Illness name: prolaktinom
Description:
Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.
Das
Prolaktinom
ist ein meist gutartiger Tumor der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), welcher in hohem Maße das Hormon Prolaktin produziert. Typische Symptome sind das Ausbleiben der Regel bei Frauen und Impotenz bei Männern. Das Prolaktinom wird meist erfolgreich medikamentös oder in seltenen Fällen chirurgisch behandelt. Lesen Sie hier mehr über das Prolaktinom.
Das Prolaktinom ist der häufigste Tumor der
Hypophyse
(Hirnanhangdrüse). Er bewirkt, dass die Hypophyse vermehrt das Hormon Prolaktin ausschüttet. Ein Prolaktinom ist sowohl beim Mann als auch bei der Frau möglich. Am häufigsten entwickelt sich ein Prolaktinom bei Frauen, die jünger als 50 Jahre sind.
Je nach Größe des Tumors spricht man von einem Mikroprolaktinom (Durchmesser kleiner als zehn Millimeter) oder Makroprolaktinom (Durchmesser größer als zehn Millimeter). Die meisten Prolaktinome fallen in die erste Kategorie, sind also kleiner als zehn Millimeter. Außerdem sind sie meist gutartig; bösartige Prolaktinome sind sehr selten. Prolaktinome gehören zu den Hypophysenadenomen, da sie sich im Hypophysenvorderlappen – der Adenohypophyse – befinden.
Prolaktin spielt bei Frauen eine wichtige Rolle bei der Fortpflanzung. Während der Schwangerschaft und beim
Stillen
sind die Prolaktinwerte im
Blut
erhöht. Bei Schwangeren ist das Hormon dafür verantwortlich, dass die Brustdrüsen sich entwickeln und wachsen. Es regt außerdem die Zellen der Brustdrüsen an, Milch zu produzieren. Saugt das Baby an der
Brustwarze
, stimuliert dies die kleinen Muskelzellen der Brustdrüse – Milch tritt aus.
Während des Stillens unterdrückt der hohe Prolaktinspiegel oft den Eisprung und verhindert damit eine erneute Schwangerschaft. Entscheidend dabei ist jedoch unter anderem, wie oft und wie lange das Kind gestillt wird. Eine verlässliche Verhütungsmethode ist Stillen nicht.
Ein Prolaktinom verursacht auf zwei mögliche Arten Symptome:
Ein Prolaktin-produzierendes Prolaktinom führt bei Männern sowie bei Frauen vor der Menopause zu Störungen der Sexualfunktion. Frauen nach der Menopause haben bei einem Prolaktinom in der Regel keinerlei Symptome, da die Eierstöcke dann bereits ihre Funktion eingestellt haben.
Für den Fall, dass der Tumor benachbartes Gewebe verdrängt, ist es möglich, dass die Produktion anderer Hypophysenhormone im benachbarten Gewebe der Hirnanhangdrüse gestört wird. Dann sind durch das Prolaktinom verschiedene andere vom jeweiligen Hormon abhängige Symptome möglich wie etwa Wachstums- oder Stoffwechselstörungen oder sogar Wesensveränderungen.
Wenn der Tumor darüber hinaus in manchen Fällen selber kein Prolaktin produziert, sind die Symptome nicht spezifisch für eine Prolaktin-Überproduktion, sondern nur für fehlende andere Hormone.
Ein hoher Prolaktinspiegel bei Frauen im gebärfähigen Alter hemmt den Eisprung, was zu einer unregelmäßigen oder gar Ausbleiben der Regelblutung (
Amenorrhoe
) führt. Etwa zehn bis 20 Prozent der Frauen mit ausbleibender Regel haben zu hohe Prolaktinspiegel. Aufgrund der Zyklusstörungen haben Frauen mit einem Prolaktinom Schwierigkeiten, schwanger zu werden. Weitere Symptome sind eine trockene Scheide und Hitzewallungen.
Das Prolaktinom stimuliert zudem die Milchbildung und -sekretion. Bei etwa 24 Prozent der Frauen mit hohem Prolaktinspiegel treten kleine Mengen von Milch aus der
Brust
(
Galaktorrhoe
) aus, obwohl die Frau nicht schwanger ist oder stillt.
Ein weiteres Symptom ist
Osteoporose
. Vor allem bei langjährigem Prolaktinom weisen die Betroffenen eine geringere Knochendichte auf.
