Illness name: schlaganfall
Description:
Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).
Andreas Fromm ist Fachautor für Notfallmedizin und lehrt seit 2018 als Dozent an der Berufsfachschule für Notfallsanitäter und -sanitäterinnen der Feuerwehr Hamburg.
Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.
Der
Schlaganfall
(Apoplex, Hirnschlag) ist eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn. Sie muss schnellstens ärztlich behandelt werden! Anderenfalls sterben so viele Gehirnzellen ab, dass der Patient bleibende Schäden wie Lähmungen oder Sprachstörungen davonträgt oder sogar stirbt. Lesen Sie hier alles Wichtige zum Thema: Was ist ein Schlaganfall und wie entsteht er? Was sind die Warnzeichen, welche Folgen hat er und wie lässt er sich behandeln?
Der Schlaganfall ist eine Erkrankung des Gehirns, bei der es durch eine Störung der Durchblutung zu einem plötzlichen Ausfall bestimmter Hirn-Regionen kommt. Mediziner sprechen auch von Apoplex oder Apoplexie, Gehirnschlag, Hirninsult, apoplektischem Insult oder zerebralem Insult.
Die akute Durchblutungs-Störung des Gehirns hat zur Folge, dass die Gehirnzellen zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe erhalten. Dadurch sterben sie ab. Ausfälle von Gehirn-Funktionen sind meist die Folge und verursachen zum Beispiel Taubheits-Gefühle, Lähmungs-Erscheinungen, Sprach- oder
Sehstörungen
. Bei rascher Behandlung bilden sie sich manchmal wieder zurück; in anderen Fällen bleiben sie dauerhaft bestehen. Ein schwerer Schlaganfall endet oft auch tödlich.
Viele Schlaganfälle gelten als vermeidbar – wie kann man vorsorgen?
Das hängt von Ihren Risikofaktoren ab: Neben dem Rauchen etwa erhöhter Blutdruck, erhöhte Cholesterinwerte oder Diabetes. Ein Arzt kann das messen und entscheidet, ob man das Risiko durch reine Lebensstilmaßnahmen (bewusstere Ernährung, Gewichtskontrolle, regelmäßige Bewegung) reduzieren kann, oder ob Medikamente nötig sind. Eine besondere Variante des Schlaganfalls kommt durch Vorhofflimmern. Bei unregelmäßigem Puls daher ebenfalls unbedingt zum Arzt!
Gibt es Frühwarnzeichen, auf die man achten kann?
Nein, ein Schlaganfall kommt meist aus heiterem Himmel. Manchmal in einer vorübergehenden Variante, der „TIA“ (Transitorische ischämische Attacke) mit Lähmungen oder Sprachstörungen, die komplett wieder verschwinden. Das wäre dann die allerletzte Warnung. Es gibt aber eine Untersuchung, die uns viel über den Zustand der Blutgefäße und damit das Schlaganfallrisiko sagen kann: die Ultraschalluntersuchung der Halsarterien. Fragen Sie Ihren Arzt danach.
Ist es schlimm, wenn ein Schlaganfall unbemerkt bleibt?
Nichts zeigt das Risiko eines Schlaganfalls so deutlich an wie die Tatsache, dass schon einer stattgefunden hat. Der nächste Schlaganfall wird dann nicht lange auf sich warten lassen, es sei denn, man steuert gegen. Also ja: man sollte unbedingt wissen, ob man schon einmal einen Schlaganfall hatte. Im Zweifel muss eine MRT-Untersuchung des Kopfes gemacht werden, dabei sieht man Hirnareale, die aufgrund eines Schlaganfalls abgestorben sind.
Der Hormonexperte gründete 2006 das Medizinische Präventions Centrum Hamburg (MPCH), jetzt Conradia Medical Prevention, dessen Direktor er bis heute ist.
Schätzungen zufolge erleiden jedes Jahr rund 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Betroffen sind vor allem ältere Menschen. Die Erst-Diagnose erfolgt meist erst ab einem Alter von 40 Jahren. Da der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung stetig zunimmt, halten Experten es für wahrscheinlich, dass auch die Anzahl der Schlaganfall-Patienten steigt.
Laut einer Studie des Robert Koch Instituts (RKI) litten im Jahr 2014/2015 etwa 1,6 Prozent der Erwachsenen in Deutschland an einem Schlaganfall oder wiesen chronische Beschwerden infolge eines Schlaganfalls auf. Ein Apoplex ist die zweithäufigste Todesursache und eine der bedeutendsten Ursachen für Behinderungen bei Erwachsenen.
Wer schon einmal einen Schlaganfall hatte, trägt ein erhöhtes Risiko für einen weiteren Apoplex. So bekommen etwa 40 von 100 Menschen, die schon einen Hirnschlag überstanden haben, innerhalb von zehn Jahren einen weiteren. Auch das Risiko für weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen (wie
Herzinfarkt
) ist bei Schlaganfall-Patienten erhöht.
Das Risiko für einen Schlaganfall steigt mit zunehmendem Alter, allerdings erhöht sich auch unter Menschen weit vor dem Senioren-Alter die Zahl der Betroffenen Jahr für Jahr. Grund ist vermutlich, dass sich auch die Risikofaktoren in immer frühere Lebensabschnitte verlagern: Übergewicht, erhöhte Blutfett-Werte,
Bluthochdruck
, Diabetes, Bewegungsmangel. Nur vom Rauchen hat sich im Vergleich zu früher ein großer Teil der Jüngeren abgewendet.
In der jüngeren Gruppe der Schlaganfall-Erkrankten überwiegen deutlich die Frauen. Ihr Risiko für einen Hirninfarkt steigt aufgrund hormoneller Einflüsse: In der Schwangerschaft, im
Wochenbett
und durch hormonelle Verhütungsmittel steigt die Gefahr von Gerinnseln. Wenn diese sich lösen, wandern sie beispielsweise ins Gehirn und verstopfen dort ein Gefäß.
Das bedeutet: Auch in jungen Jahren sind typische Schlaganfall-Symptome ernst zu nehmen. Rufen Sie bei Verdacht immer einen Notarzt.
Auch Kinder erleiden vereinzelt einen Hirnschlag – selbst ungeborene im Mutterleib. Zu den möglichen Ursachen zählen zum Beispiel Gerinnungs-Störungen, Herz- und Gefäß-Erkrankungen. Manchmal löst auch eine Infektionskrankheit einen Schlaganfall bei Kindern aus.
