Illness name: bronchiektasen
Description:
Dr. med. Fabian Sinowatz ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Bronchiektasen sind sackförmige Ausweitungen der Bronchien in den Lungen, die sich nicht zurückbilden. Angeborene und erworbene Ursachen sind mögliche Auslöser. Typisch ist ein starker Husten mit schleimigem Auswurf. Unbehandelt sind schwere Schädigungen der Lunge möglich. Erfahren Sie mehr über Prognose, Symptome und Behandlung der Bronchiektasen.
Unter Bronchiektasen (griechisch: éktasis = Ausdehnung) versteht der Arzt krankhafte Erweiterungen der
Bronchien
in den Lungen. Wenn zahlreiche Bronchien derart erweitert sind, wird das als Bronchiektasie bezeichnet. Verschiedene Ursachen führen zu einer Schädigung der Bronchialwände, die letztlich in einer dauerhaften Ausweitung der Bronchien resultiert.
Durch gezielte Antibiotikatherapie und Impfungen treten Bronchiektasen in Deutschland heute seltener auf als früher. Durch die hochauflösenden Bilder der
Computertomografie
(HR-CT) wird die Bronchiektasie häufiger und früher entdeckt, was zu einer Zunahme der Diagnosen führt.
In der Vergangenheit führten vor allem Infektionskrankheiten wie Masern, Tuberkulose, Keuchhusten oder Influenza als Spätfolge zu Bronchiektasen. Diese Ursachen sind besonders durch Schutzimpfungen stark zurückgegangen. Chronische Lungenerkrankungen wie
Mukoviszidose
oder die chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD) lösen oft Bronchiektasen aus.
Man unterscheidet zwischen CF-Bronchiektasen und Non-CF-Bronchiektasen. CF steht für Cystische Fibrose, ein anderer Begriff für Mukoviszidose. 14 Prozent der Bronchiektasen in Europa betreffen als CF-Bronchiektasen Mukoviszidose-Patienten, 86 Prozent sind Non-CF-Bronchiektasen. Davon sind ein zunehmender Anteil COPD-Patienten.
Die Bronchien sind die Luftwege in der Lunge. Bei jedem Atemzug strömt eingeatmete Luft durch sie bis in die Lungenalveolen, wo der Gasaustausch stattfindet. Mit der Atmungsluft gelangen Krankheitserreger und Schmutzpartikel in das Bronchialsystem, welche bei gesunden Lungen durch einen effektiven Selbstreinigungsmechanismus (die sogenannte Mukoziliäre Clearance) kontinuierlich wieder nach draußen befördert werden.
Die Atemwege sind dazu mit bestimmten Zellen ausgekleidet, die ein schleimiges Sekret produzieren und an deren Oberfläche feinste Flimmerhärchen (Zilien) sitzen. Das Sekret hilft, Krankheitserreger abzutöten. Die Zilien führen ständig eine fächelnde Bewegung in Richtung
Mund
aus (Zilienschlag), durch welche der Schleim und die daran haftenden Krankheitserreger und Fremdkörper zum
Rachen
transportiert werden. Dort angekommen, werden sie verschluckt oder abgehustet.
Dieser Selbstreinigungsmechanismus ist wichtig, um die Lunge frei von Fremdkörpern zu halten und Infektionen der Atemwege zu verhindern. Verschiedene Ursachen stören diesen Mechanismus mitunter, wodurch der Bronchialschleim nicht mehr gut abfließt. Dies bietet einen idealen Nährboden für Krankheitserreger und führt zu wiederkehrenden Infektionen.
Die häufigen Entzündungen schädigen die Wände der Bronchien, sodass sich diese mit der Zeit ausweiten und es zu Bronchiektasen kommt. Diese krankhafte Ausweitung (Bronchiektasie) ist ein unumkehrbarer Prozess. Durch die Ausweitung fließt der Bronchialschleim noch schlechter ab, was zu noch häufigeren Infektionen führt. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem regelrechten Teufelskreis, da sich krankhafte Ausweitung und Infektionen gegenseitig verstärken.
Bei der Bronchiektasie handelt es sich um eine chronische Erkrankung. Entscheidend für den Verlauf und die Prognose bei Bronchiektasen ist, wie gut sich neue Infekte und Komplikationen vermeiden lassen. Hierfür sind eine tägliche Bronchialtoilette, also Maßnahmen, die die Atemwege freihalten und reinigen, und eine frühzeitige, gezielte Antibiotikatherapie wichtig.
Durch eine konsequente Therapie lässt sich der Verlauf maßgeblich verbessern. Die Lebenserwartung bei Menschen mit
Bronchiektasen
ist dennoch eingeschränkt. In welchem Ausmaß, hängt vom individuellen Fall ab.
