Illness name: raynaud syndrom
Description:
Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Bei dem
Raynaud-Syndrom
(Morbus Raynaud) treten attackenartig Durchblutungsstörungen auf, die vor allem die Finger betreffen. Diese werden dann blass und kalt, fühlen sich taub an oder schmerzen sogar. Meist sind die Beschwerden harmlos, manchmal steckt jedoch auch eine schwerwiegende Erkrankung hinter den Symptomen. Informieren Sie sich hier über Anzeichen, Diagnose und Behandlung des Raynaud-Syndroms.
Das Raynaud-Syndrom (Morbus Raynaud) ist eine Durchblutungsstörung, die durch Gefäßkrämpfe (Vasospasmen) hervorgerufen wird. Die Krämpfe treten anfallsartig meist an den Fingern auf, seltener an den Zehen und anderen Körperpartien. Sie führen dazu, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen und den Blutfluss zu der betroffenen Körperregion behindern.
Ein typisches Symptom des Raynaud-Syndrom ist daher, dass sich die Finger (meist mit Ausnahme des Daumens) oder die Zehen während einer Attacke zunächst blass und später blau färben. Aufgrund der eintretenden
Blässe
ist die Erkrankung auch als Weißfingerkrankheit oder Leichenfingerkrankheit bekannt. Viele Betroffene leiden unter Missempfindungen und Taubheitsgefühlen, auch Schmerzen sind häufig.
Die Attacken dauern meist nicht länger als eine halbe Stunde. Anschließend ist die
Haut
oft gerötet. Den typischen dreiphasigen Farbverlauf von blass nach blau und später rot bezeichnen Mediziner auch als Trikolore-Phänomen. Bei einem primären Raynaud-Syndrom, bei dem die Ursache unbekannt ist, treten die Symptome an beiden Händen oder Füßen auf. Bei einem sekundären Raynaud-Syndrom, das auf eine andere Grunderkrankung zurückzuführen ist, ist meist nur eine Seite betroffen.
Bleiben die Verkrampfungen (Spasmen) in selteneren Fällen über einen längeren Zeitraum bestehen, nehmen die Gefäße dauerhaft Schaden. In einigen Fällen stirbt mitunter das Gewebe ab – es bilden sich Nekrosen. Solche Schäden treten aber in der Regel nur als Komplikationen eines sekundären Raynaud-Syndroms auf.
Ist das Raynaud-Syndrom Folge einer
Sklerodermie
, einer erblichen Erkrankung des Bindegewebes, ist zudem die Haut der Hände, Arme oder des Gesichts verdickt und gespannt.
Ein Raynaud-Syndrom wird durch sehr starke und plötzliche Verengungen der Gefäße vor allem in den Fingern und Händen verursacht, die sich nach einiger Zeit wieder lösen. Die Anfälle treten besonders bei kalten Temperaturen und unter Stress auf. Ursache für dieses Phänomen ist ein Ungleichgewicht von gefäßerweiternden und gefäßverengenden Faktoren.
Mögliche Ursachen für das Raynaud-Syndrom sind Störungen der Blutgefäße in den Zehen und Fingern oder ein erhöhter Erregungszustand des Nervensystems. Auch Ungleichgewichte im Hormonhaushalt spielen vermutlich eine Rolle. Wie diese verschiedenen Faktoren zusammenhängen, ist aber noch unklar.
Bei den meisten Menschen bleibt die Ursachen für das Raynaud-Syndrom ungeklärt. Ärzte sprechen in diesem Fall von einem primären oder idiopathischen Raynaud-Syndrom. Betroffen sind vor allem junge Frauen, oft besteht eine familiäre Veranlagung. Im Laufe des Lebens werden die Attacken meist seltener und schwächer. Häufig tritt das primäre Raynaud-Syndrom in einer Familie gehäuft auf. Vor allem Rauchen begünstigt die Durchblutungsstörung.
Im Gegensatz zum primären Raynaud-Syndrom mit unklarer Ursache ist das sekundäre Raynaud-Syndrom die Folge einer Vielzahl verschiedener Erkrankungen. Dazu gehören beispielsweise
Im Rahmen von Autoimmunerkrankungen lassen sich im
Blut
teilweise sogenannte Kälteagglutinine nachweisen. Kälteagglutinine sind Antikörper, die bei Kälte an die Oberfläche von roten Blutkörperchen binden und diese zum Verklumpen bringen. Der Körper reagiert darauf mit Entzündungsreaktionen, die wiederum Gefäßverengungen fördern und so ein Raynaud-Syndrom begünstigen.
