Illness name: kohlenmonoxidvergiftung
Description:
Maximilian Reindl studierte Chemie und Biochemie an der LMU in München und ist seit Dezember 2020 Mitglied der NetDoktor-Redaktion. Er arbeitet sich für Sie in medizinisch-naturwissenschaftliche und gesundheitspolitische Themen ein, um diese gut verständlich und nachvollziehbar aufzubereiten.
Andreas Fromm ist Fachautor für Notfallmedizin und lehrt seit 2018 als Dozent an der Berufsfachschule für Notfallsanitäter und -sanitäterinnen der Feuerwehr Hamburg.
Kohlenmonoxid ist ein geruchloses Gas, das in größeren Mengen giftig ist. Gelangt das Gas über die Lungen in den Blutstrom, bindet es an das Hämoglobin der roten Blutkörperchen und verdrängt den lebensnotwendigen Sauerstoff. Erfahren Sie hier alles zu Kohlenmonoxidvergiftungen, wie Sie sich davor schützen und welche Erste-Hilfe- und Behandlungsmaßnahmen im Notfall angezeigt sind.
Was ist eine Kohlenmonoxidvergiftung?
Das geruchslose Gas Kohlenmonoxid (CO) bindet besser an das Hämoglobin der roten Blutkörperchen als Sauerstoff und verdrängt diesen. So kann ein lebensbedrohlicher Sauerstoffmangel im Körper entstehen (
Hypoxie
).
Symptome:
Vergiftungserscheinungen sind u. a. Kopfschmerzen, Benommenheit, Abgeschlagenheit, rosig verfärbte
Haut
, allgemeines Krankheitsgefühl, Magenkrämpfe, Kurzatmigkeit, Bewusstlosigkeit.
Ursachen:
Kohlenmonoxid bindet an den Sauerstofftransporter des Körpers (Hämoglobin). Das
Blut
kann so weniger Sauerstoff transportieren.
Diagnose:
CO-Oxymetrie, ggf. Blutgasanalyse und Carboxyhämoglobin-Messung. Bei neurologischen Auffälligkeiten MRT, CT sowie EEG.
Erste Hilfe und Behandlung:
CO-Zufuhr sofort unterbrechen, ggf. lüften und in einen sicheren Bereich begeben. Gabe von hundertprozentigem Sauerstoff mittels Atemmaske. Ggf. Sauerstoffgabe mit Überdruck (hyperbare
Sauerstofftherapie
, HBOT)
Vorbeugen:
Allgemeine Sicherheitshinweise beachten. Offene Feuerquellen in geschlossenen Räumen vermeiden. Technische Gas- oder Benzin-betriebene Geräte korrekt installieren, regelmäßig warten. Ggf. Installation von CO-Detektoren.
Bei einer Kohlenmonoxidvergiftung atmet der Betroffene größere Mengen des Gases Kohlenmonoxid ein. Das Gas bindet besser an das Transportmolekül Hämoglobin (Hb) der roten Blutkörperchen als Sauerstoff. Dadurch hemmt es den Sauerstofftransport im gesamten Körper: Die Folge ist eine Sauerstoff-Mangelversorgung (Hypoxie).
Bei einer schweren CO-Vergiftung drohen Bewusstlosigkeit, bleibende Organschäden oder „inneres
Ersticken
“ und somit der Tod.
Die Sauerstoffmangelversorgung schädigt vorwiegend
Gehirn
und
Herz
, also jene Organe mit dem höchsten Sauerstoffbedarf. In einigen Fällen beobachten Ärzte auch verzögerte neurologische Spätfolgen, die sich erst einige Wochen nach der Kohlenmonoxidvergiftung ausbilden.
Kohlenmonoxid (CO) ist ein geruchs- und geschmackloses Gas. Es reizt die Schleimhäute des Mund-Nasen-Rachenraums oder der Augen nicht. Wegen dieser Eigenschaften kann man es nur sehr schwer ohne technische Hilfsmittel erkennen.
CO bildet sich als Nebenprodukt unvollständiger Verbrennungsprozesse organischer Materialien jeder Art: So entstehen CO-haltige Rauchgase bei einem Brandunfall ebenso wie beim kontrollierten Verbrennen kohlenstoffhaltiger (fossiler) Energieträger – etwa in Verbrennungsmotoren sowie in Gasöfen und -thermen, aber auch Kraftwerken – um nur einige Beispiele zu nennen.
