Illness name: down syndrom
Description:
Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).
Das
Down-Syndrom
, auch
Trisomie 21
genannt, ist eine Chromosomenstörung. Betroffene besitzen drei Exemplare des Chromosoms Nummer 21 – normalerweise hat jeder Mensch nur zwei. Das überzählige genetische Material beeinflusst die körperliche und geistige Entwicklung. Wie gravierend die Auswirkungen sind, ist von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich. Lesen Sie hier alles Wichtige über das Down-Syndrom!
Das Down-Syndrom ist keine Erkrankung im eigentlichen Sinne, sondern eine angeborene Veränderung der Chromosomenzahl. Chromosomen sind die Träger der Erbanlagen. Normalerweise besitzen Menschen in ihren Körperzellen 23 verschiedene Chromosomen. Von jedem der 23 Chromosom sind jeweils zwei Kopien vorhanden – eine, die von der Mutter vererbt wurde, und eine, die vom Vater vererbt wurde. Ein gesunder Mensch hat also insgesamt 46 Chromosomen pro Zelle, die 23 Chromosomenpaare bilden.
Bei Menschen mit Down-Syndrom ist das anders: Bei ihnen ist das Chromosom 21 nicht zweimal, sondern dreimal vorhanden. Mediziner bezeichnen das Down-Syndrom deshalb auch als Trisomie 21. Da ein Chromosom dreifach vorhanden ist, haben Menschen mit Down-Syndrom insgesamt 47 statt nur 46 Chromosomen. Das überschüssige Chromosom führt zu vielfältigen und individuell sehr unterschiedlich ausgeprägten Veränderungen in der körperlichen und geistigen Entwicklung der betroffenen Kinder.
Das Down-Syndrom ist die
häufigste Chromosomenanomalie
, die mit dem Leben vereinbar ist. In der Europäischen Union sind etwa 125 von 10.000 lebend geborenen Babys von der Trisomie 21 betroffen, die Häufigkeit variiert aber von Land zu Land erheblich. Das liegt nicht daran, dass die Chromosomenveränderung unterschiedlich häufig auftritt, sondern hat weitgehend nicht-medizinische Gründe.
Dazu zählen zum Beispiel die jeweilige politische Einstellung zur Pränataldiagnostik und zur
Abtreibung
sowie die Betreuungssituation behinderter Menschen in den verschiedenen Ländern.
Die Chromosomenanomalie beim Down-Syndrom wirkt sich auf vielfältige Weise auf die körperliche und geistige Entwicklung der betroffenen Kinder aus.
Typisch sind vor allem eine verringerte Intelligenz, eine verzögerte motorische Entwicklung sowie charakteristische Veränderungen im Erscheinungsbild, wie zum Beispiel das flache Gesicht mit den schräg stehenden Augen und der breiten Nasenwurzel. Die Intelligenzminderung ist beim Down-Syndrom meist leicht oder mittelstark ausgeprägt. Nur etwa acht Prozent der betroffenen Kinder sind geistig schwer behindert.
Beim Down-Syndrom unterscheiden sich die Art und Schwere der körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen von Kind zu Kind erheblich. Deshalb lässt sich auch nicht vorhersagen, wie die Trisomie 21 im Einzelfall verläuft. Insgesamt entwickeln sich die Kinder aber langsamer und benötigen für vieles mehr Zeit als gesunde Kinder.
Das heißt jedoch keineswegs, dass Kinder mit Down-Syndrom nicht lernfähig sind! Eine
individuelle Frühförderung
schon ab der Geburt ist deshalb für eine gute Entwicklung entscheidend.
Das gleiche gilt für die medizinische Versorgung, da Kinder mit Down-Syndrom häufig an verschiedenen organischen Fehlbildungen und Begleiterkrankungen leiden. Dazu zählen zum Beispiel behandlungsbedürftige Herzfehler, Fehlbildungen des Magen-Darm-Trakts oder eine Schallleitungsschwerhörigkeit, die die Sprachentwicklung der Kinder beeinträchtigt.
