Illness name: taubheit
Description:
Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Unter
Taubheit
(Gehörlosigkeit, Surditas, Anakusis) versteht man das vollkommene Fehlen des Hörempfindens. Dafür gibt es zahlreiche Ursachen. Besonders bei Kindern zieht eine unerkannte Gehörlosigkeit schwere Entwicklungsverzögerungen, besonders der Sprache, nach sich. Entscheidend für die Prognose ist daher eine frühzeitige Diagnose und Behandlung. Lesen Sie hier alles Wichtige zum Thema Taubheit!
Taubheit sowie der oft synonym benutzte Begriff "Gehörlosigkeit" beschreiben den völligen Ausfall des Hörempfindens. Dabei ist es möglich, dass die Ursache auf dem gesamten Weg zwischen Schallwahrnehmung im
Ohr
und der Verarbeitung der akustischen Reize im
Gehirn
liegt.
Gehörlose Menschen sind nicht zwangsläufig auch stumm. Es gibt jedoch taub-stumme Menschen ebenso wie es Personen gibt, die taub und blind sind. Bei ihnen ist die Kommunikation stark eingeschränkt.
Das Ohr lässt sich in drei Abschnitte einteilen:
Außenohr,
Mittelohr
und
Innenohr
.
Das
äußere Ohr
besteht aus der
Ohrmuschel
und dem äußeren Gehörgang, durch den die Schallwellen ins Mittelohr gelangen (Luft-Leitung).
Der Übergang zum
Mittelohr
wird durch das Trommelfell gebildet, welches direkt mit dem sogenannten Hammer (Malleus) verbunden ist. Der Hammer bildet zusammen mit zwei weiteren winzigen Knochen, Amboss (Incus) und Steigbügel (Stapes), die sogenannten Gehör-Knöchelchen. Sie leiten den Schall vom Trommelfell über das Mittelohr in das Innenohr, wo die Hörwahrnehmung sitzt.
Das
Innenohr
und das Mittelohr befinden sich größtenteils im
Felsenbein
, einem Teil des knöchernen Schädels. Von den Gehör-Knöcheln wird der Schall über das sogenannte ovale Fenster in die flüssigkeitsgefüllte Hörschnecke (Cochlea) übertragen. Es ist jedoch auch möglich, dass der Schall diesen Weg über das Trommelfell umgeht und über den Schädelknochen in die Hörschnecke gelangt (Knochen-Leitung).
In der Cochlea wird der Schall registriert, über den Hörnerv ins Gehirn geleitet und dort weiterverarbeitet. Jede Etappe der Hörwahrnehmung und -verarbeitung ist störanfällig, was in schweren Fällen zu Taubheit führt.
Unter Schwerhörigkeit versteht man eine beeinträchtigte Hörwahrnehmung, unter Taubheit den kompletten Verlust der Hörwahrnehmung. Die Unterscheidung lässt sich objektiv mit einem Hör-Test, einer sogenannten Tonschwellen-Audiometrie, feststellen: Dabei wird der Hörverlust im sogenannten Hauptsprachbereich festgestellt. Als Hauptsprachbereich bezeichnet man jenen Frequenzbereich, in dem überwiegend die menschliche Sprache stattfindet. Ab einem Hörverlust von 100 Dezibel im Hauptsprachbereich ist die Definition von Taubheit erfüllt.
Es gibt eine Vielzahl von Ursachen für Taubheit. Grundsätzlich ist es möglich, dass die Ursache sowohl im Ohr, vor allem an der Schallempfindung im Innenohr, als auch an den weiteren Stationen der Hörbahn im Gehirn liegt. Auch eine Kombination mehrerer Ursachen ist möglich. Der Taubheit liegt entweder eine Schall-Leitungsstörung, eine Schall-Empfindungsstörung oder psychogene Hörstörung zugrunde.
Von einer
Schall-Leitungsstörung
spricht man, wenn der über den äußeren Gehörgang eintreffende Schall nicht normal über das Mittelohr zum Innenohr weitergeleitet wird. Ursache dafür ist meist eine Schädigung der schallverstärkenden Gehör-Knöchelchen im Mittelohr. Eine solche Störung ist bei manchen Menschen angeboren, bei anderen entsteht sie im Laufe des Lebens.
