Illness name: tarsaltunnelsyndrom

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Tarsaltunnelsyndrom

Von Clemens Gödel , Arzt
Clemens Gödel

Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.

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Beim Tarsaltunnelsyndrom (tarsales Engpasssyndrom, Nervenkompressionssyndrom) ist der Schienbein-Nerv, der auch durch den Fuß läuft, gereizt oder geschädigt. Ursache ist eine Einengung des sogenannten Tarsaltunnels, der sich in der Nähe des Sprunggelenkes befindet. Das führt zu Druckschäden am Nerv. Die Folge sind Missempfindungen wie Kribbeln und Schmerzen im Vorfuß. Manchmal ist es notwendig, den Tarsaltunnel zu operieren, um den Nerv zu entlasten. Erfahren Sie hier alles zu Symptomen, Diagnose und Behandlung des Tarsaltunnelsyndroms.

ICD-Codes für diese Krankheit: ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen. G57

Kurzübersicht

  • Behandlung: Zunächst Ruhigstellung des Fußgelenkes; Einsatz von Schmerzmitteln und Entzündungs-Hemmern; Operation möglich; weitere Behandlungsmöglichkeiten (z. B. Schiene, Bandage, Tape, Übungen)
  • Symptome: Nächtliche Missempfindungen im Bereich der vorderen Fußsohle und der Zehen; Brennen im Fuß , Taubheitsgefühle und Kribbeln ; Muskelschwäche, Bewegungseinschränkungen
  • Ursachen und Risikofaktoren: Meist Verletzungen oder gutartige Knochenauswüchse; gelegentlich Tumore oder Entzündungen, Fehlbildungen des Fußes (z.B. Knick-Senkfuß ), fußbelastende Sportarten, Fehlstellungen des Sprunggelenkes durch Verletzungen oder Arthrose , Krampfadern oder Diabetes mellitus , falsches Schuhwerk
  • Untersuchung und Diagnose: Anhand von Tests auf Schmerzempfindlichkeit, Schwellung, Überwärmung, Elektroneurografie , Röntgenbild oder einer Magnetresonanztomografie
  • Krankheitsverlauf und Prognose: Behandlung so früh wie möglich, sonst dauerhafte Nervenschädigung möglich; Erfolg einer OP hängt von Begleiterscheinungen ab
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Was ist das Tarsaltunnelsyndrom?

Bei dem selten auftretenden Tarsaltunnelsyndrom handelt es sich um Schäden am Schienbein-Nerv (Nervus tibialis) im Bereich des Sprunggelenks. Dort passiert der Nerv den sogenannten Tarsaltunnel. Der Tunnel wird vom Innenknöchel des Fußes und einem straffen Band gebildet. Der Schienbein-Nerv steuert die Fußsohlen-Muskulatur und die Unterschenkel-Muskulatur, die für die Beugung des Beines verantwortlich ist.

Außerdem werden alle Wahrnehmungen im Bereich des Unterschenkels, der Ferse und der Fußsohle über den Nerv zum zentralen Nervensystem geleitet. Wenn nun der Nerv im Tarsaltunnel durch dauerhaften Druck gereizt wird, nennt man das Tarsaltunnelsyndrom. Fuß und Unterschenkel sind hauptsächlich betroffen.

Man unterscheidet zwischen dem vorderen und dem hinteren Tarsaltunnelsyndrom, bei denen mitunter unterschiedliche Symptome auftreten. Beim hinteren Tarsaltunnelsyndrom ist der Schienbein-Nerv (Nervus tibialis) betroffen, während beim vorderen der Wadenbein-Nerv (Nervus peroneus profundus) gereizt wird.

Es ist möglich, dass das Tarsaltunnelsyndrom beidseitig auftritt.

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Was hilft beim Tarsaltunnelsyndrom?

Das Wichtigste ist es zunächst, den mechanischen Druck auf den Nerv zu reduzieren. Der Arzt verordnet daher erstmal eine Ruhigstellung des Fußgelenks. Schuheinlagen bewirken mitunter, dass die Last von der Innenseite des Fußes auf die Außenseite geleitet wird. Der Arzt verschreibt Medikamente gegen die Schmerzen. Kortison hemmt mögliche Entzündungsprozesse und führt auf diese Weise zum schnelleren Abschwellen des umliegenden Gewebes. Auch so wird der Nerv entlastet.