Eine klare Anzahl an Kindern und Jugendlichen, bei denen ein Apoplex diagnostiziert wurde, gibt es nicht. Experten sind überzeugt, dass sie viel höher liegt als angegeben, weil die Diagnose "Schlaganfall" bei Kindern schwerer zu stellen ist. Der Grund ist, dass die Reifung des Gehirns noch nicht abgeschlossen ist und sich ein Hirnschlag bei Kindern daher oft erst Monate oder Jahre später bemerkbar macht. So fällt zum Beispiel eine Halbseiten-Lähmung bei Neugeborenen erst nach etwa sechs Monaten auf.
Mediziner unterscheiden verschiedene Schlaganfall-Ursachen: Die beiden häufigsten sind eine Minder-Durchblutung (
ischämischer Schlaganfall
) und eine Hirn-Blutung (
hämorrhagischer Schlaganfall
). In seltenen Fällen lassen sich noch andere Schlaganfall-Ursachen feststellen.
Eine akute Minder- oder Mangel-Durchblutung (Ischämie) in bestimmten Hirn-Regionen ist die häufigste aller Schlaganfall-Ursachen. Sie ist für ungefähr 80 Prozent aller Fälle verantwortlich. Mediziner sprechen hier von einem
ischämischen Schlaganfall oder Hirn-Infarkt
.
Es gibt unterschiedliche Gründe, warum es zu einer Mangel-Durchblutung bestimmter Hirn-Regionen kommt. Die wichtigsten sind:
Besonders schwerwiegende Folgen hat ein ischämischer Schlaganfall im
Hirnstamm
(
Hirnstamm-Infarkt
). Dort befinden sich nämlich lebenswichtige Gehirnzentren, die etwa für die Steuerung der
Atmung
, des Kreislaufs und des Bewusstseins zuständig sind. Ein Beispiel für einen Hirnstamm-Infarkt ist die Basilaris-Thrombose, also der Verschluss der
Arteria basilaris
im Hirnstamm: In schweren Fällen verursacht sie eine vollständige Lähmung aller Extremitäten (Tetraparese) und Koma oder führt unmittelbar zum Tod.
Bei etwa 20 Prozent aller Schlaganfälle sind Blutungen im Kopf die Ursachen. Ein Schlaganfall durch eine solche Hirn-Blutung nennen Mediziner auch
hämorrhagischen Schlaganfall
. Die Blutung tritt an unterschiedlichen Stellen auf:
Blutung im Gehirn:
Hierbei platzt plötzlich ein Gefäß direkt im Gehirn und Blut tritt ins umliegende Hirngewebe aus. Der Auslöser dieser sogenannten intrazerebralen Blutung ist meist Bluthochdruck. Auch andere Erkrankungen, Drogen-Missbrauch und der Riss einer angeborenen Gefäß-Missbildung (wie
Aneurysma
) im Gehirn verursachen unter Umständen eine Blutung im Gehirn. Manchmal bleibt die Ursache auch ungeklärt.
Blutung zwischen den Hirnhäuten:
Der Schlaganfall entsteht hier durch eine Blutung im sogenannten Subarachnoidal-Raum: Das ist der mit Hirnwasser gefüllte, spaltförmige Zwischenraum zwischen der mittleren Hirnhaut (Arachnoidea) und der inneren Hirnhaut (Pia mater), die zusammen mit der äußeren harten Hirnhaut (Dura mater) das Gehirn umschließen. Ursache einer solchen Subarachnoidal-Blutung ist meist ein spontan geplatztes Aneurysma (angeborene Gefäß-Missbildung mit Aussackung der Gefäßwand).
Es gibt für einen Schlaganfall vor allem bei jüngeren Menschen noch andere Ursachen als eine Minder-Durchblutung oder Hirn-Blutung. Bei manchen Patienten beruht der Hirnschlag zum Beispiel auf einer
Entzündung von Gefäßwänden
(
Vaskulitis
). Solche Gefäß-Entzündungen treten im Rahmen von Autoimmun-Erkrankungen auf wie Riesenzell-Arteriitis,
Takayasu-Arteriitis
, Morbus Behcet und Systemischer
Lupus erythematodes
.
Weitere seltene Schlaganfall-Ursachen sind zum Beispiel
Fett- und Luft-Embolien
: Hierbei verstopfen Fett-Tröpfchen beziehungsweise eingedrungene Luft ein Hirngefäß, sodass ein Hirn-Infarkt resultiert. Zu einer Fett-Embolie kommt es unter anderem bei schweren Knochenbrüchen, wenn fettreiches Knochenmark ins Blut schwemmt. Eine Luft-Embolie tritt zum Beispiel als sehr seltene Komplikation einer Operation am offenen Herzen, Brustkorb oder Hals auf.
Angeborene Gerinnungs-Störungen
und die
Bildung von Blutgerinnseln in den
Venen
zählen ebenfalls zu den seltenen Schlaganfall-Ursachen.
Ein Schlaganfall entsteht nicht aus dem Nichts heraus. Verschiedenste Faktoren tragen zu seiner Entstehung bei. Manche dieser Schlaganfall-Risikofaktoren lassen sich nicht beeinflussen. Dazu zählt das
Alter
: Das Risiko für einen Schlaganfall nimmt mit den Lebensjahren zu. Ebenfalls nicht beeinflussbar ist eine
genetische Veranlagung
für einen Schlaganfall.
Daneben gibt es jedoch sehr viele Risikofaktoren, die sich reduzieren lassen. Dazu gehört zum Beispiel
Bluthochdruck (Hypertonie)
: Er führt zu "Gefäßverkalkung" (Arteriosklerose), die wiederum die Gefäße zunehmend verengt. Das begünstigt einen Schlaganfall. Dabei gilt: Je schwerer der Bluthochdruck, desto wahrscheinlicher ist ein Schlaganfall.
Ein vermeidbarer Risikofaktor für einen Schlaganfall ist auch
Rauchen:
Je mehr Zigaretten jemand pro Tag raucht und je mehr Jahre die Raucher-"Karriere" schon andauert, desto höher ist das Schlaganfall-Risiko. Das hat mehrere Gründe:
Unter anderem fördert Rauchen die Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) und Fettstoffwechsel-Störungen – beides sind weitere Risikofaktoren für einen Schlaganfall. Außerdem bewirkt Rauchen, dass sich die Gefäße verengen. Der resultierende Blutdruck-Anstieg begünstigt einen Hirnschlag.
Rauchen verringert darüber hinaus die Sauerstoff-Menge, die die roten Blutkörperchen (
Erythrozyten
) transportieren. Die Gewebe und Organe bekommen dadurch weniger Sauerstoff, so auch das Gehirn. Dieses signalisiert daraufhin dem Knochenmark, mehr rote Blutkörperchen für den Sauerstoff-Transport zu produzieren. Dieser Zuwachs an Erythrozyten macht aber das Blut "dicker". Dadurch fließt es schlechter durch die ohnehin schon verengten Gefäße.
