Illness name: hornhautverkruemmung
Description:
Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.
Bei der
Hornhautverkrümmung
wird durch eine ungleichmäßige Form der Hornhaut des Auges das einfallende Licht verzerrt auf der Netzhaut abgebildet. Die Betroffenen sehen in der Folge unscharf. Die Hornhautverkrümmung kann verschiedenste Ursachen haben. Oft ist sie angeboren. Mit speziellen Sehhilfen lässt sie sich häufig ausgleichen. Lesen Sie mehr zur Hornhautverkrümmung.
Die
Hornhaut
(Kornea) ist der vorderste Abschnitt des Augapfels, der vor der Pupille liegt. Sie ist leicht oval geformt, etwas kleiner als ein 1-Cent-Stück und circa einen halben Millimeter dick. Da sie dem runden Augapfel aufliegt, ist sie selbst sphärisch gewölbt, in etwa so wie eine Kontaktlinse.
Von einer Hornhautverkrümmung (ungenau: „Hornhautkrümmung“) spricht man, wenn die Kornea nicht gleichmäßig gewölbt ist. Diese Anomalie wird auch
Stabsichtigkeit
genannt. Mediziner sprechen bei einer Hornhautverkrümmung von
Astigmatismus
, was aus dem Griechischen kommt und so viel wie „Punktlosigkeit“ bedeutet. Beide Begriffe deuten bereits darauf hin, welche Auswirkungen auf das Sehvermögen die Hornhautverkrümmung hat:
Normalerweise sorgt die Hornhaut zusammen mit der Augenlinse dafür, dass die parallel einfallenden Lichtstrahlen gebündelt werden und fokussiert auf einem einzigen Punkt der
Netzhaut
(Brennpunkt) auftreffen. Dadurch ist scharfes Sehen möglich.
Bei der Hornhautverkrümmung ist die Kornea aber ungleichmäßig gewölbt, wodurch das Licht nicht richtig gebündelt werden kann. An manchen Stellen werden einfallende Lichtstrahlen stärker gebündelt als an anderen. Sie vereinen sich auf der Netzhaut in der Folge nicht in einem einzigen Punkt, sondern auf einer Linie (Brennlinie): Auf der Netzhaut wird kein einzelner klarer Punkt abgebildet – die Sicht ist unscharf.
Beim
regulären Astigmatismus
werden einfallende Lichtstrahlen auf senkrecht stehenden Brennlinien („Stab“) abgebildet. Diese Form der Hornhautverkrümmung lässt sich noch weiter untergliedern. Das ist aber hauptsächlich für den Optiker relevant, um eine passgenaue Sehhilfe anzufertigen.
Bei einer
irregulären Hornhautverkrümmung
stehen die optischen Ebenen nicht senkrecht aufeinander. Einfacher gesagt: Während beim regulären Astigmatismus noch eine gewisse Ordnung herrscht, ist bei einem irregulären manchmal überhaupt kein System mehr erkennbar. Bei extremen Formen (etwa durch Vernarbungen der Hornhaut) wird das Licht in verschiedenste Richtungen abgelenkt, sodass kaum mehr Brennlinien vorhanden sind. Die Behandlung eines irregulären Astigmatismus ist deshalb schwieriger.
Man kann eine Hornhautverkrümmung auch danach beurteilen, wo die Brennlinien in Bezug zur Netzhaut liegen. Oft liegt die eine in der Netzhautebene, die andere aber davor (
Astigmatismus myopicus simplex
) oder dahinter (
Astigmatismus hyperopicus simplex
). Es kann auch eine Brennlinie davor und die andere dahinter liegen (
Astigmatismus mixtus
). Manchmal besteht zusätzlich zur Hornhautverkrümmung eine
Weitsichtigkeit
oder
Kurzsichtigkeit
(Hyperopie beziehungsweise Myopie):
Astigmatismus compositus
nennt dies der Fachmann.
Zwar wird mit Hornhautverkrümmung und Astigmatismus oft das Gleiche gemeint, tatsächlich ist der Begriff „Astigmatismus“ aber weiter gefasst. Denn auch Unregelmäßigkeiten der Linse (lentikulärer Astigmatismus) und sogar des Augenhintergrundes können zu einem Astigmatismus führen. Die Hornhautverkrümmung ist aber der häufigste Grund für eine Stabsichtigkeit.