Die Behandlung einer Grund-Erkrankung wie zum Beispiel einer entzündlichen Gelenk-Erkrankung (rheumatoiden Arthritis) oder einer Schilddrüsen-Unterfunktion (Hypothyreose) ist gegebenenfalls Bestandteil der Therapie.

Wenn nach etwa zwei Monaten keine Besserung der Beschwerden durch die Schmerz- und Entlastungstherapie eintritt, hilft meist nur eine Operation, um die Betroffenen von Schmerzen und Missempfindungen zu befreien. Hierbei entfernt der Arzt das den Tarsaltunnel umgebende, straffe Band. In einigen Fällen spaltet er einen Teil der Nerven-Umhüllung. Knochenauswüchse oder Tumoren entfernt man ebenfalls chirurgisch. Nach der Tarsaltunnelsyndrom-OP ist eine Entlastung des Fußes mittels Stützkrücken wichtig.

Wenn möglich, behandelt der Arzt das Tarsaltunnelsyndrom ohne operativen Eingriff (konservativ). Für die konservative Behandlung gibt es noch keine ausreichenden Daten, die eine Wirkung belegen. In aktueller Literatur finden sich jedoch Hinweise darauf, dass Übungen in Zusammenarbeit mit einem Physiotherapeuten mitunter sinnvoll sind. Auch eine sanfte Massage der Fußsohle (zum Beispiel mit einem Igelball) verschafft möglicherweise Linderung, da hierdurch die Durchblutung und der Stoffwechsel angeregt werden.

Achtung: Verstärken sich die Symptome bei den Übungen, halten Sie bitte Rücksprache mit Ihrem Arzt oder Physiotherapeuten!

Auch Schienen (Orthesen) oder Bandagen eignen sich in einigen Fällen für den Einsatz beim Tarsaltunnelsyndrom. In der Regel mindert man dadurch den Druck und die Beweglichkeit und entlastet damit den betroffenen Nerv. Es ist außerdem möglich, das Fußgelenk zu "tapen", um eine bessere Stabilität und eine Entlastung des Fußgelenks zu bewirken. Das Tape (auch Kinesiologie-Tape genannt) ist ein elastischer Pflasterstreifen und wird in der Regel von ausgebildetem Fachpersonal angebracht.

Mitunter hilft es, die schmerzenden Stellen zu kühlen. Des Weiteren sind für die Behandlung der Symptome des Tarsaltunnelsyndroms homöopathische Produkte, beispielsweise gegen Nervenschmerzen , erhältlich. Auch auf das richtige Schuhwerk ist zu achten.

Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen. Das Konzept der Homöopathie und ihre spezifische Wirksamkeit sind in der Wissenschaft umstritten und durch Studien nicht eindeutig belegt.

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Was sind die Symptome?

Das Tarsaltunnelsyndrom ist vor allem durch nächtliche Missempfindungen im Bereich der vorderen Fußsohle und der Zehen gekennzeichnet. Brennen im Fuß, Taubheitsgefühle und Kribbeln quälen die Betroffenen oft die ganze Nacht. Die Symptome strahlen manchmal auch in die Wade aus. Zudem ist bei einigen Patienten der Bereich um den Innenknöchel herum dauerhaft schmerzempfindlich. Langes Stehen und Gehen verstärken die Symptome, Hochlagern des Fußes und Ruhe hingegen lindern sie häufig.

Da der Nerv sich zunächst immer wieder regeneriert, treten die Symptome anfangs unregelmäßig auf. Im Verlauf der Erkrankung erleidet der Nerv aber meist bleibende Schäden – die Missempfindungen und Schmerzen halten in diesem Fall an. Später werden oft auch die vom Nerv versorgten Muskeln geschädigt. Die Betroffenen spüren eine Muskelschwäche und es ist ihnen nicht mehr möglich, den Fuß richtig zu bewegen.

Eine typische Bewegung, die in diesem Fall nur noch eingeschränkt möglich ist, ist die Steuerung des Gaspedals beim Autofahren.

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Ursachen und Risikofaktoren

In etwa 80 Prozent der Fälle findet der Arzt eine Ursache für das Tarsaltunnelsyndrom. Meist sind es Verletzungen oder gutartige Knochenauswüchse, die den Tarsaltunnel einengen. Gelegentlich führen aber auch kleine Tumoren oder Entzündungen zu einem Engpass in der Struktur.

