Illness name: reizmagen
Description:
Tanja Unterberger studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in Wien. 2015 begann sie ihre Arbeit als Medizinredakteurin bei NetDoktor in Österreich. Neben dem Schreiben von Fachtexten, Magazinartikeln sowie News bringt die Journalistin auch Erfahrung im Podcasting und in der Videoproduktion mit.
Als Reizmagen (funktionelle Dyspepsie) bezeichnen Ärzte wiederkehrende oder chronische Beschwerden im Oberbauch. Betroffene berichten von Unwohlsein, Schmerzen und Druck im Bauch oder Völlegefühl im Magen. Da organische Ursachen fehlen, stellen Ärzte die Diagnose im Ausschlussverfahren. Mehr über Symptome sowie Verlauf und Behandlung des Reizmagens lesen Sie hier.
Bei einem Reizmagen (RM) handelt es sich um eine funktionelle Verdauungsstörung – auch funktionelle Dyspepsie oder Reizmagensyndrom (RMS) genannt. Der Begriff bezeichnet eine Reihe unterschiedlicher Beschwerden des Oberbauchs, denen keine organischen Ursachen zugrunde liegen. Das bedeutet, dass zwar körperliche Beschwerden bestehen, sich aber keine körperliche Ursache wie eine Entzündung feststellen lässt. Etwa 20 Prozent der Bevölkerung sind jährlich mehr oder weniger häufig von Symptomen eines Reizmagens betroffen. In vielen Fällen treten die Beschwerden chronisch auf. Ein Reizmagen ist grundsätzlich nicht gefährlich, kann aber die Lebensqualität stark beeinträchtigen.
Die Symptome bei einem Reizmagen sind individuell sehr unterschiedlich. Betroffene suchen ihren Arzt oft aufgrund von „Verdauungsstörungen“, einem „nervösen
Magen
“ oder Oberbauchbeschwerden auf.
Folgende Beschwerden können bei einem Reizmagen in unterschiedlicher Ausprägung auftreten:
Typisch für einen Reizmagen ist, dass die Schmerzen im Oberbauch andauernd bestehen oder immer wiederkehren und im zurückliegenden halben Jahr mindestens dreimal wöchentlich über mehr als drei Monate aufgetreten sind. Außerdem bessern sich die Beschwerden nach dem Stuhlgang nicht.
Ärzte unterscheiden anhand bestimmter Kriterien (Rom-IV-Kriterien) zwei Typen der funktionellen Dyspepsie, die allerdings auch gleichzeitig bestehen können:
Bei all diesen Symptomen kann es sich um einen Reizmagen handeln, möglich ist aber auch eine körperliche Ursache. Suchen Sie deshalb einen Arzt auf, wenn Ihre Oberbauchbeschwerden über eine längere Zeit anhalten. Mit Hilfe verschiedener Untersuchungen schließt er andere Erkrankungen aus (Differenzialdiagnostik).
Sowohl der Reizmagen als auch der
Reizdarm
sind funktionelle Verdauungsstörungen. Sie gehören zu den häufigsten Erkrankungen des Verdauungsapparats. Typisch für den Reizdarm sind Schmerzen im Mittel-/Unterbauch und abwechselnd Durchfall und Verstopfung. Betroffene berichten auch von Blähungen und scheiden beim Toilettengang Schleim aus.
In 40 Prozent der Fälle haben Menschen mit einem nervösen Magen gleichzeitig Reizdarm-Symptome. Umgekehrt berichten Menschen mit einem Reizdarm auch über Beschwerden, die einem Reizmagen zugerechnet werden. Bei beiden Beschwerdebildern können zusätzlich Symptome auftreten, die nicht auf den Bauchraum bezogen sind, wie
Kopfschmerzen
,
Schlafstörungen
, Knochen- und Gelenkbeschwerden.
Da beim Reizmagen und Reizdarm ähnliche Ursachen diskutiert werden, gehen Ärzte davon aus, dass sie verwandt sind und häufig gemeinsam auftreten. In einigen Fällen tritt die funktionelle Dyspepsie auch zusammen mit Refluxbeschwerden auf. Dabei kommt es zum Rückfluss von Magensaft in die
Speiseröhre
.
Eine funktionelle Dyspepsie ist unangenehm, aber harmlos. In der Regel treten keine Komplikationen oder Folgeerkrankungen auf. Jedoch verläuft ein Reizmagen meist chronisch. Nur jeder fünfte Betroffene wird wieder völlig beschwerdefrei. Die Symptome lassen sich durch eine Behandlung aber deutlich vermindern.