Typische Symptome einer Kohlenmonoxidvergiftung sind:
Je mehr Kohlenmonoxid in den Körper gelangt, desto schwerwiegender sind die Vergiftungserscheinungen und umso stärker die Symptome.
Bei knapp einem Drittel der Patienten, die einer großen Menge Kohlenmonoxid ausgesetzt waren, treten zudem später neurologische Symptome auf. Sie können sich auch erst Wochen nach einer akuten Vergiftung einstellen. Dazu gehören
Da Kohlenmonoxidvergiftungen (meist) die Folge von Brandunfällen (bspw.: Haus- oder Wohnungsbrand) sind, weisen Betroffene zudem oft Brandverletzungen der Haut sowie geschädigte Atemwege aufgrund großer Hitzeeinwirkung auf (Inhalationstrauma).
Warum ist Kohlenmonoxid so giftig? Der Grund hierfür liegt im Mechanismus des Sauerstofftransports im Körper. Das Atemgift Kohlenmonoxid gelangt über die Lungenbläschen (Alveolen) schnell in den Blutstrom, indem es an das Sauerstofftransporter-Molekül des Blutes bindet – dem Hämoglobin (Hb).
Hämoglobin ist ein sogenanntes Metallo-Protein, dessen Struktur durch ein zentrales Eisenatom – umgeben von einem Porphyrin-Ring – gebildet wird. Hämoglobin besitzt dadurch ideale Eigenschaften, um Sauerstoff zu binden und kontrolliert im Körper zu verteilen. Zunächst wird Hämoglobin in der
Lunge
mit Sauerstoff beladen, über den
Blutkreislauf
in die entlegensten Körperregionen transportiert und dort gezielt freigesetzt.
Das Tückische: Kohlenmonoxid besitzt auf molekularer Ebene ähnliche Eigenschaften wie Sauerstoff. Kohlenmonoxid kann nicht nur ebenfalls an Hämoglobin binden, es bindet sogar um den Faktor 200 stärker an „unbesetztes“ Hämoglobin. Dabei bildet sich das sogenannte
Carboxy-Hämoglobin
(COHb). Dieses
kann keinen Sauerstoff mehr transportieren
.
Befindet sich Kohlenmonoxid in der Umgebungsluft treten Sauerstoff und Kohlenmonoxid in Konkurrenz um „freies Hämoglobin“. Kohlenmonoxid verdrängt dabei zunehmend den lebensnotwendigen Sauerstoff aus dem Blutkreislauf. Im Extremfall droht auf diese Weise ein „Ersticken von Innen“, da der Körper keinen Sauerstoff mehr über die Lunge aufnehmen und von dort im Körper verteilen kann.
Dabei gilt: Je höher die Konzentration von Kohlenmonoxid in der umgebenden Atemluft ist, desto höher ist die Kohlenmonoxid-Aufnahme. Und je mehr Hämoglobin blockiert ist, desto weniger Hämoglobin steht für den Sauerstofftransport zur Verfügung.
In der Regel ergibt sich der Verdacht auf eine akute Kohlenmonoxidvergiftung aus der Situation: Finden Rettungskräfte einen Patienten bei einem Brandunfall mit „rosiger Haut“ oder anderen typischen Symptomen wie Schwindel oder Benommenheit auf, liegt der Verdacht auf eine CO-Vergiftung nahe.
Um dies zu prüfen, messen (Not-)Ärzte die
Sauerstoffsättigung
des Bluts. Dazu verwenden Rettungsdienste standardmäßig ein erweitertes Pulsoxymeter – das sogenannte
CO-Oxymeter
(Multiwellenlängen-Pulsoxymeter).
Dieses wird meist auf einen Finger geklippt. Es kann sowohl die Sauerstoffsättigung als auch den Anteil von COHb messen. Zudem erfassen Ärzte damit die Herzschlagfrequenz (Puls). Allerdings unterliegt die Erfassung von COHb gewissen Messungenauigkeiten. CO-Oxymeter sind daher (nur) geeignet, eine erste Einschätzung über den allgemeinen Gesundheitszustand des Notfall-Patienten abzugeben.
Im Krankenhaus führen Ärzte eine sogenannte
Blutgasanalyse
(BGA) durch. Dafür nehmen Ärzte eine (arterielle) Blutprobe des Patienten. Die anschließende Laboruntersuchung liefert unter anderem Antworten auf folgende Fragen:
Die BGA gilt als „Goldstandard“ – also als sehr genaues und zuverlässiges Untersuchungsverfahren. Der Nachteil dieses Verfahrens ist jedoch, dass es (längere) Zeit in Anspruch nimmt, da die entnommene Blutprobe erst im Labor untersucht werden kann.
