Illness name: stimmbandlaehmung
Description:
Astrid Leitner studierte in Wien Tiermedizin. Nach zehn Jahren in der veterinärmedizinischen Praxis und der Geburt ihrer Tochter wechselte sie – mehr zufällig – zum Medizinjournalismus. Schnell war klar: Das Interesse an medizinischen Themen und die Liebe zum Schreiben ergeben für sie die perfekte Kombination. Astrid Leitner lebt mit Tochter, Hund und Katze in Wien und Oberösterreich.
Eine Stimmbandlähmung liegt vor, wenn der Kehlkopfnerv geschädigt oder sogar durchtrennt ist. Typische Anzeichen sind Heiserkeit, bei Lähmung beider Stimmbänder tritt akute Atemnot auf. Lesen Sie hier, wie es zu einer sogenannten Rekurrensparese kommt und was Sie dagegen tun können!
Eine Stimmbandlähmung entsteht, wenn der Nerv, der die Stimmbänder versorgt (Kehlkopfnerv, Nervus laryngeus recurrens), geschädigt ist. Ärzte sprechen von einer Rekurrensparese. Sie führt dazu, dass sich die Stimmbänder nicht mehr bewegen können und die Stimme versagt. Welche Symptome auftreten, hängt davon ab, ob nur ein Stimmband oder beide Stimmbänder betroffen sind. Eine einseitige Stimmbandlähmung äußert sich durch Heiserkeit – sind beide Stimmbänder gelähmt, bleibt die Stimmritze verschlossen, Betroffene leiden unter akuter Atemnot.
Die Begriffe Stimmband und Stimmlippe werden oft gleichbedeutend verwendet. Grundsätzlich handelt es sich aber um unterschiedliche Strukturen. Zum Sprechen benötigen Menschen zwei Stimmlippen. Sie befinden sich waagrecht im
Kehlkopf
. Jede Stimmlippe besteht aus drei Schichten, die stellenweise übereinander und nebeneinander liegen:
Beim Atmen sind die Stimmlippen entspannt, der Raum dazwischen – die Stimmritze – ist breit, damit die Luft ein- und ausströmen kann. Beim Sprechen werden die Stimmlippen angespannt, die Stimmritze ist bis auf einen kleinen Spalt verengt. Der Luftstrom aus der
Lunge
trifft auf die Stimmlippen und versetzt sie in Schwingung. Je entspannter die Stimmlippen sind, umso höher ist der Ton. Je angespannter, desto tiefer der Ton.
Abhängig von der Ursache betrifft eine Stimmbandlähmung eine oder beider Stimmbänder. Ist sie einseitig, steht das Symptom der Heiserkeit im Vordergrund. Mit einer entsprechenden Therapie ist es in den meisten Fällen möglich, dass die Erkrankung vollständig ausheilt. Bei beidseitiger Lähmung ist die Prognose ungünstiger.
In Deutschland erkranken etwa 10.000 Menschen pro Jahr an einer Stimmbandlähmung. In den meisten Fällen ist sie Folge einer Operation an der Schilddrüse.
Bleibende Stimmbandlähmungen schränken das alltägliche Leben vieler Betroffener stark ein. Das gilt insbesondere für Patienten, die unter einer beidseitigen Rekurrensparese leiden: Sie sind oftmals langfristig oder sogar dauerhaft arbeitsunfähig.
Abhängig vom Ausmaß der bleibenden Symptome ist es für Betroffene möglich, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Schwerbehindert ist man, wenn der Grad der Behinderung (GdB) 50 oder mehr beträgt. Für die Ermittlung des GdB sieht die „Verordnungsmedizin-Verordnung“ bei Stimmbandlähmung folgende Kriterien (als Orientierungsrahmen) vor:
Der Grad der Behinderung wird auf Antrag von einem ärztlichen Gutachter individuell bemessen.
Für die Ausstellung des Schwerbehindertenausweises ist Ihre Kommunalverwaltung beziehungsweise das Versorgungsamt zuständig. Erkundigen Sie sich beim Bürgeramt Ihrer Stadt nach der Adresse des zuständigen Amtes!
Eine Stimmbandlähmung entsteht, wenn der Kehlkopfnerv (Nervus laryngeus recurrens, ein Ast des 10. Hirnnervs Nervus vagus) geschädigt ist. Der Nerv versorgt alle inneren Kehlkopfmuskeln und steuert die Bewegung der Stimmbänder. Ist der Kehlkopfnerv geschädigt oder gelähmt, schließen die Stimmbänder nicht mehr. Abhängig davon, ob ein Stimmband oder beide Stimmbänder betroffen sind, kommt es zu Heiserkeit oder Problemen mit der
Atmung
.
