Illness name: nephrotisches syndrom
Description:
Pascale Huber hat Tiermedizin an der Freien Universität Berlin studiert. Sie arbeitete mehrere Jahre als praktizierende Tierärztin, bis sie im Jahr 2009 in den Medizinjournalismus wechselte. Aktuell ist sie Chefredakteurin von tiermedizinischen Fachkreise- und Laienportalen. Ihr Schwerpunkt ist die Erstellung von human- und tiermedizinischem Content für Fachkreise und Patienten.
Ein
nephrotisches Syndrom
ist eine Kombination verschiedener Symptome, die ursächlich auf eine Schädigung der Nieren zurückgehen. Kommen die Nierenkörperchen ihrer Funktion nicht mehr nach, treten typische Anzeichen wie starker Eiweißverlust über den Urin und Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme) auf. Ein nephrotisches Syndrom kommt sowohl bei Kindern als auch Erwachsene vor.
Ein nephrotisches Syndrom bezeichnet kein eigenständiges Krankheitsbild. Vielmehr steht der Begriff für das gemeinsame Auftreten bestimmter Symptome und Beschwerden, deren Ursache in einer Minderfunktion der Nieren liegt.
Kennzeichnend für ein nephrotisches Syndrom ist ein krankhafter Verlust von Eiweiß über den Urin (Proteinurie). Dieser Eiweißverlust zieht dann weitere Symptome wie Wassereinlagerungen im Gewebe und einen Anstieg der
Blutfettwerte
nach sich. Ein nephrotisches Syndrom betrifft sowohl Kinder wie auch Erwachsene. Kinder erkranken meist im Alter von ein bis zehn Jahren.
Wie das nephrotische Syndrom verläuft und ob die Erkrankung heilbar ist, hängt in erster Linie von der auslösenden Grunderkrankung ab. Lässt sich diese gut behandeln, verschwinden nach einiger Zeit normalerweise auch die Symptome des nephrotischen Syndroms. So heilen beispielsweise eine Minimal-Change-Glomerulonephritis oder eine membranöse Glomerulopathie als häufige Ursachen des nephrotischen Syndroms in einigen Fällen spontan aus.
In vielen Fällen bleibt die Entgiftungsfunktion der Nieren weiterhin erhalten. Sind die Nieren durch ein nephrotisches Syndrom jedoch sehr stark geschädigt, entwickelt sich mit der Zeit unter Umständen eine chronische Nierenschwäche beziehungsweise ein Nierenversagen.
Zu den gefährlichsten Komplikationen des nephrotischen Syndroms gehört jedoch die gestörte
Blutgerinnung
, die bei etwa 25 Prozent der Betroffenen zur Bildung von Blutgerinnseln (Thrombosen) und Embolien führt.
Ein nephrotisches Syndrom ruft charakteristische Symptome hervor. Sie lassen sich insbesondere auf den Verlust wichtiger Eiweiße zurückführen:
Die Symptome, die ein nephrotisches Syndrom verursacht, sind individuell unterschiedlich stark ausgeprägt. Manche Betroffene haben kaum Beschwerden, andere entwickeln dagegen rasch das volle Bild des Syndroms.
Die Ursache für ein nephrotisches Syndrom ist eine Schädigung der Nieren. Ärzte unterscheiden dabei, ob die Erkrankung im ersten Schritt von den Nieren selbst ausgeht (primäre Nierenkrankheit) oder sich als Folge einer anderen, zunächst nicht die Nieren betreffenden Erkrankung entwickelt hat. Sie sprechen dann von einer sekundären Nierenkrankheit.
Die Nieren haben im Körper die Funktion, das
Blut
zu filtern und von Abfallprodukten des Stoffwechsels – sogenannten harnpflichtigen Substanzen – zu reinigen. Größere Bestandteile wie Eiweiße oder Zuckermoleküle halten gesunde Nieren normalerweise zurück, das heißt solche Substanzen verbleiben im Blut. Die Nieren regulieren zudem den Blutdruck, indem sie den Wasserhaushalt steuern und dafür sorgen, dass die Blutsalze (
Elektrolyte
) im richtigen Verhältnis zueinander stehen.
