Illness name: chikungunya
Description:
Florian Tiefenböck hat Humanmedizin an der LMU München studiert. Im März 2014 stieß er als Student zu NetDoktor und unterstützt die Redaktion seither mit medizinischen Fachbeiträgen. Nach Erhalt der ärztlichen Approbation und einer praktischen Tätigkeit in der Inneren Medizin am Uniklinikum Augsburg ist er seit Dezember 2019 festes Mitglied des NetDoktor-Teams und sichert unter anderem die medizinische Qualität der NetDoktor-Tools.
Chikungunya
ist eine fieberhafte Viruserkrankung. Sie kommt hauptsächlich in Afrika und Südostasien vor und wird durch Stechmücken übertragen. Neben hohem Fieber sind starke Muskel- und Gelenkschmerzen typische Chikungunya-Symptome. Meist heilt die Erkrankung folgenlos aus. Allerdings können nur die Beschwerden behandelt werden, nicht aber direkt das auslösende Virus. Lesen Sie hier alles Wichtige über Chikungunya.
Chikungunya ist eine fieberhafte Infektionskrankheit. die zu den Reisekrankheiten zählt. Sie wird durch das Chikungunya-Virus (CHIK-Virus) ausgelöst. Der Erreger wird von Stechmücken (wie der Asiatischen Tigermücke,
Aedes albopictus
) auf den Menschen übertragen.
Der Name Chikungunya stammt aus Tansania. In der Sprache der Makonde bedeutet er etwa "sich verkrümmen" beziehungsweise "gekrümmt werdend", was auf die typischen Chikungunya-Symptome, nämlich Gelenk- und
Muskelschmerzen
, hinweist.
Chikungunya kommt in vielen asiatischen und afrikanischen Ländern vor, so auch in den tropischen Regionen des indischen Subkontinents und auf den Pazifischen Inseln. Im Jahr 2013 traf Chikungunya Karibik-Inseln und verbreitete sich damit erstmals in der Region Nord-, Mittel- und Südamerika. Zuvor waren dort lediglich Einzelfälle bei Rückkehrern aufgetreten.
Im Zuge der globalen Erwärmung kommen Mücken, die das Virus übertragen können, mittlerweile auch in Europa vor. So gab es 2007 und 2017 Krankheitsausbrüche mit mehreren Hundert Fällen. Vereinzelte Übertragungen kamen in den letzten Jahren auch in Frankreich vor.
In Deutschland gab es bislang nur importierte Fälle von Chikungunya: Im Jahr 2019 wurde laut Robert-Koch-Institut 88 Erkrankungsfälle registriert; die meisten Betroffenen hatten sich in Thailand infiziert.
Auch die in Österreich und der Schweiz bislang gemeldeten Chikungunya-Fälle waren allesamt importiert - Übertragungen im Inland wurden bis dato noch keine festgestellt.
Die ersten Symptome der Chikungunya-Krankheit zeigen sich nach etwa zwei bis sieben, manchmal auch erst nach zwölf Tagen (
Inkubationszeit
).
Infizierte bekommen plötzlich hohes Fieber (durchschnittlich 39 Grad Celsius) und
Kopfschmerzen
. In manchen Fällen sinkt die erhöhte Körpertemperatur nach einigen Tage abrupt, steigt jedoch kurz darauf - etwa nach ein bis drei Tagen, manchmal auch erst nach einer Woche - wieder rasch an. Mediziner sprechen dann von einem biphasischen Fieberverlauf. Durch den schnellen Temperaturanstieg können Säuglinge und Kleinkinder Fieberkrämpfe erleiden.
Typische Chikungunya-Symptome sind auch starke Gelenk- und Muskelschmerzen (Arthralgie und Myalgie), die von Beginn an auftreten. Diese sind teilweise so unerträglich, dass Betroffene kaum stehen können. In manchen Fällen klagen Erkrankte auch über angeschwollene Gelenke und Lymphknoten.
Bindehautentzündung
, Hals- und
Bauchschmerzen
zählen zu den seltenen, aber ebenfalls möglichen Chikungunya-Symptomen. Der stark durchbluteten, heißen
Haut
(flush) kann manchmal ein juckender, knotig-fleckiger
Hautausschlag
(makulopapulöses Exanthem) folgen. Das von Abgeschlagenheit und Übelkeit begleitete starke Krankheitsgefühl bei Chikungunya klingt nach etwa ein bis zwei Wochen ab.