Das Hauptsymptom bei Bronchiektasen ist ein starker Husten mit großen Mengen schleimigen Auswurfs (sogenannte maulvolle Expektorationen). Der Auswurf hat einen typisch süßlich-fauligen Geruch und enthält häufig
Blut
oder Eiter. Wenn man ihn in ein Glas füllt, ergibt sich eine Dreischichtung („Drei-Schichten-Sputum“): Eine schaumige Oberschicht, eine mittlere Schleimschicht und unten einen zähen, eitrigen Bodensatz.
Neben dem Husten treten bei Bronchiektasien durch die chronische Entzündung und das Vereitern der Bronchien häufig Fieber, Atemnot und wiederholte Lungenentzündung auf.
Schmerzen im Brustkorb und ein Verkrampfen der Atemwegsmuskeln sind weitere Symptome von Bronchiektasen.
Sehr selten gelangen bei Bronchiektasen
Bakterien
aus den vereiterten Bronchien über die Blutbahn in das
Gehirn
(Hirnabszess). Bei chronischem Sauerstoffmangel sind körperliche Anzeichen wie die Ausbildung von sogenannten Uhrglasnägeln und Trommelschlegelfingern möglich. Dabei sind die Endglieder der Finger kolbenartig aufgetrieben und die Fingernägel stark gewölbt und rundlich geformt.
Für Bronchiektasen gibt es eine Reihe von angeborenen oder erworbenen Ursachen. Ein häufiger, aber seltener werdender Grund für eine Bronchiektasie sind wiederkehrende Infekte der unteren Atemwege, die vor allem im Kindesalter auftreten.
Als eine der häufigsten Ursachen Bronchiektasen, die nicht durch Mukoviszidose ausgelöst werden (Non-CF-Bronchiektasen), gilt heute die angeborene Krankheit PCD (Primäre Ciliäre Dyskinesie).
Bei den meisten der nachfolgend genannten Ursachen kommt es zu einer Störung der Selbstreinigungsfunktion der Bronchien: Die feinen Flimmerhärchen (Zilien) sind dann nicht mehr in der Lage, Schleim und Fremdkörper aus dem Bronchialsystem zu entfernen. Krankheitserreger haben es so leichter, sich in dem festsitzenden Schleim zu vermehren und Entzündungen auszulösen.
In seltenen Fällen lässt sich eine eindeutige Ursache für die Entstehung der Bronchiektasen nicht finden (idiopathische Bronchiektasen).
Als Risikofaktoren gelten Schädigungen der Lungen durch Reflux oder das Eindringen von Mageninhalt sowie durch Einatmen giftiger Gase, Partikel oder Rauch (auch Tabakrauch).
Die
Mukoviszidose
(cystische Fibrose) ist eine Erbkrankheit, bei der sich unter anderem zäher Schleim in den fein verzweigten Bronchien und der Luftröhre bildet. Dieser verstopft die Atemwege, sodass es zu wiederholten Infekten kommt, wodurch Bronchiektasen begünstigt werden (CF-Bronchiektasen).
Die
Primäre Ciliäre Dyskinesie (PCD)
ist eine seltene, genetisch bedingte Funktionsstörung der feinen Flimmerhärchen (Zilien). Der Selbstreinigungsmechanismus (Mukoziliäre Clearance) der Bronchien ist hier gestört, was zu wiederholten Infekten der Bronchien führt. Die Erkrankung tritt im Rahmen des sogenannten Kartagener-Syndroms auf.
Bei einem
Antikörpermangel
(Immundefekt) werden zu wenige Antikörper zur Abwehr von Krankheitserregern gebildet. Durch die geschwächte Immunabwehr kommt es zu häufigen Infekten der Atemwege, welche die Bronchialwände schädigen, sodass die Bildung von Bronchiektasen begünstigt ist.
Bei der
alveolären Fehlbildung
sind die Lungenbläschen (Alveolen) von
Geburt
an falsch ausgebildet. Dadurch staut sich Sekret in den Lungenbläschen, was einen guten Nährboden für Infektionen darstellt.
Eine häufige Ursache für Bronchiektasen sind im Kindesalter auftretende,
wiederholte Infektionen
des Bronchialsystems
. Auch Lungenentzündungen, Masern und Keuchhusten schädigen oft die Bronchien und begünstigen Bronchiektasen.
Wenn
Fremdkörper
oder
Tumore
die Bronchien einengen (Bronchus-Stenose) fließt das Bronchialsekret nicht gut ab und es kommt zu wiederkehrenden Entzündungen und Bronchiektasen.