Je nach Schwere der Behinderung und individueller Förderung der Kinder ist im Erwachsenenalter in manchen Fällen ein selbstständiges Leben mit Down-Syndrom möglich. Es gibt aber auch Betroffene, die aufgrund schwerer geistiger Behinderung zeitlebens auf eine dauerhafte Betreuung angewiesen sind.
Die Prognose und die Lebenserwartung bei Down-Syndrom hängen vor allem von den organischen Fehlbildungen und dem Leukämierisiko ab. Allerdings lassen sich die meisten Herzfehler heute gut behandeln. Zudem sind Menschen mit Down-Syndrom anfälliger für Infekte.
Aufgrund dieser Faktoren ist die Sterberate vor allem im Kindesalter am höchsten. Etwa fünf Prozent der Kinder versterben im ersten Lebensjahr aufgrund schwerer Herzfehler oder wegen Fehlbildungen des Magen-Darm-Trakts.
Erwachsene Menschen mit Down-Syndrom altern vorzeitig, ebenso nimmt ihre geistige Leistungsfähigkeit früher ab. Dennoch hat sich die Lebenserwartung der Betroffenen dank verbesserter Förderung und Betreuung sowie der Behandlung von Begleiterkrankungen erheblich verbessert. So betrug die durchschnittliche Lebenserwartung mit Down-Syndrom in den 60er-Jahren etwa zehn Jahre, heute liegt sie bei mehr als 60 Jahren.
Das Down-Syndrom ist auf einen
Fehler bei der Produktion der Keimzellen
(Eizellen beziehungsweise Spermien) zurückzuführen: Ei- und Samenzellen entstehen durch Zellteilung aus Vorläuferzellen mit normalem doppeltem Chromosomensatz.
Dieser doppelte Chromosomensatz umfasst 22 paarige Autosomen plus zwei Geschlechtschromosomen (XX bei Frauen und XY bei Männern). Insgesamt sind das also 46 Chromosomen. Die Erbinformation wird während des Teilungsprozesses (Meiose) normalerweise gleichmäßig auf die entstehenden Keimzellen verteilt.
Diesen Vorgang bezeichnen Mediziner auch als Reduktionsteilung (
Meiose
), da der doppelte Chromosomensatz auf einen einfachen reduziert wird. Die daraus hervorgehenden Zellen haben also nur noch 23 Chromosomen (22 Autosomen und ein Geschlechtschromosom).
Durch die Reduktionsteilung entsteht bei einer späteren Befruchtung durch die Verschmelzung von Eizelle und Spermium wieder eine Zelle mit normalem doppeltem (disomen) Chromosomensatz. Aus dieser Zelle geht dann über unzählige Zellteilungen das Kind hervor.
Bei der Aufteilung der 46 Chromosomen auf die entstehenden Keimzellen passieren in einigen Fällen Fehler: Manchmal landen die beiden Kopien eines Chromosoms zum Beispiel versehentlich in ein und derselben neuen Keimzelle. Diese besitzt dann insgesamt 24 statt 23 Chromosomen.
Verschmilzt die betroffene Keimzelle später bei der Befruchtung mit einer anderen "normalen" (disomen) Keimzelle, ist das Ergebnis eine sogenannte trisome Zelle: Sie beinhaltet drei Exemplare des betreffenden Chromosoms – also insgesamt 47 Chromosomen.
Beim Down-Syndrom ist das Chromosom Nummer 21 in dreifacher (statt zweifacher) Ausführung vorhanden. Dabei unterscheiden Mediziner
verschiedene Formen von Down-Syndrom
: Freie Trisomie 21, Mosaik-Trisomie 21 und Translokationstrisomie 21.
Hierbei sind alle Körperzellen mit einem dritten Chromosom 21 ausgestattet. Es handelt sich dabei fast immer um eine spontane Neumutation. Das heißt, die freie Trisomie 21 entsteht in der Regel zufällig ohne ersichtlichen Grund. Etwa
95 Prozent
aller Menschen mit Down-Syndrom haben eine freie Trisomie. Diese ist damit die weitaus häufigste Variante der Chromosomenstörung.