Eine Schall-Leitungsstörung ist zwar eine mögliche Ursache für Schwerhörigkeit – als alleinige Ursache für eine Taubheit allerdings ausgeschlossen. Denn auch ohne die Weiterleitung des Schalls durch die Luft (Luft-Leitung) ist die Wahrnehmung von Schall möglich, da dieser zu einem geringen Teil auch über den Schädelknochen das Innenohr erreicht (Knochen-Leitung).
Bei einer
Schall-Empfindungsstörung
ist die Schall-Weiterleitung bis zum Innenohr intakt. Dort aber werden die ankommenden akustischen Signale in der Regel nicht registriert (sensorische Hörstörung). In selteneren Fällen werden die Signale zwar im Innenohr registriert, aber dann nicht an das Gehirn weitergeleitet und dort wahrgenommen – entweder aufgrund einer Störung des Hörnervs (neurale Hörstörung) oder der zentralen Hörbahn (zentrale Hörstörung). Auch eine Schall-Empfindungsstörung ist bei manchen Menschen angeboren, bei anderen erworben.
Psychogene Hörstörung
: In seltenen Fällen führen psychiatrische Erkrankungen zu einer Taubheit. Psychische Belastungen stören bei manchen Menschen die Hörempfindung – auch ohne nachweisbare Schäden der Ohren. Mit objektiven Hör-Untersuchungen lässt sich einschätzen, ob noch akustische Signale im Gehirn des Patienten ankommen oder nicht.
Es gibt
genetisch bedingte Hörstörungen
. Ein Hinweis darauf ist das gehäufte Vorkommen von Taubheit in der Familie. Auslöser der genetisch bedingten Taubheit sind Fehlbildungen des Innenohres oder des Gehirns.
Außerdem besteht die Gefahr, dass
Infektionen
der Mutter während der Schwangerschaft, zum Beispiel mit
Röteln
, eine normale Entwicklung des Gehörs beim ungeborenen Kind beeinträchtigen und damit zu einem gestörten Hörempfinden bis hin zu Taubheit führen.
Zusätzlich erhöhen
Drogen
wie vor allem Alkohol und Nikotin sowie bestimmte Medikamente während der Schwangerschaft das Risiko für eine Hörschädigung beim Kind. Bekannte Beispiele für ohrschädigende (ototoxische) Arzneistoffe sind
Thalidomid
sowie verschiedene Antibiotika aus den Gruppen der Aminoglykoside, Makrolide und Glykopeptide.
Sauerstoff-Mangel
und
Hirn-Blutungen
während der Geburt führen bei manchen Kindern ebenfalls zur Taubheit. So haben frühgeborene Kinder, die häufig aufgrund einer unzureichenden Lungenreife kurz nach der Geburt an Sauerstoff-Mangel leiden, ein erhöhtes Risiko für eine Hörstörung.
Studien haben gezeigt, dass auch eine
entwicklungsbedingte Verzögerung der Hörbahn-Reifung
zu Schwerhörigkeit führen kann. In diesem Fall verbessert sich das Hörvermögen häufig im Laufe des ersten Lebensjahrs. Manchmal bleibt aber auch eine ausgeprägte Schwerhörigkeit oder Taubheit bestehen.
Häufigste Ursache für eine erworbene Taubheit ist eine längere
Infektion des Ohres
. Diese schädigt in schweren Fällen sowohl das Mittelohr (Schall-Leitung) als auch das Innenohr (Schall-Empfindung). Auch Infektionen der
Hirnhäute
(
Meningitis
) oder des Gehirns (
Enzephalitis
) ziehen manchmal Taubheit nach sich.
Einige
Medikamente,
wie bestimmte Krebs-Medikamente (Chemo-Therapeutika), gewisse Entwässerungsmittel (Diuretika) und eine ganze Reihe von Antibiotika, haben eine ohrschädigende Wirkung. Auch das gebräuchliche Schmerz- und Fiebermittel
Acetylsalicylsäure
wirkt ototoxisch – allerdings deutlich geringer als bei den zuvor genannten Arzneistoffen.
