Illness name: trisomie 18
Description:
Fabian Dupont ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Der Humanmediziner ist bereits für wissenschaftliche Arbeiten unter anderem Belgien, Spanien, Ruanda, die USA, Großbritannien, Südafrika, Neuseeland und die Schweiz. Schwerpunkt seiner Doktorarbeit war die Tropen-Neurologie, sein besonderes Interesse gilt aber der internationalen Gesundheitswissenschaft (Public Health) und der verständlichen Vermittlung medizinischer Sachverhalte.
Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).
Die
Trisomie 18
(Edwards-Syndrom) ist eine genetische Erkrankung, bei der das Chromosom 18 (oder Teile davon) dreifach statt zweifach vorhanden ist. Das stört die Entwicklung eines Kindes bereits im Mutterleib und verursacht diverse Organfehlbildungen. Die meisten der kleinen Patienten versterben bereits vor oder bald nach der Geburt. Lesen Sie hier mehr über Symptome und Folgen, Ursachen, Diagnose, Behandlung und Prognose von Trisomie 18.
Kinder, die mit einer Trisomie 18 (Edwards-Syndrom) geboren werden, zeigen oft charakteristische Merkmale. Dazu zählen:
Zusätzlich gibt es meist noch eine Vielzahl an inneren Organfehlbildungen. Einige der häufigsten sind:
Die betroffenen Kinder haben oft Ernährungsprobleme, Gedeihstörungen und Atemprobleme. Das Wachstum ist verzögert. Viele der kleinen Patienten können nicht frei gehen und nur wenige Worte sprechen.
Dieses Vollbild der Trisomie 18 zeigt sich vor allem bei Kindern mit der Krankheitsvariante Freie Trisomie. , bei denen alle Körperzellen einer freien Trisomie. Insbesondere bei der Mosaiktrisomie können die Symptome dagegen weniger ausgeprägt sein, vor allem wenn nur wenige Zelllinien von der Chromosomenstörung betroffen sind.
Eine Trisomie ist eine Chromosomenfehlverteilung, bei der das Chromosom 18 (oder ein Teil davon) nicht zweimal (wie normalerweise), sondern dreimal in einer Zelle vorkommt. Das Risiko dafür steigt zum Beispiel mit dem Alter der werdenden Mutter.
Gesunde Körperzellen besitzen 23 Chromosomenpaare („doppelter Chromosomensatz“) – bei jedem Paar stammt ein Exemplar von der Mutter und das andere vom Vater. Insgesamt sind es also 46
Chromosomen
. Die Keimzellen (Ei- und Spermazellen) besitzen nur einen „einfachen Chromosomensatz“ (23 Chromosomen), also von jedem Chromosom nur ein Exemplar. Bei ihrer Bildung wurde der doppelte Chromosomensatz halbiert. Nur so kann bei der Befruchtung durch die Verschmelzung einer Ei- und einer Samenzelle eine Zelle mit doppeltem Chromosomensatz entstehen. Aus dieser geht dann durch unzählige Zellteilungen der neue Organismus hervor.
Der Fehler, der zu Trisomie 18 führt, passiert manchmal schon bei der Bildung der Keimzellen. In anderen Fällen kommt es erst nach der Befruchtung bei der Entwicklung des Fötus beziehungsweise Embryos dazu. Demnach unterscheiden Mediziner
unterschiedliche Varianten von Trisomie 18
:
Bei der freien Trisomie kommt es bereits vor der Befruchtung der Eizelle zu einer fehlerhaften Verteilung des Chromosoms 18. In mehr als 90 Prozent der Fälle geschieht diese fehlerhafte Zuordnung bei der Bildung der Eizelle (in den übrigen Fällen bei der Bildung der Samenzelle). Dieser Fehler tritt häufig spontan auf und folgt selten bestimmten Vererbungsmustern.
Weil der Fehler hier bereits in einer Keimzelle (Ei- oder Samenzelle) vorliegt, findet er sich auch in allen Körperzellen des entstehenden Kindes: Alle Zellen haben drei (statt zwei) Exemplare des Chromosoms 18. Bei den betroffenen Kindern zeigt sich das Vollbild der Erkrankung.
Mit
rund 94 Prozent
ist die Freie Trisomie 18 die häufigste Variante der Erkrankung.
Bei der Mosaiktrisomie 18 tritt der Fehler erst relativ spät in der Entwicklung der befruchteten Eizelle auf. Deshalb weisen nur einzelne Zelllinien drei Chromosomen 18 auf. Alle anderen Zelllinien haben die normale Anzahl von zwei Chromosomen 18 und sind somit gesund. Je weniger Zelllinien betroffen sind, desto geringer sind die Trisomie-18-Symptome und desto höher ist die Lebenserwartung des betroffenen Kindes.
Die Mosaiktrisomie 18 macht nur
etwa fünf Prozent
aller Krankheitsfälle aus.
Ausgangspunkt dieser Variante ist eine sogenannte „balancierte Translokation“ bei einem Elternteil, meistens der Mutter: Sie hat die normale Chromosomenanzahl in ihren Zellen. Allerdings wurde infolge eines Chromosomenbruches ein Teil von Chromosom 18 fälschlicherweise an ein anderes Chromosom angeheftet (Translokation). Da aber dennoch alle Gene von Chromosom 18 in normaler Anzahl (wenn auch nicht in normaler Anordnung) vorhanden sind, spricht man von „balancierter Translokation“. Der betroffene Elternteil ist vollkommen gesund.
Bei der Zeugung eines Kindes kann aber durch die Weitergabe der Translokationschromosomen ein Kind mit „unbalancierter Translokation“ und damit einer Translokationstrisomie 18 entstehen: Ein Teil von Chromosom 18 ist dreifach vorhanden. Mediziner sprechen hier auch von
partieller Trisomie infolge einer Translokation
.