Manchmal geht das überzählige dritte Chromosom 21 bei den Zellteilungen während der Embryonalentwicklung in einer Zelle wieder verloren ("trisomy rescue"), in anderen aber nicht. Das bedeutet, dass sich in der Folge parallel sowohl disome als auch trisome Zelllinien mit zwei oder drei Chromosomen 21 entwickeln. Der Körper des Kindes besteht dann aus einem Mosaik aus Zellen mit 46 oder 47 Chromosomen.
Das gleiche Resultat ergibt sich, wenn zwar die Befruchtung regulär abläuft (die befruchtete Eizelle also 46 Chromosomen hat), aber in der nachfolgenden Embryonalentwicklung ein Fehler passiert: Bei der normalen Teilung einer einzelnen Zelle wird die gesamte Erbinformation zunächst verdoppelt und dann gleichmäßig auf die beiden Tochterzellen verteilt. Manchmal gelangen aber versehentlich drei Chromosomen 21 in eine Tochterzelle und nur eine Kopie in die zweite Tochterzelle. Es entsteht dann ebenfalls ein Mosaik aus disomen und trisomen Zellen.
Die Mosaik-Trisomie kommt bei ungefähr
zwei Prozent
aller Menschen mit Down-Syndrom vor. Je nachdem, ob der Betroffene mehr disome oder mehr trisome Zellen besitzt, sind die Down-Syndrom-Merkmale unterschiedlich stark ausgeprägt.
Diese Form von Down-Syndrom hat ihren Ausgang meist bei einem Elternteil mit sogenannter balancierter Translokation 21. Das heißt: Der betroffene Elternteil besitzt zwar zwei Exemplare von Chromosom 21 in seinen Körperzellen, allerdings ist eines davon an ein anderes Chromosom angeheftet (Translokation). Für den Elternteil selbst hat das keinerlei Folgen.
Bei der Zeugung eines Kindes besteht allerdings die Möglichkeit, dass eine sogenannte unbalancierte Translokation 21 entsteht: Das Kind hat dann in allen Körperzellen drei Exemplare vom Chromosom 21, wobei eines davon an ein anderes Chromosom angeheftet ist. Die Translokationstrisomie 21 macht etwa
drei Prozent
aller Fälle von Down-Syndrom aus.
Partielle Trisomien sind insgesamt extrem selten. Das Besondere an dieser Trisomieform ist, dass nur ein einzelner Abschnitt des betroffenen Chromosoms dreifach vorhanden ist. Bei einer partiellen Trisomie 21 sind also ganz normal zwei Kopien des Chromosoms vorhanden, bei einem Chromosom hat sich aber ein Teil verdoppelt. Bei einer genetischen Untersuchung erscheint das betroffene Chromosom im Karyogramm deshalb etwas länger als sein Partnerchromosom.
Welche Beschwerden eine partielle Trisomie 21 hervorruft, lässt sich nicht allgemein vorhersagen, unter Umständen sind die Symptome aber milder ausgeprägt.
Prinzipiell besteht bei jeder Schwangerschaft die Möglichkeit, dass das Kind mit dem Down-Syndrom zur Welt kommt. Mit
zunehmendem Alter der Mutter
steigt aber die Wahrscheinlichkeit dafür an. Während das Risiko bei einer 20-jährigen Frau bei etwa 1:1.250 liegt, beträgt es im Alter von 35 Jahren bereits etwa 1:192 und steigt ab einem Alter von 40 Jahren auf etwa 1:61.
Wissenschaftler vermuten, dass die Eizellteilung mit steigendem Alter der Frau anfälliger für Störungen ist. So kommt es leichter zu Fehlern bei der Aufteilung der Chromosomen. Ob das Alter des Vaters dabei ebenfalls eine Rolle spielt, ist umstritten.
Forscher diskutieren noch weitere Faktoren, die möglicherweise zum Auftreten eines Down-Syndroms beitragen. Dazu zählen zum einen endogene (innere) Faktoren wie
bestimmte Genvarianten
. Zum anderen stehen auch exogene (äußere) Einflüsse im Verdacht, beispielsweise schädliche
Strahlung
,
Alkoholmissbrauch
,
übermäßiges Rauchen
,
Einnahme oraler Verhütungsmittel
oder eine
Virusinfektion
zum Zeitpunkt der Befruchtung. Die Bedeutung solcher Faktoren ist jedoch umstritten.