Weitere Ursachen für erworbene Taubheit sind
Tumore
,
Lärm-Schäden
,
Durchblutungsstörungen
, ein
Hörsturz
oder auch
chronische Erkrankungen des Ohres
wie beispielsweise die sogenannte
Otosklerose
. Seltener führen auch
Industrie-Schadstoffe
(zum Beispiel Kohlenmonoxid) und
Verletzungen
zu Taubheit.
Man unterscheidet einseitige und beidseitige Taubheit. Manche Menschen sind von Geburt an gehörlos. In anderen Fällen entwickelt sich die Taubheit erst schleichend oder entsteht plötzlich, zum Beispiel durch einen Unfall.
Bei der einseitigen Taubheit ist das Hörvermögen zwar nicht vollkommen, in der Regel jedoch erheblich eingeschränkt. Häufig fällt anderen Menschen auf, dass der Betroffene verspätet oder gar nicht auf Geräusche wie einen plötzlichen lauten Knall reagiert.
Da das Hörvermögen insgesamt stark beeinträchtigt ist, stellen Menschen mit einseitiger Taubheit in einem Gespräch häufiger Rückfragen. Sie sprechen selbst sehr laut und haben Schwierigkeiten festzustellen, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt.
Bei der beidseitigen Taubheit ist das Hörempfinden vollkommen ausgefallen und daher eine Kommunikation über einen akustischen Informationsaustausch wie Sprache nicht möglich. Aus diesem Grund ist bei tauben Kindern die Sprach-Entwicklung schwer gestört, vor allem wenn die Taubheit bereits seit der Geburt bestand. Der Verdacht auf beidseitige Taubheit bei kleinen Kindern ergibt sich, wenn diese offensichtlich nicht auf Geräusche reagieren.
Aufgrund der engen Kopplung von Gleichgewichts- und Hörsinn treten bei Taubheit auch Schwindel- und Übelkeitsattacken auf.
Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) ist der richtige Ansprechpartner, um Taubheit zu diagnostizieren. Im Gespräch zur Erhebung der Krankengeschichte (
Anamnese
) wird der Arzt vor allem nach dem Grund für den Verdacht auf Taubheit, nach Risikofaktoren für Hörstörungen und bisherigen Auffälligkeiten fragen.
Laut der amerikanischen Fachgesellschaft ASHA (American Speech Language Hearing Association) sind folgende Auffälligkeiten bei Kindern ernst zu nehmen, weil sie auf eine Hörstörung oder Taubheit hinweisen können:
Diese Hinweise lassen sich auch auf betroffene Erwachsene übertragen, wobei allerdings die Artikulation bei Erwachsenen, die nicht seit der Kindheit taub sind, relativ normal ist.
Nach der Anamnese folgen verschiedene Untersuchungen und Tests, um den Verdacht auf Taubheit abzuklären. Die verschiedenen Hör-Tests erlauben aber zumeist nur in Kombination eine Aussage über das Hörvermögen. Die genaue Untersuchung des Hörvermögens und Sprach-Verständnisses dient auch dazu, den Grad der Hör-Behinderung oder bei Erwachsenen der Minderung der Erwerbsfähigkeit festzustellen.
Zunächst wird der Arzt das Ohr des Betroffenen mit einer Lupe mit integrierter Lichtquelle, einem sogenannten Otoskop, untersuchen. Dabei sieht er, ob das Trommelfell intakt ist und ob sich dahinter gegebenenfalls ein Erguss im Mittelohr befindet. Diese Untersuchung liefert allerdings nur Aussagen über die Anatomie, nicht über die Hörleistung.
