Illness name: lymphoedem
Description:
Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.
Ein
Lymphödem
ist eine Schwellung unter der Haut, die durch einen gestörten Lymphabfluss bedingt ist: Die Flüssigkeit aus den Zellzwischenräumen kann nicht mehr ausreichend über die Lymphbahnen abtransportiert werden, sodass sie sich staut – eine Schwellung entsteht. Ein Lymphödem kann angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Lesen Sie hier mehr über Ursachen, Diagnose und Behandlung des Lymphödems.
Das Lymphödem gehört zu den häufigsten Ödem-Arten. Meist tritt die Schwellung regional begrenzt in einem Körperteil auf (
regionales Lymphödem
) – Bein oder Arm sind dabei häufig betroffen. Die Schwellung kann ein- oder beidseitig auftreten.
Deutlich seltener erstreckt es sich auf den ganzen Körper. Mediziner sprechen dann von einem
generalisierten Lymphödem
. Es ist beispielsweise Folge einer angeborenen Fehlbildung der Lymphgefäße.
Lymphödeme können angeboren (primär) oder erworben (sekundär) sein:
Eine Spezialform des Lymphödems ist das
Lipo-Lymphödem
. Dabei entwickelt sich das Lymphödem auf dem Boden eines Lipödems – eine Schwellung infolge einer krankhaft veränderten Fettverteilung. Wird das
Lipödem
nicht behandelt, kann dies auf Dauer den Lymphabtransport blockieren und so ein Lymphödem auslösen.
Den Körper durchzieht ein fein verzweigtes Netz von Lymphgefäßen. Es erfüllt im Grunde drei wichtige Funktionen.
Sie leiten eiweißhaltige Flüssigkeit (Lymphe) aus den Zellzwischenräumen im Gewebe ab. Feinste Lymphbahnen (Lymphkapillaren) vereinigen sich von dort zu immer größeren Lymphgefäßen und bilden schließlich Lymphstämme. Über den letzten Abschnitt, die Lymphgänge, gelangt die Lymphe schließlich in die in die sogenannten Venenwinkel zwischen Hals- und Schlüsselbeinvene (Venenwinkel, jeweils links und rechts) und damit zurück in den
Blutkreislauf
.
Um die Lymphe zu transportieren, ziehen sich die Lymphgefäße zusammen. Muskeln und Gelenke wirken als Pumpe auf die Lymphgefäße und unterstützen so den Abtransport der Flüssigkeit. Außerdem haben die Lymphgefäße wie auch die
Venen
Klappen, die den Weitertransport erleichtern.
Bevor das Gewebewasser in den Blutkreislauf zurückfließt, durchläuft es in der Regel mehrere Lymphknoten. Dort wird es von Krankheitserregern gereinigt. Das Lymphsystem ist somit ein wichtiger Bestandteil der körpereigenen Abwehr.
Die im
Darm
aufgenommenen Fette gelangen leicht in die Lymphkapillaren, die offen im Gewebe liegen und meist lückenhafte Wände haben. Über das Lymphsystem erreichen sie dann den Blutkreislauf. Diese fettreiche Lymphe heißt auch Chylus (die Fette werden als Chylomikronen aufgenommen und transportiert, chylos ist griechisch und bedeutet Speisesaft).
Die Lymphe ist eine weißgelbliche Flüssigkeit und je nach genauem Eiweiß- und Fettgehalt klar bis trüb. Am Tag entstehen in den Zellzwischenräumen (Interstitium) etwa zwei bis drei Liter Lymphflüssigkeit. Die Flüssigkeit kommt aus den Blutkapillaren – beispielsweise durch einen erhöhten Druck, der die Flüssigkeit aus den Blutgefäßen presst. Etwa zehn Prozent dieser interstitiellen Flüssigkeit fließt dann als Lymphe ab.