Fehlbildungen des Fußes wie ein Knick-Senkfuß, fußbelastende Sportarten und Fehlstellungen des Sprunggelenkes durch Verletzungen oder Arthrose fördern die Entstehung eines Tarsaltunnelsyndroms. Krampfadern oder Diabetes mellitus gelten ebenfalls als Risikofaktoren. Zu enge oder hohe, starre Schuhe wie Berg- oder Skischuhe lösen manchmal ein Tarsaltunnelsyndrom aus oder verstärken das Syndrom.

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Untersuchungen und Diagnose

Bei Verdacht auf ein Tarsaltunnelsyndrom ist es empfehlenswert, frühzeitig einen Arzt aufzusuchen. So lassen sich bleibende Schäden am Nerv oft vermeiden. Der Arzt, ein Orthopäde, wird unter anderem folgende Fragen stellen:

  • Seit wann bestehen die Symptome?
  • Wann sind die Symptome besonders intensiv?
  • Treten die Schmerzen nur bei Belastung oder auch in Ruhe auf?
  • Lassen sich die Symptome in irgendeiner Weise auslösen oder verstärken?
  • Haben Sie sich in letzter Zeit am Fuß verletzt?
  • Leiden Sie an einer Krankheit, die den Fuß oder dessen Nerven betrifft?

Danach untersucht der Arzt den Fuß und führt verschiedene Tests durch. Manchmal ist es ihm möglich, den Schmerz durch Beklopfen des Bereichs unter dem Innenknöchel zu provozieren. Eine Schwäche in den vom Nerv versorgten Muskeln, aber auch Zeichen einer lokalen Entzündung wie Schwellungen und Überwärmung sind Hinweise auf ein Tarsaltunnelsyndrom.

Durch eine Elektroneurografie (ENG) überprüft der Arzt den Nerv und die von ihm versorgte Muskulatur. Bei dieser Untersuchung prüft man die Erregbarkeit des Nervs und die Geschwindigkeit, mit der er einen Impuls weiterleitet. Die Diagnose eines Tarsaltunnelsyndroms wird häufig auch durch ein Röntgenbild oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) gestützt.

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Krankheitsverlauf und Prognose

Ohne Behandlung verschlimmern sich in der Regel die Beschwerden eines Tarsaltunnelsyndroms. Im schlimmsten Fall wird der Nerv dauerhaft geschädigt. Experten empfehlen daher, das Syndrom so früh wie möglich zu behandeln. Wenn bereits bleibende Schäden am Schienbein-Nerv aufgetreten oder Muskelfunktionen ausgefallen sind, ist es meist nicht mehr möglich, dies durch eine Operation rückgängig zu machen.

Der Erfolg einer Operation hängt auch maßgeblich von anderen Faktoren ab. Dazu zählen die Begleit-Erkrankungen, zum Beispiel Verletzungen, die Länge des betroffenen Nervenabschnitts und die Regenerationsfähigkeit des Nervs. Der Rehabilitationsprozess nach einer Operation dauert teilweise bis zu sechs Monate. In manchen Fällen ist eine erneute Operation notwendig, um die Beschwerden der Patienten mit einem Tarsaltunnelsyndrom zu lindern.

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Autoren- & Quelleninformationen

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Clemens Gödel

Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.

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ICD-Codes:
G57
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
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  • Antoniadis, G. und Scheglmann, K.: Übersichtsarbeit – Hinteres Tarsalltunnelsyndrom – Diagnose- und Therapiemöglichkeiten, Dtsch Arztebl 2008; 105(45), unter: www.aerzteblatt.de (Abrufdatum: 11.05.2022)
  • Bruch, H.-P. und Trentz, O.: Berchtold – Chirurgie, Urban und Fischer München 2008, 6. Auflage
  • Gondring, W.H.: Tarsal tunnel syndrome: Assessment of treatment outcome with an anatomic pain intensity scale, Foot and Ankle Surgery 15 (2009) 133-138, unter: www.pubmed.ncbi.nlm.nih.gov (Abrufdatum: 11.05.2022)
  • Krämer, J. und Grifka, J.: Orthopädie Unfallchirurgie, Springer Verlag Heidelberg 2013, 9. Auflage
  • Niethard, F.U. und Pfeil, J.: Duale Reihe – Orthopädie, Thieme Verlag Stuttgart 2005, 5. korrigierte Auflage
  • Singh, S. K. et al.: The surgical treatment of tarsal tunnel syndrome, The foot 15 (2005) 212-216, unter: www.sciencedirect.com (Abrufdatum: 11.05.2022)