Bei Frauen nach der Menopause zeigt ein hormonproduzierendes Prolaktinom meist keinerlei Symptome. Das liegt daran, dass Prolaktin dann keinen Einfluss mehr auf den Zyklus hat. Betroffene Frauen bemerken ein Prolaktinom nur, wenn dieses so groß geworden ist, dass es benachbartes Gewebe beeinträchtigt und damit Kopfschmerzen, Sehstörungen oder Störungen anderer Hormone verursacht.
In einigen Fällen wird es rein zufällig entdeckt, falls aus einem anderen Grund der Kopf mit einem bildgebenden Verfahren (Magnetresonanztomografie, MRT) untersucht wird.
Auch beim Mann verursacht ein hormonproduzierendes Prolaktinom einen zu hohen Prolaktinspiegel und hemmt die Keimdrüsen, hier also den
Hoden
. Diese produzieren folglich weniger Spermien und
Testosteron
, das wichtigste Sexualhormon von Männern. Typische Symptome sind in der Folge Libidoverlust, Impotenz,
Unfruchtbarkeit
und Antriebslosigkeit.
Potenzstörungen und Libidoverlust sind die ersten Frühsymptome bei einem Prolaktinom. In einigen Fällen kommt es zu einer Vergrößerung der Brust (Gynäkomastie) und spontanem Milchfluss (Galaktorrhoe). Dies tritt jedoch häufiger bei Frauen und nur sehr selten bei Männern auf, weil die Brustdrüsen des Mannes weniger empfindlich auf Prolaktin reagieren.
Besteht das Prolaktinom schon längere Zeit, nimmt in vielen Fällen die Muskelmasse ab. Zudem wird oft beobachtet, dass sich Schambehaarung und Bartwuchs zurückbilden. Wie bei Frauen nimmt auch bei Männern vor allem als Langzeitfolge eines Prolaktinoms die Knochenmasse ab. Ein langbestehendes Prolaktinom führt so oft zu Osteoporose.
Wird das Prolaktinom größer als einen Zentimeter und damit zum Makroadenom, drückt es unter Umständen auf benachbarte Strukturen des Gehirns. Häufig gerät der
Sehnerv
unter Druck, was Sehstörungen zur Folge hat. Meist haben Betroffene beidseitige seitliche Gesichtsfeldausfälle (Scheuklappen-Hemianopsie). In einigen Fällen ist nur ein Auge betroffen.
Durch den Druck, den das Prolaktinom auf die Hypophyse ausübt, ist es möglich, dass die Produktion anderer Hormone der Hirnanhangdrüse beeinträchtigt ist. Das wirkt sich dann auf weitere
Hormondrüsen
wie die
Schilddrüse
oder die
Nebennierenrinde
aus, die unter anderem von der Hypophyse gesteuert werden. Vielfältige Symptome sind dann möglich, von Stoffwechselstörungen bis zu psychischen Problemen und Wesensveränderungen.
Durch den Druck des Tumors auf Gehirnstrukturen sind zudem Kopfschmerzen ein mögliches Symptom.
Nicht jedes Prolaktinom ist behandlungsbedürftig. Ist es sehr groß oder verursacht Symptome, ist eine Behandlung ratsam. Bei kleinen Prolaktinomen, die keine Symptome zeigen, wird oft auf eine Behandlung verzichtet. Arzt und Patient wägen zusammen Nutzen und Risiken der Behandlungsmöglichkeiten ab.
Ist eine Behandlung nötig, spricht das Prolaktinom meist sehr gut auf die Gabe von sogenannten Dopaminagonisten an. Das sind Arzneistoffe, die im Körper eine ähnliche Wirkung wie der körpereigene Botenstoff
Dopamin
auslösen. Dopaminagonisten senken so in den meisten Fällen den Prolaktinspiegel und lassen das Prolaktinom schrumpfen oder sogar ganz verschwinden.
In der Regel dauert es etwa zwei bis drei Wochen, bis der Prolaktinspiegel gesunken ist. Das Prolaktinom verkleinert sich jedoch normalerweise erst nach einigen Wochen bis Monaten. Beeinträchtigt der Tumor das Gesichtsfeld, tritt eine Verbesserung der Sehstörung meist schon einige Tage nach Behandlungsbeginn ein.
Dopaminagonisten werden in der Regel für einige Jahre eingenommen. Die Prolaktinspiegel werden in dieser Zeit laufend kontrolliert.
