Illness name: neurofibromatose
Description:
Pascale Huber hat Tiermedizin an der Freien Universität Berlin studiert. Sie arbeitete mehrere Jahre als praktizierende Tierärztin, bis sie im Jahr 2009 in den Medizinjournalismus wechselte. Aktuell ist sie Chefredakteurin von tiermedizinischen Fachkreise- und Laienportalen. Ihr Schwerpunkt ist die Erstellung von human- und tiermedizinischem Content für Fachkreise und Patienten.
Neurofibromatose Typ 1 (Morbus Recklinghausen)
ist eine Erbkrankheit, die verschiedene Organsysteme, insbesondere aber die Haut und das Nervensystem betrifft. Neben der Neurofibromatose Typ 1 (NF1) unterscheiden Ärzte weitere Verlaufsformen, die Neurofibromatose Typ 2 und Typ 3. Lesen Sie hier alles zu Symptomen, Lebenserwartung und Therapie von Neurofibromatose Typ 1!
Bei Neurofibromatose Typ 1 (kurz NF1 oder Morbus Recklinghausen) handelt es sich um eine genetische Erkrankung. Mediziner zählen sie zu den sogenannten Phakomatosen. Das sind Krankheitsbilder, die mit der Bildung bestimmter, überwiegend gutartiger Tumoren der
Haut
und des Nervensystems einhergehen. Zudem ruft Morbus Recklinghausen Veränderungen an den Knochen sowie an den Gefäßen der Haut, der Augen und des Gehirns hervor.
Es gibt weitere Formen von Neurofibromatose. Hier erfahren Sie mehr zu
Neurofibromatose Typ 2.
Bei Menschen mit Neurofibromatose Typ 1 treten eine Reihe von Symptomen und Beschwerden auf, die sowohl das Hautbild als auch Nerven, Knochen und
Blutgefäße
betreffen.
Als besonders charakteristisches Symptom von Neurofibromatose Typ 1 bilden sich
Hautknoten
, die zunächst vereinzelt, später zahlreich auftreten. Diese sogenannten
kutanen Neurofibrome
entstehen entlang der Nerven, die die Haut durchziehen. Sie treten meist als breitflächige oder gestielte Hautknötchen am gesamten Körper auf, wobei der Rumpf besonders häufig betroffen ist. Die kutanen Neurofibrome befinden sich entweder an der Oberfläche oder sind in anderen Fällen in der Unterhaut ertastbar.
Neben den stets gutartigen kutanen Neurofibromen bei Morbus Recklinghausen sind sogenannte
plexiforme Neurofibrome
ein Kennzeichen der Neurofibromatose Typ 1. Diese oft
länglichen, wurmartigen Tumore
gehen von den großen peripheren Nervenästen aus, welche etwa für die Bewegung von Armen und Beinen verantwortlich sind, zum Beispiel vom Ischiasnerv.
Ein weiterer Hinweis auf Morbus Recklinghausen sind bestimmte
Pigmentflecken
der Haut, die auch als
Café-au-lait-Flecken
bezeichnet werden. Diese Pigmentflecken treten zwar auch bei Gesunden auf, sind jedoch bei der Neurofibromatose Typ 1 meist größer und zahlreicher. Besonders in der Achselgegend sowie in der Leiste finden sie sich oftmals gehäuft. Da sie vom Aussehen her an Sommersprossen erinnern, bezeichnen Ärzte dieses Phänomen bei Morbus Recklinghausen auch als "Freckling" (englisch: freckles = Sommersprossen).
Die oberflächlichen Hauttumore bei Neurofibromatose rufen meist keine gesundheitlichen Beschwerden hervor, belasten die Betroffenen jedoch unter kosmetischen Aspekten oft stark. Im Unterschied dazu rufen plexiforme Neurofibrome Beschwerden wie Taubheitsgefühle, seltener auch Lähmungen hervor, wenn sie – je nach Größe und Sitz – den entsprechenden Nerv in seiner Funktion beeinträchtigen.
Neben den charakteristischen Symptomen an Haut und Nerven treten bei Neurofibromatose Typ 1 möglicherweise weitere Beschwerden auf:
In manchen Fällen ist bei Neurofibromatose die Intelligenz vermindert.
Neurofibromatose bei Babys zeigt sich meist als erstes durch die Café-au-lait-Flecken, die in der Regel in den ersten Lebenswochen auffallen. Bei Babys und Kleinkindern kommen Neurofibrome sehr selten vor – mit Ausnahme des plexiformen Neurofibroms.
NF 1 zeigt sich manchmal auch durch Auffälligkeiten im Gesicht: Aufgrund einer Fehlbildung des Knochens hinter der
Augenhöhle
, einer sogenannten Keilbeindysplasie, tritt das betroffene
Auge
hervor und verschiebt sich.
