Illness name: lepra
Description:
Dr. med. Fabian Sinowatz ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Die Lepra (Aussatz) ist eine bakterielle Infektionskrankheit, deren Symptome je nach Schwere der Erkrankung variieren. Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung ist die Prognose günstig und die Lepra mit geeigneten Medikamenten heilbar. Lesen sie hier alles Wichtige zur Lepra.
Lepra ist eine ansteckende bakterielle Krankheit, die auch Aussatz, Hansen-Krankheit oder Morbus Hansen genannt wird. Sie wird durch das Mycobacterium leprae hervorgerufen und kommt weltweit vor. Die
Bakterien
zerstören die
Haut
und Schleimhäute und befallen die Nervenzellen.
Die Zeit zwischen der Ansteckung und dem Ausbruch der Krankheit (Inkubationszeit) beträgt in manchen Fällen bis zu 20 Jahre, im Durchschnitt aber drei bis sieben Jahre.
Zu den von Lepra besonders betroffenen Ländern zählen Indien, Brasilien und Indonesien. Zu den weiteren betroffenen Staaten gehören unter anderem Nepal, die Republik Kongo, Mozambique und Tansania.
Allgemein gehen die Erkrankungszahlen in Afrika, Amerika, Südostasien und am südöstlichen Mittelmeer seit dem Jahr 2003 zurück. Dennoch gibt es Lepra noch und jedes Jahr erkranken weltweit Tausende von Menschen neu daran – viele davon sind Kinder.
So wurden der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2019 beispielsweise 202.256 Neuinfektionen gemeldet, darunter befanden sich 14.893 Kinder unter 14 Jahren.
In Deutschland sind in den letzten Jahren allerdings nur vereinzelt Fälle von eingeschleppter Lepra registriert worden. Im Jahr 2019 belief sich ihre Anzahl auf einen gemeldeten Lepra-Fall. Im Jahr 2018 wurde den zuständigen Behörden hingegen kein Fall gemeldet.
Lepraerkrankungen waren im Mittelalter auch in Europa sehr weit verbreitet. Die Krankheit galt als „Strafe Gottes“: Der ursprüngliche Name „
Aussatz“
stammt vermutlich daher, dass leprakranke Personen außerhalb menschlicher Siedlungen (ausgesetzt) leben mussten.
Die Lepra betrifft vorrangig die Haut und das Nervensystem. Sie befällt aber unter Umständen auch die Augen, die oberen Atemwege, das Knochenmark oder die
Hoden
. Es gibt verschiedene Verlaufsformen der Lepra, welche sich durch unterschiedliche Symptome äußern.
Mediziner unterscheiden folgende Verlaufsformen der Lepra:
Die
Lepra indeterminata
ist eine sehr leichte Verlaufsform der Krankheit, bei der es zu vereinzelten, schwächer pigmentierten (hypopigmentierten) Hautflecken kommt. In 75 Prozent der Fälle heilen diese spontan aus.
Die
tuberkuloide Lepra
oder Nervenlepra ist die leichtere Verlaufsform der Krankheit. Hautveränderungen treten nur vereinzelt und scharf begrenzt auf. Die Areale sind schwächer pigmentiert (hypopigmentiert) oder gerötet und jucken nicht. Bei dieser Verlaufsform stehen die Folgen der Nervenschäden als typische Lepra-Symptome im Vordergrund.
Die Tastempfindung (Temperatur-, Berührungs- und Schmerzempfindung) geht verloren. Da die Betroffenen Schmerzen nicht frühzeitig genug spüren, verletzen sie sich häufig. Die Muskeln verkümmern, es kommt zu Lähmungen und teilweise zu schweren Deformationen. Die Hautveränderungen heilen möglicherweise von selbst ab.
Die
lepromatöse Lepra
ist eine schwere Verlaufsform der Infektionskrankheit, die bei schlechter Immunabwehr auftritt. Auf der Haut tauchen zahlreiche geschwulstartige Knoten auf, die dem Gesicht das Aussehen eines Löwenkopfes verleihen („Facies leontina“).
Auch die Nasen- und Mundschleimhäute sowie die Augen sind möglicherweise betroffen. Häufig kommt es zu Verstümmelungen an Gesicht, Händen, Füßen und Rücken. Die Gefühlsverluste der befallenen Gebiete treten erst im späteren Krankheitsverlauf auf. Im Endstadium breitet sich die lepromatöse Lepra auf den gesamten Organismus aus.
Die sogenannte
Borderline-Verlaufsformen der Lepra
sind Mischformen, die verschiedene Symptome der anderen Verlaufsformen vereinen.
Lepra ist eine chronische Erkrankung der Haut, Schleimhäute und Nervenzellen. Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung ist die Prognose
günstig
.
Unbehandelt führt sie jedoch unter Umständen zu fortschreitenden und dauerhaften Schäden an Haut, Augen, Gliedmaßen und Nerven.
Bereits eingetretene Schädigungen wie Verstümmelungen oder Lähmungen lassen sich nicht rückgängig machen. Weltweit sind etwa zwei bis drei Millionen Menschen durch
Lepra (Aussatz)
dauerhaft beeinträchtigt.
Die Ursache der Lepra ist das Bakterium Mycobacterium leprae. Das Bakterium wurde im Jahr 1873 von dem norwegischen Arzt Armauer Hansen als Ursache der Infektionskrankheit entdeckt. Das Mycobacterium leprae ist ein wenig aggressives Bakterium, welches, genau wie der Tuberkuloseerreger, in den infizierten Wirtszellen lebt.