Zudem können bei neurologischen Auffälligkeiten bildgebende Verfahren hinzugezogen werden – etwa eine Magnetresonanztomografie (MRT), eine
Computertomografie
(CT) sowie eine Elektroenzephalografie (EEG), die die Aktivität des Gehirns vermisst.
Bei Verdacht auf Kohlenmonoxidvergiftung ist schnelles Handeln nötig! Zuallererst muss die CO-Zufuhr unterbrochen werden. Das bedeutet, man entfernt den Betroffenen von der CO-Quelle, beispielsweise dem Brandherd. Rufen Sie dann sofort den Rettungsdienst. Bis dieser eintrifft, sollten Sie Erste Hilfe leisten: Prüfen Sie, ob der Betroffene Vitalzeichen zeigt (Puls und
Atmung
). Wenn Sie Luftnot oder Atemprobleme bemerken, lagern Sie den Oberkörper des Betroffenen höher. Bei normaler Atmung und normalem Puls bringen Sie den Betroffenen in die stabile Seitenlage und beruhigen Sie ihn, bis der Rettungsdienst eintrifft.
Können Sie keine Atmung und keinen Puls feststellen, ist eine Herz- Lungen-Wiederbelebung mit Herzdruckmassage und Atemspende angezeigt.
Ist der Betroffene der CO Zufuhr nicht länger ausgesetzt, dauert es im Schnitt vier bis fünf Stunden, bis das Blut (von selbst) wieder frei von Kohlenmonoxid ist. Durch bestimmte Maßnahmen kann der (Not-)Arzt diesen Prozess deutlich beschleunigen.
In einer vielbeachteten Studie der Universität Pittsburgh gelang es Forschern, einen experimentellen Arzneimittelkandidaten gegen eine Kohlenmonoxidvergiftung zu entwickeln, der per
Infusion
verabreicht werden könnte. Dabei handelt es sich um ein künstliches Protein, das eine extrem hohe Affinität für Kohlenmonoxid besitzt. Das im Entwicklungsstadium „Ngb-H64Q-CCC“ genannte (Hämoglobin-imitierende) Protein ist in der Lage als „Kohlenmonoxid-Fänger“ zu wirken (Antidot). Es entzieht Carboxy-Hämoglobin das Kohlenmonoxid und „entgiftet“ auf diese Weise in kurzer Zeit das Blut. Dieser Ansatz könnte möglicherweise eine vielversprechende neue Behandlungsoption für Kohlenmonoxidvergiftungen darstellen.
Eine Kohlenmonoxidvergiftung kann sehr gefährlich sein und schnell lebensbedrohlich verlaufen. Bei einem Brandunfall müssen Sie schnellstens aus der Gefahrenzone. Eine Kohlenmonoxidvergiftung kann bereits nach wenigen Minuten lebensbedrohliche Gesundheitszustände auslösen.
Messen Rettungskräfte hohe COHb-Werte ab etwa 10 Prozent im Blut, erfolgt die Behandlung in der Regel im Krankenhaus. Dies gilt auch für Patienten mit leichteren Kohlenmonoxidvergiftungen, die an neurologischen Vorbelastungen oder Vorerkrankungen des Herzens leiden. Personen mit leichten CO-Vergiftungen hingegen, müssen nicht (immer) zwingend im Krankenhaus behandelt werden – sofern sie weitestgehend symptomfrei sind.
Wir sind im Alltag kontinuierlich kleinen Mengen Kohlenmonoxid ausgesetzt. Diese stammen meist aus dem Straßenverkehr, von Heizungen oder anderen (Verbrennungs-)Quellen in der Umgebung. Diese geringen Mengen haben jedoch meist keine akuten gesundheitlichen Konsequenzen.
Das Umweltbundesamt gibt einen 8-Stunden-Mittelwert von maximal 10 mg/m
3
als unbedenklich an. Zum Vergleich bewegt sich die „normale Kohlenmonoxid-Belastung“ im Jahresmittel in einem Bereich von 0,13 bis ungefähr 0,41 mg/m
3
– je nach Wohn- und Messort (Stand: 2020).
