Illness name: hypogonadismus
Description:
Astrid Leitner studierte in Wien Tiermedizin. Nach zehn Jahren in der veterinärmedizinischen Praxis und der Geburt ihrer Tochter wechselte sie – mehr zufällig – zum Medizinjournalismus. Schnell war klar: Das Interesse an medizinischen Themen und die Liebe zum Schreiben ergeben für sie die perfekte Kombination. Astrid Leitner lebt mit Tochter, Hund und Katze in Wien und Oberösterreich.
Als Hypogonadismus bezeichnen Ärzte einen Mangel an Geschlechtshormonen, der bei Männern und Frauen auftritt. Bei Jugendlichen führt der Hormonmangel dazu, dass die Pubertät nicht oder verspätet beginnt. Lesen Sie hier, welche Ursachen Hypogonadismus hat, welche Symptome auftreten und wie die Erkrankung behandelt wird.
Ein Hypogonadismus liegt vor, wenn die Keimdrüsen (Hoden oder Eierstöcke) zu wenig oder keine Geschlechtshormone produzieren. Der Begriff „hypo“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „unter“, als Gonaden bezeichnet man die Keim- oder Geschlechtsdrüsen.
Von Hypogonadismus können beide Geschlechter betroffen sein. Beim männlichen Hypogonadismus produzieren die Hoden zu wenig Androgene (Testosteron), beim weiblichen Hypogonadismus fehlen Östrogene und Gestagene (Progesteron).
Als Folge des Hormonmangels ist die geschlechtliche Entwicklung gestört, bei Erwachsenen bilden sich die sekundären Geschlechtsmerkmale (zum Beispiel die Schambehaarung) zurück, und Betroffene werden unfruchtbar. Welche Symptome auftreten, hängt davon ab, wann der Mangel an Geschlechtshormonen auftritt.
Geschlechtshormone der Frau:
Die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron sowie eine geringe Menge des männlichen Geschlechtshormons Testosteron werden vor allem in den Eierstöcken gebildet. Die Geschlechtshormone bei der Frau sind für die weibliche Entwicklung notwendig, die Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale wie
Brust
, Scham- und Achselbehaarung, für den Menstruationszyklus und den Knochenaufbau.
Geschlechtshormone des Mannes:
Die Geschlechtshormone des Mannes werden Androgene genannt, ihr Hauptvertreter ist Testosteron. Es wird vor allem in den Hoden gebildet und ist notwendig für die männliche körperliche Entwicklung (zum Beispiel Bartwuchs, Schambehaarung, Wachstum von
Penis
und Hoden), für die sexuelle Funktion und die Fortpflanzung.
Die wichtigste übergeordnete Steuerungszentrale für die Produktion der Geschlechtshormone in den Keimdrüsen liegt im
Gehirn
– im sogenannten Hypothalamus, einem Bereich im
Zwischenhirn
. Sollen Geschlechtshormone produziert werden, schüttet der Hypothalamus das Hormon GnRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon) aus.
GnRH stimuliert wiederum die zweite Schaltzentrale, die Hypophyse, zur Freisetzung der
Hormone
LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon). Diese beiden auch als Gonadotropine bezeichneten Hormone wirken wiederum auf die Keimdrüsen und regen sie an, Geschlechtshormone zu produzieren. Die sogenannten Leydig-Zellen in den Hoden bilden daraufhin Testosteron, die Eierstöcke Östrogene und Progesteron.
Sind genug Geschlechtshormone im Körper vorhanden, stoppen Hypothalamus und Hypophyse die Ausschüttung von GnRH, FSH und LH, sodass weniger oder keine Hormone mehr gebildet werden. Mediziner sprechen von einer „negativen Rückkopplung“.
Es gibt verschiedene Gründe, warum im Körper zu wenig Geschlechtshormone vorhanden sind. Die Störung der Hormonproduktion kann entweder in den Keimdrüsen selbst oder in den Schaltzentralen im Gehirn liegen. Abhängig vom Ort der Störung unterscheidet man den primären und den sekundären Hypogonadismus.
