Illness name: schilddruesenkrebs
Description:
Dr. med. Fabian Sinowatz ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom) ist eine seltene Krebserkrankung. Sie macht sich meist erst dann mit Symptomen bemerkbar, wenn sich der Tumor bereits in umliegendes Gewebe ausgebreitet hat. Es gibt vier Typen von Schilddrüsenkrebs. Bei dreien sind die Heilungschancen gut, einer ist kaum behandelbar. Lesen Sie hier mehr zum Thema Schilddrüsenkrebs.
Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom) entsteht, wenn einige Zellen des Organs entarten, also aufgrund genetischer Veränderungen zu Krebszellen werden, und sich unkontrolliert vermehren. Dadurch verdrängen sie das gesunde Gewebe. Zudem erfüllen die Krebszellen manchmal ihre ursprüngliche Funktion (wie Produktion von Schilddrüsenhormonen) nicht mehr.
In der Schilddrüse gibt es verschiedene Zelltypen mit unterschiedlichen Aufgaben. Je nachdem, aus welchem Zelltyp der Tumor hervorgeht und wie dieser wächst, unterscheiden Mediziner verschiedene Arten von Schilddrüsenkrebs. Der Großteil aller Schilddrüsenkarzinome lässt sich einem der folgenden vier Typen zuordnen:
Das papilläre, das follikuläre und das anaplastische Schilddrüsenkarzinom gehen alle von hormonproduzierenden Schilddrüsenzellen (Thyreozyten) aus: Die ersten beiden Tumorarten (papilläres und follikuläres Schilddrüsenkarzinom) werden auch als "
differenziert
" bezeichnet. Hier ähneln die Krebszellen nämlich noch weitgehend den gesunden Thyreozyten. Einige Zellen des follikulären Typs produzieren sogar noch Schilddrüsenhormone.
Dagegen ist das anaplastische Schilddrüsenkarzinom "
undifferenziert
": Seine Zellen haben jegliche Ähnlichkeit mit normalen Schilddrüsenzellen verloren und verhalten sich nicht mehr wie diese.
Das medulläre Schilddrüsenkarzinom schließlich geht nicht aus hormonproduzierenden Schilddrüsenzellen, sondern aus einem anderen Zelltyp in der Schilddrüse hervor, sogenannten C-Zellen.
Das papilläre Schilddrüsenkarzinom ist mit einem Anteil von bis zu etwa 80 Prozent der häufigste Typ von Schilddrüsenkrebs. Er ist durch warzenförmige Auswüchse (Papillen) gekennzeichnet. Außerdem breiten sich die Krebszellen hier bevorzugt über das Lymphsystem aus (lymphogene Metastasierung). Deshalb sind oft auch die Lymphknoten am Hals von der Krebserkrankung betroffen.
Frauen erkranken deutlich häufiger an einem papillären Schilddrüsenkarzinom als Männer.
Das follikuläre Schilddrüsenkarzinom ist die zweithäufigste Form von Schilddrüsenkrebs. Es bilden sich hierbei bläschenförmige (follikuläre) Strukturen in der Schilddrüse. Die Ausbreitung der Krebszellen erfolgt vorwiegend über das
Blut
(hämatogene Metastasierung) – oft ins
Gehirn
oder in die
Lunge
.
Das follikuläre Schilddrüsenkarzinom betrifft ebenfalls hauptsächlich Frauen.
Das medulläre Schilddrüsenkarzinom (auch C-Zell-Karzinom genannt) geht, wie oben erwähnt, nicht von hormonproduzierenden Schilddrüsenzellen (Thyreozyten) aus, sondern entwickelt sich aus den sogenannten C-Zellen. Diese sind sehr spezialisiert und produzieren nur das Hormon
Calcitonin
, das sehr wichtig für die Regulation des Phosphat- und Kalziumhaushalts ist.
Durch die Entartung und unkontrollierte Vermehrung von C-Zellen beim medullären Schilddrüsenkarzinom kommt es damit zu einer massiven Überproduktion von Calcitonin. Das lässt den Kalziumspiegel im Blut absinken, was sich unter anderem oft mit Gefühlsstörungen äußert. Außerdem treten beim medullären Schilddrüsenkrebs charakteristischerweise starke Durchfälle auf. Sie sind die Folge bestimmter Substanzen, die vom Tumor produziert werden ("vasoaktive Substanzen").
