Illness name: ganglion
Description:
Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.
Ein
Ganglion
heißt etwas irreführend auch Überbein – es handelt sich aber nicht um eine Verknöcherung, sondern um eine flüssigkeitsgefüllte Aussackung einer Gelenk- oder Sehnenumhüllung. Sie bildet sich meist an der Hand, seltener an Knie, Fuß oder Wirbelsäule. Meist macht es keine Beschwerden. Lesen Sie hier mehr über Ursachen und Behandlung.
Ganglion ist der medizinische Fachbegriff für ein Überbein. Diese Bezeichnung ist ein Relikt aus einer Zeit, in der man annahm, dass es sich um eine knöcherne Struktur handle. Tatsächlich ist ein Ganglion aber eine zystische Aussackung, also ein mit Flüssigkeit gefüllter Hohlraum, der meist an Gelenken (arthrogen) entsteht.
Ganglien sind über eine Art Tülle mit dem Gelenk verbunden, weshalb sie sich kaum verschieben lassen. Mediziner sprechen daher heute auch präziser von einer "Synovialzyste". (Synovia ist die Bezeichnung für die Gelenksflüssigkeit.)
An der
Hand
treten Ganglien am häufigsten auf (in rund 65 Prozent der Fälle): Das Ganglion entsteht hier besonders am Handrücken. Manchmal sind auch Finger oder
Handgelenk
betroffen. Weniger oft entsteht ein Überbein an Hüfte, Knie, Füßen oder
Wirbelsäule
.
Seltener tritt ein Ganglion an den Sehnenscheiden (tendinogen) auf. In diesem Fall spricht man auch von einem Sehnenscheidenganglion. Eine weitere Sonderform des Überbeins ist das sogenannte intraossäre Ganglion, das sich in einem Knochen bildet. Es wölbt sich also nach innen statt nach außen.
Prinzipiell tritt ein Überbein bei Menschen jeden Alters auf, auch bei Kindern. Am häufigsten zeigt es sich jedoch zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Als Gründe gelten ihr von Natur aus schwächeres Bindegewebe und beweglichere Gelenkkapseln.
Verursacht ein Ganglion keine Beschwerden, muss es nicht unbedingt behandelt werden. Manche Ganglien verschwinden nach einiger Zeit von allein wieder.
Viele Betroffene empfinden ein Überbein aber als kosmetisch störend oder es bereitet ihnen Beschwerden (etwa Schmerzen bei bestimmten Bewegungen, eingeschränkte Beweglichkeit). Dann ist eine Behandlung ratsam. Im Grunde gibt es drei Möglichkeiten, mit denen man ein Überbein therapiert: konservative Behandlung, Aspiration und Operation.
Welche Methode im Einzelfall angewendet wird, hängt von mehreren Faktoren ab, etwa der Lage des Ganglions. Die Wünsche des Patienten werden bei der Planung der Ganglion-Therapie berücksichtigt.
Von der sogenannten Bibel- oder Hammertherapie wird abgeraten! Diese brachiale (Selbsttherapie-)Methode wurde früher oft bei Ganglien angewendet. Man versucht dabei, mit einer Bibel oder einem Hammer das Überbein zu zertrümmern. Daher stammt auch der Name "Bibelzyste" für Ganglien. Im schlimmsten Fall brechen dabei Knochen. Die Methode ist historisch und basiert eher auf religiösen denn auf medizinischen Erkenntnissen.
Diverse Hausmittel, die ein Ganglion zum Verschwinden bringen sollen, sind in verschiedenen Quellen zu finden wie etwa die Behandlung mit Schweinefett und einem Weißkohlblatt. Medizinisch beschrieben ist eine Wirkung dafür nicht – unter Umständen beruht die Wirkung auf der durchaus heilsamen
Ruhigstellung
des Gelenks, die auch als konservative Behandlungsmaßnahme angewendet wird.
Bandagieren und massieren des Überbeins haben wahrscheinlich einen ähnlichen, nicht sicher zu belegenden Effekt – Massagen durch einen Physiotherapeuten bewirken allerdings ebenfalls oft eine Verkleinerung oder das Verschwinden des Ganglions.
Auch gibt es Berichte, dass Ganglien nach mehrwöchiger "Behandlung" durch homöopathische Globuli oder Schüsslersalze verschwunden seien. Einen wissenschaftlichen beziehungsweise schulmedizinischen Beweis für die Wirksamkeit dieser alternativen Heilmethoden gibt es ebenso wenig wie für "Besprechen" des Überbeins oder andere Maßnahmen.
Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.
Ein Ganglion, das den Betroffenen nicht beeinträchtigt, beobachtet der Arzt in der Regel zunächst einfach nur. Möglicherweise bildet sich das Überbein spontan oder mithilfe einer Physiotherapie von allein zurück. Durch Ruhigstellung lässt sich verhindern, dass es größer wird.
Außerdem gilt es, Fehlbelastungen des betroffenen Gelenks zu vermeiden. Nach rund drei Monaten konservativer Behandlung bespricht der Arzt mit dem Patienten in den meisten Fällen, wie die Therapie fortgeführt werden soll.
Eine Aspiration, wie sie der Arzt vielleicht schon zur Diagnosestellung angewendet hat, ist auch therapeutisch nutzbar. Bei dieser Form der Ganglion-Behandlung sticht der Arzt mit einer feinen Hohlnadel in das Überbein und saugt die enthaltene Flüssigkeit ab (Nadelpunktion). Meist sammelt sich aber innerhalb kurzer Zeit neue Flüssigkeit an (Ganglion-Rezidiv).
Deshalb spritzt der Arzt nach der Aspiration manchmal Kortikosteroide (Kortison) in das "entleerte" Ganglion. Dies soll eine erneute Schwellung verhindern.
Eine andere Möglichkeit ist, das Enzym
Hyaluronidase
in das Ganglion zu injizieren. Es zerlegt den Hauptbestandteil der enthaltenen Flüssigkeit (
Hyaluronsäure
). Danach saugt der Arzt die Flüssigkeit mittels Aspiration ab.
Die operative Entfernung eines Ganglions gilt als sehr erfolgversprechend, wenn sie von einem erfahrenen Spezialisten durchgeführt wird. Dabei entfernt der Chirurg das Überbein und versucht, das Gelenk so zu verschließen, dass keine Flüssigkeit mehr austritt. Eine Ganglion-Operation ist prinzipiell offen (über einen größeren Hautschnitt) oder minimal-invasiv (arthroskopisch) möglich. In der Regel ist für die Überbein-OP nur eine lokale oder regionale Betäubung nötig.
In einigen Fällen wie bei einem Ganglion-Finger, einem Ganglion-Handgelenk oder einem Ganglion-Fuß beziehungsweise einem Ganglion-Fußrücken legt man eventuell während des Eingriffs eine sogenannte Blutsperre an. Sie verringert den Blutfluss in das betroffene Areal und somit das Risiko einer großen Blutung. Beim Eingriff muss darauf geachtet werden, dass das Ganglion komplett (ohne Rückstände) entfernt wird und wichtige Umgebungsstrukturen wie Gefäße, Nerven oder Sehnen dabei unverletzt bleiben.
Nach der Operation sollte der operierte Bereich zunächst geschont und ruhiggestellt werden. Eventuell trägt der Patient einige Zeit lang eine Schiene. Begleitende Physiotherapie hilft oft, ein Versteifen des Gelenks zu verhindern.
Bei jeder zehnten offenen Operation treten Komplikationen auf. Arthroskopische Eingriffe und Aspirationsverfahren verursachen dagegen mit vier beziehungsweise zwei Prozent deutlich seltener Probleme. Besonders Gefäß- (Blutungen) und Nervenverletzungen (
Taubheit
, Lähmungen) sind bei offenen Operationen häufiger. Daneben besteht die Gefahr von Infektionen, Wundheilungsstörungen und der Entstehung eines Morbus Sudeck (ein chronisches Schmerzsyndrom). Außerdem bleibt, wie nach jeder OP, eine (kleine) Narbe zurück.
Es ist möglich, dass ein unbehandeltes Ganglion unbeabsichtigt platzt. In der Vergangenheit hat man mit brachialen Methoden wie der "Hammer- oder Bibeltherapie" das sogar bewusst versucht – wovon Mediziner dringend abraten wegen der Verletzungsgefahr.
Ein geplatztes Ganglion heilt in vielen Fällen von selbst ab. Allerdings besteht die Gefahr, dass sich die Wunde entzündet oder dass das Ganglion erneut auftritt. Am Besten gehen Sie mit einem geplatzten Überbein zu Ihrem Arzt, um Komplikationen zu vermeiden.
