Illness name: morbus addison
Description:
Hanna Rutkowski ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.
Morbus Addison
(
Addison-Krankheit
) ist eine schwere, aber seltene Krankheit. Die Nebennierenrinde produziert dabei zu wenig von bestimmten lebenswichtigen Hormonen. Das Tückische: Bei Erkrankten tönt sich die Haut bräunlich, wodurch sie in der Frühphase der Erkrankung sogar einen besonders gesunden Eindruck machen. Dennoch ist Morbus Addison unbehandelt tödlich. Besonders gefährlich ist eine sogenannte
Addison-Krise
. Lesen Sie nachfolgend alles Wichtige zum Morbus Addison.
Morbus Addison
, auch Addison-Krankheit oder Addinsonsche Krankheit genannt, entsteht, wenn es zu einem
Mangel an bestimmten Hormonen
(Botenstoffen) aus der
Nebennierenrinde
kommt. In der
Nebenniere
werden einige überlebenswichtige Botenstoffe gebildet. Sie sitzt kappenförmig auf der
Niere
und teilt sich unterhalb ihrer schützenden Kapsel in das Nebennierenmark (NNM) und die Nebennierenrinde (NNR).
Während im Mark die sogenannten Katecholamine, allen voran das
Adrenalin
und Noradrenalin, entstehen, produziert die Rinde in zwei verschiedenen Zonen die
Androgene
(Sexualhormone) sowie
Aldosteron
und
Cortisol
.
Um zu verstehen, wie es zu den typischen Symptomen des Morbus Addison kommt, ist es wichtig, die Funktionen der Nebennierenrinden-Hormone zu verstehen:
Das
Cortisol
gehört zur Gruppe der
Glukokortikoide
. In dieser Bezeichnung steckt ein Teil des Wortes „Glukose“, also Zucker, auf den das Cortisol maßgeblich einwirkt: In Stresssituationen kurbelt das Hormon Stoffwechselprozesse an, die Energie in Form von Zucker bereitstellen. Dafür werden allerdings Eiweiße, die sich vor allem im Muskelgewebe befinden, verbraucht, und Fette als Notreserven angelegt. Darüber hinaus wirkt das Cortisol maßgeblich auf den Stoffwechsel von Knochen, Haut, Muskulatur und Bindegewebe ein.
Kortisol hat außerdem Einfluss auf den Verdauungstrakt (Appetit), den Sexualtrieb und die Psyche. In höheren Konzentrationen wirkt das Hormon entzündungshemmend, indem es regulierend in die körpereigene Immunabwehr eingreift. Dies machen sich Ärzte beispielsweise bei der Bekämpfung allergischer Symptome oder Autoimmunerkrankungen zunutze.
Das
Aldosteron
ist ein sogenanntes
Mineralokortikoid
. Fehlt dieses Hormon, ist der Mensch nicht lebensfähig. In der Niere reguliert das Aldosteron den Flüssigkeitshaushalt, indem es Wasser und das wichtige Elektrolyt
Natrium
zurückhält. Es ist somit lebenswichtig zur Erhaltung des Blutdrucks und zur Regulation des Mineralstoffwechsels.
Zu den
Androgenen
gehören Hormone, die im Körpergewebe zu den Sexualhormonen
Testosteron
oder Östrogen umgewandelt werden. Das männliche Sexualhormon Testosteron wird in geringen Mengen auch bei Frauen von der Nebennierenrinde ausgeschüttet. Bei Frauen bewirken die Androgene unter anderem, dass die Schambehaarung wächst.
Ob die Nebennierenrinde Hormone freisetzt und wie viel, unterliegt einem fein regulierten Steuerungsmechanismus des Körpers, bei dem das
Gehirn
die zentrale Rolle spielt. Das alles überwachende Organ ist der
Hypothalamus.
Er sitzt tief im Gehirn und wird aufgrund seiner übergeordneten Funktion auch „Meisterdrüse“ genannt. Im Hypothalamus laufen Informationen der verschiedenen Messstationen im Körper über Blutzucker, Blutdruck, Temperatur und vieles mehr zusammen.
Der Hypothalamus reagiert darauf, indem er Signale zur Freisetzung bestimmter Hormone entsendet. So setzt der Hypothalamus bei einem Mangel an Cortisol den Botenstoff
CRH
(
Corticotropin Releasing Hormone
) frei. Dieses bewirkt an der
Hirnanhangsdrüse
(
Hypophyse
) die Ausschüttung von
ACTH
(
adrenocorticotropes Hormon
). Das ACTH wiederum gelangt über das
Blut
an die Nebennierenrinde und übermittelt dort das Signal zur Cortisol-Freisetzung.