Auch manche Medikamente (Empfängnisverhütungsmittel, Zytostatika, Interferon, Betablocker, Ergotaminpräparate und dopaminerge Substanzen) oder Drogen (Kokain, Designerdrogen) verursachen in einigen Fällen ein Raynaud-Syndrom. Auch Menschen, die in ihrem Beruf mit bestimmten Chemikalien in Kontakt kommen (zum Beispiel Polyvinylchlorid) oder längere Zeit mit vibrierenden Maschinen wie Presslufthammer oder Motorsäge arbeiten, gehören zur Risikogruppe.
Die Raynaud-Syndrom-Therapie basiert zunächst auf allgemeinen Maßnahmen. Entscheidend ist es, Auslöser der Attacken, also vor allem Stress und Kälte, zu vermeiden. Um die Häufigkeit der Attacken zu senken, hilft es unter Umständen, kalte Getränke und Nahrungsmittel zu vermeiden. Beim Umgang mit kalten oder gefrorenen Lebensmitteln empfiehlt es sich, Handschuhe zu tragen.
In der kalten Jahreszeit profitieren Betroffene von beheizbaren Wärmehandschuhen, Taschenwärmern oder dicken Socken und Schuhsohlen. Menschen mit Raynaud-Syndrom sollten zudem auf das Rauchen verzichten. Gegebenenfalls hilft auch eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren ist, dies ist jedoch wissenschaftlich nicht eindeutig bewiesen. Hingegen ist es bei einem sekundären Raynaud-Syndrom vor allen Dingen wichtig, die Grunderkrankung zu behandeln.
Ein wesentlicher Beitrag für eine Verbesserung der Symptome ist Stressabbau. Hilfreich ist das Erlernen einer Entspannungstechnik wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung. Auch Sport trägt zum Stressabbau bei.
Menschen mit Raynaud-Syndrom sollten Wunden in den betroffenen Bereichen intensiv und professionell behandeln lassen, da sie unter Umständen schlecht ausheilen und somit längerfristig bestehen.
Wenn ein Anfall droht, sollten Betroffene die Hände mit warmem Wasser waschen. Außerdem empfiehlt es sich, die Hände zu bewegen und zu massieren, sodass sich die Gefäße schnell wieder weiten. Manchmal hilft es auch, die Hände zum Aufwärmen unter die Achsel zu stecken.
Eine Raynaud-Attacke klingt meist nach maximal einer halben Stunde von selbst wieder ab – und zwar bevor bleibende Schäden auftreten. Sollte sich die Gefäßverengung jedoch einmal nicht lösen, helfen oft Bettruhe und Wärme. Reicht auch das nicht aus, hat der Arzt die Möglichkeit, eine gerinnungshemmende Therapie, zum Beispiel mit
Heparin
, zu verordnen.
Wenn die allgemeinen Maßnahmen nicht ausreichen, besteht die Option, Medikamente gegen das Raynaud-Syndrom einzunehmen. Eine Medikamentengabe ist vor allem sinnvoll, wenn das Gewebe schon geschädigt ist und es deshalb besonders wichtig ist, eine gute Durchblutung dauerhaft zu sichern.
Die wichtigste Gruppe der Medikamente gegen das Raynaud-Syndrom sind Kalziumblocker (Kalziumantagonisten). Auch Nitroglyzerin, eine gefäßerweiternde Substanz, kommt als Salbe zum Einsatz. Allerdings führen beide Wirkstoffe bei manchen Menschen zu unerwünschten Nebenwirkungen. So lassen Kalziumantagonisten in einigen Fällen die Finger anschwellen, während eine Nitrosalbe gelegentlich Kopfschmerzen verursacht.
Bei einem sehr schweren Raynaud-Syndrom steht eine Reihe weiterer Medikamentengruppen zur Verfügung, die aber nicht alle speziell für die Raynaud-Syndrom-Therapie zugelassen sind. Der Einsatz dieser Medikamente ist umstritten. Das gilt vor allem für Antidepressiva.
In besonders schweren Fällen ist möglicherweise eine Operation sinnvoll. Dazu zählt zum Beispiel die Blockade von gefäßverengenden Nerven (Sympathektomie). Eine solche Blockade lässt sich aber auch medikamentös erreichen. Diese Behandlung wirkt zwar nur begrenzte Zeit, doch die reicht in der Regel bereits aus, um Wunden und Gewebeschäden abheilen zu lassen.