Grundsätzlich ist ein nervöser Magen ungefährlich. Jedoch beeinträchtigen die wiederkehrenden Beschwerden den Alltag mitunter stark. Gehen Sie zum Arzt, wenn Ihre Beschwerden länger anhalten, besonders schmerzhaft sind oder insgesamt häufig auftreten. Dahinter können sich nämlich auch schwerwiegende Erkrankungen verbergen.
Achtung: Suchen Sie bei folgenden Anzeichen schnellstmöglich einen Arzt auf:
Die Beschwerden eines Reizmagens halten meist über längere Zeit an (mindestens drei Monate dauerhaft oder immer wieder für mehrere Tage). In manchen Fällen bestehen sie sogar über Jahre hinweg. Durch verschiedene Behandlungen bessern sich die Symptome aber meist deutlich.
Bislang ist nicht eindeutig geklärt, wie ein Reizmagen entsteht, denn es gibt keine erkennbare körperliche Ursache. Ärzte gehen jedoch davon aus, dass mehrere Faktoren eine Rolle bei der Entstehung spielen. Dazu gehören:
Bei der Diagnose Reizmagen handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose (Differenzialdiagnostik). Der Arzt schließt also zunächst andere Erkrankungen aus, die ähnliche Beschwerden hervorrufen. Dazu gehören etwa Magenschleimhautentzündungen, Magengeschwüre, bösartige Tumoren des Magens und der Speiseröhre (
Magenkrebs
,
Speiseröhrenkrebs
), Erkrankungen der Gallenwege, der
Leber
oder des Darms. Erster Ansprechpartner bei Reizmagen-Beschwerden ist der Hausarzt. Er überweist den Patienten gegebenenfalls an einen Spezialisten für Magen-Darm-Erkrankungen (Gastroenterologen).
Am Anfang der Diagnostik steht ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten. Eine genaue Beschreibung (Art, Dauer und Stärke) der Beschwerden gibt dem Arzt erste Hinweise auf eine funktionelle Dyspepsie.
Bei der anschließenden körperlichen Untersuchung tastet der Arzt unter anderem den Bauch ab. Stellt er keine krankhaften Veränderungen im Bereich des Magen-Darm-Trakts fest, erhärtet sich der Verdacht auf eine funktionelle Dyspepsie.
Um sicherzugehen, dass es sich um keine andere Erkrankung mit ähnlichen Symptomen wie beim Reizmagen handelt, untersucht der Arzt den Patienten nach Bedarf weiter. So lässt sich mit Hilfe einer
Blutuntersuchung
unter anderem feststellen, ob Entzündungswerte erhöht sind, die auf eine körperliche Ursache wie eine Magenschleimhautentzündung (Gastritis) schließen lassen. Auch eine Stuhluntersuchung ist sinnvoll, um organische Ursachen auszuschließen.
Zur weiteren Diagnostik setzen Ärzte eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) des Magen-Darm-Trakts ein. Bei der Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) begutachten sie die Speiseröhre, den Magen und den Anfangsteil des Darms mit einem Endoskop. So erkennen sie zum Beispiel Magengeschwüre. Die Ärzte entnehmen, falls nötig, während dieser Untersuchung Gewebeproben und untersuchen sie auf das Vorhandensein des Bakteriums Helicobacter pylori. Um Nahrungsmittelunverträglichkeiten (z.B. eine
Laktoseintoleranz
,
Fruktoseintoleranz
oder Histaminintoleranz) auszuschließen, sind weitere Tests möglich.
Bei rund einem Viertel der untersuchten Patienten lassen sich durch eine sorgfältige Abklärung der Beschwerden organische Ursachen feststellen, beispielsweise eine Gastritis oder eine
Refluxkrankheit
. Drei Viertel der Betroffenen erhalten aufgrund unauffälliger Untersuchungsergebnisse die Diagnose „Reizmagen“.
Um einen besseren Eindruck von den Beschwerden zu bekommen, die den Patienten am meisten belasten, empfehlen Ärzte, über einige Wochen ein
Symptomtagebuch
einschließlich Ernährungsprotokoll zu führen. In dieses tragen Betroffene unter anderem folgende Punkte ein:
Ein erster wichtiger Schritt zur Behandlung des Reizmagens ist, dass der Arzt den Patienten aufklärt: Worum handelt es sich bei der Erkrankung? Wodurch wird sie ausgelöst? Wie sieht die Therapie aus? Was kann man selbst tun?
