Illness name: neurodermitis
Description:
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).
Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.
Neurodermitis
(atopisches Ekzem, atopische Dermatitis) ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die in Schüben auftritt. Sie betrifft oft Kopfhaut, Gesicht und Hände und geht mit quälendem Juckreiz einher. Am häufigsten erkranken Kinder daran (besonders in den ersten Lebensjahren). Manchmal leiden aber auch Erwachsene an Neurodermitis. Lesen Sie mehr über Symptome, Ursachen und Auslöser (Trigger), Behandlung und Prognose der Neurodermitis!
Typische Neurodermitis-Symptome sind
entzündliche Hautveränderungen (Ekzeme) mit quälendem Juckreiz
. Sie treten
schubweise
auf: Auf beschwerdefreie Zeitabschnitte folgen Phasen mit teilweise extremen Symptomen. Meist werden die Schübe durch bestimmte Faktoren ausgelöst (
Trigger
) wie bestimmte Nahrungsmittel oder Witterungsbedingungen.
Im Einzelfall können die Neurodermitis-Symptome stark variieren: Bei manchen Patienten verläuft die Erkrankung recht mild. Andere leiden unter heftigsten Beschwerden. Außerdem spielt das Alter eine Rolle: Es beeinflusst nicht nur die Art der Symptome, sondern auch, wo am Körper diese bevorzugt auftreten.
Warum juckt die Haut nachts stärker?
Dazu muss man verstehen, wie der Juckreiz entsteht. Nämlich durch Reizung der Nervenendigungen in der Haut durch Entzündungs-Botenstoffe, die sich in der Haut anreichern. Dieser Prozess wird durch Wärme verstärkt – also auch im kuschlig-warmen Bett. Durch Kälte wird er dagegen gebremst, etwa beim kalten Duschen.
Schadet Duschen bei Neurodermitis?
Nein, wenn es richtig gemacht wird: Das bedeutet, kurz und nur lauwarm zu duschen. Am besten duschen Sie nur mit Wasser. Wenn es doch ein Duschgel sein soll, nutzen Sie ein mildes, rückfettendes Duschgel. Oder besser, eine Duschcreme. Hinterher nicht mit dem Handtuch abrubbeln, sondern behutsam trocken tupfen. Anschließend cremen Sie sich mit einer reichhaltigen Körpermilch ein.
Wie kann ich langfristig die Haut beruhigen?
Erarbeiten Sie mit Ihrem Hautarzt ein Langzeitprogramm zum Aufbau einer stabilen Hautbarriere (optimierte Hautpflege) und ein vernünftiges Anti-Entzündungs-Langzeitprogramm weg von der wiederholten Akuttherapie. Sorgen Sie für ein ausgeglichenes, erfülltes und stressarmes Leben mit guten zwischenmenschlichen Beziehungen. Das beruhigt auch die Haut ungemein.
Gründer und Eigentümer des Haut- und Laserzentrums Dermatologie am Dom in München, einer der ersten Lasertherapeuten in München.
In der Regel beginnt beim
Baby
die Neurodermitis im Gesicht und an der behaarten Kopfhaut. Dort bildet sich
Milchschorf
: gelblich-weiße Schuppenkrusten auf geröteter Haut. Ihr Aussehen erinnert an verbrannte Milch, daher der Name "Milchschorf".
Milchschorf allein ohne weitere Symptome ist kein Anzeichen für Neurodermitis!
Neben dem Kopf betrifft eine Neurodermitis bei Säuglingen meist auch die Streckseiten der Arme und Beine. Es bilden sich hier
unscharf begrenzte, gerötete, juckende und nässende Hautveränderungen
. Auch am restlichen Körper können sie auftreten - nur im Windelbereich, also an den Genitalien und am Po, sowie im oberen Drittel der Beine bleiben die Säuglinge im Allgemeinen symptomfrei.
Sobald die
Kinder älter
werden, verändern und verlagern sich die Neurodermitis-Symptome typischerweise: Die nun
eher trockenen Ekzeme
entstehen in diesem Alter bevorzugt in den Ellenbeugen, an den Handgelenken und in den Kniekehlen (Beugenekzeme). Oft sind auch die Oberschenkel (Rückseite) und der Po, der Nacken, das Gesicht und die Augenlider von den Hautveränderungen betroffen.
Mit der Zeit
verdickt sich die Haut
an den betroffenen Stellen. Mediziner nennen diesen Prozess "Flechtenbildung" oder "Lichenifikation". Das
Hautbild wird gröber
.
Während der Pubertät bildet sich die Neurodermitis in vielen Fällen vollständig zurück. Bei manchen Betroffenen bleibt sie aber auch darüber hinaus bestehen.
Generell zeigen bei
Jugendlichen und jungen Erwachsenen
hauptsächlich folgende Bereiche die geröteten, schuppenden und juckenden Hautveränderungen einer Neurodermitis: Augen- und Stirnbereich sowie die Region um den
Mund
, der Hals (Nacken), der obere Brustbereich, Ellenbeugen, Kniekehlen, Leisten und Handrücken. Oftmals ist auch die Kopfhaut betroffen. An den geröteten, schuppenden, entzündeten Stellen können sogar die
Haare
ausfallen.
Bei
älteren Erwachsenen
tritt die Neurodermitis manchmal in der Prurigoform auf - also mit kleinen, stark juckenden Hautknötchen oder Hautknoten an unterschiedlichsten Körperstellen. Üblicherweise aber äußert sich die Erwachsenen-Neurodermitis mit folgenden Symptomen:
Zudem kann die Haut wie bei betroffenen Kindern lederartig verdickt sein (Lichenifikation).
Manchmal tritt eine Neurodermitis nur in einer Minimalvariante in Erscheinung, beispielsweise als Lippenentzündung (Cheilitis), Brustwarzenekzem, in Form von Einrissen (Rhagaden) an den Ohrläppchen oder von schuppenden Rötungen und Einrissen an den Finger- und/oder Zehenkuppen.
Die Symptome einer Neurodermitis bei Erwachsenen entwickeln sich meist in Abhängigkeit von der beruflichen Tätigkeit. So treten zum Beispiel Handekzeme besonders bei Patienten auf, die beruflich oft in Berührung mit reizenden Stoffen kommen (z.B. Friseur, Maler) oder sich oft die Hände waschen müssen (z.B. Krankenpfleger und -schwestern).
Neurodermitis zählt – wie etwa
Heuschnupfen
und allergisches
Asthma
– zum sogenannten atopischen Formenkreis. Darunter versteht man Erkrankungen, bei denen das Immunsystem überempfindlich auf den Kontakt mit allergieauslösenden Stoffen (Allergenen) oder anderen Reizstoffen reagiert.