Eine Hornhautverkrümmung macht sich nur bemerkbar, wenn sie stärker ausgeprägt ist. Leichte Formen dieses Sehfehlers haben für die Betroffenen hingegen kaum spürbare Auswirkungen und finden sich bei vielen Menschen. Ein ausgeprägter Astigmatismus zeigt aber folgende Symptome:
Viele Patienten klagen bei einer leichten Hornhautverkrümmung in erster Linie über
Kopf- und Augenschmerzen
. Symptome einer
eingeschränkten Sehfähigkeit
zeigen sich dagegen oft erst später oder gar nicht. Das kommt daher, dass das
Auge
ständig versucht, das unscharfe Bild über die Veränderung der Linsenform zu korrigieren, was auf Dauer bestimmte
Augenmuskeln
anstrengt und so schließlich
Kopfschmerzen
und Augenreizungen nach sich zieht.
Wenn Sehprobleme auftreten, dann erscheint den Betroffenen die Umwelt nicht nur
unscharf
, sondern meist auch
verzerrt
. Weil es ja keinen Brennpunkt auf der Netzhaut gibt, sondern Brennlinien, sehen sie punktförmige Strukturen eher als Streifen oder Stab. Das erklärt auch die Bezeichnung „Stabsichtigkeit“.
Wenn sie stärker ausgeprägt ist, führt eine angeborene Hornhautverkrümmung bei Kindern unbehandelt zu einer sogenannten
Schwachsichtigkeit
(Amblyopie). So nennt man in der Medizin eine Sehschwäche, die entsteht, weil das Sehen nicht richtig „gelernt“ wird. Da ja nie ein scharfes Bild auf die Netzhaut fällt, können auch keine korrekten Sinneswahrnehmungen über den
Sehnerv
an das
Gehirn
geleitet werden, wo eine Verarbeitung dieser Daten stattfindet. Dauert ein angeborener Sehfehler zu lange an, stellt sich das Hirn darauf ein und macht danach ein normales Sehen unmöglich, selbst wenn der eigentliche Sehfehler schließlich korrigiert wird.
In vielen Fällen ist eine Hornhautverkrümmung
angeboren
. Sie ist dann gelegentlich erblich bedingt - die Hornhautverkrümmung zeigt sich dann bei mehreren Familienmitgliedern. Ein Beispiel für eine angeborene Hornhautverkrümmung ist der sogenannte Keratoglobus, bei dem die Kornea nach vorne gewölbt und ausgedünnt ist.
Unter Umständen tritt eine Hornhautverkrümmung auch erst im Erwachsenenalter auf. Dann entsteht sie zum Beispiel durch:
Einen Verdacht auf eine Hornhautverkrümmung kann der Augenarzt anhand verschiedener Untersuchungsmethoden abklären. Dabei lassen sich auch Art und Ausprägung des Astigmatismus näher bestimmen.
So kann man den Sehfehler beispielsweise durch die sogenannte objektive Refraktion ermitteln. Dabei wird ein Infrarot-Bild auf den Augenhintergrund des Patienten projiziert und gleichzeitig gemessen, ob dieses Bild scharf ist. Wenn das nicht der Fall ist, werden verschiedene Linsen vorgeschaltet, und zwar solange, bis sich ein scharfes Bild einstellt. Das erlaubt dem Untersucher Rückschlüsse auf die Art eines Sehfehlers.
Wenn klar ist, dass eine Hornhautverkrümmung vorliegt, kann man die Hornhaut genauer vermessen und den Astigmatismus somit näher bestimmen. Dies geschieht zum Beispiel mit einem
Ophthalmometer
. Dieses Gerät erinnert entfernt an ein Mikroskop. Es projiziert ein Hohl- und ein Strichkreuz auf die Hornhaut des Betroffenen:
Auf der ideal geformten Hornhaut würden beide genau übereinander liegen. Bei einer Hornhautverkrümmung dagegen verschieben sich die Kreuze gegeneinander, und zwar umso mehr, je ausgeprägter die Hornhautverkrümmung ist. Die Werte für den Krümmungsradius und die Brechkraft der Hornhaut lassen sich auf diese Weise sehr exakt bestimmen.
Bei irregulärer Stabsichtigkeit stößt das Ophthalmometer an seine Grenzen. Hier kommt ein computergesteuertes Gerät (Keratograf) zum Einsatz, der die Brechkraft der gesamten Hornhautfläche analysiert. Diese Untersuchung liefert die genauesten Daten zu Art und Ausprägung einer Hornhautverkrümmung.