Der Weber- und der Rinne-Test geben wichtige Hinweise auf die Art und den Ort der Hör-Schädigung. Der Arzt bringt dazu eine Stimmgabel zum Schwingen und hält das Ende der Stimmgabel an verschiedene Stellen im Bereich des Kopfes:
Beim
Test nach Weber
setzt der Arzt dem Patienten die Stimmgabel auf die Mitte des Kopfes und fragt, ob der Patient den Ton auf einem Ohr besser hört als auf dem anderen. Normalerweise ist das Hörvermögen auf beiden Ohren gleich. Hört aber der Patient auf einer Seite den Ton lauter (Lateralisation), weist dies entweder auf eine Schall-Leitungs- oder Schall-Empfindungsstörung hin.
Hört der Patient den Ton auf dem erkrankten Ohr lauter, spricht dies für eine Schall-Leitungsstörung. Empfindet der Patient andererseits den Ton auf der gesunden Seite lauter, spricht dies für eine Schall-Empfindungsstörung im erkrankten Ohr.
Ergänzend zum Weber-Test wird der
Rinne-Test
durchgeführt. Bei diesem Test wird die Stimmgabel auf den Knochen hinter dem Ohr aufgesetzt, und zwar so lange, bis der Ton nicht mehr hörbar ist. Dann wird die meist noch schwingende Stimmgabel vor das Ohr gehalten. Bei normalem Hörvermögen wird der Ton wieder wahrgenommen, da die Luft-Leitung besser als die Knochen-Leitung ist.
Subjektive Methoden eines Hör-Tests erfordern die Mitarbeit des Patienten. So lässt sich der gesamte Weg des Hör-Prozesses überprüfen.
Der klassische Hör-Test wird von Ärzten als Audiometrie bezeichnet. Bei der
Tonschwellen-Audiometrie
wird die Hörbarkeit von Tönen über Kopfhörer oder Knochenleitungs-Kopfhörer zur Bestimmung der frequenzabhängigen Hörschwelle genutzt. Die Hörschwelle wird in Dezibel angegeben. Sie markiert die untere Grenze der Lautstärke, von der an Patienten den Ton gerade noch wahrnehmen.
Eine Ergänzung zur Tonschwellen-Audiometrie ist die
Sprach-Audiometrie
. Statt Tönen werden den Patienten Wörter oder Laute vorgespielt, die sie erkennen und nachsprechen müssen. Auf diese Weise wird auch das Verständnis von Sprache getestet. Dies hat für den Alltag einen besonders großen Stellenwert und hilft beispielsweise auch, Hörgeräte richtig einzustellen.
Die Ergebnisse der Tonschwellen-Audiometrie werden in einem sogenannten Audiogramm bildlich dargestellt. Auf diesem sieht der Arzt, bei welchen Frequenzen der Patient Einbußen seiner Hörleistung hat. Dies liefert ihm Hinweise auf mögliche Ursachen der Hörschädigung.
Insbesondere bei Kindern werden neben der Audiometrie auch andere Hör-Tests genutzt, um das Hörvermögen zu überprüfen. Wenn das Tragen von Kopfhörern abgelehnt oder nicht möglich ist, werden Lautsprecher genutzt. Dieses Verfahren erlaubt zwar keine seitengetrennte Untersuchung der Ohren, liefert aber dennoch Hinweise auf die Hörfähigkeit. Weitere spezielle Verfahren für diese Fälle sind Verhaltens-Audiometrie, Reflex-Audiometrie, visuelle Konditionierung und konditionierte Spiel-Audiometrie.
Zusätzlich liefern Tests wie der sogenannte
SISI-
(Short Increment Sensitivity Index) oder der
Fowler-Test
Hinweise darauf, ob die Ursache der Schwerhörigkeit/Taubheit in der Schall-Registrierung in der Hörschnecke (Cochlea) oder aber in den sich anschließenden Nervenbahnen (Hörbahn) zu finden ist.
Die objektiven Hör-Test-Verfahren erfordern nur eine sehr geringe Mitarbeit des Patienten. Durch Untersuchung von Teilabschnitten der Hörbahn helfen sie, Art und Ausmaß der Hörstörung festzustellen. Zumeist sind sie auch verwendbar, wenn subjektive Verfahren bei einem Patienten nicht möglich sind.