Beim primären Hypogonadismus liegt die Ursache des Hormonmangels direkt in den Keimdrüsen. Das ist der Fall, wenn die Hoden (zum Beispiel beim
Klinefelter-Syndrom
) oder die Eierstöcke (zum Beispiel beim
Turner-Syndrom
) von
Geburt
an fehlen oder nicht funktionsfähig sind. Gleiches gilt, wenn sie etwa wegen eines Tumors entfernt oder in Folge eines Unfalls so geschädigt werden, dass sie nicht mehr genug Geschlechtshormone bilden können. Typisch für einen primären Hypogonadismus ist ein niedriger Geschlechtshormonspiegel bei gleichzeitig hohen LH- und FSH-Werten. Mediziner sprechen auch von einem hypergonadotropen Hypogonadismus.
Beim sekundären Hypogonadismus funktionieren Hoden beziehungsweise Eierstöcke erwartungsgemäß. Der Mangel an Geschlechtshormonen kommt durch eine Störung in den Hormonsteuerzentralen des Gehirns zustande. Die Ursachen des Hormonmangels liegen entweder in der Hypophyse oder im Hypothalamus. Sowohl die Geschlechtshormonspiegel als auch die GnRH-, LH- und FSH-Werte sind erniedrigt. Mediziner sprechen von einem hypogonadotropen oder zentralen Hypogonadismus.
Ein funktioneller Hypogonadismus entwickelt sich entweder mit dem Alter oder als Folge einer anderen Grunderkrankung. Beim funktionellen oder gemischten Hypogonadismus können sowohl die Keimdrüsen als auch die hormonellen Schaltzentralen im Gehirn geschädigt sein.
Altershypogonadismus
(Late-onset-Hypogonadismus): Der Testosteronspiegel nimmt bei gesunden Männern mit dem Alter allmählich etwas ab. Der Körper verliert mit der Zeit die Fähigkeit, die Hormone richtig zu regulieren, und es wird weniger Testosteron gebildet. Liegt der Testosteronspiegel unter den Normwerten für gesunde Männer, spricht man von Altershypogonadismus. In der Gruppe der 40- bis 79-Jährigen haben bis zu 12,8 Prozent aller Männer einen zu niedrigen Testosteronspiegel und Symptome eines Hypogonadismus. Die Testosteronproduktion kommt in der Regel aber nicht vollständig zum Erliegen.
Im Gegensatz dazu stellt der weibliche Körper die Produktion von Geschlechtshormonen wie Östrogen mit den Wechseljahren zunehmend ein. Daraus resultiert ein natürlicher hypergonadotroper Hypogonadismus.
Andere Erkrankungen:
Ein funktioneller Hypogonadismus tritt auch zusammen mit anderen Erkrankungen wie dem metabolischen Syndrom, Adipositas, chronischen Entzündungen oder Depressionen auf. Auch exzessiver Sport oder Unterernährung lösen mitunter Symptome eines Hypogonadismus aus. Ebenso ist es möglich, dass bestimmte Medikamente wie etwa Kortison die Produktion von Geschlechtshormonen stören.
Die Ursachen für einen Mangel an Geschlechtshormonen sind vielfältig. Sie können entweder angeboren sein oder sich erst im Laufe des Lebens entwickeln.
Die häufigsten genetisch bedingten Erkrankungen, die zu einem Mangel an Geschlechtshormonen führen, sind das Klinefelter-Syndrom (bei Männern) und das Turner-Syndrom (bei Frauen).
Bei beiden Erkrankungen kommt es durch angeborene Chromosomenveränderungen zu Fehlbildungen der Keimdrüsen, die dazu führen, dass diese keine Geschlechtshormone produzieren. Bei Betroffenen bleibt die zu erwartende geschlechtsspezifische Entwicklung aus.
Ein primärer Hypogonadismus stellt sich oft erst im Laufe der Zeit ein. Für den Hormonmangel gibt es unterschiedliche Ursachen:
Beim sekundären Hypogonadismus sind die Keimdrüsen intakt, die Störung der Hormonproduktion liegt entweder im Hypothalamus oder in der Hypophyse.