Wurde die Hornhautverkrümmung durch verschiedene Geräte spezifiziert, folgt schließlich die subjektive Refraktion. Hierbei ist die Mitarbeit des Patienten gefragt. Während er auf Sehtafeln blickt, hält der Augenarzt ihm nacheinander verschiedene Sehhilfen vor die Augen. Der Patient muss nun sagen, mit welcher Sehhilfe er die Sehtafeln am schärfsten sieht. Wenn das geklärt ist, steht einer Behandlung nichts mehr im Weg.
Spezielle Grafiken helfen Betroffenen, einen Eindruck ihrer Hornhautverkrümmung zu bekommen: Das sogenannte Astigmatismus-Sonnenrad sowie bestimmte Strahlenfiguren werden beim Betrachten aus gewissen Entfernungen durch die Stabsichtigkeit in typischer Verzerrung wahrgenommen. Diese Grafiken sind aber kein verlässlicher Astigmatismus-Test!
Sind der Winkel und der Brechungsfehler einer Hornhautkrümmung bekannt, kann man versuchen, den Sehfehler mit geeigneten Sehhilfen auszugleichen. Andere Behandlungsmöglichkeiten sind eine Operation und eine Hornhautverpflanzung.
Folgende Sehhilfen können eine Hornhautverkrümmung ausgleichen:
Der erste Blick durch Brillengläser gerät für die meisten Betroffenen mit Hornhautverkrümmung zum Segen und
Schock
zugleich. Zwar sehen sie nun punktscharf, aber die Welt erscheint ungewohnt gekrümmt. Und je später die Stabsichtigkeit korrigiert wird, desto langsamer gewöhnt sich das Auge an die Sehhilfe. Nicht selten ist die Umgewöhnung begleitet von Kopfschmerzen.
Bei manchen Betroffenen besteht die Möglichkeit, die Hornhautverkrümmung
lasern
zu lassen. Der heiße Lichtstrahl trägt die Unebenheiten in der Hornhaut ab und erzeugt somit eine gleichmäßige Oberfläche. Ob ein Laserverfahren bei einem Patienten als Behandlungsmethode in Frage kommt, entscheidet der behandelnde Augenarzt.
Ein anderer operativer Behandlungsansatz ist die Korrektur der Hornhautverkrümmung durch eine
neue Linse
. Die Hornhaut belässt man dabei wie sie ist, stattdessen wird die Augenlinse entfernt und durch eine künstliche Linse (Intraokularlinse) ersetzt. Sie ist so geformt ist, dass sie den Astigmatismus so gut es geht ausgleicht. Dieses Verfahren kommt meist nur bei einer stark ausgeprägten Hornhautverkrümmung zum Einsatz.
In seltenen Fällen helfen weder Sehhilfen noch die genannten Operationsverfahren weiter. Als letzter Ausweg bleibt dann noch die Hornhautverpflanzung. Dabei wird die verkrümmte Hornhaut entfernt und als Ersatz eine intakte Spender-Hornhaut eingepflanzt.
Im Vergleich zur Kurz- oder Weitsichtigkeit ist die Hornhautverkrümmung ein relativ komplizierter Sehfehler, der sich dementsprechend auch nicht so leicht behandeln lässt. Die vorhandenen Sehhilfen bieten leider auch kein zu 100 Prozent zufriedenstellendes Ergebnis.
Normalerweise schreitet ein Astigmatismus nicht voran, sondern bleibt konstant. Eine Ausnahme bildet der Keratokonus: Bei dieser Variante nimmt die
Hornhautverkrümmung
immer weiter zu.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.
Hornhautverkrümmung
Hornhautverkrümmung: Beschreibung
Was ist eine Hornhautverkrümmung?
Welche Arten von Hornhautverkrümmung gibt es?
Astigmatismus ist auch ohne Hornhautverkrümmung möglich
Hornhautverkrümmung: Symptome
Hornhautverkrümmung: Ursachen und Risikofaktoren
Hornhautverkrümmung: Untersuchungen und Diagnose
Objektive Refraktion
Ophthalmometrie
Hornhauttopografie
Subjektive Refraktion
Hornhautverkrümmung: Behandlung
Hornhautverkrümmung: Sehhilfen
Hornhautverkrümmung: Korrektur durch Operation
Hornhautverkrümmung: Hornhautverpflanzung
Hornhautverkrümmung: Verlauf und Prognose
Autoren- & Quelleninformationen