Bei diesem Typ von Schilddrüsenkrebs sind Männer und Frauen gleich häufig betroffen.
Das anaplastische Schilddrüsenkarzinom ist der seltenste Typ von Schilddrüsenkrebs und unterscheidet sich deutlich von den anderen. Der undifferenzierte Tumor wächst sehr schnell und aggressiv und ist daher kaum heilbar – die Lebenserwartung der Betroffenen ist sehr gering. Frauen und Männer erkranken gleich häufig an dieser Form von Schilddrüsenkrebs.
Viele Menschen haben
Knoten in der Schilddrüse
. In den meisten Fällen handelt es sich dabei aber nicht um Schilddrüsenkrebs, sondern um einen gutartigen Tumor (häufig ein Schilddrüsenadenom). Zwar wächst auch ein solcher unkontrolliert, dringt dabei allerdings nicht in umliegendes Gewebe ein, wie das ein bösartiger Tumor (Schilddrüsenkrebs) macht.
Ganz allgemein sind Erkrankungen der Schilddrüse in Deutschland Österreich und der Schweiz häufig. In den allermeisten Fällen handelt es sich dabei aber um eine gutartige Erkrankung. Schilddrüsenkrebs dagegen ist selten, und Frauen erkranken deutlich häufiger an einem Schilddrüsenkarzinom als Männer.
Die Schilddrüsenkrebs-Heilungschancen und die Lebenserwartung hängen davon ab, welcher Typ von Schilddrüsenkrebs vorliegt und wie weit die Erkrankung bereits fortgeschritten ist.
Beim
papillären Schilddrüsenkarzinom
bestehen im Vergleich zu den anderen Typen von Schilddrüsenkrebs die besten Heilungsaussichten. Zehn Jahre nach der Behandlung leben noch mehr als 90 Prozent der Betroffenen.
Follikulärer Schilddrüsenkrebs
hat ebenfalls eine verhältnismäßig gute Prognose: Die Zehn-Jahres-Überlebensrate liegt bei etwa 50 bis 95 Prozent – je nachdem, wie weit der Krebs schon in umliegendes Gewebe vorgedrungen ist.
Eine etwas schlechtere Prognose haben Menschen mit
medullärem Schilddrüsenkrebs
. Hier liegt die Zehn-Jahres-Überlebensrate bei etwa 50 Prozent, wenn es bereits Fernmetastasen gab. Ist der Krebs nur auf die Schilddrüse beschränkt, liegen die Überlebensraten nach zehn Jahren bei bis zu 95 Prozent.
Das
anaplastische Schilddrüsenkarzinom
ist nach derzeitigem medizinischem Wissensstand leider so gut wie nicht heilbar. Die mittlere Überlebenszeit der Betroffenen beträgt nach der Diagnosestellung nur rund sechs Monate.
Bei all diesen Angaben ist zu beachten, dass es sich um Durchschnittswerte handelt. Die Lebenserwartung im individuellen Einzelfall weicht in der Regel deutlich von den hier angegebenen Werten ab.
Um möglichst frühzeitig zu erkennen, ob der Schilddrüsenkrebs nach abgeschlossener Behandlung zurückkehrt (Rezidiv), wird eine lebenslange Nachsorge empfohlen. Dazu zählt eine regelmäßige Untersuchung der Halsregion mittels Ultraschall.
Zudem lassen sich regelmäßig verschiedene Blutwerte messen, die nur durch Schilddrüsengewebe produziert werden – wenn sie sich nach vollständiger Entfernung der Schilddrüse wieder nachweisen lassen, spricht das für ein erneutes Tumorwachstum. Man bezeichnet diese Laborwerte als sogenannte
Tumormarker
. Als solche interessant sind vor allem Calcitonin (beim medullären Schilddrüsenkarzinom) und
Thyreoglobulin
(bei papillärem und follikulärem
Schilddrüsenkrebs
).
Alles Wichtige zu den typischen Anzeichen von Schilddrüsenkrebs lesen Sie im Beitrag
Schilddrüsenkrebs – Symptome
.
Nicht alle Ursachen für Schilddrüsenkrebs sind bis heute restlos geklärt. Es gibt aber einige Hinweise zur Entstehung solcher Tumoren – auch im Hinblick auf Faktoren, die das Erkrankungsrisiko erhöhen. Hierbei finden sich aber Unterschiede zwischen den verschiedenen Typen von Schilddrüsenkarzinomen.
