Illness name: ruhr krankheit
Description:
Tanja Unterberger studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in Wien. 2015 begann sie ihre Arbeit als Medizinredakteurin bei NetDoktor in Österreich. Neben dem Schreiben von Fachtexten, Magazinartikeln sowie News bringt die Journalistin auch Erfahrung im Podcasting und in der Videoproduktion mit.
Die Ruhr-Krankheit (auch Shigellose, Shigellenruhr, bakterielle Ruhr oder Bakterienruhr) ist eine ansteckende Durchfallerkrankung, die durch eine Infektion mit Bakterien (Shigellen) entsteht. Häufige Symptome sind blutige Durchfälle, Bauchkrämpfe, Erbrechen und Fieber. Eine Shigellose lässt sich meist gut behandeln. Nur in seltenen Fällen ist ein Aufenthalt im Krankenhaus notwendig. Erfahren Sie hier mehr zu Ursachen, Symptomen und Behandlung!
Die Ruhr-Krankheit – auch Shigellose, Shigellenruhr, bakterielle Ruhr, Bakterienruhr oder Shigellendysenterie genannt – ist eine Darmerkrankung, die durch eine Ansteckung mit verschiedenen Bakterien der Gattung Shigella entsteht. Sie gehören zu den Darmkeimen, die medizinisch als Enterobakterien bezeichnet werden.
Durch die Infektion kommt es häufig zu starken Durchfällen und
Bauchschmerzen
. In Deutschland sind hauptsächlich Reisende und vor allem Reiserückkehrer aus warmen Ländern mit schlechten hygienischen Verhältnissen betroffen.
Die Ruhr-Krankheit kommt in Deutschland relativ selten vor. Eine Infektion mit Shigellen ist hochansteckend und deshalb nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtig (z.B. für Beschäftigte in Küchen und Gaststätten). Das bedeutet, dass der Arzt eine nachgewiesene Infektion seines Patienten dem Gesundheitsamt melden muss. Zu den häufigsten Bakterientypen, die die Ruhr-Krankheit auslösen, zählen Shigella dysenteriae, Shigella flexneri, Shigella boydii und Shigella sonnei.
Die Bakterienruhr ist von der
Amöbenruhr
zu unterscheiden. Letztere wird nicht durch Bakterien, sondern durch den Parasiten Entamoeba histolytica (Amöben) verursacht.
Shigellen sind weltweit stark verbreitet. Schlechte sanitäre Verhältnisse und warmes Klima begünstigen die Ausbreitung der Erkrankung, weshalb sie besonders häufig in sogenannten Entwicklungsländern vorkommt. Die in Deutschland auftretenden Fälle von Shigellose stammen Untersuchungen zufolge vor allem aus Ländern wie Ägypten, Marokko, Indien, China und der Türkei.
Typischerweise tritt die bakterielle Ruhr gehäuft in den warmen Monaten (Sommer bis Frühherbst) auf. Meist sind Kinder unter fünf Jahren und junge Erwachsene (zwischen 20 und 39 Jahren) von einer Infektion mit Shigellen betroffen.
Hierzulande tritt die Ruhr-Krankheit manchmal auch in Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Pflegeheimen oder Kindergärten) auf, wenn Hygienemaßnahmen nicht ausreichend beachtet werden.
In Deutschland ist die Ruhr-Krankheit meist auf eine Ansteckung im Ausland zurückzuführen.
Die Ruhr-Krankheit entsteht durch eine Infektion mit Shigellen-Bakterien. Diese Bakterien beginnen, im
Darm
Gifte (Endotoxine und Exotoxine) zu produzieren, die eine Entzündung der Darmschleimhaut (meist des Dickdarms) hervorrufen. Zu den häufigsten Bakterienarten aus der Gruppe der Shigellen zählen:
Die Infektion mit Shigellen erfolgt auf fäkal-oralem Weg. Das bedeutet, die Erreger werden über den Stuhl ausgeschieden (fäkal) und über den
Mund
(oral) aufgenommen. Eine Infektion von Mensch zu Mensch erfolgt meist direkt durch eine Schmutz- und
Schmierinfektion
, zum Beispiel, wenn sich Betroffene nicht oder nur unzureichend die Hände (z.B. nach dem Toilettengang) waschen und einer anderen Person die
Hand
schütteln.
