Illness name: nachtblindheit
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Wer an
Nachtblindheit
oder Nachtsehstörungen leidet, sieht im Dunkeln kaum oder gar nicht. Der Grund dafür sind geschädigte Sinneszellen in der Netzhaut der Augen, die Stäbchenzellen. Der Defekt ist entweder angeboren oder wird im Laufe des Lebens erworben - entweder durch Vitamin-A-Mangel oder diverse Erkrankungen. Erfahren Sie hier alles Wichtige rund um die Nachtblindheit.
Von Nachtblindheit sprechen Mediziner, wenn jemand in der Dämmerung und Dunkelheit sehr schlecht oder gar nicht sehen kann. Tagsüber dagegen ist die Sicht von nachtblinden Menschen gut.
Die Nachtblindheit kann angeboren oder erworben sein. Sie beruht auf einer Schädigung der Stäbchenzellen der
Netzhaut
im
Auge
. Augenerkrankungen wie die Retinis pigmentosa oder die Kongenitale stationäre Nachtblindheit kommen als Grund dafür ebenso in Betracht wie beispielsweise die Zuckerkrankheit (
Diabetes mellitus
) oder ein
Vitamin-A-Mangel
. Je nach Ursache bleibt die Nachtblindheit im Lauf des Lebens konstant oder verschlechtert sich allmählich.
Von der echten Nachtblindheit zu unterscheiden ist eine altersbedingte Sehschwäche, die sich oft schon mit einer (neuen) Brille beheben lässt.
Dass wir tagsüber die Welt in bunten Farben sehen und uns nachts selbst bei geringem Licht gut orientieren können, verdanken wir zwei verschiedenen Zelltypen in der Netzhaut der Augen:
Der Übergang vom Tag- zum Nachtsehen geschieht allerdings nicht schlagartig. Stattdessen stellen abends nach und nach die Zapfenzellen ihre Tätigkeit ein (weshalb wir Menschen nachts keine Farben wahrnehmen können), und Stäbchenzellen übernehmen die Aufgabe des Sehens. Dieser Prozess, auch
Dunkeladaption
genannt, dauert zwischen 20 und 25 Minuten. Erst dann können wir beispielsweise Umrisse in der Dunkelheit erkennen – die Stäbchenzellen können etwa 500 unterschiedliche Schattierungen wahrnehmen.
Dass die unterschiedlichen Zelltypen auf verschiedene Intensitäten von Licht reagieren können, verdanken sie dem sogenannten Rhodopsin. Das lichtempfindliche Photopigment setzt sich aus einem großen Molekül namens
Opsin
und einem kleineren Molekül, dem
11-cis-Retinal
, zusammen. Während das 11-cis-Retinal in den Zapfen- und Stäbchenzellen die gleiche Struktur hat, liegt das Opsin in den beiden Zelltypen in unterschiedlicher Zusammensetzung vor. Das ist der Grund, warum Stäbchenzellen nur Hell-Dunkel-Reize und Zapfenzellen nur Farbreize wahrnehmen können.
Trifft nun Licht auf das Pigment, verändert 11-cis-Retinal seine Struktur und aktiviert eine Reihe von Prozessen innerhalb der Zelle. Am Ende dieser Signalkaskade steht das Signal an benachbarte Nervenzellen, den Lichtreiz ans
Gehirn
zu übermitteln. Dieses analysiert und verarbeitet die Impulse.
Ein
sehr schlechtes oder fehlendes Sehvermögen im Dunkeln
ist das typische Merkmal aller Formen von Nachtblindheit. In Abhängigkeit von der Ursache (siehe unten: Ursachen & Risikofaktoren) können sich weitere Anzeichen hinzugesellen.
Beispielsweise ist bei
kongenitaler stationärer Nachtblindheit
die Sehschärfe der Betroffenen normal bis leicht verringert, und das Gesichtsfeld nicht eingeschränkt. In 60 bis 70 Prozent der Fälle tritt zudem unwillkürliches Augenzittern (Nystagmus) auf.
Bei
Leber-Amaurose
zeigen sich neben der Nachtblindheit auch ein drastisch reduziertes Sehvermögen, unwillkürliches Augenzittern (Nystagmus) und teils eine erhöhte Blendempfindlichkeit.
Etwa ein Drittel der Patienten mit
Fundus albipunctatus
entwickelt im Laufe des Lebens zusätzlich zur Nachtblindheit eine zunehmende
Farbenblindheit
.
Bei der erblich bedingten
Retinitis pigmentosa
ist eine zunehmende Nachtblindheit das erste Symptom. Im weiteren Verlauf kommt es auch zu Gesichtsfeldverlust bis hin zu Erblindung.
Bei einer Nachtblindheit infolge von Erkrankungen, die den ganzen Körper betreffen (Systemerkrankungen wie Diabetes), kommen entsprechend spezifische Krankheitssymptome hinzu.
In fast allen Fällen ist Nachtblindheit erworben und das Symptom einer Erkrankung. Manchmal ist auch ein Vitamin-A-Mangel der Grund, wenn jemand nachtblind wird. Seltener tritt die Nachtblindheit als eigenständige und dann stets erblich bedingte Erkrankung auf.