In vielen Fällen entwickelt sich die Erkrankung allerdings spontan ohne erkennbare Ursache.
Es gibt starke Hinweise darauf, dass das papilläre und das follikuläre Schilddrüsenkarzinom durch ionisierende Strahlung ausgelöst werden. So erkrankten nach dem Atomreaktorunfall in Tschernobyl etwa 1.500 Kinder in Weißrussland, der Ukraine und Russland an Schilddrüsenkrebs. Auch Überlebende der Atombombenangriffe im Zweiten Weltkrieg auf die Städte Hiroshima und Nagasaki in Japan entwickelten signifikant häufiger Schilddrüsenkrebs.
Eine Rolle spielt dabei die Aufnahme von radioaktivem
Jod
in den Körper, welches bei der zivilen Nutzung der Kernspaltung sowie bei Atombomben entsteht und sich im Falle der Freisetzung in die Umwelt in der Schilddrüse anreichert. Daher wird etwa bei einem Reaktorunfall hochdosiertes medizinisches Jod in Tablettenform ausgegeben, um einen sogenannten Jodblock zu erreichen.
Die Schilddrüse ist dann mit Jod angereichert und das radioaktive Jod wird nicht im Gewebe gespeichert. Da Jod
131
, das radioaktive Isotop des Jods, eine Halbwertszeit von nur acht Tagen hat, ist es zwar auf der einen Seite hochradioaktiv und gefährlich, auf der anderen Seite reduziert sich die Menge freigesetzten Jods in der Umwelt aber relativ schnell (entsprechend nach acht Tagen auf die Hälfte).
Ebenfalls ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht durch eine medizinische Bestrahlung der Halsregion, wie sie etwa zur Behandlung von Lymphdrüsenkrebs oder anderer Krebstumoren durchgeführt wird. Gefährdet sind hier vor allem Kinder.
Patienten, die aus therapeutischen Gründen radioaktives Jod bekommen (beispielsweise zur Therapie von
Schilddrüsenüberfunktion
) haben kein erhöhtes Risiko für Schilddrüsenkrebs, weil bei ihnen in der Regel die Schilddrüse durch die Therapie zerstört beziehungsweise entfernt wird.
Manche Formen von Schilddrüsenkrebs beruhen auf einer genetischen Veranlagung. Das gilt
besonders beim medullären Schilddrüsenkarzinom
: Bei etwa einem Viertel der Erkrankten lässt sich der bösartige Tumor auf einen bestimmten Gendefekt zurückführen, der innerhalb der Familie vererbbar ist (familiäres medulläres Schilddrüsenkarzinom).
Hierbei sind verschiedene Genveränderungen (Mutationen) im RET-Gen auf Chromosom 11möglich. Das RET-Gen codiert für die sogenannte "Rezeptortyrosinkinase". Das ist ein Eiweiß, das in der Zellmembran sitzt und Signale etwa durch Botenstoffe ins Zellinnere weiterleitet.
Sie führen mitunter dazu, dass das medulläre Schilddrüsenkarzinom entweder alleine oder in Kombination mit verschiedenen anderen, teils gutartigen Tumoren (etwa des Nebennierenmarks) auftritt. Letzteres bezeichnet man als "multiple endokrine Neoplasie" (MEN, Typ 2).
Wer eine RET-Gen-Mutation in sich trägt, entwickelt mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90 Prozent ein medulläres Schilddrüsenkarzinom. Deshalb wird — wenn die Mutation bekannt ist – meist bereits in der Kindheit vorbeugend die Schilddrüse entfernt (prophylaktische Thyreoidektomie).
Aufgrund der Möglichkeit einer genetischen Veranlagung wird bei Diagnose eines medullären Schilddrüsenkarzinoms nahen Familienmitgliedern des Patienten (etwa Eltern, Kindern) meist eine genetische Untersuchung und die Messung von Calcitonin im Blut (siehe Untersuchungen und Diagnose) empfohlen.
Wer aufgrund von Jodmangel einen "Kropf" entwickelt hat, ist anfälliger für Schilddrüsenkrebs – besonders für das follikuläre Schilddrüsenkarzinom. Außerdem geht die mit Jodmangel verbundene Erhöhung des stimulierenden Hormons der Schilddrüse (TSH) mit einem erhöhten Risiko für Schilddrüsenkrebs einher. Das belegen neuere Untersuchungen.