Zu einem Mangel der Nebennierenrindenhormone kommt es, wenn die Nebenniere selbst von einer Erkrankung betroffen ist (
primäre Nebennierenrindeninsuffizienz
), oder wenn die übergeordneten Regulationszentren im Gehirn gestört sind (
sekundäre
oder
tertiäre
Nebennierenrindeninsuffizienz
).
Ist bei der primären Nebennierenrindeninsuffizienz die Nebenniere selbst von einer Erkrankung betroffen, sind etwa 90 Prozent der Rinde bereits zerstört, bis es zu den typischen Symptomen kommt. Die folgenden Leitsymptome sind bei mehr als 90 Prozent der Betroffenen vorhanden:
Braunfärbung der Haut
: Die dunklere Tönung der Haut verhalf der Erkrankung zum Beinamen „Bronzekrankheit“. Infolge des Cortisolmangels bildet die Hirnanhangsdrüse mehr ACTH, das die Cortisolbildung ankurbeln soll. Dabei entsteht vermehrt Melanozyten-stimulierendes Hormon (MSH). Die Melanozyten produzieren unter seinem Einfluss verstärkt das Hautpigment Melanin. Die Brauntönung der Haut ist besonders in der Mundschleimhaut und den Hautlinien stark sichtbar. Zu diesem Symptom kommt es aber nur bei der primären Addison-Krankheit.
Niedriger Blutdruck
:
Durch das Fehlen des Hormons Aldosteron, das den Mineral- und damit den Wasserhaushalt reguliert, sinkt der Blutdruck bis zum Kreislaufversagen.
Weitere Symptome sind:
Eine Gewichtszunahme ist kein typisches Symptom von Morbus Addison, ist aber eine mögliche Nebenwirkung der Therapie mit Glukokortikoiden.
Neben den typischen Morbus-Addison-Symptomen macht sich der Hormonmangel auf anderen Ebenen bemerkbar:
Je nach Dauer und Schwere der Nebennierenrindenunterfunktion sind die Symptome individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während einige Menschen unter normalen Alltagsbedingungen gar keine Beschwerden haben, manifestiert sich die Erkrankung bei anderen mit der vollen Symptompalette.
Besonders bei einer langsam voranschreitenden primären Addison-Krankheit passiert es, dass Betroffene und Ärzte die sich allmählich entwickelnden Beschwerden fehldeuten und als Erschöpfungssyndrom oder Alterserscheinungen interpretieren. Die Vielzahl an lebensbedrohlichen Symptomen zeigt, wie wichtig die Hormone sind, die schon in winzigen Konzentrationen enorme Effekte erzielen.
Die Addison-Krise ist eine besonders schwere Verlaufsform von Morbus Addison, die sich vor allem in psychischen oder körperlichen Stresssituationen entwickelt. Der plötzlich eintretende Hormonmangel führt dabei zu lebensbedrohlichen Kreislaufstörungen bis hin zum
Koma
. Typische Symptome der Addison-Krise sind:
Oft stellen Ärzte eine bestehende Nebennierenrindeninsuffizienz durch eine Addison-Krise zum ersten Mal fest. Der akut lebensbedrohliche Zustand ist nur mit einer hochdosierten Gabe von Hydrokortison abwendbar. Der Notarzt muss hier schnell handeln!
Die Addison-Krankheit ist – mit Ausnahme des tertiären Morbus Addison – nicht heilbar, aber gut behandelbar. Wird ein langsam verlaufender, chronischer Morbus Addison rechtzeitig erkannt, lässt sich die Erkrankung durch die Einnahme der lebenswichtigen Hormone gut kontrollieren. Trotz der lebenslangen Hormonsubstitution haben die Betroffenen ein normales Leben, ihre Lebensdauer und Lebensqualität sind mit der gesunder Menschen vergleichbar. Dauernde Beeinträchtigungen sind in der Regel nicht zu erwarten.
Probleme sind möglich, wenn die Hormonkonzentration nicht auf eine gerade vorherrschende Stresslage angepasst wird. In diesem Fall kommt es unter Umständen zu einer Addison-Krise, die lebensgefährlich ist, wenn nicht rechtzeitig eine ärztliche Behandlung erfolgt. Unbehandelt verläuft die Addison-Krankheit immer tödlich.
Ursache des Morbus Addison sind Erkrankungen der Nebenniere selbst, der übergeordneten Schaltstellen im Gehirn, der Hypophyse oder des Hypothalamus. Sie führen bei der Addison-Krankheit zu einem lebensbedrohlichen Hormonmangel.