Obwohl das Down-Syndrom auf eine fehlerhafte Erbinformation zurückzuführen ist, handelt es sich nicht um eine klassische Erbkrankheit, bei der ein Gendefekt von der Mutter oder dem Vater an das Kind weitergegeben wird.
Stattdessen entsteht zumindest die freie Trisomie 21 zufällig aufgrund eines Fehlers bei der Bildung der Eizellen, in seltenen Fällen auch der Spermien. Die Wahrscheinlichkeit, dass Eltern mehr als ein Kind mit Down-Syndrom zu bekommen, ist deshalb sehr gering. Einen Sonderfall stellt die Translokationstrisomie 21 dar. Sie ist vererbbar und tritt deshalb in manchen Familien gehäuft auf.
Hat ein Elternteil eine balancierte Translokation des Chromosoms 21, besteht für jedes lebend geborene Kind rein rechnerisch eine Wahrscheinlichkeit von 33 Prozent für eine Translokationstrisomie. Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit aber geringer, da Chromosomenstörungen häufiger zu Fehlgeburten führen.
Bekommen Frauen, die selbst an einer Trisomie 21 leiden, ein Kind, beträgt die Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit Down-Syndrom zu gebären, etwa 50 Prozent. Hat auch der Partner eine Trisomie, ist die Wahrscheinlichkeit höher. Wie hoch lässt sich allerdings nicht genau sagen, da es hier nur sehr wenig Erfahrungswerte gibt.
Babys, Kinder und Erwachsene mit Trisomie 21 sind meist an ihrem
typischen Erscheinungsbild
erkennbar. Viele Merkmale sind schon beim Neugeborenen deutlich ausgeprägt, andere treten erst im Laufe der Zeit in Erscheinung. Charakteristische Symptome des Down-Syndroms sind:
Schräg gestellte Augen und eine flache Nasenwurzel finden sich nicht nur bei Menschen mit Down-Syndrom, sondern auch beim Volksstamm der Mongolen. Deshalb wurde das Down-Syndrom im Volksmund früher als "Mongolismus" und die Betroffenen als "mongoloid" bezeichnet. Aus ethischen Gründen werden diese Begriffe aber nicht mehr verwendet.
Weitere Merkmale des Down-Syndroms sind schwach entwickelte Muskeln (geringe Muskelspannung) und verzögerte Reflexe. Das Körperwachstum der Betroffenen ist verlangsamt, und sie sind unterdurchschnittlich groß (Kleinwuchs). Zudem macht eine ausgeprägte Bindegewebsschwäche die Gelenke übermäßig beweglich.
Das Down-Syndrom ist die
häufigste Ursache einer angeborenen geistigen Behinderung
. Diese ist meist leicht bis mittelgradig stark ausgeprägt, schwere geistige Behinderungen sind relativ selten.
In vielen Fällen brauchen die Betroffenen aufgrund ihrer Behinderung länger, um einen Sachverhalt zu verstehen. Bereits Gelerntes behalten sie oft schwer, wenn sie Neues erlernen. Grundsätzlich gilt aber: Die geistige Entwicklung eines Down-Syndrom-Kindes hängt nicht nur von seiner genetischen Ausstattung ab, sondern auch davon, ob und inwieweit es gefördert wird.
Kinder mit Trisomie 21 lernen oft später sprechen als andere Kinder, unter anderem, weil sie meist schlechter hören. Ihre Sprache ist deshalb manchmal schwer verständlich. Auch die motorische Entwicklung ist verzögert – die Kinder beginnen spät zu krabbeln beziehungsweise zu gehen.
Trisomie 21 beeinträchtigt auch die Gesundheit der Betroffenen. Besonders häufig sind
Herzfehler:
Etwa die Hälfte aller Babys mit Down-Syndrom kommen mit einer solchen Fehlbildung zur Welt.
Ein häufiger Herzfehler ist der sogenannte AV-Kanal (atrioventrikulärer Kanal). Dieser Scheidewanddefekt zwischen den Herzvorhöfen und Herzkammern verursacht Atemnot, Wachstumsstörungen und immer wiederkehrende Lungenentzündungen. In vielen Fällen ist die Herzscheidewand zwischen den Herzkammern nicht durchgängig verschlossen (Ventrikel-Septum-Defekt).
