Illness name: ballismus
Description:
Als
Ballismus
bezeichnet man eine seltene Bewegungsstörung, die sich durch Symptome wie unwillkürliche, schleudernde Bewegungen von Armen und Beinen äußert (ballistische Bewegungen). Die Ursache ist eine Schädigung eines bestimmten Hirnareals. Zur Behandlung kommen Medikamente gegen Epilepsie zum Einsatz. Lesen Sie hier alles zu Symptomen, Diagnostik und Therapie des Ballismus!
Das Wort Ballismus stammt aus dem Griechischen und bedeutet „werfen“ oder „schleudern“.
Der Ballismus ist ein neurologisches Krankheitsbild, das mit typischen Bewegungsstörungen einhergeht. Diese äußern sich als weit ausfahrende, schnelle und schleudernde Bewegungsfolgen (ballistische Bewegungen), die impulsartig auftreten. Das Schleudern bezeichnet man auch als Jaktation. Die Bewegungsstörung entsteht als Folge einer Hirnschädigung. Diese hat wiederum unterschiedliche Ursachen (etwa Verletzungen, Infektionen, Tumore).
Der Ballismus zählt zu den sogenannten hyperkinetischen Bewegungsstörungen. Hyperkinetisch bedeutet: mit „übermäßiger Energie“.
Oft tritt der Ballismus einseitig auf. In diesem Fall spricht man vom Hemiballismus. Ähnliche überschießende Bewegungen treten bei der Chorea oder auch der Athetose auf. Zum Teil wird der Ballismus auch als eine Form von Chorea verstanden. Damit bezeichnet man schnelle und unkontrollierbare Bewegungen des Gesichts und der stammfernen Abschnitte der Arme und Beine.
Typische Symptome von Ballismus sind die schleudernden, plötzlichen Bewegungen der Betroffenen. Diese treten manchmal beidseitig, häufiger jedoch halbseitig auf. Es handelt sich um große, weit ausfahrende, raumgreifende Bewegungen. Der Erkrankte ist nicht in der Lage, diese zu kontrollieren. Ärzte bezeichnen dieses Bewegungsmuster auch als ballistische Bewegungen.
Besonders ausgeprägt ist diese Bewegungsstörung an den rumpfnahen Abschnitten der Arme und Beine, also den Oberarmen und Oberschenkeln. Während der meist schubweise auftretenden Ballismus-Attacken besteht eine hohe Verletzungsgefahr für den Betroffenen, da die Bewegungen unkontrolliert ablaufen.
Zu den Symptomen des Ballismus zählt außerdem ein unkontrolliertes Gesichts-Grimmassieren, das manchmal von Weinen oder Lachen begleitet ist. Dabei verziehen Betroffene ihr Gesicht plötzlich und unwillkürlich in Grimassen.
Äußere Reize, erhöhte Aufmerksamkeit oder psychische Erregung verstärken in der Regel die Symptome des Ballismus. Während des Schlafs oder in Narkose treten die Symptome hingegen nicht auf.
Ursache für den Ballismus ist ein Schaden im Bereich der Bewegungskontrolle des Gehirns (unter anderem Globus pallidus, Putamen oder Nucleus caudatus). Oft handelt es sich dabei um eine spezielle Hirnregion, den sogenannten Nucleus subthalamicus. Dieser Kern (=Nucleus) grauer Hirnsubstanz gehört zum sogenannten Zwischenhirn. Er befindet sich an einer zentralen Position im
Gehirn
unterhalb einer wichtigen Umschaltstelle für ein- und ausgehende Nervensignale, dem Thalamus.
Der Nucleus subthalamicus ist in einen wichtigen Regelkreis der Bewegungssteuerung und -regulation eingebunden und hat eine hemmende Funktion. Da das Gehirn aus zwei Hälften besteht, gibt es ihn zweimal. Fällt er nur auf einer Seite aus, tritt die Bewegungsstörung auch nur einseitig auf (Hemiballismus). Eine Überaktivität des Nucleus subthalamicus hingegen führt zu hypokinetischen Bewegungsstörungen, das heißt, dass Betroffene besonders bewegungsarm sind.