Verschiedene erblich bedingte Netzhauterkrankungen können hinter Nachtblindheit stecken, darunter:
Verschiedene
Augenerkrankungen
können das Symptom Nachtblindheit auslösen. Dazu zählen unter anderem:
Auch Erkrankungen, die den gesamten Körper betreffen (
Systemerkrankungen
), können mit Nachtblindheit einhergehen, so etwa:
Manchmal entpuppt sich die Nachtblindheit als Folge eines
Vitamin-A-Mangels
. Denn der Körper braucht
Vitamin A
unter anderem, um das Photopigment
Rhodopsin
aufzubauen.
In den Industrieländern ist diese Form der Nachtblindheit dank ausgewogener Ernährung äußerst selten. Außerdem legt die
Leber
einen großen Vitamin-A-Speicher an, der sich bei ausgeglichener Ernährung nicht schnell leert. Ausnahmen können eine Schwangerschaft, Leberleiden (z. B. Leberzirrhose) oder
Mangelernährung
durch beispielsweise Essstörungen,
Bauchspeicheldrüsenentzündung
oder Darmerkrankungen wie
Morbus Crohn
oder Zöliakie sein.
Um eine mögliche Nachtblindheit abzuklären, wird sich der Augenarzt zuerst ausführlich mit Ihnen unterhalten, um Ihre
Krankengeschichte
zu erheben (
Anamnese
). Mögliche Fragen dabei sind:
Um eine Nachtblindheit eindeutig zu dokumentieren, untersucht der Augenarzt anschließend die Augen mittels
Adapotmetrie
: Anhand eines Geräts bestimmt der Mediziner die Zeit, die das Auge zur Dunkeladaption benötigt - also dafür, das Sehen an die Dunkelheit anzupassen. Die Untersuchung misst außerdem, welche geringste Lichtintensität das Auge noch wahrnehmen kann.
Die Funktionsfähigkeit der Stäbchen- und Zapfenzellen wird mithilfe der
Elektroretinografie
(ERG) überprüft. Dabei wird die elektrische Antwort der Sinneszellen der Netzhaut auf Lichtblitze registriert.
Mittels der
Nyktometrie
kann der Arzt das Dämmerungssehen und die Blendempfindlichkeit prüfen.
Zu den
weiteren Untersuchungen
beim Augenarzt zählen die Messung der Sehschärfe, die Überprüfung des Farbensehens und die Mesung des Gesichtsfeldes. Besteht der Verdacht, dass die Nachtblindheit das Symptom von Vitamin-A-Mangel oder einer Erkrankung ist, können weitergehende Untersuchungen Gewisstheit bringen. Der Augenarzt arbeitet dabei je nach Bedarf mit anderen Fachärzten zusammen, etwa mit einem Internisten.
Ob und wie sich Nachtblindheit behandeln lässt, hängt von ihrer Ursache ab.
So sind die
angeborenen Formen der Nachtblindheit
derzeit nicht therapierbar. Allerdings erhoffen sich Wissenschaftler, dass sich mittels Gentherapie oder
Stammzelltransplantation
irgendwann die erblich bedingten Störungen beheben lassen.
Auch bezüglich der
Retinitis pigmentosa
gibt es Forschungsstudien etwa zur Behandlung mittels Gentherapie, Netzhautimplantaten oder Wachstumsfaktoren.
Bei Nachtblindheit infolge von
Vitamin-A-Mangel
kann die Einnahme von Vitamin-A-Präparaten die Symptome bessern. Darüber hinaus wird nach Möglichkeit die Ursache des Vitaminmangels behandelt, zum Beispiel die Lebererkrankung oder Mangelernährung.
Andere Erkrankungen, die als Symptom Nachtblindheit auslösen, erfordern ebenfalls eine fachgerechte Behandlung.
Die angeborenen Formen der Nachtblindheit machen sich bereits im Säuglingsalter bemerkbar und bessern oder verschlechtern sich nicht im Lauf des Lebens. Eine Ausnahme stellt die kongenitale stationäre Nachtblindheit dar, bei der manche Betroffene mit der Zeit eine Besserung feststellen.
Die Nachtblindheit als Symptom der Retinitis pigmentosa zeigt sich erstmalig in der frühen Kindheit, im Jugendalter oder in den mittleren Lebensjahren. Im Laufe des Lebens führt die fortschreitende Erkrankung zum Verlust der Sehschärfe bis hin zur Erblindung.
Eine erworbene
Nachtblindheit
kann sich im Laufe der Zeit verschlechtern, wenn die zugrundliegende Erkrankung nicht behandelt wird. Bei richtiger Therapie kann sie sich unter Umständen aber auch bessern.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
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Nachtblindheit
Nachtblindheit: Beschreibung
Farbensehen und Dämmerungssehen
Hauptakteur: Das Photopigment Rhodopsin
Nachtblindheit: Symptome
Nachtblindheit: Ursachen und Risikofaktoren
Angeborene Nachtblindheit
Nachtblindheit als Symptom von Erkrankungen
Nachtblindheit durch Vitamin-A-Mangel
Nachtblindheit: Untersuchungen und Diagnose
Nachtblindheit: Behandlung
Nachtblindheit: Krankheitsverlauf und Prognose
Autoren- & Quelleninformationen