Wichtige Ursachen der
primären Nebennierenrindeninsuffizienz
, bei der die Nebenniere selbst erkrankt ist, sind:
Auch Fehlfunktionen der übergeordneten Regulation im Gehirn, der
Hypophyse
oder des
Hypothalamus
verursachen einen Morbus Addison. Zu dieser Form der
sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz
kommt es sehr selten durch Schädigungen dieser Gehirnbereiche durch einen
Schlaganfall
, Tumoren, Schädelverletzungen oder Gehirnoperationen.
Zur
tertiären Nebennierenrindeninsuffizienz
kommt es durch eine langfristige Einnahme hochdosierter Kortisonpräparate. Dadurch wird die Bildung des Hormons CRH im Hypothalamus unterdrückt. Die nachgeschaltete Hypophyse bildet weniger ACTH und die Nebennierenrinde drosselt deshalb die Hormonproduktion. Unterbrechen Betroffene die Kortisoneinnahme, beginnt die Nebennierenrinde erst langsam wieder mit der Produktion der Hormone, sodass es anfangs zu einem Mangel kommt. Es ist deshalb wichtig, Kortisonmedikamente immer allmählich auszuschleichen und niemals schlagartig abzusetzen.
Typische Morbus-Addison-Symptome spürt der Arzt zunächst im ausführlichen Gespräch mit den Betroffenen auf. Der spezialisierte Endokrinologe gewinnt anhand dieser Informationen zur Krankengeschichte eine erste Einschätzung.
Dem Verdacht auf eine Nebennierenrindeninsuffizienz geht er anschließend mit
Blutuntersuchungen
und
Labortests
nach. Im Vordergrund stehen dabei neben den üblichen Blutwerten und Blutsalzen (
Elektrolyte
) die Hormonspiegel des Cortisols aus der Nebennierenrinde und des ACTHs der Hypophyse. Die Cortisolwerte sind bei einem akuten Morbus-Addison deutlich erniedrigt, bei einem chronischen Verlauf der Krankheit aber vor allem morgens unter Umständen sogar normal. Daher ist zusätzlich eine
24-Stunden-Verlaufskontrolle
des Harns sinnvoll.
Ein sogenannter
ACTH-Stimulationstest
hilft dem Arzt, die Ursache des Morbus Addison zu finden: Dazu erhält der Betroffene über die Vene das Hypophysenhormon ACTH. Anschließend bestimmt der Arzt den Cortisolspiegel im Blut. Steigt er an, ist die Nebenniere noch funktionsfähig und die Ursache liegt sehr wahrscheinlich in der Hypophyse. Bleibt der Cortisolpegel hingegen trotz ACTH-Gabe erniedrigt, liegt wahrscheinlich eine primäre Nebennierenrindeninsuffizienz vor.
Weiter lässt sich eine Autoimmunerkrankung mithilfe eines speziellen
Antikörpertests
aufdecken. Bildgebende Verfahren wie die
Computer- oder Magnetresonanztomografie
oder
Ultraschall
nutzt der Arzt, um Tumoren oder Infarkte zu finden.
Die einzige Therapie eines
primären und sekundären Morbus Addison
besteht in der lebenslangen Einnahme der fehlenden Hormone (
Substitutionstherapie
). Betroffene nehmen dazu in der Regel zwei- bis dreimal täglich
Hydrocortisol
in Kombination mit
Fludrocortisol
ein. Bei Frauen, bei denen es zu einem
Libidoverlust
kommt, ist eine Behandlung mit einem weiteren Hormon (Dehydroepiandrosteron, DEHA) möglich.
In Stresssituationen ist es wichtig, die Dosis vom Arzt anpassen zu lassen, damit es nicht zu einem Hormonmangel kommt. Das gilt auch in Situationen, die für den Betroffenen selbst keinen psychischen Stress bedeuten, aber den Körper belasten, wie zum Beispiel Infekte und Operationen.
Der Morbus Addison, mit Ausnahme der tertiären Nebennierenrindeninsuffizienz, ist unheilbar. Die Betroffenen benötigen die Hormontherapie also ein Leben lang, da die Erkrankung unbehandelt tödlich verläuft. Eine besondere Ernährung ist bei Morbus Addison nicht erforderlich.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Hanna Rutkowski ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.
Morbus Addison
Kurzübersicht
Was ist Morbus Addison?
Regelkreis der Hormone
Formen von Morbus Addison
Was sind die Symptome von Morbus Addison?
Symptome der Addison-Krise
Ist Morbus Addison heilbar?
Ursachen und Risikofaktoren
Untersuchungen und Diagnose
Behandlung
Autoren- & Quelleninformationen