffenen Gesichtshälfte geben. Sie verhindern das Auftreten von Attacken beim Essen oder Zähneputzen.

  • 3

    Ist die Sorge vor den Nebenwirkungen solcher Medikamente berechtigt?

    Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul

    Wenn die Dosis der meist gut wirksamen Antikonvulsiva langsam gesteigert wird, ist für Patienten die Verträglichkeit meist akzeptabel. Wenn jedoch rasch aufdosiert wird oder hohe Dosierungen erforderlich sind, können Nebenwirkungen wie etwa Schwindel vermehrt auftreten. Vor allem, wenn mehrere Medikamente kombiniert werden, nehmen die Nebenwirkungen zu. Suchen Sie sich also einen erfahrenen Spezialisten – insbesondere dann, wenn Eingriffe an den Zähnen anstehen.

  • Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul ,
    Facharzt für Neurologie

    Facharzt für Neurologie, Spezielle Schmerztherapie, Neurologische Intensivmedizin. Seit 2012 ärztlicher Direktor der Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein im Taunus. Die Trigeminusneuralgie ist einer der Schwerpunkte, mit denen sich Dr. Gaul befasst.

Meist ist der zweite oder dritte Hauptast des Trigeminusnervs betroffen, insbesondere bei der klassischen Trigeminusneuralgie. Die Patienten haben oft einseitige Schmerzen im Bereich des Ober- oder Unterkiefers. Zwischen den einzelnen Attacken bestehen keine Schmerzen. Gemäß der Internationalen Klassifikation von Gesichtsschmerzen (ICOP) bezeichnen Experten diese Erkrankungsform als episodische Trigeminusneuralgie (Typ 1) .

Es kommt mitunter vor, dass alle drei Äste des Trigeminusnervs oder beide Gesichtshälften betroffen sind und zwischen den Attacken keine schmerzfreien Phasen bestehen – also eine konstante Trigeminusneuralgie (gemäß ICOP: Typ 2) mit Dauerschmerzen vorliegt.

Zudem treten bei einigen Betroffenen Empfindungsstörungen (zum Beispiel Kribbeln , Taubheit ) im Versorgungsbereich des N. trigeminus auf.

Trigeminusneuralgie
Der Trigeminusnerv hat im Gesicht drei Äste: Stirn-Augenast, Oberkieferast und Unterkieferast. Bei einer Schädigung des Trigeminus treten stärkste Gesichtsschmerzen auf.

Eine Trigeminusneuralgie ist oft psychisch sehr belastend. Deshalb leiden viele Betroffene zusätzlich an einer depressiven Verstimmung.

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Trigeminusneuralgie: Ursachen

Je nach der Ursache teilt die Internationale Kopfschmerzgesellschaft (IHS) gemäß der internationalen Kopfschmerzklassifikation (ICHD-3) die Trigeminusneuralgie in drei Formen ein:

Klassische Trigeminusneuralgie

Bei einer klassischen Trigeminusneuralgie entstehen die Schmerzen dadurch, dass benachbarte Blutgefäße auf den Nerv drücken (neurovaskuläre Kompression) und so die Umhüllung des Nervs (Myelinscheide) schädigen. Ein solch krankhafter Kontakt zwischen Gefäß und Nerv ist wahrscheinlicher, wenn die Wände der Schlagadern (Arterien) verdickt und starr sind. Das ist bei einer Arterienverkalkung ( Arteriosklerose ) der Fall. Diese erhöht deshalb das Risiko einer Trigeminusneuralgie.

Zudem besteht meist nicht nur ein Kontakt zwischen Gefäß und Nerv: Die betreffende Arterie verdrängt bei einer klassischen Trigeminusneuralgie außerdem den Nerv, was diesen zusätzlich reizt und eine Gesichtsnerventzündung sowie Funktionsstörungen hervorruft.

Sekundäre Trigeminusneuralgie

Eine sekundäre Trigeminusneuralgie liegt vor, wenn sich anhand radiologischer Bildgebung oder durch eine Operation eine andere Erkrankung als eindeutige Ursache für die Schmerzattacken nachweisen lässt. Zu diesen möglichen Ursachen zählen:

  • Krankheiten, bei denen die Schutzhüllen der Nervenfasern (Myelinscheiden) im Nervensystem zerstört werden ("Entmarkungskrankheiten"): z. B. Multiple Sklerose (MS)
  • Gehirntumoren, vor allem sogenannte Akustikusneurinome: Das sind seltene, gutartige Tumoren des Hör- und Gleichgewichtsnervs. Sie drücken auf den Trigeminusnerv oder ein benachbartes Blutgefäß, sodass beide gegeneinandergedrückt werden. Das kann zusätzlich zur Trigeminusnerventzündung führen und löst die Schmerzen aus.
  • Schlaganfall (Apoplex)
  • Gefäßmissbildungen (Angiom, Aneurysma ) im Bereich des Hirnstammes

Patienten mit einer sekundären Trigeminusneuralgie sind im Durchschnitt jünger als Menschen mit der klassischen Krankheitsform.

