Illness name: parotitis
Description:
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Die
Parotitis
ist eine Entzündung der Ohrspeicheldrüse. Diese schwillt dabei stark an, was oft Schmerzen und eine Kieferklemme auslöst. Verschiedene Krankheitserreger rufen eine Ohrspeicheldrüsenentzündung hervor. Je nach Ursache heilt die Parotitis folgenlos ab oder geht mit schwerwiegenden Komplikationen einher. Lesen Sie hier mehr über Parotitis.
Man unterscheidet akute und chronische Formen der Ohrspeicheldrüsenentzündung (Parotitis):
Eine akute Parotitis ist bakteriell oder viral bedingt. Bekanntestes Beispiel ist der Mumps ("Ziegenpeter", Parotitis epidemica), der durch das Mumps-Virus verursacht wird. Vor allem ungeimpfte Kleinkinder erkranken daran.
Von einer chronisch-rezidivierenden Parotitis sprechen Mediziner, wenn die Ohrspeicheldrüsenentzündung immer wiederkehrt. Sie ist die häufigste Form einer Parotitis und tritt sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen auf.
Akut oder wiederkehrend sind außerdem etwa das
Sjögren-Syndrom
oder Heerfordt-Syndrom Ursachen, Schädigung durch Bestrahlung oder die marantische Parotitis durch Austrocknung (Exsikkose).
Die Ohrspeicheldrüse (Glandula parotidea, kurz Parotis genannt) liegt beidseits am Gesichtsrand vor den Ohren. Sie zählt zu den großen Kopfspeicheldrüsen und sorgt für die Sekretion von
Speichel
beim Kauen. Der Ausführungsgang der Drüse befindet sich an der
Mundschleimhaut
gegenüber den oberen Backenzähnen.
Die Parotis ist von einer Bindegewebskapsel umgeben. Bei einer Entzündung der Ohrspeicheldrüse schwillt diese an, und die Kapsel wird unter Spannung gesetzt. Diese Kapselspannung ist schmerzhaft.
Neben der Parotis gibt es zwei weitere große Kopfspeicheldrüsen. Mehr über deren Entzündung finden Sie im Beitrag
Speicheldrüsenentzündung
.
Bei einer Parotitis schwillt die betroffene Ohrspeicheldrüse in der Regel stark an. Die Schwellung ist äußerlich sichtbar: Sie zieht sich von den Wangen bis zu den Ohren, und zwar einseitig oder beidseitig.
Die Schwellung führt in einigen Fällen zu einer Kieferklemme, die es den Patienten schwer macht, Nahrung zu sich zu nehmen. Außerdem klagen sie über Schmerzen an der Ohrspeicheldrüse. Diese beruhen häufig auf der Spannung der Kapsel, welche die Parotis umgibt.
Während die chronisch-rezidivierende Parotitis oft mit Eiter einhergeht, der sich unter Umständen in die Mundhöhle entleert, ist das Sekret bei der Parotitis epidemica eher wässrig. Fieber ist bei beiden Krankheitsbildern möglich, ebenso Abgeschlagenheit und ein allgemeines Krankheitsgefühl.
Reichliche Flüssigkeitsaufnahme, weiche Nahrung und eine sorgfältige Mundhygiene sind allgemeine Behandlungsmaßnahmen bei einer Ohrspeicheldrüsenentzündung. Umschläge mit kühlem Wasser, Quark oder Salbe als Hausmittel lindern in vielen Fällen die Schmerzen.
Außerdem empfehlen sich speichelanregende Mittel (Sialogoga) wie Bonbons, Kaugummi oder saure Säfte: Der gesteigerte Speichelfluss reinigt die Drüsengänge.
Diese symptomlindernden Maßnahmen sind oft das einzige, was bei einer viral bedingten Parotitis (wie bei Mumps) hilft.
Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.
Bei Bedarf ist es möglich, fiebersenkende Schmerzmittel wie
Paracetamol
oder Ibuprofen zu geben. Ibuprofen hemmt zudem die Entzündung.
Bei einer bakteriell bedingten Parotitis wird Ihr Arzt Ihnen Antibiotika verschreiben. Diese töten Bakterien ab oder verhindern deren Vermehrung. Hat sich bereits ein Abszess (abgekapselte Eiteransammlung) gebildet, wird der Arzt diesen in der Regel operativ öffnen. So hat der Eiter die Möglichkeit, abzufließen.