Menschen mit solchen atopischen Erkrankungen weisen oft sogenannte atopische Stigmata auf. Dazu zählen etwa:
Solche Merkmale können begleitend zu den spezifischen Symptomen einer atopischen Erkrankung (wie Neurodermitis) auftreten.
Die genaue Ursache der Neurodermitis ist noch nicht abschließend geklärt. Experten vermuten, dass mehrere Faktoren an der Entstehung einer atopischen Dermatitis beteiligt sind.
Beispielsweise ist bei Neurodermitis-Patienten die
Hautbarriere gestört
: Die äußerste Schicht der Oberhaut (ganz außen) ist die Hornschicht. Sie schützt den Körper vor Krankheitserregern. Bei Neurodermitis kann die Hornschicht aber ihre Schutzfunktion nicht richtig erfüllen.
Ein möglicher Grund dafür ist, dass der Körper aufgrund einer Genveränderung zu wenig von dem Eiweiß Filaggrin produziert. Dieses ist wichtig für die Bildung der Oberhaut. Durch den Mangel an Filaggrin ist bei Neurodermitis-Patienten die Zusammensetzung der Hautfette verändert. Die Folge ist, dass die Haut viel Feuchtigkeit verliert und leicht austrocknet. Auf Reizstoffe, Allergieauslöser und Keime reagiert die geschädigte Haut schnell mit einer Entzündung und Juckreiz
Dass das Erbgut bei Neurodermitis eine Rolle spielt, zeigt sich auch daran, dass die
Veranlagung für Neurodermitis vererbbar
ist. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Veränderungen (Mutationen) verschiedener Gene auf mehreren
Chromosomen
für diese Veranlagung verantwortlich sind. Und diese Mutationen können Eltern an ihre Kinder weitergeben: Wenn ein Elternteil Neurodermitiker ist, entwickeln die Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 bis 40 Prozent ebenfalls eine atopische Dermatitis. Haben sowohl Mutter als auch Vater eine Neurodermitis, liegt das Erkrankungsrisiko ihrer Kinder sogar zwischen 60 und 80 Prozent.
Nicht jeder Mensch mit der Veranlagung für Neurodermitis erkrankt auch tatsächlich daran.
Wenn jemand die genetische Veranlagung für Neurodermitis besitzt, können verschiedene Auslöser (Trigger) zu einem Neurodermitis-Schub führen. Auch übertriebene Hygiene könnte beim Krankheitsausbruch mitwirken.
In den letzten Jahrzehnten hat die Zahl der Neurodermitis-Fälle (und generell der allergischen Erkrankungen) in der westlichen Welt stark zugenommen. Einige Forscher vermuten, dass ein Wandel der Lebensweise dafür (mit-)verantwortlich ist:
Heutzutage wird viel stärker auf Hygiene geachtet als früher. Wir kommen dadurch viel seltener in Kontakt mit potenziell krankmachenden und allergieauslösenden Stoffen aus der Umwelt. Das Immunsystem ist dadurch gewissermaßen "unterbeschäftigt". Das könnte der Grund sein, warum es bei immer mehr Menschen auf eigentlich harmlose Reize überschießend reagiert.
Außerdem haben sich die Waschgewohnheiten über die letzten Jahrzehnte verändert: Wir reinigen unsere Haut wird häufiger und gründlicher als unsere Vorfahren. Möglicherweise hat das negative Auswirkungen auf die Hautbarriere. Das könnte die Haut generell empfindlicher machen.
Zu den häufigsten Auslösern (Triggerfaktoren) bei Neurodermitis zählen:
Neurodermitis-Patienten reagieren individuell unterschiedlich auf solche Trigger. So kann etwa Stress in der Arbeit bei einem Patienten einen Schub auslösen, bei einem anderen dagegen nicht.
Sehr viele Neurodermitis-Patienten weisen die
extrinsische Krankheitsform
auf: Ihr Immunsystem reagiert sensibel auf allergieauslösende Stoffe (Allergene) wie Pollen oder bestimmte Nahrungsmittel. So lässt sich im
Blut
der Betroffenen eine erhöhte Menge von Antikörpern vom Typ
Immunglobulin
E (IgE) nachweisen. IgE regen andere Immunzellen (Mastzellen) an, entzündungsfördernde Stoffe auszuschütten. Diese rufen die Ekzeme auf der Haut der Neurodermitis-Patienten hervor.
Manche der Betroffenen zeigen zusätzlich die typischen Symptome einer Allergie (z.B. Heuschnupfen, allergisches Asthma, Nahrungsmittelallergie).
Menschen mit der
intrinsischen Form von Neurodermitis
haben normale IgE-Blutwerte. Das bedeutet, dass allergische Reaktionen hier keine Rolle als Auslöser der Neurodermitis spielen. Die Betroffenen zeigen auch keine erhöhte Anfälligkeit für Allergien wie Heuschnupfen oder eine Nahrungsmittelallergie.
Experten diskutieren zudem über eine mögliche dritte Krankheitsform. Sie soll Züge einer Autoimmunerkrankung aufweisen.
Bei der Neurodermitis-Therapie empfehlen Experten grundsätzlich einen
Therapieplan in vier Stufen
. Dabei sind je nach dem aktuellen Hautzustand unterschiedliche Behandlungsmaßnahmen vorgesehen:
Therapie-Maßnahmen
Stufe 1:
Trockene Haut
Um Schüben vorzubeugen, ist eine sorgfältige tägliche
Hautpflege
(Basispflege) nötig. Zudem sollte der Patient individuelle
Trigger möglichst meiden
oder zumindest reduzieren (Stress, Wollkleidung, trockene Luft etc.).
Stufe 2: Leichte Ekzeme
Zusätzlich zu den Maßnahmen von Stufe 1 wird eine
äußerliche Behandlung mit schwach wirksamen Glukokortikoiden ("Kortison") und/oder
Calcineurin-Inhibitoren
empfohlen.
Bei Bedarf bekommt der Patient auch
juckreizstillende Medikamente
und
keimhemmende (antiseptische) Mittel
.
Stufe 3: Mäßig schwere Ekzeme
Zusätzlich zu notwendigen Maßnahmen der vorherigen Stufen ist hier eine
äußerliche Behandlung mit stärker wirksamen Kortison-Präparaten und/oder Calcineurin-Inhibitoren
empfohlen.
Stufe 4: Schwere, hartnäckige Ekzeme
oder
Ekzeme, bei denen die äußerliche Behandlung nicht ausreicht
Zusätzlich zu notwendigen Maßnahmen der vorherigen Stufen verschreibt der Arzt einen
innerliche (systemische) Therapie
, die Immunreaktionen in gewünschter Weise beeinflusst (Biologika, JAK-Hemmer oder andere, abwehrunterdrückende Medikamente wie
Ciclosporin
).