Geografische Unterschiede in der Häufigkeit von follikulärem Schilddrüsenkarzinom verdeutlichen den Zusammenhang mit der Jodversorgung: In Jodmangelgebieten kommt diese Form von Schilddrüsenkrebs häufiger vor als in Regionen mit guter Jodversorgung.
Beim anaplastischen Schilddrüsenkarzinom sind die Ursachen und möglichen Risikofaktoren bislang noch vollkommen unbekannt.
Schilddrüsenkrebs verursacht oft keine Beschwerden. Er wird deshalb bei vielen Patienten nur zufällig im Rahmen einer Untersuchung entdeckt. So liefern oft veränderte Blutwerte oder eine Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse Hinweise auf eine Erkrankung des Organs. Diese Untersuchungen nimmt in der Regel ein Facharzt für Allgemeinmedizin oder ein Facharzt für Innere Medizin vor.
Bei Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung wie Schilddrüsenkrebs wird der Arzt zuerst über verschiedene Fragen die Krankengeschichte (
Anamnese
) des Patienten erheben. Mögliche Fragen sind zum Beispiel:
An das Anamnesegespräch schließt sich eine körperliche Untersuchung an. Der Arzt tastet dabei gründlich die Schilddrüse, die Halsregion und die Lymphknoten auf verdächtige Veränderungen ab.
Im Blut misst man unter anderem die
Schilddrüsenhormone
T3 und T4 (beziehungsweise fT3 und fT4 ) sowie das Hormon
TSH
(Thyreoidea-stimulierendes-Hormon). Weichen die Messwerte von den Normwerten ab, folgt in der Regel die Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse.
Ebenfalls aufschlussreich ist oft der
Calcitoninspiegel
im Blut: Wenn der Wert dieses Hormons erhöht ist, liegt meist Schilddrüsenkrebs vor — genauer gesagt ein medulläres Schilddrüsenkarzinom (produziert große Mengen an Calcitonin).
Mittels Ultraschall erkennt der Arzt meist bereits, ob die Schilddrüse in ihrer Größe und Struktur verändert ist. So stellt er beispielsweise fest, ob sich Knoten in der Schilddrüse befinden und die Schilddrüse vergrößert ist (
Struma
).
Die Ultraschalluntersuchung gibt dem Arzt oft bereits Hinweise, ob es sich bei den
Schilddrüsenknoten
eventuell um gutartige oder bösartige Tumoren handelt. Für eine sichere Diagnose reicht das aber nicht aus.
Da Schilddrüsenkrebs eher selten ist, beobachten viele Ärzte zunächst die Entwicklung der Knoten im Verlauf von mehreren Wochen und sehen sich dabei die Schilddrüse immer wieder im Ultraschall an. Wenn der Arzt aufgrund des Ultraschalls die Knoten in der Schilddrüse als potenziell krebsverdächtig einstuft oder die Knoten einen Durchmesser von mehr als einem Zentimeter haben, erfolgen weitere Untersuchungen (Szintigrafie,
Biopsie
).
Der nächste Schritt bei der Abklärung verdächtiger Schilddrüsenknoten ist meist eine
Schilddrüsenszintigrafie
. Mit diesem nuklearmedizinischen Verfahren lassen sich anhand einer radioaktiven Substanz die Stoffwechselaktivität und die Durchblutung der Schilddrüse darstellen. Das hilft dem Arzt, knotige Veränderungen, die sich im Ultraschall gezeigt haben, genauer abzuklären:
Wenn sich in einem Bereich der Schilddrüse, in dem im Ultraschall ein verdächtiger Knoten gefunden wurde, nun in der Szintigrafie eine auffällig verminderte oder ganz fehlende Stoffwechselaktivität zeigt, handelt es sich um einen "
kalten Knoten
" (dunkle Farbe im Szintigrafiebild). Ein solcher ist in einigen Fällen, muss aber nicht, ein Anzeichen für Schilddrüsenkrebs. Bei nur etwa drei bis zehn Prozent der kalten Knoten liegt Schilddrüsenkrebs vor.
Knoten mit besonders hoher Stoffwechselaktivität – sogenannte "
heiße Knoten"
(rote Farbe in der Szintigrafie) – treten zum Beispiel bei einer gutartigen Schilddrüsenüberfunktion auf (autonomes Schilddrüsenadenom), sind aber kein Anzeichen von Schilddrüsenkrebs.