Bei einem Prolaktinom ist die Gabe etwa folgender Dopaminagonisten möglich:
Bromocriptin
wird seit etwa 30 Jahren zur Prolaktinom-Behandlung eingesetzt. Es wird zweimal am Tag eingenommen und wirkt sehr effektiv, indem es den Prolaktinspiegel schnell senkt. Jedoch verursacht Bromocriptin viele Nebenwirkungen: Die Betroffenen klagen oft über
Schwindel
, Übelkeit und eine verstopfte
Nase
. Viele der Nebenwirkungen lassen sich jedoch verhindern, indem man das Medikament vor dem Essen oder vor dem Schlafengehen nimmt.
Cabergolin wird nur ein- oder zweimal pro Woche eingenommen und verursacht weniger Nebenwirkungen. Es senkt die Prolaktinspiegel in der Regel um etwa 90 Prozent und ist deshalb die Therapie der Wahl. Bei Frauen, die schwanger werden wollen, wird es jedoch nicht empfohlen.
Während der Schwangerschaft vergrößert sich die Hypophyse auf das Doppelte, um mehr Prolaktin zu produzieren – das Hormon ist wichtig für die Milchbildung. Vor allem bei Frauen mit einem Makroprolaktinom ist dies unter Umständen gefährlich. Wer ein Prolaktinom hat und ein Kind bekommen möchte, bespricht sich daher vor Eintreten einer Schwangerschaft mit einem Endokrinologen (einem Facharzt für Hormone und Stoffwechsel) über eine Behandlung sprechen. Dabei sind unter anderem folgende Fragen zu klären:
Falls Sehprobleme oder Kopfschmerzen während der Schwangerschaft auftreten, ist dies eventuell ein Anzeichen dafür, dass das Prolaktinom wieder gewachsen ist. Um dies frühzeitig zu erkennen, wird jeden Monat ein
Sehtest
durchgeführt. Nach der Behandlung eines Prolaktinoms ist es für die meisten Frauen möglich, normal schwanger zu werden.
Spricht der Patient nicht auf Dopaminagonisten an, wird das Prolaktinom eventuell operativ entfernt. Bei Frauen mit sehr großem Makroprolaktinom ist eine Operation die Therapie der Wahl. Das Risiko, dass das Prolaktinom während einer möglichen Schwangerschaft weiter wächst, ist in diesem Fall zu groß.
Bei der Operation entfernt der Arzt das Prolaktinom über die Nase. Der Chirurg verwendet dabei ein Endoskop, also ein langes, dünnes Instrument, welches mit einer Lichtquelle und einer Kamera ausgestattet ist.
Die erhöhten Prolaktinwerte sinken meist direkt nach der Operation ab, bei Mikroadenomen manchmal sogar auf den Normalwert.
Eine Strahlentherapie wird nur selten angewendet, und zwar, wenn medikamentöse und operative Therapiemaßnahmen nicht ausreichend Erfolg gezeigt haben. Die Bestrahlung bewirkt oft, das sich das Prolaktinom verkleinert und der Blutprolaktinspiegel sinkt.
Die Therapie zeigt jedoch oft erst nach Jahren ihre volle Wirkung und hat zudem viele Nebenwirkungen wie Übelkeit,
Müdigkeit
, Verlust des Geschmacksinns und Geruchsinns sowie Haarausfall. Außerdem entwickelt die Hälfte der Patienten, die eine Strahlentherapie erhalten haben, innerhalb von zehn Jahren eine Funktionsstörung der Hypophyse mit erniedrigten Blutwerten der Hypophysenhormone.
Das Prolaktinom besteht aus veränderten Zellen der Hypophyse (Hirnanhangdrüse), einer Hormondrüse direkt unterhalb des Großhirns. Genauer gesagt entwickelt sich das Prolaktinom aus Zellen im Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse). Die Hypophyse besitzt verschiedene Zellen, die unterschiedliche Hormone produzieren. Die sogenannten laktotrophen Zellen produzieren das Hormon Prolaktin.
Ein Prolaktinom entsteht, wenn eine laktotrophe Zelle mutiert und sich unkontrolliert zu teilen beginnt. So entsteht schließlich eine große Masse an veränderten Zellen, welche alle Prolaktin bilden – der Prolaktinspiegel steigt. Etwa zehn Prozent produzieren zusätzlich zum Prolaktin auch
Wachstumshormon
.