Sofern das Raynaud-Syndrom im Zusammenhang mit der Arbeit auftritt, ist unter Umständen ein Arbeitsplatz- oder sogar Berufswechsel notwendig.
Am primären Raynaud-Syndrom erkranken vor allem Frauen zwischen 20 und 40 Jahren. Insgesamt sind Frauen etwa fünfmal häufiger betroffen als Männer. Schätzungsweise drei Prozent der Bevölkerung weisen die typischen Symptome des primären Raynaud-Syndroms auf. Ein primäres Raynaud-Syndrom ist zwar störend und unangenehm, verläuft aber harmlos und schränkt die Lebensqualität meist nur wenig ein. In der Regel bessern sich die Beschwerden im Laufe der Zeit.
Bei einem sekundären Raynaud-Syndrom ist der Leidensdruck mitunter deutlich höher und verstärkt sich möglicherweise im Laufe der Zeit noch. Der Krankheitsverlauf ist aufgrund der vielen unterschiedlichen Ursachen von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Bei einigen Patienten treten Komplikationen wie schlecht heilende Wunden oder andere Gewebeschäden auf, deren Behandlung häufig kompliziert und langwierig ist.
In besonders schweren Fällen sterben etwa auch Gewebebereiche ab. Da sich bei Gefäßschäden jedoch relativ schnell neue Gefäße bilden, ist eine
Amputation
, beispielsweise der betroffenen Finger, bei einem Raynaud-Syndrom nur sehr selten notwendig.
Das Raynaud-Syndrom ist eine Gefäßerkrankung, die durch Gefäßkrämpfe (Vasospasmen) hervorgerufen wird. Die Krämpfe treten anfallsartig meist an den Fingern, seltener an den Zehen und anderen Körperpartien auf. Dadurch verringert sich die Blutzufuhr zu der betroffenen Körperregion – sie werden blass und kalt, weshalb man auch von der Leichenfinger- oder Weißfingerkrankheit spricht. Ausgelöst werden die Krämpfe meist durch Kälte und psychische Belastung.
Am primären Raynaud-Syndrom erkranken vor allem Frauen zwischen 20 und 40 Jahren. Insgesamt sind Frauen etwa fünfmal häufiger betroffen als Männer. Schätzungsweise drei Prozent der Bevölkerung weisen die typischen Symptome des primären Raynaud-Syndroms auf.
Der erste Ansprechpartner bei einem Raynaud-Syndrom ist der Hausarzt, der gegebenenfalls an einen Rheumatologen überweist. In der Regel reicht eine ausführliche Beschreibung der Symptome schon aus, um die Diagnose "Raynaud-Syndrom" zu stellen.
Das ärztliche Gespräch liefert wichtige Hinweise auf Art und Ursache eines Raynaud-Syndroms. Im Gespräch wird der Arzt unter anderem folgende Fragen stellen:
Eine Reihe von Tests erhärtet die Diagnose eines Raynaud-Syndroms. Mithilfe der Faustschlussprobe beispielsweise lässt sich der Bluteinstrom in die Finger im Seitenvergleich prüfen. Dazu umschließt der Arzt fest das Handgelenk des Patienten und lässt ihn die Faust circa 20 Mal schließen und wieder öffnen. Liegt ein Raynaud-Syndrom vor, werden die Finger bei diesem Experiment in der Regel blass.
Der Allen-Test dient der Untersuchung der Arterien, die Blut in die
Hand
leiten. Der Arzt drückt nacheinander eine der beiden Arterien ab und überprüft, ob die jeweils offene
Arterie
die Hand ausreichend mit Blut versorgt. Wird die Hand während der Kompression blass, so ist die nicht abgedrückte Arterie vermutlich verschlossen.
Durch einen Kälteprovokationstest stellt der Arzt fest, ob Kälte ein möglicher Auslöser einer Attacke ist. Dazu taucht der Betroffene die Hände für rund drei Minuten in Eiswasser. Diese Untersuchung ist jedoch umstritten, da sich die Attacken so nicht zuverlässig auslösen lassen.
Wichtig bei einem Verdacht auf ein Raynaud-Syndrom ist zudem die Inspektion der Hände. Dabei achtet der Arzt auf Wunden und Gewebeschäden wie abgestorbene Areale an den Fingerkuppen, sogenannte Rattenbiss- oder Fingerkuppennekrosen. Außerdem sucht der Arzt nach Veränderungen am Nagel.