Nicht zuletzt steigert Rauchen die Gerinnungs-Bereitschaft des Blutes – vor allem dadurch, dass die Blutplättchen klebriger werden. So bilden sich leichter Blutgerinnsel, die wiederum ein Gefäß verstopfen. Passiert dies im Gehirn, resultiert daraus ein ischämischer Schlaganfall.
Es lohnt sich also, mit dem Rauchen aufzuhören. Bereits fünf Jahre nach dem Rauchstopp hat man wieder das gleiche Schlaganfall-Risiko wie Menschen, die nie geraucht haben.
Weitere wichtige Risikofaktoren
für einen Schlaganfall sind:
Schlaganfall bei Kindern ist selten, kommt aber vor. Während bei Erwachsenen Lebensstil-Faktoren und Zivilisations-Krankheiten (Rauchen, Arteriosklerose etc.) als Hauptgrund für einen Hirnschlag gelten, weisen Kinder andere Schlaganfall-Ursachen auf.
Dazu gehören zum Beispiel eine vererbte Neigung zur Gerinnsel-Bildung, Erkrankungen der roten Blutkörperchen (wie Sichelzell-Anämie) und Stoffwechsel-Erkrankungen (wie Morbus Fabry). Auch Autoimmun-Erkrankungen der Blutgefäße sowie Herz-Erkrankungen sind mögliche Schlaganfall-Ursachen bei Kindern.
Ob schwerer oder leichter Schlaganfall –
jeder Hirnschlag ist ein Notfall!
Schon bei bloßem Verdacht sollten Sie
sofort den Notarzt rufen (Tel. 112)!
Mit dem
FAST-Test
lässt sich einfach und schnell auf einen Schlaganfall hin prüfen. Der Schlaganfall-Test funktioniert wie folgt:
Der Notarzt prüft noch vor Ort unter anderem Bewusstsein, Blutdruck und Herz-Frequenz des Patienten. Wenn dieser bei Bewusstsein ist, fragt der Arzt ihn nach dem Geschehen und auftretenden Symptomen (wie Seh-Störungen, Taubheits-Gefühle oder Lähmungen).
Nach der Einlieferung ins Krankenhaus ist ein Neurologe der zuständige Facharzt bei Verdacht auf einen Schlaganfall. Er führt eine
neurologische Untersuchung
durch. Dabei prüft er zum Beispiel Koordination, Sprache, Sehen, Berührungs-Empfinden und Reflexe des Patienten.
In der Regel veranlasst der Arzt auch sofort eine
Computertomografie
des Kopfes (kraniale Computertomografie, cCT). Die CT-Untersuchung ist oft durch eine Gefäßdarstellung (CT-Angiografie) oder eine Durchblutungs-Messung (CT-Perfusion) ergänzt. Auf den Bildern aus dem Schädel-Inneren lässt sich erkennen, ob ein Gefäß-Verschluss oder eine Hirn-Blutung für den Gehirnschlag verantwortlich ist. Außerdem lässt sich seine Lage und Ausdehnung feststellen.
Manchmal setzt der Arzt anstelle der Computertomografie eine
Magnetresonanztomografie
(MRT, auch
Kernspintomografie
genannt) ein. Sie ist ebenfalls mit einer Gefäß-Darstellung oder Durchblutungs-Messung kombinierbar.
Bei manchen Patienten führt der Arzt eine separate
Röntgen-Untersuchung der Gefäße
(
Angiografie
) durch. Die Gefäß-Darstellung ist wichtig, um zum Beispiel Gefäß-Missbildungen (wie Aneurysmen) oder Gefäß-Lecks festzustellen.
Zur Abklärung eines Schlaganfalls dient auch eine spezielle
Ultraschall-Untersuchung
(Doppler- und Duplex-Sonografie) der hirnversorgenden Gefäße wie der Halsschlagader. Dabei erkennt der Arzt, ob an der Gefäßinnenwand "Verkalkungen" (arteriosklerotische Ablagerungen) bestehen.
Eine
Ultraschall-Untersuchung der Herzhöhlen
(Echo-Sonografie) zeigt Herz-Erkrankungen auf, welche die Bildung von Blutklümpchen begünstigen, zum Beispiel Auflagerungen auf den
Herzklappen
. Manchmal entdecken Ärzte dabei Blutklümpchen in den Herzhöhlen. Sie erhöhen die Gefahr und sind unter Umständen die Ursache für einen weiteren Schlaganfall. Deshalb erhalten die Patienten blutverdünnende Medikamente, welche die Blutklümpchen auflösen.
Eine weitere wichtige Herz-Untersuchung nach einem Schlaganfall ist die
Elektrokardiografie
(EKG). Darunter versteht man die Messung der elektrischen Herzströme. Manchmal erfolgt sie auch als Langzeitmessung (24-Stunden-EKG oder
Langzeit-EKG
). Anhand des EKGs stellt der Arzt eventuelle Herzrhythmus-Störungen fest. Sie sind ebenfalls ein wichtiger Risikofaktor für einen ischämischen Insult.
Wichtig bei der Schlaganfall-Diagnostik sind auch
Blut-Untersuchungen
. Dabei bestimmt der Arzt zum Beispiel Blutbild,
Blutgerinnung
, Blutzucker,
Elektrolyte
und Nierenwerte.
Die genannten Untersuchungen dienen nicht nur dazu, den Verdacht auf einen Apoplex zu bestätigen und ihn näher abzuklären. Sie helfen auch, mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen, also zum Beispiel Blutdruck-Krisen, Herzinfarkt, Lungen-Entzündung durch Einatmen von Nahrungsresten (Aspirations-Pneumonie) und Nieren-Versagen.
Die Schlaganfall-Symptome hängen davon ab, welche Hirnregion betroffen ist und wie schwerwiegend der Hirnschlag ist. Sehr oft zeigen sich
Taubheits- und Lähmungs-Erscheinungen
in einer Körperseite, zum Beispiel einer Gesichtshälfte.
Erkennbar ist das meist daran, dass der Mundwinkel und das
Augenlid
einer Seite herabhängen und/oder sich ein Arm nicht mehr bewegen lässt. Dabei ist die linke Körperseite betroffen, wenn der Schlaganfall in der rechten Hirnhälfte auftritt, und umgekehrt. Ist der Patient vollständig gelähmt, spricht das für einen Schlaganfall im Hirnstamm.