Die Chikungunya-Symptome sind teilweise sehr stark. Allerdings entwickelt nicht jeder Infizierte Anzeichen der Erkrankung. In manchen Fällen verläuft Chikungunya auch symptomlos.
Bei etwa einem Viertel der Betroffenen kommt es zu schwereren Krankheitsverläufen mit punktförmigen Hauteinblutungen (Petechien) und Schleimhautblutungen (bspw.
Nasenbluten
). In diesem Fall sprechen Ärzte von einem hämorrhagischen Chikungunya-Fieber, weshalb Chikungunya auch zu den hämorrhagischen Fieberkrankheiten gezählt wird.
Bei den Ursachen einer Chikungunya-Erkrankung spielen zwei Punkte eine entscheidende Rolle - zum einen das Chikungunya-Virus selbst als Krankheitserreger, zum anderen seine Übertragung auf den Menschen.
Das CHIK-Virus gehört zur Familie der sogenannten Togaviridae und zur großen Gattung der Alphaviren. Es handelt sich um ein RNA-Virus und wurde erstmals 1952/53 bei einem Ausbruch in Tansania beschrieben. Das CHIK-Virus ähnelt dem O'nyong-nyong-Virus. Weitere typische Togaviren sind beispielsweise das Ross-River-Virus, das Eastern- und das Western-Enzephalitis-Virus sowie das Röteln-Virus.
Das Chikungunya-Virus wird aufgrund kleinster Strukturunterschiede in drei Varianten eingeteilt: eine westafrikanische, eine ost-zentral-südafrikanische und eine asiatische. Es soll sich demnach neuen geographischen Umständen anpassen können.
Der Erreger breitet sich im menschlichen Körper über die Lymphknoten und das
Blut
aus. Wie genau er die menschlichen Zellen befällt, wird derzeit noch untersucht. Im Zellinneren benutzt das Virus die vorhandenen Zellbestandteile, um sich zu vermehren.
Das CHIK-Virus wird fast ausschließlich durch Stechmücken von Mensch zu Mensch übertragen. Klassische Vertreter sind
Aedes aegypti
,
Aedes albopictus
,
Aedes africanus
,
Aedes furcifer
und
Mansonia
-Spezies. Aber auch Mücken der
Culex
-Gattung sind mögliche Übertrager. Das Virus verbreitet und vermehrt sich nach dem Stich im menschlichen Körper. Wird der Infizierte erneut von Mücken gestochen, nehmen diese beim Blutsaugen das Chikungunya-Virus in sich auf und übertragen es bei der nächsten Blutmahlzeit auf eine andere Person.
Dieser Kreislauf wurde auch in Meerkatzen, Pavianen und Nagern beobachtet (Dschungelzyklus). Dabei sind die Tiere jedoch nur Zwischenträger des Virus, das auch hier durch Mückenstiche letztendlich von den Tieren auf den Menschen übertragen wird (Brückenübertragung).
Besonderes Augenmerk ist auf die Stechmückenart
Aedes albopictus
zu richten: Die Asiatische Tigermücke ist nur etwa fünf Millimeter groß, schwarz-silberweiß gestreift und sehr aktiv. Sie verbreitet sich derzeit auf der ganzen Welt und ist unter anderem für die Übertragungen in Italien verantwortlich. Bislang konnte sie in 26 europäischen Ländern nachgewiesen werden; in 19 davon gilt sie als etabliert, zum Beispiel in der Schweiz. Auch in Deutshcland kommt sie inzwischen regelmäßig vor.
Neben dem Chikungunya-Virus kann die Asiatische Tigermücke auch das West-Nil-Virus, das Gelbfieber- und das
Dengue-Fieber
übertragen. Auch andere der oben genannten Mückenarten können abgesehen vom CHIK-Virus noch andere Krankheitserreger übertragen. So kann zum Beispiel die Gelbfiebermücke (
Aedes aegypti
, auch
Stegomyia aegypti
genannt) - wie der Name schon sagt - (unter anderem) den Erreger von
Gelbfieber
übertragen.
Menschen mit
Bluthochdruck
, Blutzuckerkrankheit (Diabetes) oder Herzschwäche (
Herzinsuffizienz
), ältere Personen über 65 Jahre sowie Neugeborene haben ein erhöhtes Risiko, dass das Chikungunya-Virus einen schweren Krankheitsverlauf hervorruft. Auch Schwangerschaften sind ein gefährlicher Risikofaktor, da infizierte Mütter das Virus auf das Ungeborene übertragen können.