Die Kriterien für die Diagnose eines primären Raynaud-Syndroms sind:
Für eine primäre Form des Raynaud-Syndroms spricht außerdem, wenn die Betroffenen jung (unter 30) und weiblich sind oder zusätzlich unter
Migräne
oder einer speziellen Form der Herzenge (Prinzmetal-Angina) leiden. Beiden Krankheiten liegen Verkrampfungen bestimmter Blutgefäße zugrunde.
Die Kriterien, die für das Vorliegen eines sekundären Raynaud-Syndroms sprechen, sind:
Treten die Beschwerden bei Männern auf, die über 30 Jahre alt sind, spricht das ebenfalls eher für ein sekundäres Raynaud-Syndrom. Auch bestimmte Erkrankungen, beispielsweise eine
Nierenentzündung
oder Knochenschmerzen sowie die Einnahme bestimmter Medikamente oder der Konsum von Drogen, verstärken den Verdacht.
Um das Raynaud-Syndrom sicher von anderen Erkrankungen mit zum Teil ähnlichen Symptomen abzugrenzen, ist eine Reihe weiterer Untersuchungen möglich.
Im Rahmen einer Kapillarmikroskopie untersucht der Arzt die kleinsten Gefäße (
Kapillaren
) der Hände. Damit lässt sich beispielsweise eine Sklerodermie als Ursache eines sekundären Raynaud-Syndroms feststellen. Diese Krankheit geht mit Riesenkapillaren, gefäßfreien Regionen und kleineren Blutungen einher.
Bluttests decken weitere Erkrankungen auf, die mitunter ein sekundäres Raynaud-Syndrom zur Folge haben. Wichtig sind zum Beispiel ein Blutbild, die Entzündungswerte sowie der Nachweis bestimmter Antikörper. Dazu gehören sogenannte ANA und anti-DNS-Antikörper, die typisch für die seltene Immunerkrankung Lupus erythematodes sind.
Die Magnetresonanz-Angiografie und die Duplexsonografie ermöglichen den Nachweis von Gefäßkrämpfen (Spasmen), Verengungen (Stenosen) und anderen Gefäßveränderungen. Es empfiehlt sich in der Regel, zusätzlich auch Herz- und Halsgefäße zu untersuchen. Während der Untersuchung hat der Arzt die Möglichkeit, einen sogenannten α-Blocker zu verabreichen. Dieses Medikament bewirkt, dass sich die Verengung öffnet. Wenn dies nicht der Fall ist, so ist von einer Gefäßerkrankung auszugehen.
Wichtig ist es, andere Erkrankungen auszuschließen, die mit ähnlichen Symptomen wie denen des Raynaud-Syndroms einhergehen. Dazu gehören Blutgerinnsel (Embolien) und die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), bei denen sich Blutgefäße verschließen. Zudem geht die sogenannte isolierte Akrozyanose mit einer schmerzlosen Blaufärbung der Hände einher. Eine auf den ersten Blick beunruhigende, aber harmlose Erkrankung sind spontane Blutergüsse am Finger (das sogenannte spontane Fingerhämatom).
Es ist prinzipiell nicht möglich, dem Raynaud-Syndrom vorzubeugen. Für die Betroffenen ist es jedoch ratsam, Auslöser der Attacken, also vor allem Stress und Kälte, zu vermeiden. Menschen mit Raynaud-Syndrom sollten zudem auf das Rauchen verzichten. Gegebenenfalls hilft auch eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren ist, dies ist jedoch wissenschaftlich nicht eindeutig bewiesen. Für Betroffene mit sekundärem Raynaud-Syndrom ist es wichtig, die Grunderkrankung vom Arzt behandeln zu lassen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Raynaud-Syndrom
Kurzübersicht
Woran erkennt man das Raynaud-Syndrom?
Ursachen und Risikofaktoren
Behandlung
Stressabbau
Wundversorgung
Was tun bei einer Raynaud-Attacke?
Medikamente
Operationen
Krankheitsverlauf und Prognose
Was ist das Raynaud-Syndrom?
Untersuchungen und Diagnose
Diagnose eines primären Raynaud-Syndroms
Diagnose eines sekundären Raynaud-Syndroms
Kapillarmikroskopie
Blutuntersuchungen
Bildgebende Verfahren
Vorbeugen
Autoren- & Quelleninformationen