Idiopathische Trigeminusneuralgie

Bei der idiopathischen Trigeminusneuralgie, die deutlich seltener auftritt, lässt sich keine andere Erkrankung oder Gewebeveränderung an beteiligten Gefäßen und Nerven als Ursache für die Beschwerden feststellen (idiopathisch = ohne bekannte Ursache).

Emotionale beziehungsweise psychische Faktoren wie Stress oder Aufregung reizen die Nerven und gelten ebenfalls als Auslöser für eine Trigeminusneuralgie. Psychische Ursachen sind jedoch oft nicht eindeutig festzumachen.

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Trigeminusneuralgie: Untersuchungen und Diagnose

Nicht bei jedem Schmerz im Gesichtsbereich handelt es sich um eine Trigeminusneuralgie. Beispielsweise lösen auch Kiefergelenksprobleme, Erkrankungen der Zähne oder Clusterkopfschmerz Schmerzen im Gesicht aus.

Es gilt also, die Trigeminusneuralgie gegen die zahlreichen anderen Formen von Kopf- und Gesichtsschmerzen abzugrenzen. Anhand des typischen Schmerzverlaufs ist meist auch der Hausarzt in der Lage, eine Trigeminusneuralgie zu identifizieren. Der richtige Ansprechpartner für die Diagnose und weiterführenden Untersuchungen bei dieser Erkrankung ist aber ein Facharzt für Neurologie oder ein Facharzt für Neurochirurgie .

Der erste Schritt bei Verdacht auf eine Trigeminusneuralgie ist die Erhebung der Krankengeschichte ( Anamnese ): Der Arzt befragt den Patienten ausführlich zu seinen Beschwerden. Mögliche Fragen dabei sind:

  • Wo genau haben Sie Schmerzen?
  • Wie lange dauern die Schmerzen jeweils an?
  • Wie empfinden Sie den Schmerz, zum Beispiel als stechend, drückend, stromstoßartig?
  • Haben Sie neben den Schmerzen andere Beschwerden wie Gefühlsstörungen an anderen Körperstellen, Sehstörungen , Übelkeit oder Erbrechen?
  • Machen Ihnen die Schmerzattacken seelisch sehr zu schaffen?

Im Anschluss führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch. Dabei achtet er zum Beispiel darauf, ob das Empfindungsvermögen (Sensibilität) im Gesichtsbereich normal ist.

Weitere Untersuchungen klären dann, ob eine auslösende Erkrankung der Trigeminusneuralgie zugrunde liegt oder nicht. Je nach Beschwerdebild führt der Arzt eine oder mehrere der folgenden Untersuchungen durch:

Magnetresonanztomografie (MRT): Anhand der Magnetresonanz- oder Kernspintomografie überprüft der Arzt, ob eine Erkrankung wie Multiple Sklerose, Hirntumor, Schlaganfall oder Gefäßmissbildung (Aneurysma) die Trigeminusneuralgie auslöst.

Entnahme und Analyse des Nervenwassers: Mit einer dünnen, feinen Hohlnadel entnimmt der Arzt eine Probe des Nervenwassers (Hirn-Rückenmarksflüssigkeit) aus dem Wirbelkanal (Liquorpunktion). Im Labor untersucht Fachpersonal, ob der Patient unter Multipler Sklerose leidet.

Computertomografie (CT): Damit begutachten Ärzte vor allem die knöchernen Strukturen des Schädels. Eventuelle krankhafte Veränderungen sind eine mögliche Ursache der Schmerzattacken.

Angiografie oder Kernspin-Angiografie (MRA): Anhand einer Röntgen-Untersuchung der Blutgefäße (Angiografie) im Schädelbereich lassen sich eventuelle Gefäßmissbildungen erkennen. Bei der Kernspin-Angiografie erfolgt die Röntgen-Darstellung der Gefäße mittels Kernspintomografie. Die Bildgebung der Blutgefäße ist auch vor einer Operation sinnvoll, damit der Neurochirurg sieht, wo genau die Blutgefäße im Operationsgebiet verlaufen.