Der Nerv zieht durch die Halsweichteile in den Brustkorb, kehrt dort um und verläuft entlang der Luftröhre hinter der Schilddrüse zum Kehlkopf. Entsprechend vielfältig sind die Orte, an denen Schädigungen des Nervs möglich sind.
Mögliche Ursachen für eine Schädigung des Nervs sind:
Häufigste Ursache für Recurrensparesen sind Operationen an der Schilddrüse. Bei einer teilweisen oder kompletten Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie), die meist wegen eines Schilddrüsentumors nötig ist, kommt es unter Umständen zu einer OP-Komplikation, bei der der Kehlkopfnerv verletzt wird.
In anderen Fällen sind es Operationen an der Halsschlagader (
Aorta
), der
Speiseröhre
oder der Halswirbelsäule, bei denen möglicherweise der Kehlkopfnerv beschädigt wird. Gleiches gilt für Tumoroperationen an der Lunge oder im Halsbereich.
In selteneren Fällen führt eine Entzündung des Nervs zu einer Lähmung der Stimmbänder. Als Auslöser dafür sind bestimmte
Viren
(
Herpes
simplex HSV, Varizella zoster VZV, Epstein-Barr-Virus EBV), aber auch
Bakterien
(Borrelien) bekannt.
Unter Umständen ist der Kehlkopfnerv selbst erkrankt. Mögliche Ursachen dafür sind zum Beispiel Multiple Sklerose (MS) oder die
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
.
In einigen Fällen liegt die Ursache der Rekurrensparese im
Gehirn
. Dies ist etwa der Fall, wenn der Nervus vagus (10. Gehirnnerv, jener Nerv, aus dem der Kehlkopfnerv entspringt) durch einen Schlaganfall oder ein Schädel-Hirn-Trauma geschädigt wird.
In etwa 20 bis 40 Prozent aller Fälle ist keine Ursache für die Stimmbandlähmung erkennbar. Ärzte sprechen dann von einer „idiopathischen Stimmbandlähmung“.
Wie eine Stimmbandlähmung behandelt wird, richtet sich nach der jeweiligen Ursache und danach, wie stark sie ausgeprägt ist.
Ist eine bestimmte Erkrankung wie zum Beispiel eine Entzündung, eine neurologische Erkrankung oder ein Schlaganfall Ursache für die Stimmbandlähmung, wird der Arzt diese zunächst behandeln.
Bei einer einseitigen Stimmbandlähmung führt eine Stimmübungstherapie beim Logopäden in vielen Fällen zu guten Erfolgen. Mit gezielten Stimmübungen versucht der Logopäde, die zweite, gesunde Stimmlippe so zu trainieren, dass sie möglichst nahe an die gelähmte heranreicht. Dadurch ist es dem Patienten wieder möglich, die Stimmritze zu schließen – die Heiserkeit verschwindet.
Versuchen Sie, weiterhin normal zu sprechen, aber dennoch Ihre Stimme zu schonen – also nicht räuspern, schreien oder laut singen. Auch Flüstern ist nicht stimmschonend, es strengt die Stimmbänder mehr an als es nützt. Langes Schweigen wiederum führt dazu, dass sich die Muskulatur der Stimmbänder mehr und mehr zurückbildet (Muskelatrophie).
Wichtig ist, möglichst bald mit der Stimmübungstherapie zu beginnen und regelmäßig zu trainieren –idealerweise zwei bis drei Mal pro Woche.
Trainieren Sie Ihre Stimme zunächst unter Anleitung eines erfahrenen Logopäden. Wenn Sie die Übungen gut beherrschen, üben Sie auch zwischen den Übungseinheiten zu Hause.
Begleitend zur Stimmübungstherapie ist bei einer einseitigen Stimmbandlähmung eine sogenannte Reizstromtherapie sinnvoll: Dabei kommt ein spezielles Gerät zum Einsatz, das elektrische Impulse aussendet und dadurch die Muskulatur der Stimmbänder stimuliert.
Der Strom gelangt über zwei unterschiedlich gepolte Elektroden, die der Arzt von außen an den Kehlkopf anlegt, direkt zu den Stimmbändern. Die individuell angepasste Reizstromstärke aktiviert die Muskulatur der Stimmbänder und beschleunigt damit die Regeneration des Nervs.