Das Stufenschema der Neurodermitis-Behandlung ist nur ein Anhaltspunkt. Der behandelnde Arzt kann es an individuelle Faktoren anpassen. So kann er bei der Therapieplanung berücksichtigen, wie alt der Patient ist, wie seine Neurodermitis-Erkrankung insgesamt verläuft, wo am Körper die Symptome auftreten und wie sehr der Patient darunter leidet.
Im Folgenden werden die einzelnen Therapiemaßnahmen näher beschrieben.
Neurodermitis-Kinder (und ihre Eltern) können an einer speziellen Neurodermitis-Schulung teilnehmen. Ärzte, Psychologen und Ernährungsfachleute geben dort Tipps für den richtigen Umgang mit der Krankheit.
Nähere Informationen zu diesen Schulungen gibt es in Deutschland etwa bei der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung (www.neurodermitisschulung.de), in Österreich bei der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Dermatologie der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (www.agpd.at und www.neurodermitis-schulung.at) und in der Schweiz beim Allergiezentrum Schweiz (www.aha.ch).
Die wichtigste Maßnahme jeder Neurodermitis-Behandlung ist die tägliche Pflege der Haut. Das verwendete Hautpflegemittel sollte einen
hautfreundlichen
pH-Wert
haben und auf seine
Hautverträglichkeit dermatologisch geprüft
sein. Außerdem sollten ein Produkt gewählt werden, das
an den aktuellen Hautzustand angepasst
ist - vor allem im Hinblick auf das Verhältnis der Fett- bzw. Öl- und Wasseranteile im Produkt:
Neben der Wasser-Öl-Zusammensetzung sollten auch die weiteren Inhaltsstoffe von Pflegeprodukten beachtet werden. Beispielsweise kann ein Produkt mit
Harnstoff (Urea)
oder
Glycerin
sinnvoll sein. Beide Zusätze halten die Haut feucht. Bei Kleinkindern (Kinder im 2. und 3. Lebensjahr) sowie bei entzündeter Haut sollten solche Produkte aber vorher an einer kleinen Hautstelle auf ihre Verträglichkeit geprüft werden. Für Säuglinge (Kinder im 1. Lebensjahr) sind Produkte mit Harnstoff generell nicht empfohlen.
Hautpflegemittel für Neurodermitis-Patienten sollten zudem
keine häufigen Auslöser von Kontaktallergien
enthalten. Dazu zählen beispielsweise Duft- und Konservierungsstoffe.
Cremen Sie die Haut bei Neurodermitis mindestens zweimal täglich ein!
Zur Basispflege gehört neben dem regelmäßigen Eincremen auch eine schonende und sanfte Hautreinigung. Hierzu die wichtigsten Tipps:
Neurodermitis-Patienten sollten nach Möglichkeit alle Trigger vermeiden, die erfahrungsgemäß einen akuten Krankheitsschub auslösen können.
Solche Triggerfaktoren können zum Beispiel akute Infektionen wie heftige Erkältungen und Grippe sein. Wenn solche ansteckenden Infekte "umgehen", sollten Neurodermitiker besonders auf Hygiene achten (Händewaschen etc.). Außerdem ist es dann ratsam, Menschenansammlungen zu meiden und sich von Erkrankten möglichst fernzuhalten.
Stress löst ebenfalls oft einen Neurodermitis-Schub aus. Deshalb sollten Betroffene sich geeignete Gegenstrategien überlegen. Im Job kann es beispielsweise helfen, manche Aufgaben an andere zu delegieren. Sehr zu empfehlen ist auch eine regelmäßige gezielte Entspannung, etwa mithilfe von Yoga, Autogenem Training oder Meditation.
Neurodermitis-Patienten, die allergisch auf Pollen, Tierhaare, bestimmte Nahrungsmittel, Duftstoffe in Kosmetika oder andere Reizstoffe reagieren, sollten diesen möglichst aus dem Weg gehen. Hat jemand eine Allergie gegen Hausstaubmilben, kann zudem ein spezieller Überzug für die Matratze (Encasing) sinnvoll sein.
Ungünstig bei atopischer Dermatitis sind auch Reisen in Gebiete mit extremen Klimabedingungen (wie große Kälte oder feuchte Hitze).
Im akuten Schub wird die Neurodermitis mit Medikamenten behandelt, welche die Aktivität des Immunsystems senken. Zu diesen Immunsuppressiva zählt Kortison (umgangssprachliche Bezeichnung für Glukokortikoide)
Kortison ist ein natürlich im Körper vorkommendes Hormon (hier "
Cortisol
" genannt), das auch als Medikament verabreicht werden kann: Eine Neurodermitis-Behandlung mit Kortisonpräparaten lindert wirksam die Entzündung und den Juckreiz.
Meist genügt es bei Neurodermitis, Kortison äußerlich als Creme/Salbe dünn auf die Ekzeme aufzutragen. Das geschieht
im Allgemeinen einmal täglich
- so lange, wie vom Arzt empfohlen.
Dabei wird der Arzt jedem Patienten ein Präparat mit einer geeigneten Kortison-Konzentration verschreiben. Denn dünne, empfindliche Haustellen (wie Gesichtshaut und aufgekratzte Haut) nehmen mehr Kortison auf als robustere Partien. Sie werden deshalb mit schwächer dosierten Kortisonsalben behandelt als beispielsweise Ekzeme an den Armen oder Fußsohlen.
In jedem Fall ist es wichtig, dass Betroffene kortisonhaltige Cremes
genau so anwenden, wie vom Arzt empfohlen
. Vor allem ist eine zu lange Anwendung ohne Unterbrechung zu vermeiden, weil sonst oft Nebenwirkungen auftreten. Zum Beispiel kann die Haut an den behandelten Stellen sehr dünn werden und/oder weiße Flecken bekommen. Manchmal bilden sich kleine, erweiterte, sichtbare Hautäderchen (Teleangiektasien). Außerdem begünstigt die Kortisonbehandlung Hautinfektionen. Bei Anwendung im Gesicht kann sich zudem die Haut um den Mund herum entzünden (periorale Dermatitis).
In schweren Fällen von Neurodermitis kann es notwendig sein, Kortison als Tablette einzunehmen. Diese Art der Wirkstoffanwendung wird auch als systemische Therapie bezeichnet, weil der Wirkstoff hier im ganzen Körper wirksam werden kann. Diese innerliche Kortison-Therapie kommt
in erster Linie für Erwachsene
mit schwerer Neurodermitis in Betracht; bei Kindern und Jugendlichen wird sie nur in Ausnahmefällen durchgeführt.