Auch
plötzliche Seh-Störungen
sind häufige Schlaganfall-Symptome: Die Betroffenen berichten zum Beispiel, dass sie nur noch verschwommen sehen oder Doppelbilder wahrnehmen. Auch ein plötzlicher, vorübergehender Seh-Verlust auf einem
Auge
deutet beispielsweise auf einen Hirnschlag hin. Durch die akuten Seh-Störungen laufen Betroffene Gefahr zu stürzen oder – während einer Autofahrt zum Beispiel – einen Unfall zu verursachen.
Eine
akut auftretende Sprach-Störung
ist ebenfalls Anzeichen für einen Schlaganfall: Manche Patienten sprechen plötzlich verwaschen oder lallend, verdrehen Buchstaben oder sind gar nicht mehr in der Lage zu reden. Oft verstehen Schlaganfall-Patienten auch nicht mehr, was man zu ihnen sagt. Das bezeichnen Mediziner als
Sprachverständnis-Störung
.
Weitere mögliche Anzeichen für einen Schlaganfall sind
plötzlicher Schwindel
und
sehr starke Kopfschmerzen
.
Mehr über die Anzeichen und Beschwerden eines Hirnschlags lesen Sie im Beitrag
Schlaganfall: Symptome
.
Der Begriff "transitorische ischämische Attacke" (kurz: TIA) bezeichnet eine vorübergehende Durchblutungs-Störung im Gehirn. Sie ist ein frühes Warnzeichen für einen Schlaganfall und wird manchmal auch "Mini-Schlaganfall" genannt. Die Symptome sind hierbei in der Regel nicht so ausgeprägt, weshalb bei dieser Form im Volksmund oft von einem leichten oder kleinen Schlaganfall die Rede ist.
Die TIA entsteht meist durch winzige Blutgerinnsel, die kurzzeitig die Durchblutung eines Hirngefäßes beeinträchtigen. Der Betroffene merkt das zum Beispiel an vorübergehenden Sprach- oder Seh-Störungen. Manchmal stellt sich für kurze Zeit auch eine Schwäche, Lähmung oder ein Taubheits-Gefühl in einer Körperhälfte ein. Eine vorübergehende Verwirrtheit oder eine Bewusstseins-Störung tretenmitunter ebenfalls auf.
Solche TIA-Symptome erscheinen immer plötzlich und verschwinden nach Minuten oder wenigen Stunden wieder. Trotzdem sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen: Leitet dieser schnell die richtige Therapie ein, lässt sich ein "echter" Schlaganfall oftmals verhindern.
Alles Wichtige über den "Mini-Schlaganfall" lesen Sie im Beitrag
Transitorische ischämische Attacke
.
Bei der Schlaganfall-Behandlung zählt jede Minute, denn es gilt das Prinzip
"time is brain"
("Zeit ist Hirn"). Gehirnzellen, die – je nach Art des Schlaganfalls – nicht ausreichend mit Blut versorgt oder durch einen erhöhten Hirndruck gequetscht werden, sterben rasch ab. Schlaganfall-Patienten sollten daher so schnell wie möglich ärztliche Hilfe erhalten!
Bei jedem Verdacht auf einen Schlaganfall sollten Sie
sofort den Notarzt alarmieren (Notrufnummer 112)!
Bis dieser eintrifft, sollten Sie den Patienten beruhigen. Lagern Sie seinen Oberkörper etwas erhöht und öffnen Sie beengende Kleidung (wie Kragen oder Krawatte). Das erleichtert das Atmen. Geben Sie ihm nichts zu essen oder zu trinken!
Wenn der Patient bewusstlos ist, aber atmet, sollten Sie ihn in die
stabile Seitenlage
bringen (auf der gelähmten Seite). Kontrollieren Sie regelmäßig seine Atmung und seinen Puls.
Stellen Sie keine Anzeichen für Atmung fest, sollten Sie den Betroffenen sofort auf den Rücken drehen und mit der
Herz-Lungen-Wiederbelebung
beginnen (Herzdruck-Massage und eventuell
Mund-zu-Mund-Beatmung
).
Zur
ärztlichen Akut-Behandlung
bei jedem Schlaganfall gehört es, die Vital-Funktionen und andere wichtige Parameter zu überwachen und bei Bedarf zu stabilisieren. Dazu gehören etwa Atmung, Blutdruck, Herzfrequenz, Blutzucker, Körper-Temperatur, Hirn- und Nieren-Funktion sowie Wasser- und Elektrolyt-Haushalt. Weitere Maßnahmen richten sich nach der Art des Schlaganfalls und eventuellen Komplikationen.
Die meisten Hirn-Infarkte (ischämische Schlaganfälle) entstehen durch ein Blutgerinnsel, das ein Hirngefäß verstopft. Dieses gilt es, so schnell wie möglich zu beseitigen, um die Durchblutung im betreffenden Hirn-Areal wiederherzustellen und Nervenzellen vom Untergang zu retten. Das Blutgerinnsel lässt sich entweder mit einem Medikament auflösen (Lyse-Therapie) oder mechanisch beseitigen (Thrombektomie). Beide Methoden sind auch miteinander kombinierbar.
Lyse-Therapie
Bei der sogenannten
systemischen
Lyse
erhält der Schlaganfall-Patient über eine
Infusion
in eine Vene ein Medikament, das Blutgerinnsel auflöst (Thrombolytikum). Ein spezieller Wirkstoff aktiviert ein Enzym im Körper, das Blutgerinnsel abbaut. Zugelassen ist diese Form der Lyse-Therapie bis zu 4,5 Stunden nach dem Hirninfarkt. Je früher Ärzte innerhalb dieses Zeit-Fensters mit der Lyse beginnen, desto höher sind die Erfolgschancen.
Sind bereits mehr als etwa 4,5 Stunden vergangen, lässt sich das Gerinnsel kaum noch medikamentös auflösen. In bestimmten Fällen hilft eine systemische Lyse auch noch bis 6 Stunden nach Auftreten der Schlaganfall-Symptome – als individueller Heil-Versuch.
Die Lyse-Therapie darf jedoch nicht bei einem Schlaganfall durch eine Hirn-Blutung durchgeführt werden. Das verschlimmert zumeist die Blutung. Auch in bestimmten anderen Situationen ist von einer Lyse-Therapie abzuraten, zum Beispiel bei nicht kontrollierbarem Bluthochdruck.