Haben Sie den Verdacht, an Chikungunya erkrankt zu sein, sollten Sie Ihren Hausarzt oder einen Facharzt für Tropenmedizin aufsuchen. Befinden Sie sich noch im Reiseland, können Sie gegebenenfalls auch eine Klinik aufsuchen.
Da eindeutige Frühsymptome fehlen, ist die Erhebung der Krankengeschichte (
Anamnese
) von entscheidender Bedeutung für die Diagnosestellung. Dazu befragt Sie der Arzt unter anderem zu Ihren Symptomen und derem Verlauf sowie zu kürzlich zurückliegenden Reisen. Mögliche Fragen sind demnach:
Nach der Anamnese wird Sie Ihr Arzt körperlich untersuchen. Dabei kann er unter anderem Ihre Körpertemperatur messen und Ihre Lymphknoten abtasten. Besonderes Augenmerk wird er auf die Gelenke legen und mögliche Schwellungen oder Hautrötungen beurteilen.
Es gibt einige Laborverfahren, um die Diagnose Chikungunya zu sichern. Dazu nimmt der Arzt mehrere Blutproben ab. Unspezifische Blutwerte können verändert sein und allgemein auf eine körperliche Erkrankung hinweisen:
So kann beispielsweise eine Verringerung der
Lymphozyten
(eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen) sowie der
Thrombozyten
(Blutplättchen) auftreten. Auch die Zahl der roten Blutkörperchen kann vermindert sein, was sich als Blutarmut (Anämie) äußert. Bei schweren Verläufen können unter anderem die
Leberwerte
erhöht sein.
Die Diagnose ist gesichert, wenn man das Chikungunya-Virus in Patientenproben nachweisen kann. Dabei unterscheidet man den direkten und den indirekten Erreger-Nachweis.
Direkt nachweisen lässt sich das Virus, wenn man sein Erbgut im Blut des Patienten findet (durch Vervielfältigung kleiner Erbgutschnipsel mittels Polymerase-Kettenreaktion = PCR) oder im Blut befindliche
Viren
in einer geeigneten Zellkultur anzüchten kann.
Der indirekte Erreger-Nachweis beruht auf dem Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen das Virus im Blut des Patienten. Sogenannte
IgM-Antikörper
erscheinen üblicherweise fünf bis sieben Tagen nach Krankheitsbeginn und bleiben bis zu einem halben Jahr nachweisbar.
IgG-Antikörper
lassen sich etwa ab der zweiten Woche und noch Monate danach bestimmen.
Bei Verdacht auf Chikungunya muss der Arzt andere Erkrankungen - vor allem weitere Tropenkrankheiten - ausschließen. Dazu zählen unter anderem Leptospirose,
Malaria
, Erkrankungen durch andere Alphaviren (z.B. O'nyong-nyong, Ross river),
Röteln
, Enterovirus- und
Parvovirus-Infektionen
, aber auch rheumatische Krankheitsbilder wie die postinfektiöse Arthritis.
Sorgfältig abgrenzen muss der Arzt auch das Dengue-Fieber, das ähnliche Symptome wie Chikungunya verursacht, aber einen schwereren Verlauf nimmt. Folgende Tabelle vergleicht das Chikungunya- mit dem Dengue-Fieber:
Symptom
Chikungunya
Dengue
Fieber
plötzlich
schrittweise ansteigend
Fieberdauer
in der Regel nur wenige Tage
eine Woche
fleckig-knotiger Hautausschlag
häufig
selten
Blutungen (hämorrhagisches Fieber)
selten
fast immer
Gelenkschmerzen
fast immer und lang anhaltend (z.T. Monate)
selten und wenn, dann von deutlich kürzerer Dauer
Außerdem unterscheiden sich die Laborwerte für gewöhnlich. Während beispielsweise die weißen Blutkörperchen bei Chikungunya meist verringert sind, ändert sich ihre Zahl bei Dengue nur selten.
Haben Sie während oder nach einer Reise (v.a. in Risikogebiete) Krankheitsanzeichen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen.
Es gibt keine Behandlung, die das Chikungunya-Virus direkt bekämpft und aus dem Körper beseitigt. Daher können nur die Symptome der Erkrankung behandelt und gelindert werden.