Die Nieren erfüllen ihre Filterfunktion mithilfe der sogenannten Nierenkörperchen (Glumerolum) und der Nierenkanälchen (Tubulus). Die Glomeruli bestehen aus einem Knäuel von kleinsten Blutgefäßen (
Kapillaren
). Sie sind mit feinen Poren durchsetzt, durch die die gefilterten Blutbestandteile in die Nierenkanälchen gelangen. Dort wird ein großer Teil der abgegebenen Flüssigkeit und einige der darin gelösten Stoffe wieder in den Körper aufgenommen.
Der Urin, also die restliche Flüssigkeit mit den darin enthaltenen harnpflichtigen Substanzen, verlässt die Niere über den in die
Harnblase
mündenden Harnleiter.
Ein nephrotisches Syndrom beruht auf einer Schädigung der Nierenkörperchen (Glomerulopathie). Diese werden dadurch durchlässiger, ihre "Filterporen" weiter – bis sie schließlich nicht mehr in der Lage sind, ihre Filterfunktion zu erfüllen. Es gehen dann viele wichtige Blutbestandteile (besonders Eiweiße) verloren, die normalerweise zurückgehalten werden. In der Folge entwickelt sich ein nephrotisches Syndrom.
Ein nephrotisches Syndrom wird bei Erwachsenen häufig verursacht durch:
Seltenere Ursachen für ein nephrotisches Syndrom bei Erwachsenen sind bestimmte Autoimmunerkrankungen (wie systemischer
Lupus erythematodes
) und bei älteren Menschen die sogenannte
Amyloidose
, bei der sich krankheitsbedingt Eiweißablagerungen in den Organen bilden.
Die Minimal-Change-Glomerulopathie (Minimal-Change-Glomerulonephritis) ist bei Kindern die häufigste Ursache für ein nephrotisches Syndrom und für etwa 80 Prozent der Fälle verantwortlich.
Ein nephrotisches Syndrom ruft meist typische Symptome hervor, die bereits wichtige Hinweise für die Diagnose liefern. In einigen Fällen entsteht auch zufällig eine Verdachtsdiagnose, etwa wenn bei einer Urinuntersuchung der hohe Eiweißgehalt auffällt. Für die
Urinuntersuchung
verwendet der Arzt in der Regel einfache Teststreifen, die für wenige Minuten in den Urin getaucht werden.
Enthält der Harn auffällig große Mengen an Protein, schließen sich weitere Untersuchungen an. So erfolgt oft eine zweite, genauere Eiweißbestimmung, diesmal aus einer Urin-Sammelprobe über 24 Stunden. Ein gesunder Mensch scheidet nicht mehr als 150 Milligramm Eiweiß am Tag aus; liegt ein nephrotisches Syndrom vor, betragen die Werte unter Umständen 3500 Milligramm pro Tag und mehr.
Zur weiteren Diagnostik sind zudem
Blutuntersuchungen
notwendig. So besteht beim nephrotischen Syndrom häufig ein Eiweißmangel im Blut (Hypoproteinämie). Die Blutfette sind oftmals erhöht. Bei manchen Grunderkrankungen lassen sich außerdem bestimmte
Autoantikörper
im Blut nachweisen. Das sind Antikörper gegen körpereigene Strukturen. Ist die
Nierenfunktion
beeinträchtigt (
Niereninsuffizienz
), verändern sich auch die Nierenwerte, wie zum Beispiel Harnstoff und Kreatinin.
Ein nephrotisches Syndrom behandelt der Arzt im Allgemeinen entsprechend der Grunderkrankung. Bei der
membranösen Glomerulopathie
, die bei Erwachsenen zu den häufigsten Ursachen des nephrotischen Syndroms zählt, ist eine Fehlsteuerung des Immunsystems der Auslöser. Hier kommen Medikamente zum Einsatz, welche die Abwehr drosseln und Entzündungsreaktionen hemmen (sogenannte Immunsuppressiva).
Bei Kindern ist die Minimal-Change-Glomerulopathie der häufigste Grund für ein nephrotisches Syndrom. In vielen Fällen gelingt die Behandlung auch hier gut mit Immunsuppressiva wie Kortison. Wird das Medikament abgesetzt, kommt es allerdings bei der Hälfte der betroffenen Kinder zu einem Rückfall (Rezidiv).
Dann setzen Ärzte unter Umständen andere Mittel ein, die das Immunsystem hemmen oder beeinflussen, wie zum Beispiel
Ciclosporin
A. Bei schweren Verläufen kommt unter Umständen der therapeutische Antikörper
Rituximab
zum Einsatz.