In den meisten Fällen ist eine (zeitweise) Blutunterversorgung dieses Nucleus subthalamicus durch eine Blutung oder einen Gefäßverschluss für die Ballismus-Symptome verantwortlich. Aber auch Infektionen (wie
Syphilis
,
Tuberkulose
, Toxoplasmose im Stadium AIDS) sowie Tumore und Metastasen zählen zu den Ursachen für eine Schädigung des Nucleus subthalamicus. In seltenen Fällen sind Hirnverletzungen für den Ballismus verantwortlich.
Ballismus ist immer ein ernst zu nehmendes Symptom, das von einem Neurologen abgeklärt werden muss.
Der Spezialist für Diagnose und Therapie des Ballismus oder Hemiballismus ist der Neurologe, ein Facharzt für Erkrankungen des Nervensystems. Meist kann der Arzt die Diagnose bereits durch die Beschreibung der typischen Symptome oder eine beobachtete Attacke stellen. Es ist jedoch nicht ganz einfach, die drei ähnlichen Bewegungsstörungen Chorea, Athetose und Ballismus auseinanderzuhalten.
Für die Unterscheidung ist eine genaue Beschreibung der Attacken wichtig. Zunächst wird der Arzt daher unter anderem folgende Fragen stellen:
Danach wird der Arzt den Patienten detailliert neurologisch untersuchen. Dazu prüft er die Funktion der zwölf
Hirnnerven
, einzelner Hirnbereiche und der Sensibilität sowie Motorik.
Falls erforderlich, wird er auch
Blut
und Hirnwasser untersuchen. Um Hirnwasser zu gewinnen, muss eine sogenannte Liquor- oder auch Lumbalpunktion durchgeführt werden. Dazu wird eine Nadel zwischen den unteren Lendenwirbeln eingebracht, um etwas Hirnwasser aus dem Raum, der das
Rückenmark
umgibt, zu entnehmen.
Auch sogenannte bildgebende Untersuchungen wie
Computertomografie
(CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) werden zur Diagnosestellung herangezogen. Dabei zeigen sich Verkalkungen oder Infarkte im Bereich des Nucleus subthalamicus.
In bestimmten Fällen wird eine Aufzeichnung der Hirnströme (Elektroenzephalogramm) durchgeführt.
Um die ballistischen Bewegungen zu unterdrücken, kommen verschiedene Medikamente infrage. Dazu zählen Wirkstoffe, die gegen
Epilepsie
eingesetzt werden (Antikonvulsiva), bestimmte Parkinson-Medikamente (Anticholinergika) sowie Neuroleptika.
Seltener werden sogenannten Benzodiazepine eingesetzt. Während einer Ballismus-Attacke besteht die Gefahr, dass sich Betroffene selbst verletzen. Daher ist es wichtig, Patienten vor den ausschlagenden Bewegungen zu schützen.
In schweren Fällen wird der Arzt als langfristige Behandlung einen neurochirurgischen Eingriff in Form einer elektrischen Stimulation oder einer Entfernung bestimmter Hirnbereiche erwägen (stereotaktische Hirnoperation).
Sind Tumore oder andere raumfordernde Prozesse die Ursache des Ballismus, besteht auch hier unter Umständen die Behandlung in einer Operation.
Der Verlauf bei Ballismus lässt sich nicht allgemein vorhersagen und hängt von der auslösenden Erkrankung ab. In manchen Fällen bildet sich die Bewegungsstörung innerhalb von zwei Monaten wieder zurück. Oft lässt sich die neurologische Störung aber kaum beeinflussen und bleibt bestehen.
Ballismus geht auf eine Schädigung im zentralen Nervensystem zurück. Die Ursachen für diese Schäden können sehr unterschiedlich sein. Daher gibt es keine generelle Maßnahme, durch die man den Bewegungsstörungen des Ballismus vorbeugen kann.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Ballismus
Kurzübersicht
Was ist Ballismus?
Was sind typische Symptome von Ballismus?
Ballismus: Ursachen und mögliche Erkrankungen
Ballismus: Wann sollten Sie zum Arzt?
Was macht der Arzt?
Welche Behandlung erfolgt bei Ballismus?
Verlauf und Prognose
Lässt sich Ballismus vorbeugen?
Autoren- & Quelleninformationen