In jedem Fall muss der behandelnde Arzt die Neurodermitis-Behandlung mit Kortisontabletten sorgfältig überwachen. Wegen der möglichen Nebenwirkungen dürfen die Tabletten
nur kurzzeitig (wenige Wochen)
eingenommen werden.
Am Ende sollten Patienten die Kortison-Therapie nach den Anweisungen des Arztes "
ausschleichen
", das heißt, die Tabletten nicht abrupt absetzen, sondern schrittweise deren Dosis verringern.
Auch die sogenannten Calcineurin-Inhibitoren (Calcineurin-Hemmer) zählen zu den Immunsuppressiva und wirken entzündungshemmend. Die beiden Vertreter
Tacrolimus
und Pimecrolimus können wie Kortison
als Creme/Salbe
zur lokalen Neurodermitis-Behandlung eingesetzt werden.
Zur Behandlung von Ekzemen
auf empfindlichen Hautstellen
sind sie besser geeignet als Kortison, etwa im Gesicht und Genitalbereich. Denn manche Nebenwirkungen, die Kortisonsalben verursachen können, treten bei den beiden Calcineurin-Hemmern nicht auf. So führen Tacrolimus und Pimecrolimus auch bei längerer Anwendung nicht dazu, dass die Haut dünner wird. Außerdem verursachen sie im Gesicht keine Entzündung um den Mund herum (periorale Dermatitis).
An
weniger empfindlichen Hautstellen
werden Ekzeme dagegen bevorzugt mit Kortisonsalben behandelt. Die Calcineurin-Hemmer kommen hier meist nur zum Einsatz, wenn eine Kortisonsalbe nicht einsetzbar ist oder zu lokalen, irreversiblen Nebenwirkungen führen könnte.
Grundsätzlich werden Tacrolimus (0,03 %) und Pimecrolimus erst
ab dem 3. Lebensjahr
, höher dosierte Tacrolimus-Präparate (0,1 %) sogar erst
ab dem 17. Lebensjahr
zur lokalen Neurodermitis-Behandlung verordnet. Im Einzelfall können die Medikamente aber auch bei Säuglingen und Kleinkindern zum Einsatz kommen, vor allem bei schweren, chronischen Gesichts-/Wangenekzemen.
Häufigste Nebenwirkung
der Behandlung ist bei Pimecrolimus ein vorübergehendes Wärmegefühl auf der Haut und bei Tacrolimus ein vorübergehendes Brennen auf der Haut.
Während der Behandlung mit Calcineurin-Hemmern sollte die Haut ausreichend vor Sonnenlicht geschützt werden. Außerdem raten Experten davon ab, während der Anwendung eine Phototherapie (siehe unten) zu machen.
Ciclosporin A ist ein starkes Immunsuppressivum. Es kann
innerlich
(systemisch) zur Behandlung einer chronischen, schweren Neurodermitis bei Erwachsenen angewendet werden. Eventuell kann Ciclosporin A auch bei Kindern und Jugendlichen gegeben werden, wenn eine schwere Neurodermitis vorliegt, die sich mit anderen Therapien nicht behandeln lässt (bei Patienten unter 16 Jahren erfolgt die Anwendung von Ciclosporin A außerhalb der Zulassung).
Meist nehmen Patienten Ciclosporin A zweimal täglich ein. Dabei wird eine Induktionstherapie empfohlen: Es wird mit einer höheren Anfangsdosis begonnen, die so lange beibehalten wird, bis sich die Symptome weitgehend bessern. Anschließend wird die Dosis schrittweise reduziert auf eine individuell geeignete Erhaltungsdosis.
Spricht der Patient gut auf Ciclosporin A an, sollte die Therapie nach vier bis sechs Monaten versuchsweise unterbrochen werden. Wenn sich die Neurodermitis-Symptome dann wieder stark verschlimmern, kann die Einnahme fortgesetzt werden - sofern der Patient das Medikament gut verträgt.
Experten raten davon ab, während der Anwendung von Ciclosporin A eine Phototherapie (siehe unten) durchzuführen. Die Kombination der beiden Therapien erhöht nämlich das
Hautkrebsrisiko
. Während der Einnahme von Ciclosporin A sollten Patienten zudem ihre Haut
gut vor UV-Licht (Sonne, Solarium) schützen
.
Falls Ciclosporin nicht vertragen wird oder nicht ausreichend wirkt, kann der Arzt eventuell Tabletten mit einem anderen Immunsuppressivum verschreiben, zum Beispiel
Azathioprin
oder
Methotrexat
. Diese Wirkstoffe sind aber nicht für die Neurodermitis-Behandlung zugelassen. Sie kommen deshalb nur in ausgewählten Einzelfällen zum Einsatz ("off-label-use").
Biologika sind biotechnologisch (also mithilfe lebender Zellen oder Organismen) hergestellte Arzneistoffe. Für die Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis sind derzeit zwei Biologika zugelassen: Dupilumab und Tralokinumab. Sie
blockieren Entzündungsbotenstoffe
, was das Entzündungsgeschehen lindern und die Neurodermitis-Haut beruhigen kann.
Beide Wirkstoffe werden
unter die Haut gespritzt
, und zwar alle zwei bis vier Wochen (abhängig unter anderem vom Präparat und Körpergewicht).
Die Anwendung dieser Biologika bei Neurodermitis kommt in Betracht, wenn eine äußerliche (topische) Therapie - etwa mit Kortisonsalben - nicht ausreicht oder nicht möglich ist und deshalb eine innerliche (systemische) Therapie notwendig wird. Dabei ist Dupilumab bereits für Patienten ab sechs Jahren zugelassen, Tralokinumab dagegen erst ab 18 Jahre (also für Erwachsene).
Zu den häufigeren
Nebenwirkungen
der beiden Biologika zählen zum Beispiel lokale Reaktionen an der Injektionsstelle (wie Rötung, Schwellung) und
Bindehautentzündung
(Konjunktivitis) sowie - bei Tralokinumab - Infektionen der oberen Atemwege.
Neben Biologika zählen auch Januskinase (JAK)-Hemmer zu den neueren Therapieoptionen bei mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis, wenn eine äußerliche Therapie nicht ausreichend hilft oder nicht möglich ist.
JAK-Hemmer (oder JAK-Inhibitoren) wirken gezielt immunsuppressiv: Sie hemmen innerhalb von Zellen die sogenannten Januskinasen. Das sind
Enzyme
, die an der Weiterleitung von Entzündungssignalen beteiligt sind. Somit üben JAK-Hemmer einen
entzündungshemmenden und juckreizlindernden Effekt
aus.