Betroffene bemerken meist eine Beule am Handgelenk oder Handrücken, seltener an anderen Körperstellen. Es ist möglich, dass sich mehrere Überbeine ausbilden.
Der "Knubbel" am Handgelenk oder an anderen Körperstellen ist typischerweise
prallelastisch
. Er hat im Schnitt einen Durchmesser
von wenigen Millimetern bis zwei Zentimetern
. Es gibt aber auch Ganglien, die bis zu acht Zentimeter groß werden. Manche bleiben so klein, dass der Betroffene die Ausstülpung gar nicht bemerkt und sie nur zufällig entdeckt wird.
Typischerweise verursacht ein Ganglion keine Schmerzen und macht sich auch sonst kaum bemerkbar. Je nach Größe und Lage schränkt es jedoch die Beweglichkeit von Gelenken und Muskeln ein oder schmerzt, wenn sich der Betroffene darauf stützt. Die (Druck-) Schmerzen strahlen unter Umständen aus. Auch bei Bewegung oder Berührung schmerzt das Ganglion eventuell.
Wenn ein Überbein auf Sehnen drückt, ist es möglich, dass es diese quetscht und durch die dauerhafte Belastung eventuell eine Entzündung (
Sehnenscheidenentzündung
) hervorruft.
Taubheitsgefühl,
Kribbeln
oder Schwäche in der Hand sind ein möglicher Hinweis darauf, dass das Ganglion einen Nerv "abklemmt". Häufig sind die Nerven bei sogenannten Ringbandganglien in Mitleidenschaft gezogen. Das sind kleine Überbeine an den Ringbändern der Finger, welche eventuell das Beugen und Strecken erschweren.
Aber auch Handgelenk, oder
Fuß
(rücken) sind anfällig für abgedrückte Nervenbahnen und Gefäße. Der Druck auf Gefäße verursacht unter Umständen Blutungen. Außerdem ist es möglich, dass sich im flüssigkeitsgefüllten Raum des Ganglions Infektionen ausbreiten.
Die genauen Ursachen eines Ganglions sind bisher nicht bekannt. Wahrscheinlich spielen mehrere Faktoren bei der Entstehung eines Überbeins eine Rolle. Beispielsweise eine Bindegewebsschwäche:
Um die Gelenke herum liegt (festes) Bindegewebe, die sogenannte Gelenkkapsel. Diese hält das Gelenk in Position und sorgt dafür, dass es sich nur in die gewünschte Richtung bewegt. Im Gelenk kleidet eine weiche Schicht Bindegewebe (Synovialmembran) wie eine Tapete die Gelenkshöhle aus. In der Gelenkhöhle befindet sich galleartige Flüssigkeit ("Gelenkschmiere"), ohne die die knöchernen Anteile der Gelenke aneinander reiben würden.
Bei einer Bindegewebsschwäche passiert es in einigen Fällen in Verbindung mit einer Überbelastung des Gelenks, dass Gelenkflüssigkeit aus der Gelenkhöhle austritt und sich im umgebenden Weichteilgewebe sammelt. Auf diese Weise entsteht ein Ganglion, vermuten Experten.
Zu den Risikofaktoren für ein Ganglion zählen:
Etwa zehn Prozent der Patienten haben sich im Bereich des Ganglions zuvor verletzt. Zusätzlich stimulieren bei einem Ganglion wahrscheinlich die Bindegewebszellen (Fibroblasten) die Produktion von Gelenkflüssigkeit. Deren Bestandteile Hyaluronsäure und sogenannte Mukopolysaccharide bilden eine zähe Flüssigkeit, die sich dann im Überbein ansammelt.
Außerdem spielen wohl abnutzungsbedingte Schäden des Gewebes eine Rolle bei der Entstehung eines Ganglions.
Suchen Sie bei Verdacht auf ein Ganglion einen Orthopäden oder Chirurgen auf. Er schließt eventuell Grunderkrankungen wie Arthrose als Auslöser des Knubbels aus. Am besten kontaktieren Sie einen Arzt, der sich auf die betroffene Körperregion spezialisiert hat, also beispielsweise einen Handchirurgen bei einem Überbein an der Hand.