Neben der systemischen Lyse-Therapie gibt es auch noch die
lokale Lyse
(intra-arterielle Thrombolyse). Diese erfolgt mittels Katheter, den der Arzt über eine
Arterie
bis an den Ort des Gefäß-Verschlusses im Gehirn vorschiebt, wo er direkt ein gerinnsel-auflösendes Medikament injiziert. Die lokale Lyse-Therapie eignet sich aber nur in ganz bestimmten Fällen (etwa bei Hirnstamm-Infarkt).
Thrombektomie
Eine weitere Form der Schlaganfall-Behandlung beruht auf der mechanischen Beseitigung des Blutgerinnsels: Bei der sogenannten Thrombektomie schiebt der Arzt unter Röntgenkontrolle einen dünnen Katheter über eine Arterie in der Leiste bis zum Gerinnsel im Gehirn vor. Dieses entfernt er dann mit geeigneten feinen Instrumenten. Die Thrombektomie erfolgt bei Eignung so schnell wie möglich nach Auftreten der Schlaganfall-Symptome.
Kombination aus Thrombolyse und Thrombektomie
Es besteht auch die Möglichkeit, beide Verfahren miteinander zu kombinieren – das Auflösen des Blutgerinnsels im Gehirn mit einem Medikament (Thrombolyse) und das mechanische Entfernen des Gerinnsels mittels Katheter (Thrombektomie).
Ist eine kleinere Hirn-Blutung Auslöser für einen Schlaganfall, reicht meist eine
konservative Schlaganfall-Behandlung
aus. Hierbei ist absolute Bettruhe einzuhalten und alle Aktivitäten, die den Druck im Kopf ansteigen lassen, sind zu vermeiden. Dazu gehört etwa starkes Pressen beim Stuhlgang. Deshalb erhalten die Patienten in der Regel ein Abführmittel.
Außerdem ist es sehr wichtig, den Blutdruck zu überwachen und bei Bedarf zu behandeln. Ein zu hoher Druck verstärkt nämlich die Blutung, ein zu niedriger führt unter Umständen zur Mangel-Durchblutung von Hirngewebe.
Bei Hirn-Blutungen, die ausgedehnter sind und nicht von allein stoppen, ist in der Regel eine
Operation
nötig. Die Entscheidung für eine Operation hängt aber von verschiedenen Faktoren wie Lage und Größe der Blutung, Alter und allgemeinem Zustand des Patienten sowie eventuellen Begleit-Erkrankungen ab. Bei dem Eingriff eröffnet der Arzt den
Schädel
, um den Blut-Erguss zu entfernen (Hämato-Evakuation) und die Blutungsquelle möglichst zu verschließen.
Je nach Bedarf umfasst die Schlaganfall-Behandlung weitere Maßnahmen, besonders bei Auftreten von Komplikationen.
Erhöhter Hirndruck
Bei einem sehr großen Hirn-Infarkt schwillt das Gehirn oft an (Hirn-Ödem). Weil der Platz im knöchernen Schädel jedoch begrenzt ist, steigt in der Folge der Hirndruck an. Das wiederum quetscht Nerven-Gewebe ein und schädigt es irreversibel.
Auch bei einer größeren Hirn-Blutung steigt durch das austretende Blut der Druck im Schädel mitunter an. Wenn Blut in die mit Nervenwasser gefüllten Hirn-Innenräume (Ventrikel) eintritt, staut sich zudem das Nervenwasser auf – es entwickelt sich ein "Wasserkopf" (Hydrocephalus). Auch dadurch steigt der Hirndruck gefährlich an.
Was auch immer der Grund für einen erhöhten Hirndruck ist, es erfordert eine sofortige Behandlung und Absenkung des Hirndrucks. Dabei hilft es zum Beispiel, Kopf und Oberkörper des Patienten hochzulagern. Sinnvoll ist auch die Gabe entwässernder Infusionen oder die Ableitung von Nervenwasser über einen Shunt (etwa in die Bauchhöhle).
Zur Entlastung entfernen Ärzte auch in manchen Fällen vorübergehend einen Teil des Schädelknochens, den sie später wieder einsetzen (Entlastungs-Kraniotomie). Das Ausräumen beziehungsweise Entfernen des Blut-Ergusses bei einer Hirn-Blutung verringert ebenfalls den Druck im Schädel.
Gefäß-Krämpfe (Vaso-Spasmen)
Bei einem Schlaganfall durch Blutung zwischen den Hirnhäuten (Subarachnoidal-Blutung) besteht die Gefahr, dass sich die Gefäße krampfartig verengen. Durch diese Gefäß-Krämpfe (Vaso-Spasmen) ist das Hirngewebe nicht mehr ausreichend durchblutet. Dann tritt zusätzlich ein ischämischer Schlaganfall auf. Gefäß-Krämpfe sind daher medikamentös zu handeln.
Epileptische Anfälle und
Epilepsie
Ein Schlaganfall ist sehr oft der Grund für eine neu aufgetretene Epilepsie bei älteren Patienten. Ein epileptischer Anfall tritt manchmal schon innerhalb der ersten Stunden nach dem Schlaganfall auf, aber auch erst Tage oder Wochen danach. Epileptische Anfälle lassen sich medikamentös (mit Anti-Epileptika) behandeln.
Lungen-Entzündung
Zu den häufigsten Komplikationen nach einem Schlaganfall zählen bakterielle Lungen-Entzündungen. Besonders hoch ist das Risiko bei Patienten, die infolge des Schlaganfalls unter Schluck-Störungen (Dysphagien) leiden: Beim Verschlucken geraten Nahrungspartikel in die
Lunge
und lösen eine Lungen-Entzündung aus (Aspirations-Pneumonie).
Zur Vorbeugung und Behandlung geben Ärzte Antibiotika. Es besteht zudem die Möglichkeit, Schlaganfall-Patienten mit Schluck-Störungen künstlich über eine Sonde zu ernähren. Das senkt das Risiko einer Lungen-Entzündung.
Harnwegs-Infekte
In der Akutphase nach einem Schlaganfall haben Patienten oft das Problem mit dem Wasserlassen (
Harnverhalt
oder Harnstau). In solchen Fällen hilft ein Blasen-Katheter, den der Patient regelmäßig beziehungsweise dauerhaft trägt. Sowohl Harnstau als jedoch auch Dauer-Katheter begünstigen eine Harnwegs-Infektion nach einem Schlaganfall. Deren Behandlung erfolgt mit Antibiotika.
Die medizinische Reha nach Schlaganfall will einem Patienten helfen, in sein altes soziales und eventuell auch berufliches Umfeld zurückzukehren. Dazu versucht medizinisches Fachpersonal zum Beispiel mit geeigneten Trainings-Methoden, Funktions-Einschränkungen wie Lähmungen, Sprach- und Sprech-Störungen oder Seh-Störungen zu verringern.