Bei einem Lymphödem tritt mehr Flüssigkeit ins Gewebe ein, als über die Lymphbahnen abfließt – die Lymphe staut sich, was das Gewebe anschwellen lässt. Durch die Flüssigkeitsansammlung im Gewebezwischenraum vergrößert sich der Abstand zwischen den Zellen und den feinen Blutgefäßen. Diese können die Zellen infolgedessen nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgen, wodurch die Zellen zugrunde gehen können. Ein Lymphödem muss deshalb so früh wie möglich behandelt werden, um größere Schäden zu vermeiden.
Je nach Ausprägung teilen Mediziner Lymphödeme in vier Stadien ein:
Mediziner unterscheiden das angeborene (primäre) Lymphödem vom erworbenen (sekundären) Lymphödem.
Primäre Lymphödeme beruhen auf angeborenen Fehlentwicklungen des Lymphsystems. Es sind zum Beispiel zu wenig Lymphgefäße vorhanden oder es fehlen Lymphknoten. In anderen Fällen sind die Lymphgefäße verengt, verhärtet oder erweitert.
Die Fehlentwicklungen können erblich bedingt (
hereditär
) sein. Häufiger sind aber nicht erblich bedingte (
sporadische
) Fehlentwicklungen des Lymphsystems. Beide beruhen jedoch auf Veränderungen des Erbguts, die dazu führen, dass sich das Lymphsystem falsch ausbildet.
Sekundäre Lymphödeme sind häufig die Folgen von Operationen und Bestrahlungen im Rahmen von Krebstherapien. Auch der Tumor selbst kann der Auslöser für die Bildung eines sekundären Lymphödems sein (malignes Lymphödem).
Bei der operativen Entfernung eines Tumors werden oft auch die nahe gelegenen Lymphknoten entfernt. Der Eingriff kann die Abflusswege derart beeinträchtigen, dass diese den Abtransport der Lymphe nicht mehr schaffen und ein sekundäres Lymphödem entsteht.
Auch eine strahlentherapeutischen Krebsbehandlung kann die Lymphknoten und -gefäße in Mitleidenschaft ziehen. Gleiches gilt für große operative Eingriffe, beispielsweise nach einem schweren Unfall.
Ein sekundäres Lymphödem ohne Operation oder Bestrahlung entsteht, wenn ein Krebstumor die vorhandenen Lymphbahnen zusammendrückt oder ganz zerstört. Die Folge ist ein sogenanntes malignes Lymphödem.
Bemerken Sie bei sich Symptome eines Lymphödems, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Er untersucht Sie eingehend und leitet die passende Behandlung ein.
Zunächst befragt Sie der Mediziner zu Ihrer
Krankengeschichte
(Anamnese):
Bei den Fragen geht der Arzt auch auf ihre Vorerkrankungen ein und fragt nach womöglich erst kurz zurückliegenden Operationen.
Anschließend begutachtet der Arzt die betroffene Körperstelle und sucht nach typischen Schwellungen und Hautveränderungen. Indem er das Ödem abtastet, kann er feststellen, ob das Gewebe weich ist oder sich bereits verhärtet hat.
Weiteren Aufschluss gibt das
Stemmersche Zeichen
: Dabei hebt der Mediziner die Haut an den Fingern oder den Zehenoberseiten an. Bleibt danach keine Falte stehen, weist dies auf ein Lymphödem in fortgeschrittenem Stadium (2-3) hin (positives Stemmersches Zeichen). Manchmal greift der Arzt auch zu einem
Ultraschall
, um die Ausprägung des Lymphödems und mögliche Abflusshindernisse darzustellen.
Bestehen nach diesen Untersuchungen noch Zweifel, ob es sich tatsächlich um ein Lymphödem handelt, kann eine Lymphszintigrafie letzte Gewissheit geben. Bei dieser nuklearmedizinischen Untersuchungsmethode injiziert der Arzt (oder seine Assistentin) einen
radioaktiv markierten Wirkstoff
(Tracer), der ausschließlich über das Lymphsystem abtransportiert werden kann. Dieser Abtransport lässt bildlich darstellen.