Sehr oft ist das Down-Syndrom mit
Fehlbildungen im Magen-Darm-Trakt
verbunden, beispielsweise Verengungen im Bereich des Dünndarms oder Fehlbildungen des Enddarms. Auch
Hörstörungen
und
Sehstörungen
sind häufig.
Weil das Immunsystem unterentwickelt ist, sind die Betroffenen
anfälliger für Infektionen
, besonders im Bereich der Atemwege. So neigen viele Down-Syndrom-Kinder etwa zu Mittelohrentzündung, Bronchitis und
Lungenentzündung
.
Die Trisomie 21 geht in vielen Fällen mit einer
schlafbezogenen Atmungsstörung
einher (obstruktive
Schlafapnoe
), manchmal begleitet von
Schnarchen
: Die oberen Atemwege erschlaffen und verengen sich im Schlaf, was kurze Atemaussetzer zur Folge hat.
Dabei sackt jedes Mal die
Sauerstoffsättigung
im
Blut
ab. Das
Gehirn
reagiert darauf mit einem Weckimpuls. Die Betroffenen schlafen meist schnell wieder ein und erinnern sich am nächsten Tag meist nicht an die kurzen Wachphasen. Sie sind aber tagsüber oft müde, weil der erholsame durchgängige Schlaf fehlt.
Eine weitere Folge der Trisomie 21 ist das erhöhte Risiko für eine akute Leukämie, eine Form von
Blutkrebs
: Es ist bis zu 20-mal höher als bei Kindern ohne diese Chromosomenanomalie. Auf dem Chromosom 21 liegen nämlich mehrere Gene, die für die Entstehung von Leukämie eine wichtige Rolle spielen.
Neben Leukämie kommen
epileptische Anfälle
(
Epilepsie
) sowie
Autoimmunerkrankungen
bei Down-Syndrom häufiger vor als in der Normalbevölkerung. Zu letzteren zählen zum Beispiel:
Darüber hinaus beobachtet man bei Trisomie 21 oft
orthopädische Probleme
. Dazu gehören zum Beispiel Fehlstellungen im Bereich von Nacken und Schulter sowie an der Hüfte (Hüftdysplasie), eine instabile Kniescheibe sowie Fehlbildungen im Bereich der Füße (wie
Plattfuß
).
Zudem haben Menschen mit Down-Syndrom ein erhöhtes Risiko für
Verhaltensauffälligkeiten oder psychiatrische Krankheitsbilder
, zum Beispiel ADHS, Autismus, Angststörungen sowie emotionale Probleme bis hin zu Depressionen.
Das Down-Syndrom wirkt sich auch auf die
Fruchtbarkeit
aus: Jungen beziehungsweise Männer mit Trisomie 21 sind in der Regel unfruchtbar (infertil). Betroffene Mädchen und Frauen sind dagegen fruchtbar, wenn auch eingeschränkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einer Schwangerschaft die Chromosomenanomalie an das Ungeborene weitergeben, liegt bei etwa 50 Prozent.
Eine Trisomie 21 bedeutet keineswegs nur Fehlbildungen und Einschränkungen. Menschen mit Down-Syndrom besitzen ausgeprägte emotionale Fähigkeiten und ein sonniges Wesen: Sie sind liebevoll, zärtlich, freundlich und heiter. Zudem sind viele musikalisch begabt und haben ein ausgeprägtes Gefühl für Rhythmus.
Im Rahmen der Pränataldiagnostik lässt sich schon vor der Geburt feststellen, ob ein Kind das Down-Syndrom (oder eine andere Chromosomenstörung beziehungsweise genetische Erkrankung) aufweist. Dabei sind mehrere Untersuchungsmethoden möglich.