Nach Lungenentzündungen (Pneumonien) oder Tuberkulose (Tbc) sind
Narben
im Bronchialsystem möglich, welche einen normalen Abfluss des Bronchialsekrets ebenfalls behindern.
COPD
, die Chronische Obstruktive Lungenerkrankung, führt im fortgeschrittenen Stadium oft zu Bronchiektasen. Bis zu 50 Prozent aller Patienten mit fortgeschrittener COPD weisen Bronchiektasen auf. Mit den in den vergangenen Jahren zunehmenden COPD-Erkrankungen steigt auch die Menge der entdeckten Bronchiektase-Fälle.
Bei Bronchiektasen sind der Hausarzt oder ein Facharzt für Pneumologie (Lungenarzt) die richtigen Ansprechpartner. Die Krankengeschichte und die körperliche Untersuchung liefern dem Arzt bereits wichtige Hinweise darüber, ob Bronchiektasen vorliegen. Die Diagnoseabsicherung der Bronchiektasie erfolgt mit einer hochauflösenden Computertomografie (HR-CT).
Vor der eigentlichen Untersuchung stellt der Arzt einige Fragen, um mehr über die Art und Dauer der aktuellen Beschwerden zu erfahren. Auch eventuelle Vorerkrankungen oder Begleitsymptome sind für den Arzt relevant. Er wird verschiedene Fragen stellen, zum Beispiel:
Nach dem Anamnesegespräch wird der Arzt Sie untersuchen. Besonders wichtig ist das Abhören der Lunge mit dem Stethoskop (
Auskultation
). Dabei treten bei Bronchiektasen hörbare Rasselgeräusche und ein Brummen beim Atmen auf. Der Arzt wird sich möglicherweise Ihre Finger ansehen, um nach Anzeichen von chronischem Sauerstoffmangel zu suchen: Dieser kann unter anderem zu sogenannten Trommelschlegelfingern und Uhrglasnägeln führen.
Um Bronchiektasen sicher festzustellen, sind weitere Untersuchungen nötig. Diese werden zum Teil vom Hausarzt oder Pneumologen selbst durchgeführt. Bildgebende Verfahren wie das Röntgen oder die Computertomografie (CT) erfolgen beim Facharzt für Radiologie. Blutuntersuchungen und molekularbiologische Untersuchungen helfen oft, die Ursache für die Bronchiektasie zu finden.
Die endgültige Diagnosesicherung bei Bronchiektase erfolgt durch eine hochauflösende Computertomografie des Brustkorbs (CT-Thorax).
Ein Röntgenbild des Brustkorbs (
Röntgen-Thorax
) dient in der Regel als Orientierung bei Verdacht auf Bronchiektasen. Zur Diagnosesicherung alleine reicht es allerdings nicht aus. Bei der Bronchografie werden die Bronchien kurzzeitig mit Röntgenkontrastmittel gefüllt, um sie auf dem Röntgenbild sichtbar zu machen.
Füllt man den Auswurf in ein Glas, trennt sich der Auswurf (das Sputum) in drei Schichten auf: Eine schaumige Oberschicht, eine mittlere Schleimschicht und unten einen zähen, eitrigen Bodensatz.
Durch eine Blutprobe und molekularbiologische Untersuchungen (genetische Tests) lassen sich mögliche Ursachen wie Defekte des Immunsystems oder vererbte Erkrankungen wie die Mukoviszidose feststellen.
Hierbei werden einige Lungenvolumina und andere Kennzahlen der Lungenfunktion gemessen. Anhand der Parameter schätzt der Arzt ein, wie stark die
Atmung
durch die Bronchiektasie behindert wird (Ventilationsstörungen).
Oft ist durch die Bronchiektasen auch das
Herz
in Mitleidenschaft gezogen und es bildet sich ein sogenanntes
Cor pulmonale
. Ob dies der Fall ist, lässt sich mit Elektrokardiogramm (EKG) und einer Ultraschalluntersuchung des Herzens prüfen.
Bei Atemnot führt der Arzt oft eine Blutgasuntersuchung (Blutgasanalyse, BGA) durch, um das Ausmaß des Sauerstoffmangels im Blut festzustellen.
Bei Verdacht auf eine mangelhafte Funktion der feinen Flimmerhärchen (Ziliendyskinesie) überprüft man diese meist durch eine Probe aus der Nasenschleimhaut.
Selten kommt zur Diagnose möglicher Engstellen in den Bronchien die Lungenspiegelung zum Einsatz.