Indirekt erfolgt eine Übertragung der Bakterien über verunreinigte Lebensmittel, verseuchtes Trinkwasser und infizierte Gegenstände (z.B. Handtücher) sowie durch die gemeinsame Benutzung von Toiletten. Eine Übertragung durch bakterienverseuchte Badegewässer ist ebenfalls möglich.
Eine Infektion erfolgt auch durch infizierte Personen, die keine Symptome zeigen (asymptomatische Träger oder „Ausscheider“). Fliegen sind in der Lage, bakterienverseuchte Stuhlpartikel auf Gegenstände oder Lebensmittel zu verschleppen. Außerdem ist es möglich, dass die Shigellen bei sexuellem Analkontakt sowie gelegentlich durch verunreinigte medizinische Geräte übertragen werden.
Shigellen sind hochansteckend und verursachen bereits in geringen Mengen (unter 100 Keime) Beschwerden.
Bei der Ruhr-Krankheit kommt es typischerweise zu Symptomen, die meist plötzlich und heftig einsetzen. Zunächst treten wässrige Durchfälle („weiße Ruhr“) auf. Je nach Erregertyp entstehen weitere Symptome, die mehr oder weniger stark ausgeprägt sind. In schweren Fällen sind die Durchfälle schleimig-eitrig oder blutig („rote Ruhr“). Daneben können weitere Symptome wie Fieber, Geschwüre und starke Bauchkrämpfe auftreten.
Scheidet der Körper durch die Durchfälle übermäßig viel Flüssigkeit aus, verliert er häufig zusätzlich
Elektrolyte
, vor allem
Natrium
und
Kalium
. In schweren Fällen führt ein Mangel an Flüssigkeit und Elektrolyten im weiteren Verlauf zu einem hämolytischen-urämischen Symptom (HUS). Dabei entstehen kleine Blutgerinnsel (Thromben) im gesamten Körper. Diese blockieren die Blutversorgung lebenswichtiger Organe (z.B.
Gehirn
,
Herz
, Nieren). Nierenversagen, Koma bis hin zum Kreislaufversagen sind mögliche Folgen.
Symptome einer bakteriellen Ruhr im Überblick:
Erster Ansprechpartner beim Verdacht auf eine Shigellen-Infektion ist der Hausarzt. Dieser überweist bei Bedarf oder für weitere Untersuchungen an einen Facharzt oder an ein Krankenhaus. Um eine Shigellose zu diagnostizieren, sind die typischen Symptome der Krankheit und eine Stuhluntersuchung meist ausreichend.
Zur Diagnose der Ruhr-Krankheit führt der Arzt zunächst ein ausführliches Gespräch (
Anamnese
) mit dem Betroffenen. Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung.
Spätestens, wenn starker Durchfall länger als drei Tage anhält, blutig ist oder mit Fieber über 38 Grad Celsius einhergeht, ist ein Arztbesuch notwendig.
Im Gespräch ist es wichtig, den Arzt über kürzlich erfolgte Auslandsaufenthalte zu informieren, weil die Bakterienruhr gehäuft in sogenannten Entwicklungsländern auftritt. Der Arzt befragt den Betroffenen unter anderem, wie häufig die Durchfälle sind, welche Konsistenz der Stuhl hat (z.B. weich, breiig oder flüssig) und welche anderen Symptome zusätzlich auftreten (z.B. Bauchkrämpfe, Fieber, Übelkeit).
Anschließend führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch. Dazu tastet er beispielsweise den Bauch auf Verhärtungen ab oder überprüft ihn auf auffällige Darmgeräusche mit einem Stethoskop.
Besteht der Verdacht auf eine Shigellose, stellt der Arzt die Diagnose anhand einer Stuhlprobe des Betroffenen. Dabei untersucht er beispielsweise unter dem Mikroskop, ob sich eine erhöhte Zahl weißer Blutkörperchen (
Leukozyten
) im Stuhl befindet.