Die
Tympanometrie (Impendanz-Audiometrie)
ist eine sehr wichtige Untersuchung, die bei jedem Kind mit Verdacht auf eine Hörstörung zum Einsatz kommt: Schallwellen, die in das Ohr eintreten, erreichen durch den äußeren Gehörgang das Trommelfell (Tympanon). Das Tympanon ist eine dünne
Haut
, die durch die Schallwellen bewegt wird. Diese Bewegung löst eine Bewegung der nachgeschalteten Gehör-Knöchelchen aus und setzt so die Kaskade der Schall-Wahrnehmung in Gang.
Bei der Tympanometrie führt der Arzt eine Sonde in das Ohr ein und schließt es damit luftdicht ab. Die Sonde sendet einen Ton aus und misst kontinuierlich den Widerstand des Trommelfells und damit den auch der nachgeschalteten Gehör-Knöchelchen. Das gibt Aufschlüsse über die Funktionalität des Mittelohrs.
Der
Stapedius-Reflex
ist eine Reaktion auf lauten Schall. Der sogenannte Stapedius ist ein Muskel, der den dritten Gehör-Knöchel durch Zusammenziehen so verkantet, dass der Schall vom Trommelfell weniger stark ins Innenohr weitergeleitet wird. Dieser Muskel schützt das Innenohr somit vor hoher Lautstärke. Bei der Messung des Stapedius-Reflexes wird die Reflex-Schwelle bestimmt, also der Lautstärke-Wert, ab dem der Reflex ausgelöst wird. Durch diese Untersuchung lässt sich feststellen, ob die Gehör-Knöchelchen im Mittelohr normal beweglich sind.
Seit 2009 werden alle Neugeborenen auf Taubheit untersucht. Ziel ist es, Hörstörungen bis zum dritten Lebensmonat frühzeitig zu erkennen und bis zum sechsten Lebensmonat die Therapie einzuleiten. Die beiden folgenden Methoden werden auch bei diesem
Neugeborenen-Screening
eingesetzt.
Zum einen gehört dazu die Messung der sogenannten
otoakustischen Emissionen,
ein schmerzloses Verfahren zur Funktionsprüfung der Hörschnecke. Die Emissionen sind sehr leise Echos, die aus dem Innenohr kommen. Die äußeren Haarzellen im Innenohr senden als Antwort auf eine eintretende Schallwelle dieses Echo aus.
Das zweite Verfahren ist die sogenannte
Hirnstamm-Audiometrie
(zum Beispiel BERA). Sie untersucht die Nerven- und Gehirn-Bereiche, die für das Hören verantwortlich sind. Mithilfe der auf der Kopfhaut gemessenen elektrischen Impulse lässt sich abschätzen, ob der Schall nicht nur im Innenohr registriert, sondern auch über die angeschlossenen Nervenbahnen weitergegeben und im Gehirn verarbeitet wird.
Dem Patienten wird dazu ein Kopfhörer aufgesetzt, der einen Ton aussendet. Auf der Kopfhaut angebrachte Elektroden messen dann die Form der elektrischen Erregungen und die Zeit zwischen Ton und elektrischer Antwort in den Nerven und im Gehirn.
Vor allem bei plötzlicher Taubheit sucht der Arzt nach speziellen Ursachen, wie zum Beispiel einem den Gehörgang verstopfenden Fremdkörper, schweren Infektionen und der Anwendung bestimmter Medikamente.
Bildgebende Verfahren
kommen zum Einsatz, wenn der Patient ein
Cochlea-Implantat
erhält oder aber der Verdacht auf eine Krebs-Erkrankung oder eine Fehlbildung als Ursache für die Taubheit besteht. Dabei wird mit Hilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) oder der
Computertomografie
(CT) das Gehirn beziehungsweise das Ohr detailliert abgebildet.
Blut-Untersuchungen
sind meist nicht aufschlussreich bei Verdacht auf Taubheit. Sie sind nur in bestimmten Fällen hilfreich, etwa zur Abklärung von Infektionen oder bei Hinweisen auf eine Stoffwechsel-Erkrankung. Manchmal entsteht eine Schwerhörigkeit oder Taubheit durch eine wiederholte Erkrankung des Hals-Nasen-Ohren-Bereichs infolge von erhöhter
Infektanfälligkeit
. Eine Blut-Untersuchung kann hier helfen, eine Erklärung dafür zu finden.