Wenn Antibiotika nicht helfen und/oder die Ohrspeicheldrüsenentzündung wiederholt auftritt, ist oft die Entfernung der Parotis (Parotidektomie) notwendig.
Eine akute Parotitis wird vor allem durch Viren oder Bakterien ausgelöst. Der häufigste virale Erreger ist das Mumps-Virus (Parotitis epidemica): Hier zeigen sich etwa 17 bis 21 Tage nach der Ansteckung die ersten Symptome (Inkubationszeit).
Seltener lösen andere Viren eine akute Ohrspeicheldrüsenentzündung aus, zum Beispiel das Zytomegalie-Virus.
Bakterielle Erreger einer akuten Parotitis zählen meist zu den Staphylokokken oder Streptokokken. Die Keime steigen dann etwa aus anderen Körperregionen über die Blut- oder Lymphbahnen in die Ohrspeicheldrüse auf. Auch gestörter Speichelfluss bei ungenügender Flüssigkeitsaufnahme sowie eine Schwäche des Immunsystems führen manchmal zu einer bakteriellen Ohrspeicheldrüsenentzündung.
Die Ursachen und Krankheitsentstehung der chronisch-rezidivierenden Parotitis sind nicht abschließend geklärt. Man geht davon aus, dass Viren oder Bakterien für die akuten Schübe verantwortlich sind. Warum sich die Keime vermehren und immer wieder eine Entzündung auslösen, ist unklar. Verschiedene Ursachen dafür werden diskutiert:
Dickt der Speichel ein, ist es möglich, dass sich in den Gängen der Speicheldrüsen sogenannte Speichelsteine entwickeln. Sie blockieren eventuell den Abfluss und führen so zu Entzündungen. Hier erfahren Sie mehr zum
Speichelstein
.
Neben Viren und Bakterien sind drei weitere mögliche Ursachen einer Entzündung der Ohrspeicheldrüse bekannt:
Wenn Sie eine anhaltende Schwellung der Ohrspeicheldrüse bemerken und Schmerzen oder weitere Krankheitsanzeichen haben, suchen Sie bitte einen Arzt auf. Der Facharzt zur Behandlung der Parotitis ist der Hals-Nasen-Ohren-Arzt.
Zunächst befragt dieser Sie ausführlich zu Ihrer Krankheitsgeschichte (
Anamnese
). Mögliche Fragen sind zum Beispiel:
Anschließend folgt die körperliche Untersuchung. Zunächst schaut der Arzt sich die Kopf-Hals-Region genau an. Er achtet dabei auf mögliche Schwellungen der Ohrspeicheldrüse sowie eine Rötung der
Haut
. Anschließend tastet er die Parotis und den Hals ab. Neben Schwellungen der Speicheldrüsen stellt er so etwa Schwellungen der Lymphknoten am Hals fest.
Bei einer akuten bakteriellen Parotitis wird der Arzt den angesammelten Eiter aus dem Ausführungsgang der Drüse ausmassieren. Manchmal entleert sich der Eiter auch von selbst. Der Arzt nimmt eventuell einen Abstrich davon und lässt den genauen bakteriellen Erreger bestimmen. So lässt sich das optimale Antibiotikum zur Therapie auswählen.
Die Diagnose "akute Parotitis" lässt sich häufig schon anhand der Symptome, der körperlichen Untersuchung und der Krankheitsgeschichte stellen.
Besonders bei einer chronisch-rezidivierenden Parotitis ist manchmal eine weitere Diagnostik notwendig. Mithilfe einer sogenannten Sialografie – eine spezielle Röntgenuntersuchung – lassen sich die Ohrspeicheldrüse sowie ihr Ausführungsgang und seine Aufzweigung in der Drüse darstellen. Dafür spritzt der Arzt Kontrastmittel in den Drüsengang und erstellt ein Röntgenbild:
Bei einer chronisch-rezidivierenden Parotitis sind zunächst perlenschnurartige Gangverengungen zu sehen, die durch Vernarbungen entstanden sind. Im weiteren Krankheitsverlauf werden die Gänge zerstört. In der Sialografie sind dann nur noch wenige Gänge sichtbar. Speichelsteine, gut- und bösartige Tumoren lassen sich ebenfalls mit der Untersuchung erkennen.