Elektrophysiologische Untersuchungen: Dazu gehören zum Beispiel Trigeminus-SEP (Überprüfung der Funktionsfähigkeit sensibler Nervenbahnen, zum Beispiel Berührungs- und Druckempfinden), Überprüfung von beispielsweise Lidschlussreflex und Kaumuskelreflex (Masseterreflex).

Sonstige Untersuchungen: Gegebenenfalls sind weitere Untersuchungen nötig, zum Beispiel beim Zahnarzt, Kieferorthopäden oder HNO-Arzt.

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Trigeminusneuralgie: Verlauf und Prognose

Der Krankheitsverlauf bei der Trigeminusneuralgie ist sehr variabel. Es ist kaum vorhersehbar, wie viel Zeit bis zur nächsten Schmerzattacke vergeht. Manchmal liegen Tage, Wochen, Monate oder gar Jahre zwischen einzelnen Attacken.

Bei etwa einem Drittel der Betroffenen bleibt es sogar bei einem einmaligen Anfall von Trigeminusneuralgie. Bei den meisten Menschen treten die Attacken anfangs nur ab und zu auf, häufen sich aber im Laufe der Zeit. Nehmen die Attacken zu oder treten häufig hintereinander auf, ist damit zu rechnen, dass diese Betroffenen entsprechend länger krank und für diese Zeit arbeitsunfähig sind.

Die Trigeminusneuralgie beeinträchtigt das Alltagsleben der meisten Betroffenen massiv – nicht nur durch die heftigen Schmerzattacken an sich, sondern auch durch die Angst vor der nächsten Attacke. Auch das seelische Wohlbefinden leidet entsprechend darunter. Deshalb entwickeln manche Patienten zusätzlich eine depressive Verstimmung. In diesen Fällen ist es sinnvoll, eine medikamentöse und/oder operative Therapie der Trigeminusneuralgie um eine psychologische oder psychotherapeutische Behandlung zu ergänzen.

Mit dem richtigen Behandlungsplan lassen sich die Schmerzen einer Trigeminusneuralgie zumindest eine Zeitlang reduzieren oder vertreiben. Komplett heilen lässt sich die Erkrankung derzeit aber nicht. Bislang ist auch nicht bekannt, ob und wie sich einer Trigeminusneuralgie vorbeugen lässt.

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Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Nina Buschek
Autoren:
Dr. med. Fabian Sinowatz

Dr. med. Fabian Sinowatz ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.

Dr. Monique Amey-Özel

Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.

Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

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ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
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  • Hacke, W.: Neurologie. Springer-Verlag, 14. Auflage, 2016
  • Internationale Kopfschmerzgesellschaft (IHS): ICHD-3 Klassifikation, Teil 3: Neuropathien und Gesichtsschmerzen, unter: www.ichd-3.org (Abrufdatum: 20.10.2022)
  • Jones, M. R. et al.: A Comprehensive Review of Trigeminal Neuralgia, in: Curr Pain Headache Rep 2019; 23: 74
  • Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN): Clusterkopfschmerz und trigeminoautonome Kopfschmerzen, Stand: Mai 2015, in Überarbeitung, unter: www.register.awmf.org (Abrufdatum: 20.10.2022)
  • Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Prophylaxe von Cluster-Kopfschmerz, anderen trigeminoautonomen Kopfschmerzen, schlafgebundenem Kopfschmerz und idiopathisch stechenden Kopfschmerzen – überarbeitete Therapieempfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft in Zusammenarbeit mit der DGN, ÖKSG, SKG, Stand: 2016, unter: www.dmkg.de (Abrufdatum: 20.10.2022)
  • Maarbjerg, S. et al.: Trigeminal neuralgia – diagnosis and treatment, in: Cephalalgia 2017; 37(7):648-657
  • Masuhr, K. F. et al.: Duale Reihe Neurologie. Georg Thieme Verlag, 7. Auflage, 2013
  • Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN): Vitaminpräparate bei Neuropathien ohne Nutzen, Stand: Mai 2018, unter: www.dgn.org (Abrufdatum: 20.10.2022)
  • The Orofacial Pain Classification Committee: International classification of orofacial pain. 1st edition (ICOP), in: Cephalalgia 2020; 40: 129–221
  • Trepel, M.: Neuroanatomie – Struktur und Funktion. Urban & Fischer Verlag / Elsevier, 7. Auflage, 2017
  • Ziegeler, C. et al.: Idiopathische Gesichtsschmerzsyndrome – Übersicht und klinische Implikationen, in: Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 81-87