Die Ursachen für eine solche Schädigung können sein:
Welche Symptome bei Hypogonadismus auftreten, hängt nicht nur vom Geschlecht ab, sondern auch davon, zu welchem Zeitpunkt die Erkrankung auftritt.
Hypogonadismus vor der Pubertät:
Hypogonadismus nach der Pubertät:
Hypogonadismus vor der Pubertät
:
Hypogonadismus nach der Pubertät
:
Wenn bei
Mädchen
die ersten körperlichen Veränderungen wie Brustentwicklung oder Schambehaarung auch im Alter von 13,5 Jahren noch nicht aufgetreten sind, spricht man von einer verzögerten oder verspäteten Pubertät. Auch das Ausbleiben der ersten Regelblutung (Menarche) bis zum Alter von 15 Jahren weist darauf hin. Von Pubertas tarda spricht man auch, wenn von den ersten Pubertätsanzeichen bis zur Menarche mehr als fünf Jahre vergehen oder die Pubertätsentwicklung für mehr als 18 Monate stillsteht.
Bei
Jungen
spricht man von Pubertas tarda, wenn mit 14 Jahren noch keine sekundären Geschlechtsmerkmale (zum Beispiel beginnender Bartwuchs und Ansatz von Schambehaarung) sichtbar sind, die Pubertät länger als fünf Jahre dauert, oder die Pubertätsentwicklung für mehr als 18 Monate stillsteht.
Ursache für eine verzögerte Pubertät ist sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen ein Mangel an Geschlechtshormonen. In vielen Fällen handelt es sich nur um eine harmlose familiäre Verzögerung der Reifung (konstitutionelle Pubertas tarda). Auch
Mangelernährung
oder Erkrankungen wie
Magersucht
sind mögliche Ursachen.
Außerdem kann ein primärer (Mädchen mit Ullrich-Turner-Syndrom, Jungen mit Klinefelter-Syndrom) oder sekundärer Hypogonadismus (Kallmann-Syndrom) vorliegen.
Die Pubertas tarda äußert sich durch das verspätete Einsetzen der Pubertät beziehungsweise durch eine ungewöhnlich langsame Pubertätsentwicklung. In schweren Fällen bleibt die Pubertät ganz aus. Bei Mädchen setzen Brustwachstum und Regelblutung verspätet ein, bei Jungen kommt es zu einem verzögerten Wachstum von Hoden und Penis.
Bei beiden Geschlechtern verzögert sich das Wachstum der Scham- und Achselbehaarung.
Auch das Knochenwachstum hinkt hinterher, Betroffene sind meist kleiner als gesunde Gleichaltrige. Die verzögerte Pubertätsentwicklung hat häufig psychische Probleme zur Folge.
Ansprechpartner für einen möglichen Geschlechtshormonmangel sind der Kinderarzt, der Gynäkologe oder der Urologe, je nach Alter und Geschlecht des Patienten. Möglich ist auch eine Untersuchung bei einem Internisten, der auf hormonelle Störungen spezialisiert ist.
In einem ausführlichen Gespräch erfragt der Arzt die bestehenden Beschwerden. Häufig ergeben sich daraus schon erste Hinweise auf einen Hypogonadismus. Anschließend folgt eine körperliche Untersuchung. Dabei achtet der Arzt vor allem auf körperliche Merkmale des Hormonmangels wie beispielsweise Veränderungen der sekundären Geschlechtsmerkmale.
Der Arzt erkundigt sich auch, ob andere Erkrankungen wie etwa Diabetes oder Essstörungen vorliegen und ob der Betroffene Medikamente wie etwa Kortison einnimmt.
Erhärtet sich der Verdacht auf einen Hypogonadismus, führt der Arzt eine Blutuntersuchung durch. Er bestimmt die Werte der Geschlechtshormone (Testosteron, Östrogen, Progesteron) sowie der Gonadotropine LH und FSH.