Die sogenannten nicht-invasiven Verfahren sind für Mutter und Kind risikolos, da sie keinen Eingriff am Mutterleib erfordern:
Ultraschall (Sonografie)
: Das erste Anzeichen für Trisomie 21 bei der Ultraschalluntersuchung ist oft eine verdickte Nackenfalte beim Fetus (Nackentransparenztest,
Nackenfaltenmessung
). Dabei handelt es sich um eine vorübergehende Schwellung im Nacken, die zwischen der elften und 14. Schwangerschaftswoche auftritt. Sie deutet auf eine Chromosomenstörung beim Kind hin. Die Messung der Nackenfalte erfolgt im Rahmen des Ersttrimesterscreenings.
Zudem erkennt der Arzt im Ultraschall innere und äußere Fehlbildungen beziehungsweise Auffälligkeiten, die möglicherweise durch ein überzähliges Chromosom 21 zustande kommen. Beispiele sind ein verkürzter Nasenknochen, ein kleiner Kopf, kurze Hände und Füße oder die Sandalenlücke. Mit einem besonderen Ultraschallverfahren (
Dopplersonografie
) lässt sich der Blutfluss im Herzen und den großen Herzgefäßen darstellen. So erkennt der Arzt Herzfehler, die bei Down-Syndrom recht häufig sind.
Ersttrimesterscreening
: Das Ersttrimesterscreening am Ende des ersten Drittels der Schwangerschaft liefert gute Hinweise auf eine Trisomie 21 beim Ungeborenen. Dabei werden bestimmte Messergebnisse aus der Ultraschalluntersuchung (unter anderem Nackentransparenztest), einer
Blutuntersuchung
mit der Bestimmung von zwei Werten (HCG und Papp-A) sowie individuelle Risiken wie das Alter der Mutter oder eine familiäre Vorbelastung zusammengefasst.
Daraus ergibt sich ein statistischer Wert für das Risiko für Trisomie 21 beim Ungeborenen. Das Erstsemesterscreening erlaubt aber keine sichere Diagnose, sondern ermöglicht nur eine Einschätzung, wie hoch das Risiko für ein Down-Syndrom ist.
Triple-Test:
Bei dieser Blutuntersuchung misst der Arzt drei Parameter im mütterlichen Blutserum: das kindliche Eiweiß
Alpha-Fetoprotein
(AFP) sowie die mütterlichen
Hormone
Östriol und humanes Choriogonadotropin (HCG). Aus den Messergebnissen lässt sich zusammen mit dem Alter der Mutter und dem Zeitpunkt der Schwangerschaft das Risiko für eine Trisomie 21 beim Kind berechnen.
Seit einigen Jahren stehen für die nicht-invasive Pränataldiagnostik von Trisomien bei Ungeborenen besondere Bluttests zur Verfügung: die nicht-invasiven Pränataltests, kurz NIPT. Sie beruhen auf der Tatsache, dass sich im Blut einer schwangeren Frau Spuren des kindlichen Erbguts nachweisen lassen.
Diese "DNA-Schnipsel" des Ungeborenen werden herausgefiltert und genauer untersucht. Da die Tests direkt mit dem kindlichen Erbgut arbeiten, weisen sie ein Down-Syndrom und andere Chromosomenstörungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nach. Anders als invasive Untersuchungen erhöhen sie das Fehlgeburtsrisiko nicht. Es genügt eine
Blutabnahme
bei der Schwangeren.
Sie können selbst entscheiden, von welchen Ergebnissen eines NIPT Sie erfahren möchten. Sie können zum Beispiel das Ergebnis zum Down-Syndrom ausklammern. Dann erhalten Sie nur das Ergebnis über die anderen Trisomien (13 und 18).
Es gibt verschiedene Anbieter von solchen Bluttests. Bekannte Vertreter sind der PraenaTest, der Panorama-Test und der
Harmony-Test
. Mehr über die einzelnen Tests erfahren Sie in unseren Artikeln "
PraenaTest und Panorama-Test"
und "
Harmony-Test
".
Die nicht-invasiven Pränataltests sind keine Routineuntersuchungen. Das heißt auch: Die gesetzliche Krankenversicherung bezahlt die Tests nur in bestimmten Fällen, wenn
Manche NIPT ermitteln auch das Geschlecht des Kindes. Ist das gewünscht, muss man diesen Anteil des Bluttests aber selbst bezahlen. Privatversicherte wenden sich vor dem Test am besten an ihre Krankenkasse, um die generelle Kostenübernahme des NIPT zu klären.