So kann der Mediziner Störungen im Lymphabfluss zweifelsfrei erkennen. Die Untersuchung des Lymphödems auf diese Weise dauert etwa eine Stunde. Manchmal macht der Arzt noch spätere Aufnahmen nach mehreren Stunden, um den zeitlichen Verlauf beurteilen zu können.
Je nach vermuteter Ursache schließen sich weitere Untersuchungen an, beispielsweise eine Magnetresonanztomographie mit Kontrastmittel (KM-MRT) oder eine genetische Abklärung.
Die meisten Betroffenen beschäftigt vor allem eine Frage: Ist ein Lymphödem heilbar? Die Antwort darauf lautet: Mit der richtigen Behandlung lassen sich die krankhaften Schwellungen zumindest gut reduzieren.
Experten empfehlen eine Kombination aus Kompressionstherapie, Lymphdrainage, Bewegungstraining und Hautpflege. Unterstützend kann es sinnvoll sein, ein Lymphödem mit Hausmitteln zu behandeln. Im Fokus stehen hier eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung.
Wichtig zu wissen, ist zudem: Die Therapie eines Lymphödems ist vor allem zu Beginn zeitintensiv und nicht immer leicht. Außerdem kann es sein, dass Sie die Behandlung ein Leben lang begleitet. Durch Ihre Mitarbeit beugen Sie aber Komplikationen wie schweren Entzündung vor. Außerdem erleichtert Ihnen oft schon ein leicht gebessertes Lymphödem den Alltag.
Mithilfe von Kompressionsstrümpfen oder Armbandagen wird leichter Druck auf die Lymphgefäße erzeugt. Das erleichtert den Abtransport der gestauten Gewebeflüssigkeit in den Beinen beziehungsweise Armen.
Hierbei handelt es sich um eine spezielle Massagetechnik, die das Gewebe entstauen kann. Sie heißt deshalb auch manuelle oder physikalische Entstauungstherapie. Die Lymphdrainage gehört zu den anerkannten Heilmitteln und wird nach ärztlicher Verordnung von den Krankenkassen bezahlt. Meist führen speziell ausgebildete Physiotherapeuten durchgeführt.
Gezielte Bewegung trainiert die Muskulatur, die wie eine Pumpe die Lymphgefäße beim Abtransport der Gewebsflüssigkeit unterstützt. Die Übungen werden in der Physiotherapiepraxis individuell auf den Patienten zugeschnitten. So erhält ein Betroffener mit einem Lymphödem am Bein andere Übungen als ein Patient, dessen Arm betroffen ist.
Da die Haut stark unter einem Lymphödem leiden kann, ist es wichtig, sie zu pflegen und geschmeidig zu halten. Ratsam ist es, die betroffenen Hautpartien regelmäßig mit feuchtigkeitsspendenden Lotionen einzucremen.
Die aktuell gültigen Leitlinien sprechen auch der Tiefenoszillation einen abschwellenden und auch schmerzlindernden Effekt zu. Allerding beziehen sich die Untersuchungen dazu auf ein bestimmtes Gerät, das richtig gehandhabt werden muss, um helfen zu können.
Zu weiteren Maßnahmen gegen das Lymphödem wie
Thermotherapie
, Softlaser oder Lymphtapes fehlen bislang Nachweise, die zeigen, dass diese Methoden wirken und den Patienten nutzen.
Es gibt derzeit keine Medikamente, die direkt gegen Lymphödeme wirken. Nur bei Komplikationen wie Schmerzen oder Infektionen ist der Einsatz entsprechender Präparate sinnvoll. Auch wassertreibende Medikamente (Diuretika) helfen in der Regel nicht. Im Gegenteil: Der übermäßige Gebrauch kann Lymphödeme sogar begünstigen!
Eine Sonderstellung nehmen Lymphödeme ein, die durch eine Infektion mit bestimmten Fadenwürmern, den Filarien, entstehen. Dieser sogenannten lymphatischen
Filariose
wirken Ärzte durch spezielle Medikamente wie Diethylcarbamazin oder
Ivermectin
entgegen.