Eventuell sind bei Taubheit weitere Untersuchungen erforderlich, etwa
Untersuchungen beim Augenarzt oder Neurologen
. In bestimmten Fällen, vor allem bei genetischen Ursachen oder familiärer Taubheit wird eine
humangenetische Beratung
durchgeführt. Humangenetiker sind Spezialisten für die Analyse von genetischen Informationen und Erkrankungen.
In den meisten Fällen lässt sich eine Taubheit nicht rückgängig machen. Es gibt aber viele Methoden, die ausgefallene Bereiche des komplizierten Hörsystems zu überbrücken und auf diese Weise das Hören doch noch zu ermöglichen.
Die Art der Behandlung hängt davon ab, ob eine vollkommene Gehörlosigkeit besteht oder ob noch ein gewisses Resthörvermögen vorhanden ist. Im letzteren Fall ist gegebenenfalls der Einsatz von Hörgeräten möglich.
Bei vollkommener Taubheit hilft häufig eine Operation, bei der der Arzt dem Betroffenen eine
Innenohr-Prothese
einsetzt. Diese wird auch als Gehörschnecken-Implantat oder Cochlea-Implantat bezeichnet. Es ist ratsam, dies bei Kindern mit Taubheit so früh wie möglich zu tun, um bestmögliche Voraussetzungen für den Sprach-Erwerb zu schaffen. Nach dem Eingriff sind Maßnahmen zur Rehabilitation wichtig, vor allem ein intensives Hör- und Sprech-Training.
Abhängig von der Ursache einer Hörstörung bleibt diese entweder gleich schwer oder nimmt mit der Zeit an Schwere zu. Aus einer Schwerhörigkeit entwickelt sich im Verlauf manchmal eine Taubheit. Eine solche fortschreitende Verschlechterung des Hörvermögens gilt es daher, frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Eine bestehende Taubheit lässt sich in der Regel nicht rückgängig machen. Moderne Verfahren wie die Innenohr-Prothese tragen jedoch dazu bei, Folgeschäden der Gehörlosigkeit abzuwenden. Zu diesen Folgeschäden der
Taubheit
gehören die Ausbildung eines gestörten Sprach-Verständnisses sowie Entwicklungsstörungen im emotionalen und psychosozialen Bereich.
Es gibt nicht viele Möglichkeiten, einer Taubheit vorzubeugen. Schwangeren wird dringend geraten, auf den Konsum von Alkohol, Zigaretten und Drogen zu verzichten sowie nur Medikamente einzunehmen, die während der Schwangerschaft erlaubt sind. Auf diese Weise tragen Mütter dazu bei, das Taubheits-Risiko ihrer Kinder zu verringern.
Erwachsene sind gut beraten, ihr Gehör zu schonen, indem sie zum Beispiel extremen Lärm sowie die Einnahme von gehörschädigenden Medikamenten vermeiden.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Taubheit
Kurzübersicht
Was ist Taubheit?
Anatomie und Physiologie des Ohres
Schwerhörig oder taub?
Was sind die Ursachen von Taubheit?
Angeborene Taubheit
Erworbene Taubheit
Wie äußert sich Taubheit?
Einseitige Taubheit
Beidseitige Taubheit
Wie wird Taubheit festgestellt?
Ohrspiegelung (Otoskopie)
Weber- und Rinne-Test
Hör-Tests: Subjektive Methoden
Tonschwellen-Audiometrie
Sprach-Audiometrie
Weitere Untersuchungen
Hör-Tests: Objektive Methoden
Tympanometrie
Messung des Stapedius-Reflexes
Neugeborenen-Screening
Weitere Untersuchungen bei Taubheit
Wie wird Taubheit behandelt?
Wie verläuft Taubheit?
Lässt sich Taubheit vorbeugen?
Autoren- & Quelleninformationen