Um das Down-Syndrom vor der Geburt sicher zu diagnostizieren, ist eine direkte Analyse der Chromosomen des Kindes nötig. Das Probenmaterial gewinnt der Arzt über eine Gewebeprobe aus dem Mutterkuchen (
Chorionzottenbiopsie
), eine
Fruchtwasseruntersuchung
(Amniozentese) oder eine Fetalblutentnahme (
Nabelschnurpunktion
).
Alle drei Verfahren sind Eingriffe am Mutterleib (invasive Methoden). Sie sind mit einem gewissen Risiko für das Kind verbunden. Deshalb führen Ärzte sie nur in konkreten Verdachtsfällen durch, etwa wenn der Ultraschallbefund unklar ist. Auch ab einem Alter von 35 Jahren bietet man Schwangeren eine Fruchtwasseruntersuchung an, da das Risiko eines Down-Syndroms mit dem Alter der Mutter steigt.
Chorionzottenbiopsie
:
Die Chorionzotten sind ein Teil des Mutterkuchens (
Plazenta
). Von ihnen entnimmt der Arzt eine Gewebeprobe für eine Chromosomenanalyse (Karyogramm). Die Chorionzotten besitzen nämlich das gleiche Erbmaterial wie das Ungeborene, weil sie ebenfalls aus der befruchteten Eizelle hervorgehen. Die Untersuchung ist etwa ab der elften Schwangerschaftswoche möglich.
Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung):
Dabei entnimmt der Arzt mit einer feinen Hohlnadel über die Bauchdecke der werdenden Mutter eine Probe des Fruchtwassers. Darin schwimmen vereinzelt kindliche Zellen. Ihre Erbanlagen werden im Labor auf genetische Störungen wie Trisomie 21 untersucht. Eine Fruchtwasseruntersuchung machen Ärztinnen und Ärzte in der Regel erst ab der 15. Schwangerschaftswoche.
Fetalblutentnahme:
Hierbei gewinnt der Arzt aus der
Nabelschnur
eine Blutprobe des Ungeborenen (
Nabelschnurpunktion
). Die enthaltenen Zellen werden auf ihre Chromosomenanzahl hin untersucht. Der frühestmögliche Zeitpunkt für eine Nabelschnurpunktion liegt etwa um die 19. Schwangerschaftswoche.
Das überschüssige Chromosom 21 lässt sich weder blockieren noch ausschalten – somit ist das Down-Syndrom nicht heilbar. Betroffene Kinder profitieren aber von einer konsequenten Betreuung und Förderung. Das Ziel ist, Einschränkungen zu verringern und die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder mit Down-Syndrom voll auszuschöpfen. Außerdem ist es wichtig, gesundheitliche Probleme, die mit der Trisomie 21 einhergehen, bestmöglich zu behandeln (zum Beispiel Herzfehler).
Wichtig ist auch, mit der
gezielten Förderung so früh wie möglich
zu beginnen. Das erhöht die Chance, dass Kinder mit Trisomie 21 später ein möglichst unabhängiges und eigenständiges Leben führen.
Im Folgenden finden Sie einige Beispiele für Therapie- und Fördermöglichkeiten bei Down-Syndrom. Jedes Kind sollte aber eine individuelle Behandlung erhalten, zugeschnitten auf die eigenen Bedürfnisse.
Manche Organfehlbildungen wie Fehlbildungen im Enddarm sowie Herzfehler lassen sie operativ korrigieren. Das verbessert die Lebensqualität der Betroffenen oft deutlich. Auch bei orthopädischen Problemen ist häufig ein chirurgischer Eingriff sinnvoll, zum Beispiel bei instabilen Kniescheiben oder Fußfehlbildungen.
Eine Physiotherapie (etwa nach Bobath oder Vojta) unterstützt die motorische Entwicklung von Down-Syndrom-Kindern. Die schwache Muskulatur und das zu lockere Bindegewebe werden gestärkt und trainiert. Auch die Koordination der Körperbewegungen und die Haltungskontrolle lassen sich mit geeigneten physiotherapeutischen Maßnahmen verbessern. Ergotherapie unterstützt zudem die Feinmotorik und die Wahrnehmung der Kinder.