Der Auswurf (Sputum) wird auf bakterielle Erreger wie nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM) oder das Bakterium Pseudomonas aeruginosa untersucht. Eine chronische Infektion mit diesen Erregern ist verknüpft mit einer Verschlechterung des Zustandes, schlechterer Lungenfunktion und erhöhter Sterblichkeit.
Die wichtigsten Maßnahmen zur Behandlung von Bronchiektasen sind die regelmäßige Sekretmobilisierung und das Vorbeugen beziehungsweise Behandeln von Infekten. Bei den angeborenen Formen von Bronchiektasie ist es ferner wichtig, diese frühzeitig zu erkennen, um gegebenenfalls eine Therapie der zugrundeliegenden Erkrankung einzuleiten – zum Beispiel die intravenöse Gabe von Antikörpern bei einem Antikörpermangel.
Zur Sekretmobilisierung raten Ärzte eine tägliche „Bronchialtoilette“ zu erlernen. Dazu wird zunächst der Schleim in den Bronchien durch Inhalation mit schleimlösenden Wirkstoffen (Mukolytika) oder Solelösungen verflüssigt. Der Schleim wird anschließend durch Abklopfen des Rückens und des Brustkorbs gelockert (mobilisiert) und schließlich in der sogenannten Quincke-Lagerung abgehustet.
Die Quincke-Lagerung ist eine spezielle Körperhaltung, bei welcher der Oberkörper tiefer liegt und somit das Abhusten von Schleim erleichtert wird. Spezielle physiotherapeutische Atemtechniken erleichtern das Abhusten meist zusätzlich. Diese Bronchialtoilette nimmt durchaus bis zu einer Stunde täglich in Anspruch.
Es wird dazu geraten, sie auch anzuwenden, wenn keine Beschwerden bestehen. Durch das Abhusten des Schleims wird die Lunge besser belüftet und Krankheitserregern der Nährboden für eine Ausbreitung entzogen.
Wenn es dennoch zu einer Infektion in der Lunge gekommen ist, wird diese in der Regel mit einer möglichst gezielten Antibiotikatherapie behandelt. Dazu bestimmt der Arzt den Erreger und testet auf seine Empfindlichkeit gegenüber verschiedenen Antibiotika (Antibiogramm). In schweren Fällen von Bronchiektasie ist es eventuell erforderlich, regelmäßig ein Antibiotikum anzuwenden, um eine Verschlechterung durch chronische Infekte (Exazerbation) zu verhindern.
Bei Atemnot infolge von Bronchiektasen kommen Medikamente zum Einsatz, welche die Bronchien erweitern (Bronchodilatatoren). Diese stehen als Inhalationsspray, Tabletten, Tropfen oder als Trinklösung zur Verfügung.
Eine operative Behandlung von Bronchiektasen kommt nur in besonders schweren Fällen infrage. Dabei wird entweder ein Lungensegment (Segmentresektion) oder ein gesamter Lungenlappen (Lobektomie) entfernt.
Eine gezielte, direkte Vorbeugung von Bronchiektasen ist kaum möglich. Für Menschen mit Mukoviszidose oder Primärer Ciliärer Dyskinesie (PCD) gilt es, ihre Bronchialtoilette konsequent durchzuführen. Schutzimpfungen gegen auslösende Infektionskrankheiten wie Grippe oder Masern sind wirksame Vorbeugungen gegen postinfektiöse Bronchiektasen.
Grundsätzlich empfiehlt sich ein gesunder Lebenswandel mit viel Bewegung, ausgewogener Ernährung und ausreichend Schlaf sowie der Verzicht auf Zigaretten. Er stärkt das Immunsystem und schützt so vor Atemwegsinfektionen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Dr. med. Fabian Sinowatz ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Bronchiektasen
Kurzübersicht
Was sind Bronchiektasen?
Wie entstehen Bronchiektasen?
Bronchiektasen: Krankheitsverlauf und Prognose
Welche Lebenserwartung hat man mit Bronchiektasen?
Welche Symptome treten auf?
Bronchiektasen: Ursachen und Risikofaktoren
Angeborene Ursachen für Bronchiektasen:
Erworbene Ursachen für Bronchiektasen:
Untersuchungen und Diagnose
Hochauflösende Computertomografie (HR-CT)
Röntgenbild und Bronchografie
Drei-Schichten-Sputum
Blutuntersuchung und molekularbiologische Untersuchungen
Lungenfunktionstest („Lufu“)
Elektrokardiogramm (EKG) und Herzultraschall (UKG)
Blutgasuntersuchung
Nasenschleimhautprobe
Bronchoskopie (Lungenspiegelung)
Mikrobiologische Untersuchung des Sputums
Was hilft bei Bronchiektasen?
Vorbeugen
Autoren- & Quelleninformationen