Derzeit sind drei Vertreter dieser Wirkstoffklasse für die Neurodermitis-Therapie zugelassen: Abrocitinib, Baricitinib und Upadacitinib. Die ersten beiden Wirkstoffe sind in der EU und in der Schweiz für erwachsene Patienten zugelassen. Upadacitinib darf in der EU bereits ab einem Alter von 12 Jahren verschrieben werden, in der Schweiz dagegen erst ab 18 (also Erwachsenen).
Alle drei zugelassenen JAK-Hemmer werden als
Tablette
eingenommen. Es wird aber bereits an weiteren JAK-Inhibitoren geforscht, die sich äußerlich als Creme anwenden lassen.
Mögliche
Nebenwirkungen
einer innerlichen Neurodermitis-Behandlung mit JAK-Hemmern sind unter anderem Entzündungen der oberen Atemwege und
Kopfschmerzen
.
Die Neurodermitis-Behandlung lässt sich bei Bedarf mit weiteren Maßnahmen unterstützen:
H1-Antihistaminika hemmen im Körper die Wirkung des Gewebshormons Histamin. Bei Allergikern ist dieses Hormon für allergische Reaktionen wie Juckreiz verantwortlich. Bislang konnten Studien aber nicht wissenschaftlich belegen, dass H1-Antihistaminika auch gegen Juckreiz bei Neurodermitis helfen. Ihre Anwendung ist trotzdem oft sinnvoll:
Zum einen lösen manche H1-Antihistaminika als Nebenwirkung
Müdigkeit
aus. Davon profitieren Patienten, die wegen ihrer Neurodermitis (Juckreiz) nicht schlafen können. Zum anderen leiden einige Neurodermitis-Patienten zusätzlich an einer allergischen Erkrankung wie Heuschnupfen. Gegen eine solche Allergie kommen oft H1-Antihistaminika erfolgreich zum Einsatz.
Die Wirkstoffe werden innerlich (in Tablettenform) angewendet. Eine äußerliche Anwendung bei Neurodermitis wird nicht empfohlen.
Es gibt auch H2-Antihistaminika. Sie hemmen ebenfalls die Histamin-Wirkung, wenn auch auf andere Weise als ihre "H1-Verwandten". Zur Neurodermitis-Behandlung werden H2-Antihistaminika aber nicht empfohlen.
Gegen den Juckreiz bei Neurodermitis werden manchmal auch Hautpflegemittel empfohlen, die den Wirkstoff
Polidocanol
oder aber
Gerbstoffe
enthalten. Erfahrungen von Patienten sowie einige Untersuchungen zeigen, dass diese Präparate tatsächlich helfen können. Weder Polidocanol- noch Gerbstoff-Präparate eignen sich aber als Ersatz für eine entzündungshemmende Therapie (etwa mit Kortison).
Zink
-Salben und -Cremes wirken unter anderem entzündungshemmend und kühlend. Ihre Wirksamkeit bei Neurodermitis ist aber nicht erwiesen. Viele Patienten haben trotzdem positive Erfahrungen mit zinkhaltigen Hautpflegeprodukten gemacht. Solche Präparate können deshalb in der Basis-Hautpflege bei Neurodermitis angewendet werden.
Schieferöl
(Bituminosulfate) kann in Form von Badezusätzen oder als Salbe allgemein bei oberflächlichen, entzündlichen Hauterkrankungen hilfreich sein. Seine entzündungshemmende Wirkung konnte im Reagenzglas ("in vitro"-Studien) nachgewiesen werden. Auch viele Patienten berichten von positiven Effekten. Deshalb kann die Anwendung von Schieferöl bei Neurodermitis erwogen werden.
Starker Juckreiz verleitet viele Neurodermitis-Patienten dazu, sich aufzukratzen. In die offenen Hautstellen können leicht Krankheitserreger eindringen und eine Infektion auslösen. Handelt es sich bei den Erregern um
Bakterien
oder Pilze, verschreibt der Arzt gezielte Wirkstoffe dagegen:
Bei bakteriellen Hautinfektionen helfen
Antibiotika
, bei Pilzinfektionen sogenannte
Antimykotika
. Patienten können die Wirkstoffe äußerlich (etwa als Salbe) oder innerlich (etwa in Tablettenform) anwenden.
Seit einigen Jahren gibt es spezielle Wäsche/Unterwäsche, die aus antimikrobiell (antiseptisch) wirkenden Textilien besteht. Dazu zählen zum Beispiel Kleidungsstücke, die mit Silbernitrat beschichtet sind. Sie können Ekzeme bei Neurodermitis etwas lindern. Allerdings ist solche antimikrobielle Wäsche recht teuer. Wer an chronischer Neurodermitis leidet, kann sich aber eine Anschaffung überlegen.
Manchmal kann eine Lichttherapie Neurodermitis-Schübe lindern. Der Hautarzt (Dermatologe) bestrahlt dabei die betroffenen Hautstellen mit ultraviolettem Licht (
UV-A- und/oder UV-B-Licht
). Das hemmt verschiedene Entzündungszellen in der Haut, die für die akuten Symptome bei Neurodermitis verantwortlich sind.
Für die Neurodermitis-Behandlung eignen sich auch besondere Varianten der Lichttherapie:
Bei der sogenannten
PUVA
wird der Patient zuerst mit dem Wirkstoff Psoralen behandelt. Dieser macht die Haut empfindlicher für die anschließende Bestrahlung mit UV-A-Licht. Psoralen lässt sich in unterschiedlicher Weise anwenden. Viele Neurodermitis-Patienten baden vor der Bestrahlung in einer Psoralen-Lösung (Balneo-PUVA). Es gibt den Wirkstoff aber auch zur Einnahme in Tablettenform (systemische PUVA). Das Risiko für Nebenwirkungen ist dann aber höher als bei der Balneo-PUVA.
Auch die Lichttherapie (ohne Psoralen) kann mit einer Bädertherapie kombiniert werden (
Balneo-Phototherapie
): Während der Patient in salzreichem Wasser badet, wird seine Haut mit UV-Licht bestrahlt. Durch das viele Salz im Wasser können die entzündungshemmenden Strahlen leichter in tiefere Hautschichten eindringen.
Die Lichttherapie wird vor allem bei erwachsenen Patienten durchgeführt. Eventuell ist sie auch bei minderjährigen Neurodermitis-Patienten über 12 Jahren möglich.
Manche Neurodermitis-Patienten machen eine Kur am Toten Meer. Wie bei der kombinierten Photo- und Bädertherapie (Balneo-Phototherapie) baden Betroffene in Salzwasser (Totes Meer) und sind gleichzeitig UV-Strahlen (Sonne) ausgesetzt. Das kann die Symptome des atopischen Ekzems lindern.
