Illness name: wirbelblockade

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Wirbelblockade

Von Martina Feichter , Medizinredakteurin und Biologin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Bei einer Wirbelblockade (Wirbelblockierung, Wirbelgelenkblockade) ist ein Wirbelgelenk vorübergehend (reversibel) in seiner Beweglichkeit eingeschränkt. Das passiert etwa im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS-Blockade) oder der Halswirbelsäule (HWS-Blockade). Lesen Sie hier mehr zum Thema.

ICD-Codes für diese Krankheit: ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen. M53

Kurzübersicht

  • Behandlung: Bewegungsübungen, Schmerzmittel, Manipulation oder Mobilisation mit Methoden der Manuellen Therapie
  • Symptome: Je nach betroffener Region Schmerzen bei der Bewegung, Ausstrahlen etwa in Kopf, Bauch und Brust , je nach Region Kopfschmerzen , Übelkeit, Zusammenhänge nicht abschließend wissenschaftlich geklärt
  • Ursachen und Risikofaktoren: Wirbelblockade bislang nicht wissenschaftlich erwiesen, möglicherweise bewirken Schmerzreize etwa durch Fehlbelastung aus den Wirbelgelenken eine anhaltende Verkrampfung der Muskulatur
  • Diagnose: Anhand der Symptome, körperliche Untersuchung; bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Magnetresonanztomografie zum Ausschluss von Bandscheibenvorfall oder Tumoren
  • Prognose: Oft lösen sich Wirbelblockaden von selbst; verschiedene Methoden helfen gut; schwerwiegende Ursachen wie Bandscheibenvorfälle oder Tumore müssen ausgeschlossen werden
  • Vorbeugung: Rückengesundes Verhalten wie bestimmte Tragetechniken, Heben schwerer Lasten aus den Knien, regelmäßige Bewegung, Bewegungsausgleich bei sitzenden Tätigkeiten
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Was ist eine Wirbelblockade?

Unter Wirbelblockade versteht man eine reversibel ("rückgängig machbar") gestörte Gelenkfunktion im Sinne einer eingeschränkten Beweglichkeit. Der Begriff stammt aus der Manuellen Medizin ( Manuelle Therapie ) – einer Schule der alternativen oder komplementären Medizin. Das Konzept der Wirbelblockade ist außerhalb dieses Bereichs nicht allgemein anerkannt. Wissenschaftliche Untersuchungen liegen dazu nicht in ausreichender Form vor.

Andere Bezeichnungen für eine Gelenkblockierung sind segmentale Dysfunktion sowie reversible hypomobile artikuläre Dysfunktion : "reversibel" steht für vorübergehend, "hypomobil" für die eingeschränkte Beweglichkeit, "artikulär" leitet sich vom lateinischen Wort für Gelenk (articulatio) ab, und "Dysfunktion" bedeutet Fehlfunktion.

Die Wirbelblockade tritt in verschiedenen Abschnitten der Wirbelsäule auf – an der Halswirbelsäule (HWS-Blockade), Brustwirbelsäule (BWS-Blockade) oder Lendenwirbelsäule (LWS-Blockade). Ein besonderer Fall ist die Blockierung des Iliosakralgelenks (Kreuzbein-Darmbein-Gelenk, ISG).

Das Konzept geht davon aus, dass Wirbelblockaden öfter auftreten, überwiegend harmlos sind und in vielen Fällen von alleine wieder verschwinden.

Das Konzept der Wirbelblockade ist umstritten und nicht mit den Methoden der evidenzbasierten Medizin wissenschaftlich untermauert.

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Wie kann eine Wirbelblockade gelöst werden?

Bei einer Wirbelblockade geht es darum, die schmerzhaft verspannte Muskulatur im Bereich der Wirbelblockade zu lockern. Durch leichte Bewegung lässt sich so eine Blockade (wie BWS- oder HWS-Blockade) lösen. Ein Physiotherapeut leitet dabei den Patienten bei der Auswahl und Durchführung der Bewegungsübungen an.

Bei Bedarf lindert der Behandelnde die Schmerzen einer Wirbelblockade mittels Schmerzmedikamenten. Das trägt auch zur Muskelentspannung bei – ebenso wie zum Beispiel eine Wärmeanwendung oder muskelentspannende Mittel (Muskelrelaxanzien).