Außerdem soll die Reha nach Schlaganfall einen Patienten wieder in die Lage versetzen, seinen Alltag so weit wie möglich selbstständig zu bewältigen. Dazu gehört es etwa, sich allein zu waschen, anzuziehen oder eine Mahlzeit zuzubereiten.
Manchmal bestehen körperliche Einschränkungen (wie eine gelähmte
Hand
), die gewisse Handgriffe oder Bewegungen erschweren oder unmöglich machen. Dann lernen Betroffene in der Schlaganfall-Rehabilitation Lösungs-Strategien sowie den Umgang mit geeigneten Hilfsmitteln (wie Badewannen-Lift, Gehstock, Sprunggelenks-Orthese).
Stationär oder ambulant
Eine neurologische Rehabilitation erfolgt besonders in der Anfangszeit nach einem Schlaganfall
stationär
, etwa in einer Reha-Klinik. Der Patient erhält ein individuelles Behandlungs-Konzept, während ihn ein interdisziplinäres Team betreut (Ärzte, Pflegekräfte, Ergo- und Physio-Therapeuten etc.).
Bei der
teilstationären Rehabilitation
kommt der Schlaganfall-Patient für seine Therapie-Stunden tagsüber an Werktagen auf die Reha-Station. Er wohnt aber zu Hause.
Wenn keine interdisziplinäre Betreuung mehr nötig ist, der Patient aber in bestimmten Bereichen immer noch körperliche Funktions-Einschränkungen aufweist, hilft eine
ambulante Rehabilitation
weiter. Der jeweilige Therapeut (wie Ergo-Therapeut, Logopäde) kommt beispielsweise regelmäßig zum Schlaganfall-Patienten nach Hause, um mit ihm zu üben. Grundsätzlich befinden sich die Reha-Einrichtungen oder Praxen, in denen die ambulante Reha dann stattfindet, möglichst wohnortnah.
Motorische Rehabilitation
Zu den häufigsten Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall gehören sensomotorische Störungen. Darunter ist ein gestörtes Zusammenspiel von sensorischen (Sinnes-Eindrücken) und motorischen Leistungen (Bewegungen) zu verstehen. Meist handelt es sich dabei um die unvollständige Lähmung in einer Körperhälfte (Hemiparese). Verschiedene Therapie-Formen helfen, solche sensomotorischen Störungen zu verbessern. Im Folgenden einige wichtige Beispiele:
Bei einer Rehabilitation einer Halbseiten-Lähmung wenden Mediziner sehr oft das
Bobath-Konzept
an: Ziel ist es, die gelähmte Körperpartie beharrlich zu fördern und zu stimulieren. Beispielsweise füttert das Fachpersonal den Patienten nicht, sondern führen gemeinsam mit ihm mit dem beeinträchtigten Arm den Löffel zum
Mund
.
Auch bei jeder anderen Aktivität im Alltag muss das Bobath-Konzept umgesetzt werden – mithilfe von Ärzten, Pflegekräften, Angehörigen und allen anderen Betreuern. Mit der Zeit organisiert sich das Gehirn so um, dass gesunde Hirn-Teile nach und nach die Aufgaben der geschädigten Hirn-Areale übernehmen.
Ein anderer Ansatz ist die
Vojta-Therapie
. Sie beruht auf der Beobachtung, dass viele Bewegungen des Menschen reflexartig ablaufen, so etwa das reflexartige Greifen,
Krabbeln
und Umdrehen im Babyalter. Diese sogenannte Reflex-Lokomotion ist auch beim Erwachsenen noch präsent, wird aber normalerweise von der bewussten Bewegungskontrolle unterdrückt.
Ziel der Vojta-Methode ist es, solche Reflexe gezielt auszulösen. Der Therapeut reizt zum Beispiel bestimmte Druckpunkte am Rumpf des Patienten, was spontane Muskel-Reaktionen hervorruft (zum Beispiel richtet sich der Rumpf automatisch gegen die Schwerkraft auf). Bei regelmäßigem Training sollen auf diese Weise Nervenbahnen sowie bestimmte Bewegungsabläufe reaktiviert werden.
Die
Propriozeptive Neuromuskuläre Facilitation (PNF)
zielt darauf ab, das Zusammenspiel von Nerv und Muskel über äußere (exterozeptive) und innere (propriozeptive) Reize zu fördern. Zuerst befragt der Therapeut den Patienten ausführlich und untersucht ihn. Dabei analysiert der Therapeut sein Bewegungs-Verhalten sowie diesbezügliche Einschränkungen und Störungen genau. Auf dieser Basis erstellt der Therapeut einen individuellen Behandlungsplan, den er im Verlauf der Therapie wiederholt überprüft und gegebenenfalls angepasst.
Die Grundlage der Behandlung nach PNF bilden bestimmte definierte Bewegungsmuster (Pattern) im Bereich von Schulter- und Hüft-Gelenk, die sich an Alltags-Funktionen orientieren. Die Übungen werden laufend wiederholt, damit die Bewegung zunehmend effektiver und koordinierter ablaufen. Die Patienten sind auch angehalten, zuhause regelmäßig zu üben.
Kognitiv therapeutische Übungen nach Perfetti
eignen sich besonders bei neurologischen Störungen und Halbseiten-Lähmung. Ziel ist es, dass der Patient die Bewegungsabläufe neu erlernt und die verlorene Bewegungskontrolle zurückgewinnt. Dazu muss er zunächst Bewegungen erspüren: Mit geschlossenen Augen oder hinter Sichtschutz führt der Patient gezielte Bewegungen etwa mit der Hand oder dem
Fuß
aus, die er bewusst spüren soll.
Anfangs führt der Therapeut noch die Hand oder den Fuß des Patienten, um falsche Muster zu vermeiden. Später übt der Patient die Bewegungen selbst aus, wird aber vom Therapeuten noch unterstützt oder korrigiert. Schließlich lernt der Schlaganfall-Patient, schwierigere Bewegungsabläufe allein auszuführen und Störungen über das Gehirn zu kontrollieren.
Die
„Forced-use“ Therapie
(englisch für „erzwungener Gebrauch“) wird auch „Constrained Induced Movement“ genannt. Sie setzen Therapeuten in der Regel ein, um einen teilgelähmten Arm und die dazugehörige Hand zu trainieren, manchmal auch die unteren Gliedmaßen.
Bei manchen der Betroffenen regeneriert sich das geschädigte Hirnareal mit der Zeit so weit, dass die erkrankte Körperpartie nach und nach wieder an Funktionstüchtigkeit gewinnt. Das Problem: Der Betroffene hat inzwischen komplett verlernt, die kranken Gliedmaßen zu bewegen und setzt sie daher kaum oder gar nicht ein.