Außerdem sind am Meer wie auch in den Bergen die klimatischen Bedingungen sehr hautfreundlich. Sie können den Hautzustand von Neurodermitis-Patienten deutlich bessern. Dazu trägt die hohe UV-Strahlung (entzündungshemmend) in diesen Regionen bei. In höheren Gebirgslagen ist die Luft zudem arm an allergieauslösenden Stoffen (Allergenen) wie Pollen. Außerdem kann es in Regionen ab 1.200 Metern Meereshöhe nie schwül werden. Von all dem profitieren Neurodermitis-Patienten.
Neurodermitis-Patienten, die zusätzlich an Heuschnupfen, allergischem Asthma oder einer
Insektengiftallergie
leiden, können eine sogenannte subkutane spezifische Immuntherapie (klassische Form der
Hyposensibilisierung
) machen. Der Arzt spritzt dem Patienten dabei wiederholt eine kleine Dosis des Allergieauslösers (Allergen wie Pollen oder Insektengift) unter die Haut. Dabei steigert er die Dosis von Mal zu Mal. So soll das Immunsystem seine Überempfindlichkeit gegen den Allergieauslöser langsam verlieren. Das kann zudem Neurodermitis-Ekzeme lindern, wenn diese sich nachweislich durch das Allergen verschlimmern.
Viele Neurodermitis-Patienten haben gute Erfahrungen mit Entspannungstechniken gemacht. Methoden wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga oder Meditation können gegen Stress helfen - ein häufiger Auslöser von akuten Krankheitsschüben. Außerdem kann die gezielte und bewusste Entspannung vom lästigen Juckreiz und dem Drang, sich zu kratzen, ablenken.
Bei starkem Juckreiz kratzen sich viele Patienten im Schlaf - manchmal so sehr, dass die Haut blutet. Um das zu verhindern, können Neurodermitiker (klein und groß) nachts Baumwollhandschuhe tragen. Damit sie im Schlaf nicht verloren gehen, kann man sie mit einem Heftpflaster an den Handgelenken fixieren.
Die Seele kann sehr stark leiden unter einer Neurodermitis: Ansteckend ist die Hauterkrankung zwar nicht. Trotzdem scheuen Gesunde manchmal den Kontakt mit Betroffenen, was diese sehr verletzen kann. Zudem schämen sich manche Patienten wegen ihres Aussehens, besonders wenn die Neurodermitis Gesicht, Kopfhaut und Hände betrifft.
Wenn Neurodermitis-Patienten aufgrund ihrer Erkrankung ernste psychische oder emotionale Probleme haben, kann eine psychologische Behandlung sinnvoll sein. Bewährt hat sich vor allem die
Verhaltenstherapie
.
Es gibt
keine spezielle "Neurodermitis-Diät"
, die man pauschal allen Betroffenen empfehlen kann. Manche Neurodermitiker können alles essen und trinken, worauf sie Lust haben - ohne erkennbare Auswirkungen auf ihre Beschwerden.
Bei anderen können sich Juckreiz und Hautbild verschlimmern, wenn sie
Kaffee, Alkohol oder stark gewürzte Speisen
konsumieren. Dann ist es ratsam, darauf möglichst zu verzichten.
Besonders Säuglinge und Kleinkinder mit Neurodermitis reagieren oft empfindlich auf ein oder mehrere Nahrungsmittel wie
Kuhmilch, Hühnereiweiß oder Weizen
. Deren Verzehr kann bei den Kleinen offensichtlich einen akuten Krankheitsschub auslösen oder verschlimmern.
Allerdings lässt sich nur bei einem kleinen Teil der Betroffenen eine
"richtige" Nahrungsmittelallergie
nachweisen (Provokationstest). Wenn das bei Ihrem Kind der Fall ist, sollten Sie das betreffende Nahrungsmittel vom seinem Speiseplan streichen. Am besten machen Sie das in Absprache mit dem behandelnden Arzt oder einem Ernährungsberater. Dieser hilft dabei, eine
gezielte "Auslass-Diät"
(Eliminationsdiät) zu planen. Das stellt sicher, dass der Speiseplan des Kindes trotz Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel ausreichend Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe liefert. Das ist für die Entwicklung des Kleinen sehr wichtig.
Die gezielte Auslass-Diät ist meist nicht dauerhaft nötig. Viele Neurodermitis-Kinder werden mit der Zeit nämlich toleranter gegenüber den Lebensmitteln, auf die sie zunächst überempfindlich reagiert haben. Deshalb sollte nach ein bis zwei Jahren eine
erneute Allergietestung
erfolgen. Wenn keine Nahrungsmittelallergie mehr feststellbar ist, können die Kleinen wieder normal essen.
Wenn Jugendliche oder Erwachsene mit Neurodermitis vermuten, dass sie bestimmte Nahrungsmittel schlecht vertragen, sollten sie sich ebenfalls auf eine entsprechende Allergie testen lassen.
Manche Eltern geben ihren Neurodermitis-Kindern "auf gut Glück" keine potenziell allergieauslösenden Lebensmittel wie Milchprodukte, Eier oder Weizenmehlprodukte - ohne dass vorher eine entsprechende Allergie bei den Kleinen festgestellt wurde. Diese Eltern hoffen trotzdem, dass sich die Neurodermitis ihrer Sprösslinge mit der "vorbeugenden" Auslass-Diät bessert. Experten raten aber davon ab!
Zum einen riskieren Eltern, die den Speiseplan ihres Kindes auf eigene Faust reduzieren, ernste Mangelerscheinungen beim Nachwuchs.
Zum anderen können Einschränkungen bei der Ernährung gerade für Kinder sehr belastend sein: Wenn etwa andere Kinder gemeinsam Eis oder Kekse essen und das Neurodermitis-Kind darauf verzichten muss, ist das nicht leicht. Umso schlimmer, wenn der Verzicht medizinisch gar nicht nötig wäre!
Es gibt verschiedene Heilverfahren der alternativen oder komplementären Medizin. Auch wenn ihre Wirksamkeit zum Teil wissenschaftlich nicht belegt ist, finden sie trotzdem Anwendung bei Neurodermitis.
Das Konzept der Homöopathie wie auch die der Schüssler-Salze und ihre spezifische Wirksamkeit sind in der Wissenschaft umstritten und durch Studien nicht eindeutig belegt.
Hausmittel gegen Neurodermitis sind zum Beispiel
kühle, feuchte Umschläge
(mit Wasser) gegen den Juckreiz. Sie können Ihre Haut auch zuerst mit einem geeigneten Pflegeprodukt eincremen und dann den Umschlag auflegen.
Untersuchungen zufolge lässt sich auch die Wirkung einer Kortisonsalbe mithilfe eines feuchten Umschlags steigern. Allerdings wurde bislang nicht überprüft, ob diese Kombination Langzeitnebenwirkungen haben kann.