Denn so unterschiedlich sich die Symptome eines Reizmagens von Person zu Person äußern, so individuell ist auch die entsprechende Therapie. Da bei der funktionellen Dyspepsie keine konkrete Ursache behandelt wird, zielt die Behandlung darauf ab, die Beschwerden zu lindern.
Eine allgemeingültige Ernährungs- oder Diätempfehlung beim Reizmagen gibt es nicht. Am besten findet jeder Betroffene durch vorsichtiges Ausprobieren selbst heraus, was ihm guttut und was nicht. Dabei spielen nicht nur die Lebensmittel selbst, sondern auch die Art ihrer Zubereitung eine Rolle.
Einigen Patienten hilft es, ihre Ernährungs- und Lebensgewohnheiten umzustellen:
Neben der Ernährung begünstigt dauerhafter körperlicher oder seelischer Stress die typischen Reizmagen-Symptome. Versuchen Sie daher, Ihre Lebensgewohnheiten zu verändern, um Stress zu reduzieren. Probieren Sie zum Beispiel Übungen zur Entspannung wie autogenes Training, Yoga oder progressive Muskelentspannung aus, und planen Sie bewusste Erholungsphasen im Alltag ein. Auch regelmäßiger Sport hilft, Stress zu reduzieren. Bei begleitenden psychischen Beschwerden wie Ängsten oder Depressionen ist eine
Psychotherapie
ratsam.
Einige Betroffene verwenden Hausmittel gegen ihre Reizmagen-Beschwerden. Auch wenn deren Wirkung wissenschaftlich nicht bewiesen ist, sind sie oft wohltuend und lindern manche Beschwerden. Probieren Sie aus, welches Hausmittel Ihnen hilft:
Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.
Bei einem Reizmagen werden derzeit folgende Medikamente eingesetzt:
Prokinetika (
Metoclopramid
,
Domperidon
)
Sie unterstützen die Bewegung (Motilität) des Magens und beschleunigen dadurch dessen Entleerung. Aufgrund möglicher Nebenwirkungen wird jedoch empfohlen, diese nicht länger als sechs bis acht Wochen einzusetzen.
Säuresuppressive Therapien (Protonenpumpenhemmer, H2-Blocker)
Diese Medikamente lindern bei vielen Betroffenen die Symptome, indem sie die Bildung von Magensäure reduzieren.
Trizyklische Antidepressiva
Bringen die zuvor genannten Wirkstoffe keinen zufriedenstellenden Erfolg, können trizyklische Antidepressiva helfen, die Lebensqualität trotz Reizmagen zu verbessern.
Phytotherapeutika
Eine positive Wirkung pflanzlicher Therapeutika (etwa Pfefferminze und Kümmel) ist in neuesten Studien bei Reizmagen-Symptomen festgestellt worden.
Helicobacter-pylori-Eradikationstherapie
Das Bakterium H. pylori kann mit Antibiotika beseitigt werden (Eradikationstherapie). Ob diese Behandlung auch die Symptome bei funktioneller Dyspepsie bessert, ist derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Studien. Nach aktuellem Wissensstand ist jeder zehnte Betroffene danach beschwerdefrei.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Tanja Unterberger studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in Wien. 2015 begann sie ihre Arbeit als Medizinredakteurin bei NetDoktor in Österreich. Neben dem Schreiben von Fachtexten, Magazinartikeln sowie News bringt die Journalistin auch Erfahrung im Podcasting und in der Videoproduktion mit.
Reizmagen
Kurzübersicht
Was ist ein Reizmagen?
Welche Symptome hat man bei einem Reizmagen?
Reizmagen oder Reizdarm?
Ist ein Reizmagen heilbar?
Ist ein Reizmagen gefährlich?
Wie lange hält ein Reizmagen an?
Wie kommt es zum Reizmagen?
Wie erkennt man einen Reizmagen?
Anamnese
Klinische Untersuchung
Weiterführende Untersuchungen
Symptomtagebuch
Was kann man gegen einen Reizmagen tun?
Ernährung bei Reizmagen
Hausmittel gegen Reizmagen
Medikamente
Autoren- & Quelleninformationen