Entscheidend ist Bettruhe und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, da der Körper vor allem während des Fiebers viel Wasser verliert. Medikamente gegen Schmerzen und Fieber mildern typische Chikungunya-Symptome. Dazu eignen sich besonders nicht-steroidale Entzündungshemmer (Antirheumatika, NSAR) wie
Ibuprofen
. Auch
Paracetamol
kann zur Schmerzlinderung und Fiebersenkung gegeben werden.
Auf
Acetylsalicylsäure
(ASS), das ebenfalls zu den NSAR zählt, sollte unbedingt verzichtet werden, weil es die Blutungsneigung erhöhen kann.
Bei anhaltenden Gelenkschmerzen können zusätzlich (lokal aufgetragene) Kortikosteroide ("Kortison") und eine Physiotherapie wohltuend wirken. Je nach Krankheitsbild (z.B. Bindehautentzündung) können weitere Therapiemaßnahmen hinzukommen.
Bei schwerem Chikungunya-Fieber-Verlauf muss der Patient möglicherweise intensivmedizinisch überwacht werden.
Eine Infektion mit dem Chikungunya-Virus löst manchmal keinerlei Symptome aus, während in anderen Fällen das Chikungunya-Fieber ausbricht. Dieses heilt dann für gewöhnlich innerhalb weniger Wochen folgenlos ab.
Allerdings können die Gelenkbeschwerden teilweise über Monate bestehen bleiben und an unterschiedlichen Gelenken auftreten. Vor allem bei Kleinkindern kann sich das Virus zudem auf die
Leber
oder das Nervensystem auswirken. Diese schweren Krankheitsverläufe sind zwar sehr selten, stellen aber eine lebensgefährliche Situation dar. Im Schnitt sterben etwa 4 von 100 Erkrankten an Chikungunya. Bei Kleinkindern ist das Risiko, an Chikungunya zu versterben, etwas höher.
Wer Chikungunya vorbeugen will, sollte Maßnahmen beherzigen, die ihn vor Stichen der Virus-übertragenden Mücken schützen (Expositionsprophylaxe). Auch wenn Sie bereits an Chikungunya infiziert sind, sollten Sie in der ersten Woche unbedingt Mücken meiden - wenn Sie erneut gestochen werden, kann der Blutsauger das Virus in sich aufnehmen und dann auf Mitmenschen übertragen.
Die wichtigsten
Maßnahmen gegen Mückenstiche
sind:
Wenn Sie gesundheitlich angeschlagen oder schwanger sind, sollten Sie überhaupt nicht in Risikogebiete reisen, in denen Chikungunya vorkommt.
Weitere Informationen zu Risikoreisegebieten finden Sie auf den Internetseiten der Weltgesundheitsorganisation, des Auswärtigen Amtes und der europäischen oder amerikanischen Gesundheitsbehörden (ECDC, CDC).
Bislang gibt es keine Möglichkeit, sich gegen Chikungunya impfen zu lassen. Das soll sich baldmöglichst ändern: So forscht man an der Universität Rostock zusammen mit einem Wiener Biotechnologie-Unternehmen an einem Lebendimpfstoff gegen Chikungunya. Er basiert auf einem abgeschwächten Masernvirus, der auf seiner Oberfläche typische Proteine des Chikungunya-Virus trägt (Vektorimpfstoff). Das Immunsystem soll passende Antikörper gegen diese Proteine bilden und so einen Immunschutz gegen
Chikungunya
aufbauen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Florian Tiefenböck hat Humanmedizin an der LMU München studiert. Im März 2014 stieß er als Student zu NetDoktor und unterstützt die Redaktion seither mit medizinischen Fachbeiträgen. Nach Erhalt der ärztlichen Approbation und einer praktischen Tätigkeit in der Inneren Medizin am Uniklinikum Augsburg ist er seit Dezember 2019 festes Mitglied des NetDoktor-Teams und sichert unter anderem die medizinische Qualität der NetDoktor-Tools.
Chikungunya
Chikungunya: Beschreibung
Chikungunya: Symptome
Variabler Krankheitsverlauf
Chikungunya: Ursachen und Risikofaktoren
Chikungunya-Virus
Übertragung des Chikungunya-Virus
Risikogruppen
Chikungunya: Diagnose und Untersuchung
Anamnese
Körperliche Untersuchung
Laboruntersuchungen
Erreger-Nachweis
Ausschluss anderer Erkrankungen
Chikungunya: Behandlung
Chikungunya: Krankheitsverlauf und Prognose
Chikungunya: Vorbeugung
Chikungunya-Impfung?
Autoren- & Quelleninformationen