Infolge der Veränderungen des Nervensystems kommt es bei Kindern mit Neurofibromatose gelegentlich zu Entwicklungsverzögerungen, sodass sich ihre motorischen und sprachlichen Fähigkeiten langsamer ausbilden. Ebenso sind bei einigen Kindern die Aufmerksamkeit und die Lernfähigkeit gestört. Verhaltensauffälligkeiten, Einschränkungen im Sozialverhalten sowie körperliche Ungeschicklichkeit sind weitere mögliche Symptome von Neurofibromatose 1 bei Kindern.
Der Kopf wächst bei Kindern mit NF 1 zudem manchmal schneller, was sie gelegentlich durch
Kopfschmerzen
oder Erbrechen als Folge spüren.
Die Prognose bei Morbus Recklinghausen hängt vor allem vom individuellen Krankheitsverlauf ab. Beschränkt sich die Erkrankung auf die Hautveränderungen, ist der Krankheitsverlauf im Allgemeinen günstig. Die Prognose verschlechtert sich, wenn sich aus plexiformen Neurofibromen bösartige Tumoren gebildet haben. In diesem Fall ist – wie bei allen Krebserkrankungen – ein früher Behandlungszeitpunkt für den weiteren Verlauf von Morbus Recklinghausen entscheidend.
Die Lebenserwartung ist bei Menschen mit Neurofibromatose um etwa 15 Jahre verringert.
Die Ursache für Neurofibromatose liegt in den Genen. Bei den Betroffenen ist das NF1-Gen mutiert. Dieses Gen sorgt normalerweise für die Bildung eines speziellen Proteins (Neurofibromin). Dieses ist maßgeblich daran beteiligt, die Entstehung bestimmter Tumoren zu unterdrücken (Tumorsuppressor). Durch den Gendefekt entfällt die schützende Wirkung des Neurofibromins, sodass die charakteristischen Geschwulste der Neurofibromatose Typ 1 entstehen.
In etwa der Hälfte der Fälle haben die Eltern den Gendefekt an ihre Kinder vererbt. Bei der anderen Hälfte ist sie durch spontane Veränderungen des Erbmaterials (sogenannte Spontanmutation) aufgetreten.
Um die Diagnose von Morbus Recklinghausen zu stellen, befragt der Arzt den Patienten zunächst eingehend zur Krankheitsgeschichte (
Anamnese
). Tritt die Erkrankung in der Familie gehäuft auf, liefert dies dem Arzt bereits einen wichtigen Hinweis. Die typischen Hautveränderungen der Neurofibromatose Typ 1 legen den Verdacht auf die Krankheit bereits nahe. Der Arzt untersucht daher die Haut besonders eingehend, zusätzlich ist eine Untersuchung der Augen sowie des Skeletts wichtig, um Morbus Recklinghausen festzustellen.
Um die Hautknoten als Neurofibrom zu identifizieren, entnimmt der Arzt gegebenenfalls eine Gewebeprobe (
Biopsie
) und lässt diese feingeweblich (histopathologisch) untersuchen. Tumoren, die nicht äußerlich zu sehen sind, lassen sich mittels Magnetresonanztomografie (MRT) aufspüren.
Für die Diagnose "NF1" gelten folgende Kriterien:
Liegen zwei oder mehr der genannten Kriterien vor, gilt die Diagnose von Neurofibromatose Typ 1 als gesichert.
Da es sich bei Neurofibromatose Typ 1 um eine Erbkrankheit handelt, existiert bislang keine ursächliche Therapie. Morbus Recklinghausen ist daher nicht heilbar. Es ist jedoch möglich, die Symptome der Neurofibromatose Typ 1 zu lindern:
Es besteht die Möglichkeit, Neurofibrome, die Beschwerden verursachen oder kosmetisch besonders belastend sind, im Rahmen einer
Operation mit dem Skalpell oder Laser
zu entfernen.
Auch ein
Medikament
steht Menschen mit Neurofibromatose Typ 1 zur Verfügung. Mittlerweile ist der
Wirkstoff Selumetinib
in Europa zugelassen. Dieser Wirkstoff hindert Tumore daran, zu wachsen und verkleinert sie mitunter sogar.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Pascale Huber hat Tiermedizin an der Freien Universität Berlin studiert. Sie arbeitete mehrere Jahre als praktizierende Tierärztin, bis sie im Jahr 2009 in den Medizinjournalismus wechselte. Aktuell ist sie Chefredakteurin von tiermedizinischen Fachkreise- und Laienportalen. Ihr Schwerpunkt ist die Erstellung von human- und tiermedizinischem Content für Fachkreise und Patienten.
Neurofibromatose (Morbus Recklinghausen)
Kurzübersicht
Was ist Neurofibromatose?
Neurofibromatose: Was sind die Symptome?
Hautveränderungen
Weitere Symptome
Neurofibromatose bei Kindern und Babys
Wie ist die Lebenserwartung?
Wodurch entsteht Neurofibromatose?
Wie wird Neurofibromatose festgestellt?
Wie wird Neurofibromatose behandelt?
Autoren- & Quelleninformationen