Auch wenn ein "kalter Knoten" nur selten bösartig ist, ist es ratsam, ihn mittels
Feinnadelbiopsie (FNB)
zu überprüfen. Dabei sticht der Arzt unter Ultraschallkontrolle mit einer feinen Hohlnadel in den Schilddrüsenknoten (Punktion) und entnimmt eine kleine Gewebeprobe.
Diese untersucht ein Pathologe im Labor feingeweblich, um einzuschätzen, ob es sich tatsächlich um Schilddrüsenkrebs handelt. Allerdings liefert die Untersuchung nicht immer eine eindeutige Diagnose.
Patienten, die gerinnungshemmende Medikamente (wie ASS oder
Phenprocoumon
) nehmen, müssen diese gegebenenfalls rechtzeitig vor der Biopsie absetzen. Damit will man Einblutungen durch den Einstich bei der Probenentnahme verhindern.
Steht die Diagnose Schilddrüsenkrebs fest, folgen weitere Untersuchungen. Mit ihnen will man feststellen, wie weit sich der Schilddrüsenkrebs bereits ausgebreitet hat.
Beispielsweise lässt sich mit einer Röntgenuntersuchung des Brustkorbs (
Röntgen-Thorax
) prüfen, ob der Krebs bereits Tochtergeschwülste (Metastasen) in der Lunge gebildet hat. Mittels Computertomografie und
Kernspintomografie
lässt sich im Brustkorb und in anderen Körperregionen noch genauer nach Metastasen suchen und zudem die Ausbreitung des bösartigen Tumors in der Schilddrüse detaillierter darstellen.
Über eine Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie) findet der Arzt heraus, ob der Krebs möglicherweise bereits auf die Stimmlippen übergegriffen hat.
Die Wahl der geeigneten Behandlungsform bei einem Schilddrüsenkarzinom hängt davon ab, welcher Typ von Schilddrüsenkrebs vorliegt und wie weit sich der Krebs bereits im Körper ausgebreitet hat. Prinzipiell stehen folgende Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, die einzeln oder in unterschiedlicher Kombination anwendbar sind:
Bei einem papillären Schilddrüsenkarzinom, das noch sehr klein ist, genügt in Einzelfällen die Entfernung des betroffenen Schilddrüsenlappens (
Hemi-Thyreoidektomie
). Bei Verdacht, dass auch andere Schilddrüsenlappen oder benachbarte Lymphknoten befallen sind, sowie bei größeren Tumoren wird die komplette Schilddrüse entfernt (
totale Thyreoidektomie
) – und zusätzlich die benachbarten Lymphknoten.
Etwa zehn bis 14 Tage nach der Operation schließt sich die
Radiojodtherapie
an. Sie zerstört noch verbliebene Reste von Schilddrüsengewebe und eventuell vorhandene Metastasen. Danach ist der Körper nicht mehr in der Lage, Schilddrüsenhormone zu produzieren. Deshalb nehmen Patienten lebenslang ein
hochdosiertes Präparat mit Schilddrüsenhormon
(Thyroxin, T4) ein.
Die Dosis geht dabei bewusst über das notwendige Maß hinaus. Dadurch unterdrückt man die Ausschüttung von TSH aus der Hirnanhangdrüse (
Hypophyse
). Dieses Hormon würde nämlich eventuell vorhandene Restzellen des Tumors erneut zum Wachsen anregen.
Wächst der Tumor schnell oder lässt er sich operativ nicht vollständig entfernen, versuchen die Ärzte manchmal eine
Chemotherapie
. Sie ist zwar nur selten wirksam, führt dann aber zumindest zu einem teilweisen Rückgang des Tumors. Der Nutzen der Behandlung ist allerdings nicht abschließend belegt.
Eine
Strahlentherapie
wird in der Regel nur durchgeführt, wenn sich das papilläre Schilddrüsenkarzinom nicht mittels Operation und Radiojodtherapie vollständig entfernen lässt. Außerdem wird sie eingesetzt, um das Wachstum von Metastasen zu bremsen.
Bei einem follikulären Schilddrüsenkarzinom wird unabhängig von der Größe des Tumors die gesamte Schilddrüse entfernt (
totale Thyreoidektomie
). Wie auch beim papillären Schilddrüsenkrebs schließt sich nach der Operation die
Radiojodtherapie
an, gefolgt von einer lebenslangen
Einnahme von hochdosiertem Schilddrüsenhormon
(Thyroxin).