Die Bestimmung des Testosterons wird üblicherweise vormittags zwischen 07:00 Uhr und 11:00 Uhr durchgeführt, da der Testosteronwert zu dieser Zeit am höchsten ist. Mit der Bestimmung von LH und FSH differenziert der Arzt, ob es sich um einen primären oder sekundären Hypogonadismus handelt.
Da auch Allgemeinerkrankungen mitunter zu vorübergehenden Änderungen der Hormonwerte führen, ist die Diagnose Hypogonadismus erst dann eindeutig, wenn die Werte bei zwei Untersuchungen im Abstand von 30 Tagen unterhalb des Normwertbereichs lagen.
Besteht der Verdacht auf eine genetische Ursache des Hormonmangels, wird der Arzt entsprechende Genuntersuchungen durchführen. Strukturelle Veränderungen wie Tumore an den Hoden oder Eierstöcken werden mittels
Ultraschall
nachgewiesen.
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache des Hormonmangels. Liegt eine Grunderkrankung wie etwa ein Tumor vor, wird diese therapiert.
Die Behandlung von Hypogonadismus beim Mann erfolgt mit Testosteron. Dafür stehen verschiedene Präparate zur Verfügung, die entweder unter die
Haut
gespritzt werden (Depotinjektion) oder als Pflaster angewendet werden. Bei Männern mit Kinderwunsch verschreibt der Arzt eine Therapie mit GnRH, LH oder FSH. Die Testosterontherapie erfolgt in der Regel dauerhaft.
Weiblichen Hypogonadismus behandelt der Arzt oft mit Östrogen- oder Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparaten. Bei dieser Form der Hormonersatztherapie gleichen die Medikamente den in den Wechseljahren entstehenden Hormonmangel aus.
Bei beiden Geschlechtern setzt der Arzt ebenfalls auf die Hormonersatztherapie, damit sich die sekundären Geschlechtsmerkmale ausbilden und die Pubertät einsetzt. Betroffene Jungen erhalten Testosteron. Bei Mädchen wird mit einer niedrig dosierten Östrogentherapie begonnen, nach etwa einem Jahr werden zusätzlich Gestagene verabreicht. Manchmal müssen Betroffene die Hormone lebenslang ersetzen, um auch Begleiterscheinungen des Hormonmangels wie Knochenschwund (Osteoporose) vorzubeugen.
Die Prognose hängt vor allem von der Ursache des Hormonmangels ab. Hypogonadismus lässt sich aber in der Regel gut behandeln und hat keinen Einfluss auf die Lebenserwartung.
Spezielle Maßnahmen, Hypogonadismus vorzubeugen, gibt es nicht. Eine gesunde Lebensführung kann dazu beitragen, den Hormonhaushalt im Gleichgewicht zu halten. Dazu zählen ausgewogene Ernährung, Verzicht auf Nikotin und Alkohol sowie regelmäßige Bewegung.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Astrid Leitner studierte in Wien Tiermedizin. Nach zehn Jahren in der veterinärmedizinischen Praxis und der Geburt ihrer Tochter wechselte sie – mehr zufällig – zum Medizinjournalismus. Schnell war klar: Das Interesse an medizinischen Themen und die Liebe zum Schreiben ergeben für sie die perfekte Kombination. Astrid Leitner lebt mit Tochter, Hund und Katze in Wien und Oberösterreich.
Hypogonadismus
Kurzübersicht
Was ist Hypogonadismus?
Produktion von Geschlechtshormonen
Primärer Hypogonadismus
Sekundärer Hypogonadismus
Funktioneller Hypogonadismus
Ursachen
Ursachen für primären Hypogonadismus
Angeborener Hormonmangel
Erworbener Hormonmangel
Ursachen für sekundären Hypogonadismus
Symptome
Wie äußert sich Hypogonadismus beim Mann?
Wie äußert sich Hypogonadismus bei der Frau?
Verzögerte Pubertät
Diagnose
Behandlung
Behandlung durch Hormonersatz
Behandlung der Pubertas tarda
Prognose
Vorbeugung
Autoren- & Quelleninformationen