Manche Patienten setzen auf
Umschläge mit Kamillenblüten
. Die Heilpflanze wirkt entzündungshemmend. Übergießen Sie einen Esslöffel Kamillenblüten mit einer Tasse kochendem Wasser. Lassen Sie das Ganze fünf bis zehn Minuten zugedeckt ziehen, bevor Sie die Pflanzenteile abseihen. Sobald der Tee abgekühlt ist, tauchen Sie ein Leinentuch hinein. Dieses legen Sie dann auf die erkrankten Hautpartien und binden ein trockenes Tuch herum. Lassen Sie den Umschlag 20 Minuten einwirken.
Wer allergisch auf Kamille reagiert, sollte die Pflanze nicht verwenden - weder äußerlich noch innerlich.
Eine Hilfe bei Neurodermitis können auch
Vollbäder mit einem Auszug aus Haferstroh
sein: Die Kieselsäure im Stroh fördert die Wundheilung. Die enthaltenen Flavonoide steigern die Durchblutung. Das kann die lokale Immunabwehr stärken.
Für den Badezusatz geben Sie 100 Gramm Haferstroh in zwei Liter kaltes Wasser. Erhitzen Sie die Mischung und lassen Sie sie 15 Minuten kochen. Dann seihen Sie das Stroh ab und schütten den Auszug ins lauwarme Badewasser. Legen Sie sich für 10 bis 15 Minuten in die Wanne. Danach sollten Sie die Haut trocken tupfen und mit einer geeigneten Creme/Salbe eincremen.
Viele weitere Tipps für die Neurodermitis-Behandlung erfahren Patienten oftmals in Selbsthilfegruppen.
Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.
Die Neurodermitis macht Babys und Kleinkindern oft besonders schwer zu schaffen. Die Kleinen verstehen noch nicht, warum ihre Haut stellenweise entzündet ist und so stark juckt. Sie fühlen sich unwohl, sind oft unruhig und können schlecht schlafen.
Mit verschiedenen Maßnahmen kann man aber die Beschwerden der kleinen Neurodermitis-Patienten lindern. Der behandelnde Arzt wird dazu für jedes Kind passende Medikamente und andere Therapiemaßnahmen vorschlagen. Auch die Eltern selbst können viel tun, um ihrem Kind zu helfen. Beispielsweise sollten Sie es täglich sanft eincremen. Außerdem sollten sie die kleinen Fingernägel regelmäßig kurz schneiden und dem Kind nachts Baumwollhandschuhe anziehen. Dann kratzen sich die Kleinen im Schlaf nicht auf.
Weitere Tipps und Infos zum atopischen Ekzem bei den jüngsten Patienten lesen Sie im Beitrag
Neurodermitis - Baby
.
Neurodermitis tritt oft schon im Säuglings- oder Kleinkindalter auf. Wenn sich Ihr Kind häufig kratzt, Ihnen unerklärliche Hautrötungen auffallen und diese Symptome anhalten, sprechen Sie den Kinderarzt darauf an! Dieser wird zunächst im
Gespräch
mit Ihnen die Krankheitsgeschichte (
Anamnese
) des Kleinen erheben. Mögliche Fragen des Arztes sind zum Beispiel:
Nach dem Gespräch wird der Arzt den Patienten körperlich untersuchen. Dabei schaut er sich die Haut am ganzen Körper genau an. Ein deutlicher Hinweis auf Neurodermitis sind juckende, entzündliche Hautveränderungen, die je nach Alter bevorzugt an bestimmten Stellen auftreten. Beispielsweise sind bei Säuglingen vor allem das Gesicht und die Streckseiten der Arme und Beine betroffen, bei älteren Kindern oft die Kniekehlen, Ellenbeugen und Handgelenke.
Wenn diese Hautentzündungen chronisch sind oder immer wiederkehren, spricht das ebenfalls stark für eine Neurodermitis. Das gilt umso mehr, wenn in der Familie des Patienten (bzw. bei ihm selbst) zusätzlich Heuschnupfen, Nahrungsmittelallergien, allergisches Asthma oder andere Allergien bekannt sind.
Daneben gibt es noch weitere Kriterien, die auf eine Neurodermitis hinweisen können. Wird zum Beispiel die Haut mechanisch gereizt (etwa durch Kratzen mit Fingernagel oder Spatel), hinterlässt das bei Neurodermitis oft weißliche Spuren auf der Haut (weißer Dermografismus).
Vermutet der Arzt, dass die Neurodermitis mit einer Allergie verbunden ist, kann er entsprechende
Allergietests
veranlassen:
Geeignet ist zum Beispiel der
Prick-Test
(
Epikutantest
). Dabei ritzt der Arzt jeweils kleine Mengen von häufigen Allergieauslösern (Pollen, Tierhaare, Hausstaubmilben, Nahrungsmittel etc.) in die Haut ein, meist am Unterarm. Wenn sich nach 15 bis 20 Minuten Rötungen und/oder Quaddeln an einer oder mehreren Stellen gebildet haben, besteht eine Allergie gegen das betreffende Allergen bzw. gegen die betreffenden Allergene.
Außerdem kann der Arzt das Blut des Patienten im Labor auf
spezifische Antikörper gegen bestimmte Allergieauslöser
untersuchen lassen.
In unklaren Fällen von Neurodermitis kann es vereinzelt nötig sein, eine kleine Hautprobe zu entnehmen, die dann im Labor genauer untersucht wird (
Hautbiopsie
).
Bei seinen Untersuchungen muss der Arzt andere Erkrankungen ausschließen, die ähnliche Symptome wie Neurodermitis auslösen können. Zu diesen sogenannten Differenzialdiagnosen zählen zum Beispiel:
Häufig treten Mischbilder der verschiedenen Ekzemarten auf. Daher ist es wichtig, einen erfahrenen Arzt zu haben und ihm das Krankheitsbild genau zu schildern. Manchmal ist es sinnvoll, neben dem Kinderarzt auch noch einen Hautarzt (Dermatologe) und gegebenenfalls einen Spezialisten für Allergien (Allergologe) aufzusuchen.
Neurodermitis bricht fast immer schon in der frühen Kindheit aus: in etwa der Hälfte aller Fälle bereits in den ersten sechs Lebensmonaten, in 60 Prozent der Fälle im ersten Lebensjahr und in mehr als 70 bis 85 Prozent der Fälle vor dem fünften Lebensjahr.
Mit dem Heranwachsen verschwinden die Ekzeme und der Juckreiz meist wieder: Etwa 60 Prozent aller Kinder mit Neurodermitis zeigen spätestens im frühen Erwachsenenalter keinerlei Symptome mehr.
