Illness name: haemangiom
Description:
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Das
Hämangiom
(Blutschwämmchen, Blutschwamm) ist ein gutartiger Gefäßtumor bei Neugeborenen und Säuglingen. Es zeigt sich als roter Hautfleck, der erhaben sein kann. Ein solches Hämangiom kann an allen Körperstellen auftreten. In einigen Fällen verschwindet es von selbst. Anderenfalls kann es durch verschiedene Therapien behandelt werden. Lesen Sie hier alles Wichtige über das Hämangiom.
Ein Hämangiom ist ein gutartiger (benigner) Tumor der Gefäße (Angiodysplasie), der unterschiedlich tief in der
Haut
liegen kann. Umgangssprachlich wird er auch als Blutschwamm oder Blutschwämmchen bezeichnet. Hämangiome bilden keine Metastasen, können aber durch ihr Wachstum gegen Organe drücken und so Symptome verursachen.
Ein Blutschwämmchen tritt bei Säuglingen auf und ist entweder von
Geburt
an vorhanden (
kongenitales Hämangiom
) oder entsteht in den ersten Lebenswochen (
infantiles Hämangiom
). Letzteres ist weiter verbreitet als die kongenitale Variante.
Mädchen sind etwa dreimal häufiger von einem Blutschwämmchen betroffen als Jungen. Etwa fünf Prozent der reifgeborenen Kinder und über 20 Prozent der Frühgeborenen haben ein infantiles Hämangiom.
Ein Lymphangiom ähnelt dem Hämangiom. Der Unterschied ist, dass ein Lymphangiom aus Lymphgefäßen entsteht.
Hämangiome befinden sich vor allem in der Haut. Eltern nehmen sie als rot-blaue Punkte, Flecken oder Knoten bei ihrem Baby wahr. Blutschwämmchen können flach oder erhaben sein. Das infantile Hämangiom bildet sich in den ersten vier Lebenswochen aus. Anschließend kann es etwa bis zum neunten Lebensmonat wachsen.
Segmentale Hämangiome sind flächenhaft in bestimmten Regionen des Gesichts beziehungsweise des unteren Rückens zu finden. Sie treten oft zusammen mit weiteren Fehlbildungen auf, zum Beispiel Hirnhämangiomen oder Wirbelsäulenmissbildungen (wie Spina bifida = "offener Rücken").
Die genauen Mechanismen, die zu einem Blutschwamm führen, sind noch nicht abschließend geklärt. Allerdings treten Hämangiome in manchen Familien gehäuft auf, was auf eine vererbbare Komponente bei der Entstehung der Blutschwämmchen hindeutet.
Wenn jemand mehr als zehn Blutschwämmchen hat, spricht man von einer
Hämangiomatose
. Dabei kommen auch häufig Hämangiome an inneren Organen vor (z.B. an
Leber
,
Gehirn
,
Lunge
oder Gastrointestinaltrakt), sodass weitere Untersuchungen notwendig sind. Auch genetische Syndrome wie das Kasabach-Merritt-Syndrom können mit vermehrten Hämangiomen einhergehen. Dabei kommt es neben der Ausbildung von großen Blutschwämmchen an den Extremitäten zu einem Abfall der Blutplättchenzahl (
Thrombozytopenie
).
Sollte Ihnen ein roter Fleck auf der Haut Ihres Kindes auffallen, ist der Kinderarzt der richtige Ansprechpartner. Er befragt Sie ausführlich zur Krankheitsgeschichte (
Anamnese
) des Kindes. Dabei stellt er Ihnen unter anderem folgende Fragen:
Anschließend untersucht der Arzt Ihr Kind. Dabei schaut er sich die rote Hautstelle genau an und sucht auch die übrige Haut nach Veränderungen ab. Außerdem hört der Arzt
Herz
und Lunge Ihres Kindes ab und prüft seine Bewegungen. So können eventuelle assoziierte Fehlbildungen erkannt werden.
Die Anamnese und die klinische Untersuchung sind entscheidend, um die Diagnose Hämangiom zu stellen. Dann sollte der Blutschwamm fotodokumentiert werden, um Veränderungen über die Zeit festzustellen.
Darüber hinaus sind in einigen Fällen weiterführende Untersuchungen notwendig. Dazu zählt eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie). Damit lassen sich Hämangiome im Bauch wie zum Beispiel in der Leber nachweisen. Mit einer
Kernspintomografie
(Magnetresonanztomografie, MRT) können Hämangiome im Gehirn diagnostiziert werden.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um ein Hämangiom zu behandeln. Bei der Wahl der Methode kommt es vor allem darauf an, wo sich das Blutschwämmchen befindet und wie groß es ist. Eine rasche Therapie ist ratsam, wenn durch den Tumor Organe in ihrer Funktion eingeschränkt werden, zum Beispiel
Auge
,
Ohr
,
Nase
,
Mund
, Füße oder Hände.