Dies hat zur Folge, dass das Immunsystem den Erreger nur direkt mit Abwehrzellen („zelluläre Abwehr“) bekämpft und eine Abwehrreaktion über Antikörper („humorale Abwehr“) fast nicht stattfindet. Nur bei massiver und länger andauernder Exposition gegenüber dem Bakterium kommt es zum Aussatz.
Lepra tritt vor allem in tropischen und subtropischen Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte und niedrigem hygienischem Standard auf.
Wie die Übertragung von Lepra genau erfolgt, ist noch nicht abschließend geklärt. Eine wichtige Rolle scheint jedoch ein langfristiger, enger Kontakt zu unbehandelten Leprakranken zu spielen. Die Infizierten scheiden größere Mengen des Lepra-Erregers mit dem Nasensekret oder über die entstehenden Hautgeschwüre aus.
Die Bakterien werden dann vermutlich über kleine Hautwunden oder die Atemwege als
Tröpfcheninfektion
von Mensch zu Mensch übertragen. Eine Übertragung des Erregers während der Schwangerschaft auf das ungeborene Kind ist möglich, wenn die Mutter an Lepra erkrankt ist.
Im Gegensatz zur weitverbreiteten Ansicht ist der Aussatz keine hochansteckende Krankheit! Eine Isolierung von Menschen mit Leprakrankheit ist daher im Regelfall nicht notwendig.
Ein
Institut für Infektions- und Tropenmedizin
ist die richtige Anlaufstelle bei Verdacht auf Lepra. Für die Diagnose ist die Krankengeschichte (
Anamnese
) sehr wichtig.
Entscheidend ist die Frage nach einem Aufenthalt in Lepra-Risikogebieten in den vergangenen Jahren, da die Leprakrankheit in den Industrieländern ausgerottet ist. Bei der
körperlichen Untersuchung
achtet der Arzt auf typische Hautveränderungen, Nervenveränderungen und Gefühlsstörungen.
Eine Kultivierung (Anzucht) des Lepra-Erregers ist äußerst schwierig und wird daher nicht durchgeführt. Das Bakterium lässt sich allerdings in Abstrichen der Haut oder Schleimhaut beziehungsweise in Gewebeproben (Biopsien) unter dem
Mikroskop
nach spezieller Färbung nachweisen (Nachweis „säurefester Stäbchen“).
Eine weitere Möglichkeit zur Diagnose sind sogenannte molekularbiologische Nachweisverfahren, zum Beispiel der Nachweis des Erbguts von Mycobacterium leprae durch eine Polymerase-Kettenreaktion
(PCR)
. Damit ist es möglich, die Leprakrankheit im Frühstadium zu diagnostizieren. Das Verfahren dient daneben auch der Absicherung der Diagnose.
Der
Lepromintest
(Mitsuda-Reaktion) ist ein Antikörpersuchtest, der die Abwehrlage des Körpers untersucht. Dieser Test ermöglicht es, zwischen
der tuberkuloiden und der lepromatösen Lepra
zu unterscheiden.
Die Therapie der Lepra hängt von der Menge der Erreger ab. Es wird eine Kombination verschiedener Antibiotika eingesetzt. Bei tuberkuloider Lepra sind es zumeist die Wirkstoffe Dapson und
Rifampicin
, bei der lepromatösen Lepra zusätzlich Clofazimin.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt eine Therapie über sechs Monate bei sogenannter erregerarmer Lepra (). Eine erregerreiche Lepra () wird dagegen über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten mit entsprechenden Antibiotika behandelt.
In Einzelfällen wird die Behandlung noch länger fortgesetzt. Gegebenenfalls ist es dann notwendig, auf Ersatzmedikamente („Reserve-Leprostatika“) zurückzugreifen.
Um den Aussatz wirklich vollständig zu heilen, sind oft mehrere Jahre Therapie notwendig. Eine unterstützende
Bewegungstherapie
hilft, Lähmungen durch die Lepra zu verhindern.
Zusätzlich ist eine Wundbehandlung wichtig. Wenn die Hautveränderungen der Lepra nach erfolgreicher Therapie abgeheilt sind, werden Rehabilitationsmaßnahmen empfohlen. Ihr behandelnder Arzt wird Sie dahingehend beraten.
Um eine Übertragung von Mycobacterium leprae zu vermeiden, ist bei der Behandlung wie auch bei der Pflege von Leprapatienten auf eine Basishygiene sowie die ordnungsgemäße Entsorgung infektiöser Materialien (zum Beispiel Nasen- und Wundsekreten) zu achten. Für Personen, die mit an multibazillärer Lepra erkrankten Patienten in Kontakt gekommen sind, wird empfohlen, diese über mindestens fünf Jahre auf klinische Symptome zu kontrollieren.
Demnach sind engere Kontaktpersonen möglichst alle sechs Monate auf eine Infektion zu testen. Diese Untersuchungsintervalle sind zu verkürzen, wenn bei diesen Personen zusätzliche Risikofaktoren bestehen wie zum Beispiel eine Immunschwäche, die durch Medikamente oder Infektionen verursacht ist.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Dr. med. Fabian Sinowatz ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Lepra
Kurzübersicht
Was ist Lepra?
Lepra im Mittelalter
Was sind die Symptome von Lepra?
Ist Lepra heilbar?
Lepra: Ursachen und Risikofaktoren
Untersuchungen und Diagnose
Weitere Untersuchungen
Lepra: Behandlung
Vorbeugung
Autoren- & Quelleninformationen