Im Labor lassen sich Shigellen zudem direkt nachweisen. Dort lässt sich auch feststellen, ob der nachgewiesene Typ des Shigella-Bakteriums bereits Resistenzen gegen ein bestimmtes Antibiotikum entwickelt hat (Antibiogramm). Dies gibt dem Arzt Aufschluss darüber, ob ein bestimmtes Antibiotikum gegen die Shigellen wirkt oder nicht.
Da Shigellen sehr empfindlich sind, ist es empfehlenswert, eine möglichst frische Stuhlprobe in einem speziellen Transportbehälter umgehend zum Labor zu transportieren.
Eine Infektion mit Shigellen behandelt der Arzt in den meisten Fällen mit Antibiotika. Diese verkürzen die Dauer der Erkrankung, senken die Ausscheidung der Erreger (und damit die Ansteckungsgefahr) und beugen Komplikationen vor. Als wirksam erwiesen haben sich vor allem die Wirkstoffe
Azithromycin
oder
Ciprofloxacin
. Der Arzt verabreicht die Antibiotika in Form von Tabletten oder in schweren Fällen über eine
Infusion
.
Manche Shigellen sind resistent gegen bestimmte Antibiotika und daher unempfindlich gegen diese Medikamente. Grundsätzlich empfehlen Ärzte eine Behandlung mit Antibiotika erst, nachdem ihre Wirksamkeit auf das jeweilige Bakterium im Labor getestet wurde (Antibiogramm). Damit stellt man sicher, dass das Antibiotikum tatsächlich gegen den Erreger wirkt.
Wenn Sie sich in einem guten Allgemeinzustand befinden, ist es in manchen Fällen möglich, auf eine Antibiotika-Behandlung zu verzichten. Ob dies in Ihrem Fall möglich ist, schätzt der Arzt ab.
Bei krampfartigen Bauchschmerzen verordnet der Arzt zudem meist krampflösende Medikamente (Spasmolytika) wie N-Butylscopolamin. Mittel gegen die Durchfälle, wie
Loperamid
, setzen Ärzte bei der Ruhr-Krankheit nicht ein, da sie die Durchfälle unterdrücken und die Erreger so schwerer aus dem Körper ausgeschieden werden können.
Wichtig ist zudem, dass Betroffene ausreichend trinken, um den Flüssigkeitsverlust durch die Durchfälle auszugleichen. Können sie selbst nicht genug trinken, erhalten sie Infusionen über eine Vene.
Um verlorengegangene Mineralien und Salze (Elektrolyte) im Körper zu ersetzen, verabreicht der Arzt unter Umständen ebenso Infusionen oder verschreibt Elektrolytlösungen zum Trinken aus der Apotheke. Falls Sie keine medizinische Versorgung oder Apotheke auf Reisen in Ihrer Nähe haben, können Sie eine Elektrolytlösung in Notfällen auch selbst zubereiten.
Mischen Sie dazu 750 ml stilles Trinkwasser mit 250 ml Orangensaft (als Kaliumquelle), einem Esslöffel Zitronensaft (als Quelle für Natriumcitrat), einem gestrichenen Teelöffel Salz und acht gestrichenen Teelöffeln Zucker (am besten Traubenzucker). Rühren Sie alles gut durch, bis sich Salz und Zucker aufgelöst haben. Nehmen Sie am besten etwa zwei Liter der Mischung schluckweise über den Tag verteilt zu sich.
Wenn Sie keinen Saft im Haus haben, können Sie stattdessen Wasser oder milden Tee (z.B. Kamille oder Hagebutte) verwenden. Achten Sie besonders im Ausland aber darauf, dass Sie sauberes Trinkwasser verwenden!
Eine selbstgemachte Elektrolytlösung dient nicht zur Behandlung schwerwiegender Krankheiten. Ist Ihr Kind oder Baby von Durchfällen betroffen, hält der Durchfall länger als drei Tage an oder ist
Blut im Stuhl
, suchen Sie umgehend einen Arzt auf!
Je nach Erregertyp verläuft die Krankheit unterschiedlich. In Deutschland kommt es hauptsächlich zu Infektionen mit Shigella sonnei (etwa 70 Prozent der Krankheitsfälle) und Shigella flexneri (etwa 20 Prozent der Betroffenen). Diese beiden Typen führen überwiegend zu leichteren Erkrankungen, beginnen jedoch hochakut und sind meist sehr ansteckend.