Um Speichelsteine, Abszesse oder Tumoren aufzuspüren, genügt manchmal schon eine Ultraschalluntersuchung. In seltenen Fällen wird zur Abklärung einer Parotitis eine Magnetresonanztomografie (MRT),
Computertomografie
(CT) oder eine Endoskopie des Drüsengangs (Sialendoskopie) notwendig.
Letztere Untersuchung führt man unter örtlicher Betäubung durch, was die Entnahme einer Gewebeprobe ermöglicht. Die Endoskopie lässt sich auch therapeutisch einsetzen, um den Drüsengang zu spülen.
Eine akute Parotitis heilt bei Behandlung meist innerhalb weniger Tage vollständig aus. Wenn eine Verengung des Drüsenganges allerdings der Auslöser für die Ohrspeicheldrüsenentzündung ist und nicht behandelt wird, ist es möglich, dass die Entzündung immer wiederkehrt.
Die chronisch-rezidivierende Parotitis ist, wie der Name bereits sagt, eine wiederkehrende Entzündung der Ohrspeicheldrüse. Wenn Kinder daran erkranken, heilt sie meist folgenlos in der Pubertät ab. Bei Erwachsenen bleiben dagegen oft narbige Veränderungen zurück. Diese behindern unter Umständen den Speichelfluss und machen im späteren Verlauf eventuell eine Parotidektomie nötig. Dabei besteht das Risiko, dass man bei der Operation den Gesichtsnerv, der für die Gesichtsbewegungen zuständig ist, schädigt. Dann ist auf der betroffenen Gesichtshälfte keine oder nur noch eingeschränkte Mimik möglich.
Mumps hat in einigen Fällen schwerwiegende Komplikationen zur Folge. Dazu gehören etwa
Schwerhörigkeit
bis hin zur Taubheit, eine Entzündung von
Gehirn
oder Hirnhäuten (
Enzephalitis
,
Meningitis
) sowie eine Entzündung der
Bauchspeicheldrüse
(Pankreatitis) oder der
Hoden
(Orchitis).
Besonders im Fall einer Infektion mit dem Mumps-Virus handelt es sich um eine ansteckende Infektionskrankheit. Die Übertragung erfolgt durch
Tröpfcheninfektion
. Andere Viren-Infektionen, die zu einer Ohrspeicheldrüsenentzündung führen, sind meist weniger ansteckend.
Auch wenn die meisten anderen Formen einer Parotitis in der Regel nicht unmittelbar ansteckend sind, sollte man bei unklarer Ursache vorsorglich von einer Ansteckungsmöglichkeit ausgehen und sich entsprechend verhalten.
Gegen akute Entzündungen der Ohrspeicheldrüse wirkt unter anderem eine gute Zahn- und Mundhygiene vorbeugend, außerdem eine ausreichenden Flüssigkeitszufuhr (insbesondere bei älteren Menschen gegen die Marantische Parotitis).
Um Kinder vor der Parotitis epidemica und den möglichen Folgen zu schützen, gibt es eine Impfung gegen Mumps. Diese wird meist in Kombination mit einer Impfung gegen Masern und
Röteln
verabreicht (MMR-Impfung). Sie ist auch noch im Erwachsenenalter in bestimmten Fällen nachholbar.
Lesen SIe hier mehr zur
Mumps-Impfung
.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Parotitis
Kurzübersicht
Was ist eine Ohrspeicheldrüsenentzündung (Parotitis)?
Die Ohrspeicheldrüse – kurzer Ausflug in die Anatomie
Entzündung anderer Speicheldrüsen
Welche Symptome treten auf?
Wie behandelt man eine Parotitis?
Welche Hausmittel helfen bei der Therapie?
Medikamente bei Parotitis
Ursachen und Risikofaktoren
Speichelsteine
Andere Ursachen
Untersuchungen und Diagnose
Körperliche Untersuchung
Sialografie bei chronisch-rezidivierender Parotitis
Krankheitsverlauf und Prognose
Ist eine Parotitis ansteckend?
Vorbeugung
Impfung
Autoren- & Quelleninformationen