Wirbelblockade lösen mittels manueller Therapie

Die Manuelle Medizin (Chirotherapie) empfiehlt bei einer Wirbelblockade grundsätzlich zwei therapeutische Techniken – Mobilisation und Manipulation :

Bei der Mobilisation führt der Therapeut oder Arzt wiederholte langsame Bewegungen des Gelenks in die eingeschränkte Bewegungsrichtung durch, und zwar in Form einer Traktion (Längszug) und/oder Gleitbewegung. So soll der eingeschränkte Bewegungsumfang allmählich erweitert werden.

Bei der Manipulation soll ein kurzer, schneller, gezielter Bewegungsimpuls in die "freie" (also nicht die schmerzhaft eingeschränkte) Bewegungsrichtung die Wirbelblockade lösen. Manchmal ist dabei ein Knacken zu hören. Eine Manipulation darf nur von einem speziell ausgebildeten Arzt durchgeführt werden. In bestimmten Situationen ist sie nicht erlaubt (kontraindiziert), so etwa bei entzündlichen Prozessen, schwerer Osteoporose oder psychischen Störungen.

Wirbelblockade selbst lösen

Mit verschiedenen Übungen lassen sich im Sinne der Manuellen Medizin Blockaden selbstständig lösen. Die Übungen dazu sollten aber von einem erfahrenen Mediziner vermittelt werden.

Die Methoden der Manuellen Medizin (Chirotherapie) gehören zum Bereich der Alternativ- oder Komplementärmedizin. Sie soll durch ausschließlich manuelle, also "mit der Hand " ausgeübte Methoden insbesondere Störungen des Bewegungsapparates heilen. Dabei greift die Chirotherapie auf Methoden der Osteopathie und Chiropraktik zurück. Entsprechende Ausbildungen sind von den Landesärztekammern anerkannt, ausgebildete Mediziner dürfen nach einer Prüfung die Zusatzbezeichnung Manuelle Therapie oder Chirotherapie tragen. Allerdings sind die Methoden der Manuellen Medizin aus wissenschaftlich-schulmedizinischer Sicht umstritten und gelten nicht als evidenzbasierte Medizin.

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Welche Symptome treten auf?

Akute Nackenschmerzen sind typische HWS-Blockade-Symptome. Die Schmerzen sind oft bewegungs- und lagerungsabhängig und strahlen manchmal aus. Schmerzbedingt lässt sich der Kopf oft nur eingeschränkt bewegen. Die Muskulatur verspannt dabei häufig. Die Therapeuten unterscheiden dabei im Weiteren noch eine Blockade des Atlas-Wirbels, des obersten Halswirbels, der den Kopf trägt. Auch für die Atlas-Blockade werden ein verspannter Nacken sowie Kopfschmerzen, Migräne oder Übelkeit als Symptome angegeben.

Eine Brustwirbelblockade ruft oft ebenfalls lokale Schmerzen hervor, die manchmal ausstrahlen (etwa in den Bauch). Die Schmerzen einer solchen BWS-Blockierung sind oft bewegungs- beziehungsweise atmungsabhängig. Auch Symptome wie Übelkeit, Atembeschwerden oder Brustschmerzen werden damit in Zusammenhang gebracht.

Eine Blockierung im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS-Blockade) äußert sich in vielen Fällen ebenfalls durch plötzliche Schmerzen. Manchmal treten diese akut bei einer Bewegung auf (" Hexenschuss "). In einigen Fällen strahlen sie in die Beine aus.

Aufgrund der Schmerzen infolge der Blockade nehmen Patienten oft eine Zwangshaltung (Schonhaltung) ein, die auf Dauer ihrerseits meist schmerzhafte Fehlbelastungen und Verspannungen nach sich zieht.

Viele Patienten berichten davon, dass Wirbelblockaden immer wieder auftreten.

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Ursachen und Risikofaktoren

Der Mechanismus von Wirbelblockaden ist wissenschaftlich noch nicht abschließend belegt und basiert eher auf Erfahrungswerten.

In der Vergangenheit ging man von einem mechanischen Verhaken der sogenannten Facettengelenke in den Wirbeln als Grundlage der Wirbelblockade aus.

Jeder Wirbel ist an der Ober- und Unterseite über zwei Gelenkfortsätze (Facettengelenke) mit benachbarten Wirbeln verbunden. Diese Gelenke sind sehr gut innerviert, was etwa beim Verschleiß der Gelenke zum Facettensyndrom beiträgt.