Die Ruhr-Krankheit verläuft in einigen Fällen auch ohne Symptome. Menschen, die infiziert sind und die Bakterien über den Stuhl ausscheiden, ohne selbst Symptome zu zeigen, nennt man Ausscheider.
In der Regel kommt es etwa zwischen vier Stunden bis zu vier Tagen nach der Ansteckung zu plötzlichen Symptomen wie wässrigem Durchfall. In manchen Fällen treten zusätzlich Fieber,
Appetitlosigkeit
und Bauchschmerzen auf. Bei den leichteren, harmlosen Formen verschwinden die Symptome nach etwa einer Woche wieder.
In seltenen Fällen siedeln sich die Bakterien dauerhaft im Darm an und werden weiterhin über den Stuhl ausgeschieden. Menschen, bei denen dies der Fall ist, bezeichnet man als Langzeitausscheider.
Löst das Bakterium Shigella dysenteriae die Krankheit aus, verläuft die Shigellose meist schwerer. Oft kommt es dann zu blutig-schleimigen Durchfällen, die von starken Bauchkrämpfen begleitet sind. Zudem ist es möglich, dass sich im Verlauf der Erkrankung Geschwüre im
Dickdarm
bilden, wodurch sich der Darm im Extremfall aufweitet oder durchbricht (Darmperforation).
Gefährlich ist die Ruhr-Krankheit vor allem für Kleinkinder, alte Menschen und Immungeschwächte. Der große Flüssigkeits- und Elektrolytverlust stellt bei einer bakteriellen Ruhr die größte Gefahr dar. Mögliche Folgen sind Krämpfe, Nierenversagen und Kreislaufkollaps bis hin zum Koma.
Schwere und tödliche Komplikationen sind bei einer bakteriellen Ruhr jedoch eher selten. Hierzulande überwiegen leichtere Krankheitsverläufe, wobei die Infektionen oft plötzlich und heftig beginnen und hochansteckend sind.
Erkrankte Personen, die wieder genesen sind und keine Symptome zeigen, sind noch etwa vier bis sechs Wochen ansteckend. So lange lassen sich die Erreger im Stuhl der Betroffenen nachweisen.
Die beste Methode, um einer Ruhr-Krankheit vorzubeugen, ist regelmäßiges und vor allem gründliches
Händewaschen
:
Haben Sie kein fließendes Wasser und Seife zur Verfügung, verwenden Sie spezielle Desinfektionstücher, Gels oder Sprays aus der Apotheke. Achten Sie dabei darauf, dass Ihre
Haut
trocken ist und Sie alle Stellen für etwa 30 Sekunden gründlich einreiben.
Beachten Sie zudem vor allem in wärmeren Ländern mit schlechten hygienischen Verhältnissen folgende Maßnahmen:
Leben Sie mit einem Erkrankten im selben Haushalt, sollten Sie zudem auf Folgendes achten:
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Tanja Unterberger studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in Wien. 2015 begann sie ihre Arbeit als Medizinredakteurin bei NetDoktor in Österreich. Neben dem Schreiben von Fachtexten, Magazinartikeln sowie News bringt die Journalistin auch Erfahrung im Podcasting und in der Videoproduktion mit.
Ruhr-Krankheit
Kurzübersicht
Was ist die Ruhr-Krankheit?
Wo kommen Shigellen vor?
Wie entsteht Shigellose?
Wie erfolgt die Übertragung?
Welche Symptome treten bei der Ruhr-Krankheit auf?
Wie stellt der Arzt die Diagnose?
Gespräch mit dem Arzt
Körperliche Untersuchung
Wie behandelt man Shigellose?
Antibiotika
Krampflösende Mittel
Zufuhr von Flüssigkeit und Elektrolyten
Wie verläuft die Ruhr-Krankheit?
Wie gefährlich ist die Ruhr-Krankheit?
Wie lange ist man ansteckend?
Wie kann man der Ruhr-Krankheit vorbeugen?
Autoren- & Quelleninformationen