Für
Chemo- und Strahlentherapie
gilt hier das Gleiche wie für das papilläre Schilddrüsenkarzinom: Die Wirksamkeit ist gering beziehungsweise fraglich Wirksamkeit. Daher werden sie nur in besonderen Fällen eingesetzt.
Die Therapie der Wahl bei einem medullären Schilddrüsenkarzinom (C-Zell-Karzinom) ist ebenfalls die vollständige operative Entfernung der Schilddrüse (
totale Thyreoidektomie
). Anschließend gibt es aber keine Radiojodtherapie – diese wäre wirkungslos, weil C-Zellen kein Jod speichern.
Die Patienten sind nach der Operation zwar ebenfalls lebenslang auf die
Einnahme von Schilddrüsenhormon
(Thyroxin) als Präparat angewiesen. Dessen Dosierung liegt beim medullären Schilddrüsenkrebs aber in einem Bereich, der lediglich den Bedarf deckt, jedoch nicht die Ausschüttung von TSH hemmt.
Gegebenenfalls versucht man bei einem medullären Schilddrüsenkarzinom auch eine
Chemotherapie
, etwa wenn eine vollständige operative Entfernung nicht möglich ist. Wie bei den oben genannten Krebsformen gilt hier: Eine gesicherte lebensverlängernde Wirksamkeit hat die Chemotherapie nicht.
Die starken Durchfälle, die bei dieser Form von Schilddrüsenkrebs in vielen Fällen auftreten, lassen sich kaum mit den üblichen Medikamenten in den Griff bekommen. Stattdessen erhalten die Betroffenen manchmal eine opioidhaltige Lösung (Tinctura opii).
Eine Operation ist beim anaplastischen Schilddrüsenkrebs aufgrund der sehr schlechten Prognose in der Regel nicht sinnvoll. Eine Radiojodtherapie kommt auch nicht in Betracht, weil die Krebszellen ihre ehemalige Funktion verloren haben ("undifferenzierter" Tumor) und kein Jod mehr aufnehmen.
Stattdessen führt man beim anaplastischen Schilddrüsenkarzinom eine
äußerliche Bestrahlung
(Radiatio) durch. Sie bewirkt in der Regel, dass der Tumor kleiner wird und die lokalen Symptome (Druckgefühl beim Schlucken, Atembeschwerden) abnehmen. Grundsätzlich reagiert das anaplastische Karzinom als undifferenzierter Tumor etwas empfindlicher auf eine Bestrahlung als differenzierter Schilddrüsenkrebs.
Für die
Chemotherapie
gilt wie bei den anderen Formen von Schilddrüsenkrebs: Wirksamkeit und Nutzen des Einsatzes sind umstritten. Deshalb werden Chemotherapeutika nur in Einzelfällen verabreicht.
Da nicht alle Ursachen für Schilddrüsenkrebs geklärt sind, ist eine Vorbeugung nur zum Teil möglich. In jedem Fall lassen sich bekannte Risikofaktoren verringern. Dazu gehört etwa:
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Dr. med. Fabian Sinowatz ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Schilddrüsenkrebs
Kurzübersicht
Was ist Schilddrüsenkrebs?
Welche Formen gibt es?
Papilläres Schilddrüsenkarzinom
Follikuläres Schilddrüsenkarzinom
Medulläres Schilddrüsenkarzinom
Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom
Knoten in der Schilddrüse sind nur selten Krebs
Häufigkeit
Krankheitsverlauf und Prognose
Wie hoch ist die Heilungschance und die Lebenserwartung?
Nachsorge bei Schilddrüsenkrebs
Symptome
Ursachen und Risikofaktoren
Ionisierende Strahlung
Genetische Veranlagung
Jodmangel und TSH-Erhöhung
Untersuchungen und Diagnose
Anamnese
Körperliche Untersuchung
Blutuntersuchung und Ultraschall
Ultraschall
Szintigrafie
Biopsie
Weiterführende Untersuchungen
Behandlung
Papilläres Schilddrüsenkarzinom
Follikuläres Schilddrüsenkarzinom
Medulläres Schilddrüsenkarzinom
Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom
Vorbeugung
Autoren- & Quelleninformationen