Nicht immer ist die Grunderkrankung beim nephrotischen Syndrom behandelbar. In diesem Fall konzentrieren sich die Therapiemaßnahmen auf die Linderung der Symptome.
Ein nephrotisches Syndrom geht häufig mit
hohem Blutdruck
einher. Um diesen zu normalisieren und den starken Eiweißverlust einzudämmen, setzen Ärzte meist blutdrucksenkende Medikamente (wie ACE-Hemmer) ein. Die Blutdrucksenkung ist beim nephrotischen Syndrom besonders wichtig, da ein dauerhaft erhöhter Blutdruck die Nieren zusätzlich schädigt.
Wasseransammlungen
lassen sich in aller Regel gut mit entwässernden Mitteln, sogenannten Diuretika, ausschwemmen. Um zu vermeiden, dass sich erneut Flüssigkeit im Gewebe einlagert, legt der Arzt eine Obergrenze für die tägliche Trinkmenge und die Kochsalzaufnahme (maximal sechs Gramm pro Tag) fest. Außerdem ist es für Betroffene wichtig, eine eiweißarme Diät einzuhalten.
Ein nephrotisches Syndrom ist verknüpft mit einem erhöhten Risiko für Blutgerinnsel
(Thromboserisiko)
. Um Thrombosen vorzubeugen, erhalten Betroffene Medikamente, welche die Blutgerinnung hemmen (wie niedermolekulares
Heparin
). Unter Umständen ist es außerdem ratsam, Kompressionsstrümpfe zu tragen. Sie schützen zusätzlich vor der Bildung von Blutgerinnseln. Ist bereits eine
Thrombose
entstanden, verabreicht der Arzt sogenannte Blutverdünner.
In einigen Fällen ruft ein nephrotisches Syndrom
hohe Blutfettwerte
hervor. Auch sie lassen sich medikamentös mithilfe von Cholesterinsenkern (wie CSE-Hemmer) behandeln. Eine fett- und cholesterinarme Ernährung alleine bringt meist keine ausreichende Wirkung.
Ein nephrotisches Syndrom geht oft mit einer
Schwächung des Immunsystems
und
erhöhter Infektanfälligkeit
einher. Grund ist der erhöhte Verlust an Antikörpern (Immunglobulinen) über den Urin. Bakterielle Infektionen lassen sich mit Antibiotika bekämpfen.
Ist der Antikörperverlust sehr groß, besteht die Möglichkeit, die fehlenden Immunglobuline in Form von Infusionen zumindest teilweise zu ersetzen. Bleibt der Eiweißverlust jedoch weiter bestehen, gehen auch die ersetzten Antikörper verloren. Unter Umständen sind Impfungen zum Schutz vor bestimmten Infektionen wie Pneumokokken oder Influenza ("echte"
Grippe
) sinnvoll.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Pascale Huber hat Tiermedizin an der Freien Universität Berlin studiert. Sie arbeitete mehrere Jahre als praktizierende Tierärztin, bis sie im Jahr 2009 in den Medizinjournalismus wechselte. Aktuell ist sie Chefredakteurin von tiermedizinischen Fachkreise- und Laienportalen. Ihr Schwerpunkt ist die Erstellung von human- und tiermedizinischem Content für Fachkreise und Patienten.
Nephrotisches Syndrom
Kurzübersicht
Was ist ein nephrotisches Syndrom?
Krankheitsverlauf und Prognose
Welche Symptome treten beim nephrotischen Syndrom auf?
Ursachen und Risikofaktoren
Nieren als Filteranlagen
Gestörte Filterfunktion
Nephrotisches Syndrom: Ursachen bei Erwachsenen
Nephrotisches Syndrom: Ursachen bei Kindern
Untersuchungen und Diagnose
Um beim Verdacht auf ein nephrotisches Syndrom den Zustand der Nieren zu beurteilen, führt der Arzt in der Regel eine
Ultraschalluntersuchung
(Sonografie) durch. Bestätigen die Untersuchungsergebnisse den Verdacht, ist bei Erwachsenen meist eine
Gewebeprobe (
Biopsie
)
aus der Niere erforderlich, um die genaue Ursache der Erkrankung einzugrenzen. Dabei entnimmt der Arzt im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs ein kleines Stück Nierengewebe, welches er anschließend feingeweblich untersuchen lässt.
Ist ein nephrotisches Syndrom behandelbar?
Unterstützende Therapiemaßnahmen zur Symptomlinderung
Autoren- & Quelleninformationen