Mindestens drei von zehn Kindern mit Neurodermitis leiden auch als Erwachsene zumindest zeitweise unter Ekzemen.
Das Risiko, dass sich eine Neurodermitis ins Erwachsenenalter fortsetzt, besteht vor allem dann, wenn das atopische Ekzem schon in sehr früher Kindheit aufgetreten ist und einen schweren Verlauf genommen hat. Auch wenn ein Kind zusätzlich an weiteren allergischen (atopischen) Erkrankungen wie Heuschnupfen oder allergisches Asthma leidet, ist das Risiko erhöht, dass es noch als Erwachsenen unter der Hauterkrankung leidet. Das Gleiche gilt, wenn enge Familienmitglieder eine atopische Erkrankung haben.
In jedem Fall ist eine frühzeitige, konsequente Behandlung sehr wichtig bei Neurodermitis. Heilen lässt sich die Erkrankung mit regelmäßiger Hautpflege, Medikamenten & Co. zwar nicht. Allerdings kann eine Therapie, die optimal an den einzelnen Patienten angepasst ist, die Neurodermitis-Beschwerden im akuten Schub lindern. Zudem lässt sich viel tun, um neuen Schüben vorzubeugen (siehe unten).
Zu jedem Zeitpunkt kann eine Neurodermitis auch spontan ausheilen.
Im Verlauf der Neurodermitis kann es zu Komplikationen kommen. Am häufigsten entwickeln sich
Hautinfektionen
, etwa weil das Aufkratzen der juckenden Haut Krankheitserregern eine leichte Eintrittspforte verschafft:
Zu den seltenen Komplikationen bei Neurodermitis zählen
Augenerkrankungen
(wie Glaukom,
Netzhautablösung
, Erblindung),
kreisrunder Haarausfall
(Alopecia areata) und
Wachstumsverzögerungen / Kleinwuchs
.
Manche Neurodermitis-Patienten erkranken zusätzlich an
Ichthyosis vulgaris
. Dies ist eine genetisch bedingte Verhornungsstörung der Haut.
Beim Thema Vorbeugung (Prävention) unterscheidet man bei Neurodermitis zwei Varianten:
Bei den meisten Neurodermitis-Patienten treten die Schübe vor allem im Herbst und Winter auf. Im Frühling und Sommer bessert sich das Hautbild dagegen oft. Wie stark die einzelnen Schübe sind, wie lange sie dauern und in welchem zeitlichen Abstand sie auftreten, lässt sich nicht vorhersagen.
Man kann aber viel tun, um einem Neurodermitis-Schub vorzubeugen. Dazu gehört vor allem, die individuellen Auslöser (Trigger) zu meiden oder zumindest zu reduzieren. Hier einige Tipps dazu:
Bei Jugendlichen und Erwachsenen mit Neurodermitis ist auch die
richtige Berufswahl
entscheidend: Berufe, bei denen die Haut mit Wasser, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln oder chemischen Produkten in Kontakt kommt, sind für Neurodermitis-Patienten ungeeignet. Das Gleiche gilt für stark schmutzende Tätigkeiten wie Abbrucharbeiten. Auch der häufige Kontakt mit Tieren oder Mehl kann die empfindliche Haut reizen. Ungeeignete Berufe für Neurodermitis sind deshalb zum Beispiel Friseur, Bäcker, Konditor, Koch, Gärtner, Florist, Bauarbeiter, Metallarbeiter, Elektroingenieur, Krankenpfleger und andere medizinische Berufe sowie Raumpfleger.
Einige Maßnahmen können das Risiko von Neurodermitis und anderen atopischen Erkrankungen (Heuschnupfen, allergisches Asthma etc.) senken. Besonders wichtig ist das bei Risikokindern. Das sind Kinder, in deren Familie (Eltern, Geschwister etc.) atopische Erkrankungen vorkommen.
Wichtige Tipps zur Neurodermitis-Vorbeugung lauten:
Es gibt Hinweise, dass eine sogenannte mediterrane Kost (viele pflanzliche Lebensmittel, viel Fisch, wenig Fleisch, Olivenöl etc.) ebenfalls vor atopischen Erkrankungen schützen kann. Das Gleiche gilt für den Konsum von Gemüse, Obst, Omega-3-Fettsäuren und Milchfett. Das muss aber noch weiter erforscht werden, bevor man genaue Ernährungsempfehlungen zur Vorbeugung von
Neurodermitis
und anderen atopischen Erkrankungen geben kann.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).
Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.
Neurodermitis
Kurzübersicht
Neurodermitis: Symptome
“Der Juckreiz wird durch Wärme verstärkt”
Drei Fragen an
Facharzt Dermatologie, Phlebologie, Allergologie
Facharzt Dermatologie, Phlebologie, Allergologie
Neurodermitis-Symptome bei Kindern
Neurodermitis-Symptome bei Erwachsenen
Atopische Stigmata
Neurodermitis: Ursachen und Trigger
Zu viel Hygiene?
Neurodermitis: Auslöser (Trigger)
Neurodermitis-Formen
Neurodermitis: Behandlung
Neurodermitis-Therapie: Hautpflege
Hautreinigung
Neurodermitis-Therapie: Trigger meiden
Neurodermitis-Therapie: Kortison
>> äußerliche (topische) Anwendung von Kortison:
>> innerliche (systemische) Anwendung von Kortison:
Neurodermitis-Therapie: Calcineurin-Inhibitoren
Neurodermitis-Therapie: Ciclosporin A
Neurodermitis-Therapie: Biologika
Neurodermitis-Therapie: JAK-Hemmer
Neurodermitis-Behandlung: Unterstützende Maßnahmen
H1-Antihistaminika
Polidocanol, Zink, Gerbstoffe & Co.
Medikamente gegen Hautinfektionen
Antimikrobiell wirkende Wäsche
Lichttherapie (Phototherapie)
Aufenthalte am Meer und in den Bergen (Klimatherapie)
Spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung)
Entspannungstechniken
Baumwollhandschuhe
Psychologische Behandlung
Neurodermitis & Ernährung
Neurodermitis plus Nahrungsmittelallergie
Keine Auslass-Diät zur Vorbeugung!
Neurodermitis-Behandlung: Alternativmedizin
Hausmittel gegen Neurodermitis
Neurodermitis: Baby
Neurodermitis: Untersuchungen und Diagnose
Körperliche Untersuchung
Weitere Untersuchungen
Ausschluss anderer Krankheiten
Neurodermitis: Verlauf und Prognose
Neurodermitis-Komplikationen
Neurodermitis: Vorbeugung
Neurodermitis-Schüben vorbeugen
Neurodermitis-Risiko senken
Autoren- & Quelleninformationen