Heute geht man davon aus, dass etwa durch ruckartige Bewegungen oder dauernde Fehlbelastungen ein Schmerzreiz durch diese Nerven ausgelöst wird. Infolge dieses Schmerzreizes verspannt sich die ansetzende Muskulatur reflexartig. Nach neueren Theorien bildet dieser Muskelkrampf die Wirbelblockade und nicht wie früher angenommen ein Verhaken der Wirbelgelenke.

Fachleute vermuten, dass eine Wirbelblockade außerdem folgende Ursachen hat:

  • Krankhafte Veränderungen der Gelenkflächen, etwa durch Überlastung, Traumen, Entzündungen, Bewegungsmangel oder Stoffwechselstörungen
  • Verspannungen oder Verkürzungen der zum Gelenk gehörigen Muskulatur
  • Schmerzreize (nozizeptive Afferenzen) bei akuten oder wiederholten Fehlbelastungen
  • Schmerzreize aus inneren Organen, die zu einer schmerzhaften Muskelverhärtung (Hartspann) führen

Im Sinne einer psychosomatischen Wechselwirkung diskutieren Therapeuten, ob sich psychische Probleme mitunter körperlich, etwa in Wirbelblockaden, äußern.

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Untersuchungen und Diagnose

Wenn Sie das Gefühl haben, dass ein Wirbel (etwa ein Brustwirbel) blockiert ist, suchen Sie zunächst Ihren Hausarzt auf. Er überweist Sie gegebenenfalls an einen Spezialisten (etwa Orthopäden).

Der Arzt fragt Sie zuerst nach Ihren genauen Beschwerden, also zum Beispiel, wie lange Sie schon die Schmerzen haben, wo genau Sie die Schmerzen und die Blockade im Rücken spüren und ob Sie einen möglichen Auslöser (etwa eine ruckartige falsche Bewegung) im Verdacht haben.

Nach diesem Anamnese-Gespräch folgt die körperliche Untersuchung. Dabei prüft der Arzt etwa die Beweglichkeit der Wirbelsäule in verschiedenen Abschnitten.

Bildgebende Verfahren (wie Röntgenuntersuchung oder Magnetresonanztomografie, MRT) dienen vor allem dazu, mögliche andere Ursachen für die Rückenschmerzen auszuschließen wie etwa Verletzungen, Entzündungen oder Tumoren. Auch Bandscheibenvorfälle oder entzündliche Vorgänge wie das Facettensyndrom sind ausdrücklich keine Wirbelblockaden. Der Arzt untersucht entsprechend auch in diese Richtung.

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Krankheitsverlauf und Prognose

Mithilfe einer manuellen Behandlung lässt sich eine Blockade im Rücken lösen. Manchmal ist das aber gar nicht notwendig, weil sich eine Wirbelblockade vielfach spontan nach einigen Stunden oder Tagen wieder von allein löst.

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Vorbeugen

Das Konzept der Wirbelblockade ist zwar nicht abschließend verstanden. Erfahrungsgemäß hilft aber sogenanntes rückengesundes Verhalten , nicht nur Wirbelblockaden sondern auch anderen Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates vorzubeugen. Dazu gehören etwa bestimmte Techniken, schwere Lasten richtig zu heben, regelmäßige Bewegung etwa durch Sport und Pausen bei sitzenden Tätigkeiten.

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Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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M53
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Baumgartner, H. et al.: Grundbegriffe der Manuellen Therapie. Springer-Verlag, 2013
  • Gesenhues, S. et al.: Praxisleitfaden Allgemeinmedizin. Elsevier/Urban & Fischer Verlag, 9. Auflage, 2020
  • Guillou, I. et al.: Medizin für Heilpraktiker. Haug Verlag, 2012
  • Heimann, D. & Lawall, J.: Leitfaden Manuelle Medizin. Elsevier/Urban & Fischer Verlag, 5. Auflage, 2016
  • Lohse-Busch, H.: Fallgruben für Arzt und Patient. In: Manuelle Medizin. Springer, 2004
  • Neumann, H.-D.: Manuelle Medizin. Springer-Verlag, 6. Auflage, 2003
  • Schildt-Rudloff, K. & Sachse, J.: Wirbelsäule: manuelle Untersuchung und Mobilisationsbehandlung für Ärzte und Physiotherapeuten. Elsevier/Urban & Fischer Verlag, 6. Auflage, 2015