Meist entsteht ein Prolaktinom ohne erkennbare Ursache. In seltenen Fällen entwickelt es sich im Rahmen einer Erbkrankheit, der Multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1 (MEN 1).
Um ein Prolaktinom nachzuweisen, gibt es verschiedene Tests. Der zuständige Fachmann bei Verdacht auf ein Prolaktinom ist ein Endokrinologe, ein Facharzt für den Hormonhaushalt und den Stoffwechsel. Der Arzt erfasst zunächst die Krankengeschichte (
Anamnese
). Dabei stellt er beispielsweise folgende Fragen:
Anschließend führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch. Dabei untersucht er Sie auf Sehstörungen wie Gesichtsfeldausfälle, Zeichen einer
Schilddrüsenunterfunktion
sowie Östrogen- beziehungsweise
Testosteronmangel
.
Als nächsten Schritt veranlasst der Arzt eine
Blutabnahme
, um den Prolaktinspiegel zu messen. Der Bluttest sollte frühestens ein bis zwei Stunden nach dem Aufwachen erfolgen, da der Prolaktinspiegel während des Schlafs höher ist als im Wachzustand.
Bei einem Prolaktinom reicht das Messergebnis von gering erhöhtem Prolaktin bis hin zu tausendfach erhöhtem Prolaktin. Allgemein verursachen größere Prolaktinome höhere Prolaktinwerte. Bei Prolaktinwerten über 250 Mikrogramm pro Liter (µg/l) liegt mit großer Wahrscheinlichkeit ein Prolaktinom vor. Dann sollte der Befund mit einer Magnetresonanztomografie (MRT, auch
Kernspintomografie
genannt) des Kopfes gesichert werden. Sehr kleine Prolaktinome (Mikroadenome) sind jedoch nicht immer im MRT sichtbar.
Ein erhöhter Prolaktinspiegel (Hyperprolaktinämie) ist nicht immer zwingend durch ein Prolaktinom bedingt. Neben Stress und anderen Erkrankungen verursachen oft bestimmte Medikamente hohe Prolaktinwerte, beispielsweise sogenannte Dopaminantagonisten wie Metoclopramid (bei Übelkeit und Erbrechen) oder manche Wirkstoffe zur Behandlung psychischer Erkrankungen (wie Antidepressiva, Neuroleptika).
Handelt es sich um ein Mikroprolaktinom, lässt sich durch die medikamentöse Therapie mit Dopaminagonisten nahezu immer ein normaler Prolaktinspiegel erreichen. Falls eine Operation notwendig ist, führt auch diese bei einem kleinen Prolaktinom langfristig meist zu normalen Prolaktinspiegeln. Dennoch ist es möglich, dass es später zu einem Rückfall kommt. Das gilt auch bei einem großen Prolaktinom (Makroprolaktinom).
Da Prolaktinome nur in sehr seltenen Fällen bösartig sind und in vielen Fällen keine Behandlung notwendig ist, sind Prolaktinome in der Regel nicht tödlich. Auswirkungen auf die Lebenserwartung gibt es unter Umständen bei Makroprolaktinomen, die die Hormonproduktion anderer Hypophysenhormone beeinträchtigen. Auch diese sind aber mit einer guten Prognose behandelbar.
Nach erfolgreicher Therapie mit Medikamenten oder Operation eines Prolaktinoms helfen regelmäßige Kontrolluntersuchungen, ein mögliches Wiederauftreten des Tumors rechtzeitig zu entdecken. Auch kleine, an sich nicht behandlungsbedürftige Prolaktinome lassen sich so überwachen, um ein plötzliches Wachstum frühzeitig zu bemerken.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.
Prolaktinom
Kurzübersicht
Was ist ein Prolaktinom?
Das Hormon Prolaktin
Welche Symptome treten auf?
Prolaktinom: Symptome bei Frauen vor der Menopause
Prolaktinom: Symptome bei Frauen nach der Menopause
Prolaktinom: Symptome bei Männern
Makroprolaktinom verursacht weitere Symptome
Wie kann ein Prolaktinom therapiert werden?
Medikamentöse Behandlung
Bromocriptin
Cabergolin
Medikamentöse Behandlung in der Schwangerschaft
Chirurgische Behandlung
Strahlentherapie
Ursachen und Risikofaktoren
Untersuchungen und Diagnose
Andere Ursachen für hohe Prolaktinwerte
Krankheitsverlauf und Prognose
Vorbeugen
Autoren- & Quelleninformationen