Hier setzt die „Forced-use“ Therapie an: Indem sich der Patient zum Einsatz der betroffenen Gliedmaße zwingt, führt das zu einer weitgehenden Reaktivierung. Dafür ist ein anstrengendes Training der teilgelähmten Gliedmaße notwendig. Beispielsweise üben die Teilnehmer in stetiger Wiederholung spezielle Bewegungen ein. Durch den häufigen Gebrauch erweitert sich das Hirn-Areal, das für den betreffenden Körperteil zuständig ist und es entstehen neue Nerven-Verbindungen.
Die "Forced-use"-Therapie ist erfolgversprechender als die konventionelle Physio-Therapie bei der Behandlung motorischer Ausfälle nach einem Schlaganfall.
Rehabilitation bei Schluck-Störungen
Schluck-Störungen (Dysphagien) sind eine weitere häufige Folge eines Schlaganfalls. Mit der richtigen Therapie erlangt der Betroffene die Fähigkeit zu essen und zu trinken zurück. Gleichzeitig senkt dies das Risiko, sich zu verschlucken. Um das zu erreichen, gibt es drei verschiedene Therapie-Verfahren, die auch miteinander kombinierbar sind:
Kognitive Rehabilitation
Die kognitive Reha nach Schlaganfall versucht, gestörte kognitive Funktionen wie Sprache, Aufmerksamkeit oder
Gedächtnis
zu verbessern. Wie bei der Therapie von Schluckstörungen zielt auch hier die Rehabilitation auf Restitution (Wiederherstellung), Kompensation oder Adaptation (Anpassung) ab. Zum Einsatz kommen ganz unterschiedliche Therapie-Verfahren.
So sind etwa bei Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Sehstörungen zum Beispiel computergestützte Trainings-Verfahren hilfreich. Bei Gedächtnis-Störungen verbessern Lern-Strategien die Gedächtnis-Leistung und Hilfsmittel wie ein Tagebuch bieten eine Möglichkeit dies auszugleichen. In bestimmten Fällen kommen auch Medikamente zum Einsatz.
Bei jedem Patienten versuchen Ärzte nach Möglichkeit, bestehende Ursachen und Risikofaktoren für den Schlaganfall zu beseitigen oder zumindest zu reduzieren. Das hilft, einem weiteren Hirnschlag vorzubeugen (Sekundär-Prophylaxe). Zu diesem Zweck ist es oft notwendig, dass Betroffene Medikamente lebenslang einnehmen. Auch nicht-medikamentöse Maßnahmen sind wichtig für die Sekundär-Prophylaxe.
"Blutverdünner" (Thrombozyten-Aggregations-Hemmer)/Gerinnungs-Hemmer (Antikoagulanzien):
Nach einem Schlaganfall durch Minder-Durchblutung oder einer
TIA ("Mini-Schlaganfall")
erhalten die meisten Patienten sogenannte Thrombozyten-Funktions-Hemmer wie zum Beispiel
Acetylsalicylsäure
(ASS). Diese "Blutverdünner" verhindern, dass Blutplättchen (
Thrombozyten
) zu einem Pfropf verklumpen, der dann vielleicht erneut ein Gefäß verstopft.
Hierbei ist zumeist eine lebenslange Einnahme angezeigt. Ähnliches gilt für Gerinnungs-Hemmer – Schlaganfall-Patienten mit Vorhof-Flimmern erhalten gerinnungshemmende Medikamente oft in Tablettenform (orale Antikoagulanzien). Diese Medikamente blockieren den komplizierten Prozess der Blutgerinnung und damit die Gerinnsel-Bildung.
Übrigens: ASS verursacht mitunter ein
Magen- oder Zwölffingerdarm-Geschwür
als Nebenwirkung. Betroffene Patienten erhalten deshalb oft zusätzlich zu ASS einen sogenannten Protonenpumpen-Hemmer ("Magenschutz").
Cholesterin-Senker:
Eine der Hauptursachen von Schlaganfall ist die Gefäßverkalkung (Arteriosklerose). Bestandteil der Kalk-Ablagerungen an der Gefäßinnenwand ist Cholesterin. Nach einem Schlaganfall durch Minder-Durchblutung erhalten Patienten deshalb meistens cholesterinsenkende Medikamente aus der Gruppe der Statine (CSE-Hemmer). Diese verhindern, dass eine bestehende Arteriosklerose weiter fortschreitet.
Bei einem Schlaganfall durch Hirnblutung verordnen Ärzte Cholesterin-Senker nur bei Bedarf und nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung.
Blutdruck-Senker (Antihypertensiva):
Bluthochdruck-Patienten erhalten nach einem ischämischen Schlaganfall oder einer
TIA
langfristig blutdrucksenkende Medikamente. Diese verhindern im Idealfall einen erneuten Hirnschlag. Der behandelnde Arzt entscheidet im Einzelfall, welcher Blutdrucksenker am besten geeignet ist (ACE-Hemmer, Betablocker oder ähnliches).
Nicht-medikamentöse Maßnahmen:
Manche Risikofaktoren für einen erneuten Schlaganfall lassen sich (unterstützend) auch mit nicht-medikamentösen Maßnahmen verringern. Ärzte empfehlen zum Beispiel den Abbau von Übergewicht, regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung mit wenig tierischen Fetten und den Verzicht auf Nikotin und Alkohol. Ein solcher Lebensstil hilft unter anderem, zu hohe Blutdruck- und Cholesterin-Werte in den Griff zu bekommen. Das senkt wesentlich das Risiko für einen weiteren Schlaganfall.
Mit dem Begriff "
Stroke Unit
" ist eine spezielle Abteilung in einem Krankenhaus gemeint, deren Mitarbeiter auf die Diagnose und Akutbehandlung von Menschen mit Hirnschlag spezialisiert sind. Die Betreuung auf einer solchen "Schlaganfall-Station" verbessert nachweislich die Überlebenschancen der Patienten und senkt das Risiko für bleibende Schäden.
Die Patienten bleiben im Schnitt etwa drei bis fünf Tage in der "Stroke Unit". Danach werden sie je nach Bedarf auf eine andere Station (neurologische Station, Allgemeinstation) verlegt oder direkt in eine Rehabilitations-Einrichtung überwiesen.
Mehr zum Thema erfahren Sie im Beitrag
Stroke Unit
.