Eine moderate Belastung bis zu einem Wert von 120 mg/m
3
über mehrere Stunden kann jedoch bereits erste körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen hervorrufen. Von einer hohen CO-Belastung spricht man, wenn sich die Werte um 350 mg/m
3
bewegen. Bereits nach kurzer Zeit treten dann Schwindel, Übelkeit und Ermüdung auf.
Werte jenseits von 460 mg/m
3
gelten als gefährlich. Beachten Sie: Der Körper kann über die Lunge in kurzer Zeit große Mengen an CO aufnehmen. Daher können lebensbedrohliche Mengen an Kohlenmonoxid bei extremer Exposition – etwa bei einem Brandunfall – bereits nach wenigen Minuten überschritten werden. Unter solchen Bedingungen drohen Bewusstlosigkeit, bleibende Organschäden oder sogar Tod.
Leiden Sie an bestimmten Vorerkrankungen – etwa einer eingeschränkten Lungenfunktion – können Ihnen bereits niedrigere Werte gefährlich werden.
Welche Auswirkungen eine dauerhafte niederschwellige Kohlenmonoxid-Belastung für den Körper haben kann, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt.
Es mehren sich Hinweise, dass eine chronische (leichte) Kohlenmonoxidvergiftung zunächst die allgemeine Leistungsfähigkeit vermindert. Unter Umständen entwickeln sich weitere neurologische Folgen – so wird unter anderem eine erhöhte Gefahr für ein Parkinson-ähnliches Syndrom diskutiert.
Auch könnten sich weitere Spätfolgen einer chronischen Kohlenmonoxid-Belastung einstellen – etwa gestörte Sinneswahrnehmungen, Gleichgewichtsverlust,
Demenz
oder gestörte Funktionen der peripheren Nerven (Neuropathie). Systematische Untersuchungen hierzu an großen Patientenkollektiven stehen jedoch aus.
Vermeiden Sie generell offene Feuerquellen in geschlossenen Räumen, Wohnungen und Häusern. Kamine, Gasöfen, Gasherde, Gasheizungen und Gasthermen müssen korrekt installiert und jährlich gewartet werden, um eine ordnungsgemäße
Verbrennung
und eine sichere Ableitung von Abgasen zu gewährleisten.
Anders als der Einsatz von Rauchmeldern, sind CO-Melder (Kohlenmonoxid-Detektoren) für Innenräume nicht verpflichtend. Sie reduzieren aber das Risiko einer CO-Vergiftung.
Vermeiden Sie den Einsatz von (mobilen) Gaskochern in Innenräumen und lassen Sie niemals den Motor eines Autos oder andere benzinbetriebene Geräte (Rasenmäher, Schneeschleudern, Kettensägen, Generatoren) in der Garage (längere Zeit) laufen, da sich Abgase in geschlossenen Räumen schnell ansammeln.
Kohlenmonoxid ist geringfügig leichter als Luftsauerstoff – es verteilt sich daher sehr schnell und gleichmäßig im Raum. Kohlenmonoxid kann auch entfernt von der eigentlichen Gefahrenquelle auftreten, da das Gas durch einen Großteil gängiger Baustoffe sowie durch Mauern wandern kann.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Maximilian Reindl studierte Chemie und Biochemie an der LMU in München und ist seit Dezember 2020 Mitglied der NetDoktor-Redaktion. Er arbeitet sich für Sie in medizinisch-naturwissenschaftliche und gesundheitspolitische Themen ein, um diese gut verständlich und nachvollziehbar aufzubereiten.
Andreas Fromm ist Fachautor für Notfallmedizin und lehrt seit 2018 als Dozent an der Berufsfachschule für Notfallsanitäter und -sanitäterinnen der Feuerwehr Hamburg.
Kohlenmonoxidvergiftung
Kurzübersicht
Was ist eine Kohlenmonoxidvergiftung?
Was ist Kohlenmonoxid?
Symptome einer Kohlenmonoxidvergiftung
Ursachen einer Kohlenmonoxidvergiftung
Wie funktioniert der Sauerstofftransport durch Hämoglobin?
Diagnose einer Kohlenmonoxidvergiftung
Erste Hilfe und Behandlung einer Kohlenmonoxidvergiftung
Kohlenmonoxidvergiftung: Wann zum Arzt?
Welche Menge an Kohlenmonoxid ist akut schädlich?
Wie gefährlich ist eine chronische Kohlenmonoxid-Belastung?
Wie beugt man einer Kohlenmonoxidvergiftung vor?
Autoren- & Quelleninformationen