Während die Stimmbildungsübungen darauf abzielen, dass die gesunde Stimmlippe die Funktion der gelähmten übernimmt, hat die Reizstromtherapie die Regeneration des Nervs und damit die Bewegungswiederkehr der erkrankten Stimmlippe zum Ziel. Auch bei dieser Form der Therapie ist es wichtig, möglichst frühzeitig damit zu beginnen.
Bis die Stimmbänder nach einer Lähmung wieder normal funktionieren, vergehen mitunter zwölf bis 24 Monate.
Sind weder Logopädie noch Reizstromtherapie erfolgreich, ist unter Umständen eine Operation notwendig.
Stimmlippen-Unterfütterung:
Bei der Stimmlippen-Unterfütterung (Augmentation) wird versucht, die gelähmte Stimmlippe durch verschiedene Substanzen – unter anderem Eigenfett – aufzupolstern, sodass sie ihre eigentliche Funktion wieder aufnimmt und die Stimmritze sich wieder schließt. Der Eingriff wird in örtlicher Betäubung durchgeführt und hinterlässt keine
Narben
.
Kehlkopfschrittmacher:
Eine relativ neue Methode ist der sogenannte Kehlkopfschrittmacher. Er wird unter die
Haut
am Brustbein implantiert und stimuliert gezielt den Kehlkopfnerv. Die ausgesendeten elektrischen Impulse bewirken, dass sich die Stimmlippe öffnet.
Welche Symptome auftreten, hängt maßgeblich davon ab, ob nur ein Stimmband oder beide Stimmbänder gelähmt sind.
Bei einer einseitigen Stimmbandlähmung ist das Hauptsymptom Heiserkeit. Der Grund dafür ist, dass sich die Stimmritze wegen des gelähmten Stimmbands nicht richtig schließt. Beim Sprechen entweicht Luft durch den Spalt – die Stimme klingt heiser, leise und kraftlos. Lange Gespräche sind anstrengend, beim Singen ist es nicht möglich, den Ton lange zu halten. Häufig kommt es auch zu einer Schluckstörung: Beim Schlucken von Speisen, Getränken oder sogar
Speichel
entsteht ein Hustenreiz.
Sind beide Stimmbänder gelähmt, bekommt der Patient Atemprobleme. Durch die Lähmung sind die Stimmbänder einander sehr nah, wie es normalerweise beim Sprechen der Fall ist. Während der Atmung weichen die Stimmbänder nicht auseinander, sodass die Stimmritze eng bleibt. Die Atemnot tritt meist nur bei Belastung oder bei Infekten auf, in schweren Fällen auch in Ruhe. Typischerweise ist beim Einatmen ein Atemgeräusch (
Stridor
) hörbar. Die Stimme ist bei beidseitiger Stimmbandlähmung meist besser als bei der einseitigen.
Erster Ansprechpartner bei Verdacht auf eine Stimmbandlähmung ist der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten (HNO-Arzt).
Der HNO-Arzt erkundigt sich im Erstgespräch zunächst nach den aktuellen Beschwerden und fragt, wie lange diese schon bestehen. Antworten auf folgende Fragen liefern dem Arzt erste Hinweise auf eine mögliche Stimmbandlähmung:
Anschließend untersucht der HNO-Arzt den Halsbereich und achtet auf mögliche Veränderungen. Um die Stimmlippen einzusehen, verwendet er ein sogenanntes Laryngoskop (Kehlkopfspiegel). Dafür öffnet der Patient den
Mund
und streckt die Zunge vor. Dann schiebt der Arzt einen kleinen runden Spiegel an Zunge und Gaumenzäpfchen vorbei in den
Rachen
und beleuchtet diesen mit seiner Stirnlampe. Sagt der Patient „hi“, stellt sich der Kehldeckel (
Epiglottis
) auf und die Stimmlippen werden sichtbar. So kann der Arzt sowohl Beweglichkeit als auch Struktur der Stimmlippen beurteilen.
Alternativ kommt die Lupenlaryngoskopie zum Einsatz. Dabei handelt es sich um ein starres oder flexibles Endoskop, mit dem der Arzt die Stimmlippen „um die Kurve“ betrachtet und die Untersuchungsergebnisse digital mit einer Kamera aufzeichnet.