Entscheidend für den Erfolg der Behandlung sind die Auswahl des Therapeuten (das Kind muss ihm vertrauen) sowie ein individuell abgestimmter Therapieplan. Wichtig ist zudem, dass die Übungen spielerisch erfolgen und das Kind nicht unter hohem Leistungsdruck steht.
Die Sprachentwicklung bei Down-Syndrom-Kindern lässt sich auf mehrfache Weise fördern. Mit
Sprach- und Sprechübungen
zu Hause sowie in einem gezielten Sprachunterricht (Logopädie) lassen sich die Kommunikations- und Ausdrucksfähigkeit der Kinder verbessern. Zudem hilft es, wenn andere mit ihnen langsam und deutlich sprechen.
Am besten ist es, wenn
Gebärden
das Gesagte unterstützen. Denn Kinder mit Down-Syndrom prägen sich visuelle Eindrücke meist leichter ein als Informationen, die sie nur über die Ohren aufnehmen. Der Einsatz von Gebärden fördert etwa ab dem zweiten Lebensjahr den Spracherwerb.
Eine
Hörstörung
beeinträchtigt das Sprechen lernen. Deshalb sollte sie frühzeitig behandelt werden. Der für Down-Syndrom typische
hohe, spitze Gaumen
sowie
Zahnfehlstellungen
sind oft mitverantwortlich, wenn die Betroffenen schwer verständlich sprechen. Ein Zahnarzt beziehungsweise Kieferorthopäde hilft hier weiter (zum Beispiel mit einer Gaumenplatte).
Die eigene Familie und der Freundeskreis sind sehr wichtig für Menschen mit Down-Syndrom. In diesem Umfeld erlernen und üben sie am besten soziale Verhaltensweisen.
Nach Möglichkeit sollten Kinder mit Down-Syndrom einen integrativen Kindergarten besuchen. Solche Einrichtungen nehmen sowohl gesunde als auch Kinder mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen auf. Neben Erziehern arbeitet dort speziell ausgebildetes Fachpersonal, das die Kinder gezielt fördert.
In der Schule sind Kinder mit Down-Syndrom oft nicht in der Lage, mit dem Rest der Klasse mitzuhalten. Sie brauchen länger und mehr Übung, um etwas Neues zu lernen. Eine sinnvolle Alternative bieten zum Beispiel Integrationsklassen beziehungsweise Schulen für Lernbehinderte. Grundsätzlich besteht in Deutschland aber für alle Kinder ein Anrecht darauf, reguläre Schulen zu besuchen.
Wie erfolgreich das in einigen Fällen ist, zeigt das Beispiel des Spaniers Pablo Pineda, der Psychologie und Pädagogik studierte und Lehrer wurde. Er ist Europas erster Akademiker mit Down-Syndrom.
Kinder mit Down-Syndrom sind also lernfähig – sie brauchen nur viel Zeit und Einfühlungsvermögen. Auf Druck und Überforderung reagieren sie meist sehr empfindlich und wenden sich ab.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).
Down-Syndrom
Kurzübersicht
Was ist das Down-Syndrom?
Wie häufig ist das Down-Syndrom?
Wie verläuft das Down-Syndrom bei Babys und Kindern?
Lebenserwartung beim Down-Syndrom
Ursachen und Risikofaktoren für das Down-Syndrom
Freie Trisomie 21
Mosaik-Trisomie 21
Translokationstrisomie 21
Partielle Trisomie 21
Down-Syndrom: Risikofaktoren
Ist das Down-Syndrom vererbbar?
Symptome und Folgen des Down-Syndroms
Geistige, motorische und sprachliche Einschränkungen
Häufige Begleiterkrankungen beim Down-Syndrom
Besondere Fähigkeiten
Untersuchungen und Diagnose
Nicht-invasive Untersuchungen
Nicht-invasive Pränataltests (NIPT)
Invasive Untersuchungen
Behandlung
Operation
Physiotherapie & Ergotherapie
Sprachförderung
Geistige und soziale Förderung
Autoren- & Quelleninformationen