Auch aus kosmetischen (im Gesicht) oder pflegerischen Gründen (im Genitalbereich) sollten manche Hämangiome frühzeitig behandelt werden.
Kleine, flache Hämangiome bis zu einem Durchmesser von maximal einem Zentimeter werden in der Regel mit einer Kältetherapie (
Kryotherapie
) behandelt. Die Blutschwämmchen werden also vereist. Als Folge kann sich eine Blase oder Kruste bilden. Vor der Behandlung sollte die betroffene Hautstelle mit einem Pflaster mit Lokalanästhetikum betäubt werden.
Auch eine
Lasertherapie
mit Farbstofflaser (FPDL) oder gepulster Blitzlampe (IPL) kann bei sehr kleinen Blutschwämmchen zum Einsatz kommen. Sie ist aber mittlerweile zugunsten der gut wirksamen medikamentösen Behandlung mit
Propranolol
in den Hintergrund getreten.
Wenn jemand ein größeres Hämangiom oder mehrere Blutschwämmchen hat, erfolgt oft eine medikamentöse Behandlung, und zwar mit dem Wirkstoff Propranolol. Das ist ein Betablocker – ein gefäßverengendes Medikament, das normalerweise bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt wird. Für die Hämangiom-Therapie ist es offiziell seit 2014 zugelassen, weil man zufällig festgestellt hat, dass es auch recht gut gegen Blutschwämmchen wirkt.
Propranolol sollte unter stationärer Überwachung verabreicht werden. Die Dosis ist anfangs sehr niedrig und wird dann langsam gesteigert, um Herz-Kreislauf-Störungen zu vermeiden. Außerdem muss das Herz des Patienten vor Therapiebeginn mittels Elektrokardiografie (
EKG
) und Herzultraschall (
Echokardiografie
) untersucht werden. So will man ausschließen, dass eine Herzerkrankung vorliegt, die gegen eine Therapie mit Propranolol sprechen würde.
Früher hat man Blutschwämmchen auch mit Glukokortikoiden (Kortison) oder Chemotherapeutika behandelt, was aber mittlerweile als veraltet gilt.
Eine Operation ist bei einem Hämangiom nur dann angezeigt, wenn nach Abschluss der anderen Therapien Reste des Blutschwämmchens zurückbleiben oder
Narben
entstanden sind. Ebenfalls operiert werden sollte, wenn der Blutschwamm durch schnelles Wachstum akut die Funktion eines Organs einschränken könnte (z.B. die Nasenatmung).
Infantile Hämangiome gehen mit einer Geschwürbildung (Ulzeration) in der Anus- oder Geschlechtsregion einher? Dann kann – zusätzlich zur Propanolol-Therapie – ein Pflegekonzept hilfreich sein, das die Läsion austrocknet: Nach jedem Wasserlassen oder Stuhlgang spült man die betroffene Stelle mit Desinfektionsmittel (Octenidindihydrochlorid) ab und lässt sie anschließend an der Luft trocknen. Danach trägt man ein Antiseptikum (Polyhexanid) auf die wunde Stelle auf und deckt sie steril mit einem Paraffingazeverband ab.
Auch mit Umschlägen aus schwarzem Tee kann man eine Austrocknung erreichen.
Die Prognose ist gut. Infantile Hämangiome bilden sich in der Regel von selbst zurück, und zwar etwa zwischen dem Ende des ersten Lebensjahres und dem neunten Lebensjahr. Häufig bleiben keine Rückstände erkennbar. Bei besonders großen Blutschwämmchen können dagegen zurückbleiben:
Ein kongenitales
Hämangiom
bleibt häufiger bestehen als ein infantiles. Mit der richtigen Therapie kann man es aber vollständig beseitigen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Hämangiom
Hämangiom: Beschreibung
Hämangiom: Arten und Häufigkeit
Hämangiom: Symptome
Hämangiom: Ursachen und Risikofaktoren
Hämangiom: Untersuchungen und Diagnose
Weitere Untersuchungen
Hämangiom: Behandlung
Kälte- und Lasertherapie
Medikamente
Operation
Zusätzliche Maßnahmen
Hämangiom: Krankheitsverlauf und Prognose
Autoren- & Quelleninformationen