Zur Abklärung des vermuteten Ganglions geht der Arzt meist folgendermaßen vor:
Erhebung der Krankengeschichte:
Im Gespräch mit dem Patienten erkundigt sich der Arzt nach den genauen Beschwerden sowie eventuellen Verletzungen und Grund- oder Vorerkrankungen. Mögliche Fragen des Arztes in diesem Anamnese-Gespräch sind zum Beispiel:
Körperliche Untersuchung:
Danach untersucht der Arzt die Schwellung, um sie genauer zu beurteilen. Ein Ganglion fühlt sich prallelastisch an, ähnlich wie ein fester Gummiball. Es lässt sich durch seine Verankerung an das Gelenk oder die Sehnenscheide nur wenig verschieben. Im Gegensatz zu hochentzündlichen Prozessen ist die betroffene Region weder überwärmt noch gerötet. Eventuell macht der Arzt Fotos zur Dokumentation.
Zudem wird er Durchblutung, Motorik und Sensibilität im Bereich der betroffenen Körperregion prüfen. So erkennt er zum Beispiel Bewegungseinschränkungen durch das Ganglion, Durchblutungsstörungen und Nervenschäden. Auch ein "Durchleuchten" der Schwellung (Transillumination) ist möglich: Indem das Ganglion mit einer Lichtquelle seitlich durchleuchtet wird, stellt der Arzt fest, ob das Innere flüssig (Hinweis auf Ganglion, Zyste) oder fest ist.
Bildgebung:
Bildgebende Verfahren sind bei Ganglien unüblich. Sie werden nur eingesetzt, wenn der Fall unklar ist und zum Beispiel der Verdacht auf einen bösartigen Prozess oder auf Arthritis besteht. Auch wenn der Arzt ein "verstecktes" Ganglion vermutet, ist es möglich, per
Ultraschall
und
Kernspintomografie
(Magnetresonanztomografie, MRT) diesen Verdacht zu bestätigen oder zu entkräften.
Feinnadelaspiration:
Zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken sticht der Arzt ultraschallkontrolliert mit einer sehr dünnen, hohlen Nadel in das Ganglion, um Flüssigkeit aus dem Inneren zu gewinnen. Diese meist dickflüssige, klare Flüssigkeit untersucht dann ein Pathologe im Labor. So lassen sich Entzündungen oder bösartige Prozesse ausschließen. Das Ablassen von Flüssigkeit aus dem Ganglion führt dazu, dass es sich sichtbar verkleinert. Das ist in den meisten Fällen aber keine dauerhafte Lösung.
Ein Ganglion ist eine gutartige Ausstülpung mit günstigem Verlauf. Es bildet sich oft spontan wieder zurück, aber vergrößert sich auch in manchen Fällen. Meist verursacht es keine Beschwerden. Je nach Lage verursacht es jedoch (Druck-) Schmerzen oder Taubheitsgefühle oder schränkt die Beweglichkeit des betroffenen Gelenks ein.
Wurde ein Ganglion erfolgreich behandelt, besteht die Gefahr eines Rückfalls (Rezidiv): Es ist möglich, dass sich an der gleichen oder an einer anderen Stelle ein neues Ganglion bildet. Am nachhaltigsten scheint eine Operation bei einem Überbein zu sein: Nur bei rund jedem fünften Patienten bildet sich nach einer offenen OP an der gleichen Stelle erneut eine zystische Ausstülpung. Bei einer minimal-invasiven Operation ist das Rückfall-Risiko noch geringer.
Nach einer Aspirationsbehandlung entwickelt sich dagegen bei der Hälfte der Patienten erneut ein Überbein.
Um Rückfälle zu verhindern, sollten Risikofaktoren für Ganglien reduziert und die Muskulatur immer wieder entspannt und gelockert werden. Das beugt Überlastungen vor, die eventuell ein Ganglion begünstigen.
Generell lässt sich einem Überbein aber nur schwer vorbeugen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.
Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.
Ganglion
Kurzübersicht
Was ist ein Ganglion?
Wo kann ein Ganglion entstehen?
Wie wird ein Ganglion behandelt?
Kann man ein Ganglion selbst behandeln?
Konservative Behandlung
Aspiration
Operation
Komplikationen einer Ganglion-OP
Was tun, wenn das Ganglion platzt?
Symptome
Ursachen und Risikofaktoren
Risikofaktoren
Untersuchungen und Diagnose
Krankheitsverlauf und Prognose
Vorbeugen
Autoren- & Quelleninformationen