Nahrungsergänzungsmittel können in manchen Fällen sekundärer Lymphödeme sinnvoll sein, gerade wenn eine
Blutuntersuchung
den Mangel bestimmter Stoffe offenbart. So zeigten Untersuchungen, dass beispielsweise
Selen
die konservative Therapie mancher Lymphödeme unterstützen kann. Allerdings kann eine unkontrollierte Seleneinnahme auch zu einer Überdosis und entsprechenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel zu Selen.
Sprechen Sie vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Ihrem Arzt. Experten empfehlen grundsätzlich eine vorangehende Blutuntersuchung.
Manchmal helfen die konservativen Maßnahmen nicht, um ein Lymphödem unter Kontrolle zu bringen. Dann kann ein chirurgischer Eingriff sinnvoll sein. Diesen empfehlen Experten aber nur, wenn kein malignes Lymphödem vorliegt – also Flüssigkeitsansammlungen aufgrund einer Krebserkrankung – und der Patient durch die OP nicht unnötig gefährdet wird.
Chirurgen operieren ein Lymphödem je nach Ursache unterschiedlich. Möchten Sie den Lymphabfluss so naturgemäß wie möglich wiederherstellen, greifen sie für gewöhnlich zu einer dieser drei Methoden:
Unter Umständen verpflanzen die Ärzte auch ganze Lymphknoten von einer gesunden Körperregion zur geschädigten. Sind alle Venen gut durchgängig, kann es auch helfen, die
Lymphgefäße mit Venen zu verbinden
(lympho-venöse, lymphonodulo-venöse Anastomosen) – also bevor die Lymphgänge die Lymphe naturgemäß im Venenwinkel in den Blutkreislauf leiten.
Manchmal wirkt auch eine
Fettabsaugung
(
Liposuktion
) gegen ein ausgeprägtes Lymphödem. Besonders weit fortgeschrittene Lymphödeme werden
operativ verkleinert
. Dabei schneiden Chirurgen die betroffene Haut, darunter liegendes Fettgewebe und die Muskelhaut in unterschiedlichem Ausmaß heraus und verschließen das OP-Gebiet beispielsweise mit einem Hauttransplantat oder einer Lappenplastik.
Um die ärztliche Behandlung zu unterstützen, behalten vielen Menschen mit Lymphödem die Ernährung im
Auge
: Der
Abbau von Übergewicht
kann helfen, das Lymphödem in Schach zu halten. Außerdem vermuten Experten, dass auch eine ausgewogene, salzarme
Ernährung
bei einem Lymphödem sinnvoll ist.
Wissenschaftlich bewiesen ist der allgemeine Nutzen einer speziellen Ernährung bei einem Lymphödem allerdings bislang nicht. Nur bei sehr seltenen Fehlbildungen des Lymphsystems mit stark fetthaltiger Lymphe und Eiweißverlust kann laut aktuell gültigen Leitlinien eine spezielle Diät helfen, etwa die MCT-Diät (MCT=mittelkettige
Triglyceride
).
Entstauende
Atemübungen
sowie
Selbstmassage
wirken aber nachweislich bei vielen Lymphödemen. Wie die beiden Methoden genau funktionieren, erfahren Sie von Ihrem Physiotherapeuten.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.
Lymphödem
Kurzübersicht
Lymphödem: Beschreibung
Das Lymphsystem
Ableitung der Lymphe
Abwehrfunktion
Transport von Blutfetten
Lymphe
Entstehung eines Lymphödems
Lymphödem: Stadien und Symptome
Lymphödem: Ursachen
Ursachen des primären Lymphödems
Ursachen des sekundären Lymphödems
Lymphödem nach OP oder Strahlentherapie
Malignes Lymphödem
Lymphödem: Diagnose
Körperliche Untersuchung eines Lymphödems
Lymphszintigrafie
Lymphödem: Behandlung
Konservative Behandlung
Kompressionstherapie
Lymphdrainage
Bewegungstraining
Hautpflege
Tiefenoszillation und weitere Maßnahmen
Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel
Lymphödem-Operation
Lymphödem: Was Sie selbst tun können
Autoren- & Quelleninformationen