Allgemein gilt: Die Hirnschädigung durch einen Schlaganfall ist umso schwerwiegender, je größer das betroffene Blutgefäß ist, das verstopft und/oder geplatzt ist. Allerdings wirken sich in besonders empfindlichen Gehirn-Regionen wie beispielsweise dem Hirnstamm auch schon kleine Schäden verheerend aus und mindern entsprechend die Lebenserwartung.
Rund ein Fünftel (20 Prozent) aller Hirnschlag-Patienten verstirbt innerhalb der ersten vier Wochen. Im Laufe des ersten Jahres sterben mehr als 37 Prozent der Betroffenen. Insgesamt ist der Schlaganfall neben Herzinfarkt und Krebs-Erkrankungen daher eine der häufigsten Todesursachen.
Von jenen Schlaganfall-Patienten, die nach einem Jahr noch leben, trägt etwa die Hälfte bleibende Schäden davon und ist dauerhaft auf fremde Hilfe angewiesen.
Ein Schlaganfall bei Kindern hat sehr gute Heilungschancen. Es gibt gute Behandlungs-Möglichkeiten für die kleinen Patienten, sodass die meisten von ihnen nach einiger Zeit wieder ein normales Leben führen. Nur bei ungefähr zehn Prozent aller betroffenen Kinder hinterlässt der Schlaganfall eine größere Beeinträchtigung.
Viele Patienten haben nach einem Schlaganfall bleibende Beeinträchtigungen. Dazu zählen zum Beispiel
Bewegungs-Störungen
wie ein unsicherer Gang oder eine Halbseiten-Lähmung. Manche Betroffene haben Schwierigkeiten, ihre Bewegungen zu koordinieren (etwa beim Schreiben) oder komplexe Bewegungen auszuführen (wie etwa das Öffnen eines Briefes).
Zu den möglichen Schlaganfall-Folgen gehören auch
Sprach- und Sprech-Störungen
: Bei einer Sprach-Störung haben Betroffene Probleme, ihre Gedanken zu formulieren (mündlich oder schriftlich) und/oder zu verstehen, was andere ihnen sagen. Dagegen ist bei einer Sprech-Störung das motorische Artikulieren von Wörtern beeinträchtigt.
Weitere häufige Folgen eines Schlaganfalls sind zum Beispiel Störungen der Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses sowie Seh- und Schluck-Störungen. Mehr darüber lesen Sie im Beitrag
Schlaganfall – Folgen
.
Nach einem Schlaganfall ist oft nichts mehr so, wie es vorher war. Folgeschäden wie zum Beispiel Seh- und Sprach-Störungen sowie Halbseiten-Lähmung beeinflussen unter Umständen das ganze Alltagsleben. Beispielsweise ist nach einem Hirnschlag die Fahrtüchtigkeit so stark beeinträchtigt, dass sich Patienten besser nicht mehr hinters Lenkrad setzen.
Aber auch den Personen, die scheinbar fit sind, empfehlen Ärzte, die Führerscheinstelle über den Schlaganfall zu informieren und ein ärztliches Gutachten einzureichen. Eventuell verlangt die Behörde zusätzliche Fahrstunden oder ein Umrüsten des Fahrzeugs.
Bei jüngeren und vor allem berufstätigen Menschen stellt sich nach einem Schlaganfall die Frage, ob eine Rückkehr in den Beruf möglich oder eine Umschulung notwendig ist. Auch Urlaubsreisen erfordern nach einem Hirnschlag oft besondere Kompromisse und Anpassungen.
Das Leben nach einem Schlaganfall stellt Angehörige ebenfalls vor Herausforderungen. Es geht darum, den Patienten im Alltag möglichst zu unterstützen, ihm aber auch nicht alles abzunehmen.
Mehr über die Herausforderungen des Alltaglebens nach einem Hirnschlag lesen Sie im Beitrag
Leben mit Schlaganfall
.
Verschiedenste Risikofaktoren tragen zur Entstehung eines Schlaganfalls bei. Viele davon lassen sich gezielt reduzieren oder sogar ganz beseitigen. Das beugt einem Hirnschlag wirksam vor.
Wichtig ist zum Beispiel eine
ausgewogene Ernährung
mit viel Obst und Gemüse. Dagegen empfiehlt es sich, Fett und Zucker nur in Maßen zu sich zu nehmen. Mit dieser gesunden Kost lässt sich einer Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) vorbeugen – diese zählt zu den Hauptursachen von Schlaganfall.
Regelmäßige Bewegung und Sport
halten die Gefäße ebenfalls gesund und vermindern so das Risiko für einen Schlaganfall. Wenn Sie übergewichtig sind, ist es ratsam,
abzunehmen
. Überschüssige Kilos erhöhen nämlich das Risiko für Bluthochdruck und Arteriosklerose. Beides begünstigt einen Schlaganfall.
Ein weiterer guter Tipp, um einem Hirnschlag vorzubeugen, ist der
Verzicht auf Nikotin und Alkohol
.
Mehr darüber, wie Sie das Schlaganfall-Risiko senken können, lesen Sie im Beitrag
Schlaganfall vorbeugen
.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).
Andreas Fromm ist Fachautor für Notfallmedizin und lehrt seit 2018 als Dozent an der Berufsfachschule für Notfallsanitäter und -sanitäterinnen der Feuerwehr Hamburg.
Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.
Schlaganfall
Kurzübersicht
Was ist ein Schlaganfall?
Schlaganfall - „Lassen Sie Ihre Halsschlagader untersuchen!“
Drei Fragen an
Internist und Endokrinologe
Internist und Endokrinologe
Häufigkeit
Schlaganfall bei jungen Erwachsenen
Schlaganfall bei Kindern
Wie entsteht ein Schlaganfall?
Schlaganfall-Ursache Nr. 1: Minder-Durchblutung
Schlaganfall-Ursache Nr. 2: Hirnblutung
Seltene Schlaganfall-Ursachen
Risikofaktoren für Schlaganfall
Kindlicher Schlaganfall: Ursachen
Wie erfolgt die Diagnose Schlaganfall?
Was sind typische Symptome bei Schlaganfall?
Transitorische ischämische Attacke (TIA) – der "Mini-Schlaganfall"
Wie einen Schlaganfall behandeln?
Erste Hilfe bei Schlaganfall
Behandlung bei ischämischem Schlaganfall
Behandlung bei hämorrhagischem Schlaganfall
Behandlung von Komplikationen
Reha nach Schlaganfall
Vorbeugung eines weiteren Schlaganfalls
Was ist die Stroke Unit?
Prognose bei Schlaganfall
Welche Folgen hat ein Schlaganfall?
Leben mit Schlaganfall
Schlaganfall vorbeugen
Autoren- & Quelleninformationen