Erhärtet sich der Verdacht auf ein Problem mit den Stimmbändern, führt der Arzt eine Stroboskopie durch. Damit macht er die Einzelschwingungen der Stimmbänder sichtbar, die viel zu schnell sind, um sie mit bloßem
Auge
zu beurteilen. Das Stroboskop ist ein optisches Gerät, das Lichtblitze auf die Stimmlippen sendet. Dadurch erzeugt es eine Zeitlupenaufnahme der Stimmbänderschwingungen. Die Untersuchung wird ambulant durchgeführt und ist schmerzlos.
Mithilfe der Ultraschalluntersuchung des Halses stellt der Arzt strukturelle Veränderungen im Halsbereich fest. Hier steht vor allem die Schilddrüse im Vordergrund. Sind an der Schilddrüse keine Veränderungen erkennbar, führt der Arzt weitere Untersuchungen durch.
Mithilfe einer
Computertomografie
(CT) oder einer Magnetresonanztomografie (MRT) lassen sich Veränderungen im Hals, im Brustkorb und im Gehirn feststellen, die möglichweise für die Stimmbandlähmung verantwortlich sind.
Der Arzt nimmt dem Patienten
Blut
ab und untersucht, ob eine Infektion mit Viren (z.B. HSV, VZV, EBV) oder Bakterien (z.B. Borrelien) vorliegt. Finden sich Abwehrkörper (Antikörper) gegen bestimmte Erreger im Blut, bedeutet dies, dass das Immunsystem mit dem jeweiligen Erreger bereits in Kontakt war. Das ist ein möglicher Hinweis auf die Ursache der Stimmbandlähmung.
Ist weiterhin keine Ursache für die Stimmbandlähmung feststellbar, ordnet der Arzt eine Panendoskopie an. Diese Untersuchung wird in Vollnarkose durchgeführt. Dabei untersucht der Arzt die Schleimhaut des gesamten Rachens und des Kehlkopfs (inkl. Stimmbändern) mit dem Endoskop und entnimmt Gewebeproben von verdächtigen Stellen. Diese werden anschließend unter dem Mikroskop auf mögliche Veränderungen (z.B. einen Tumor) untersucht.
In 20 bis 40 Prozent aller Fälle ist keine genaue Ursache für die Stimmbandlähmung feststellbar. Der Arzt stellt dann die Diagnose „idiopathische Stimmbandlähmung“.
Entscheidend für die Prognose ist, ob der Kehlkopfnerv nur beschädigt oder vollständig durchtrennt wurde – wie beispielsweise bei einer Operation. Ein durchtrennter Nerv wächst nicht mehr zusammen, die Stimmbandlähmung bleibt dauerhaft.
In allen anderen Fällen ist die Prognose deutlich besser: In 80 bis 90 Prozent der Fälle regeneriert sich der Nerv vollständig. Bis die ursprüngliche Stimmleistung wiederhergestellt ist, dauert es jedoch – trotz Therapie – mitunter ein bis zwei Jahre.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Astrid Leitner studierte in Wien Tiermedizin. Nach zehn Jahren in der veterinärmedizinischen Praxis und der Geburt ihrer Tochter wechselte sie – mehr zufällig – zum Medizinjournalismus. Schnell war klar: Das Interesse an medizinischen Themen und die Liebe zum Schreiben ergeben für sie die perfekte Kombination. Astrid Leitner lebt mit Tochter, Hund und Katze in Wien und Oberösterreich.
Stimmbandlähmung
Kurzübersicht
Was ist eine Stimmbandlähmung?
Was sind die Stimmbänder?
Häufigkeit
Schwerbehinderung
Wie entsteht eine Stimmbandlähmung?
Operationen im Verlaufsgebiet des Nervs
Entzündung des Kehlkopfnervs
Erkrankung des Nervs
Gehirnschäden
Idiopathische Stimmbandlähmung
Wie wird eine Stimmbandlähmung behandelt?
Behandlung der Grunderkrankung
Stimmübungstherapie (Logopädie)
Reizstromtherapie
Operation
Symptome
Symptome bei einseitiger Stimmbandlähmung
Symptome bei beidseitiger Stimmbandlähmung
Was macht der Arzt?
Anamnese (Krankengeschichte)
Klinische Untersuchung
Ultraschalluntersuchung des Halses
Computertomografie/Magnetresonanztomografie
Blutuntersuchung
Panendoskopie
Prognose
Autoren- & Quelleninformationen