Bei
etwa ein Prozent
aller Trisomie-18-Patienten liegt eine Translokationstrisomie vor.
Neben Trisomie 18 gibt es noch andere Trisomien – also Chromosomenstörungen mit einem überzähligen Chromosom (oder überzähligen Chromosomenteilen). Am häufigsten ist die Trisomie 21 (
Down-Syndrom
). An zweiter und dritter Stelle folgen die Trisomie 18 und die
Trisomie 13
(Pätau-Syndrom). Kinder, die eine dieser drei Trisomien aufweisen, sind potentiell lebensfähig. Dagegen versterben ungeborene Kinder mit anderen Trisomien bereits sehr früh in der Entwicklung. In diesen Fällen wird eine Schwangerschaft oft gar nicht erst bemerkt.
Wenn ein Frauenarzt bei den regulären
Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft
Auffälligkeiten beim Ungeborenen entdeckt, kann er eine Chromosomenstörung wie Trisomie 18 vermuten. Zu diesen verdächtigen Auffälligkeiten zählen zum Beispiel ein verzögertes Wachstum sowie Fehlbildungen an Bauch, Kopf oder Herzen des Kindes auffallen, die in das Bild der Trisomie 18 passen. Außerdem kommt es bei der Trisomie 18 häufig vor, dass in der
Nabelschnur
nur eine
Arterie
(statt zwei) angelegt ist. Auch die Menge an
Fruchtwasser
kann ein Hinweis auf eine Erkrankung sein.
Zudem können bestimmte
mütterliche Blutwerte
bei einer Trisomie erhöht sein. Dieser Bluttest ist auch als Triple-Test oder MoM-Test (Multiples of the Median) bekannt. Er hilft, Ungeborene zu identifizieren, bei denen ein erhöhtes Risiko für eine Trisomie besteht. Allerdings erlaubt der Triple-Test
keine sichere Diagnose!
Er kann nur das Risiko für bestimmte Chromosomenstörungen beim Kind abschätzen. Falls die Messwerte auffällig sind und die werdenden Eltern Gewissheit haben möchten, sind invasive Untersuchungen nötig.
Trotz der geringen Aussagekraft hat der Triple-Test einen großen Vorteil: Im Gegensatz zu den genaueren invasiven Untersuchungen (wie
Fruchtwasseruntersuchung
) birgt er keine Risiken für die Schwangerschaft und das Ungeborene.
Um einen Verdacht auf Trisomie 18 sicher abzuklären, kann der Arzt eine invasive Untersuchungsmethode durchführen: Er kann eine Gewebeprobe des Mutterkuchens (
Chorionzottenbiopsie
) oder etwas Fruchtwasser (Fruchtwasseruntersuchung = Amniozentese) entnehmen. In beiden Proben finden sich kindliche Zellen. Deren Erbgut wird im Labor auf Chromosomenstörungen wie Trisomie 18 untersucht.
Bei beiden invasiven Untersuchungen kann die Probenentnahme dem Kind schaden und eventuell sogar eine Fehlgeburt auslösen.
Im
Blut
einer Schwangeren finden sich auch Spuren des kindlichen Erbguts (DNA). Seit einiger Zeit gibt es die Möglichkeit, diese kindliche DNA aus dem Blut der Mutter zu isolieren und im Labor auf Chromosomenstörungen zu untersuchen. Zu diesen pränatalen Bluttests gehören zum Beispiel
Harmony-Test
,
PraenaTest und Panorama-Test
.
Im Gegensatz zu invasiven Methoden der
Pränataldiagnostik
(wie Fruchtwasseruntersuchung) sind diese Bluttests
ungefährlich für das Ungeborene
. Sie können aber ebenfalls mit
hoher Zuverlässigkeit
eine vorhandene Trisomie (wie das Edwards-Syndrom) erkennen.
Der DNA-Test kann in der Regel ab der vollendeten 10. Schwangerschaftswoche angeboten werden. Bei einem begründeten Verdacht auf Trisomien und nach einer ärztlichen Beratung können die Kosten für einen solchen Test von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen werden.
Ein ausreichend begründeter Verdacht besteht beispielsweise bei Risikoschwangerschaften: Als Risikoschwangere gelten etwa Frauen, bei denen eine Ultraschall-Untersuchung oder das
Ersttrimesterscreening
Auffälligkeiten beim Ungeborenen ergeben haben. Auch bei älteren Schwangeren oder solchen mit familiärer Vorbelastung kann der behandelnde Arzt einen pränatalen Bluttest vorschlagen.
Trisomie 18 lässt sich nicht heilen. Alle therapeutischen Maßnahmen zielen lediglich darauf ab, die Symptome des Kindes zu lindern beziehungsweise die Organfunktionen aufrecht zu erhalten. Hat das Kind zum Beispiel Ernährungsprobleme können spezielle Sauger oder Sondenernährung hilfreich sein. Bei Atemproblemen kann die
Atmung
per Monitor überwacht werden.
Die sehr häufigen Herzfehler werden manchmal operiert. Auch bei anderen Organfehlbildungen wie Störungen des Harnabflusses kann eine Operation durchgeführt werden. Generell werden operative Korrekturen von Fehlbildungen aber sorgfältig erwogen, weil unklar ist, ob sie die Prognose und die Lebensqualität der kleinen Patienten tatsächlich verbessern.
Eine psychologische Beratung der Eltern ist in vielen Fällen sinnvoll, da meist mit dem Tod des Kindes zu rechnen ist. Besonders in den ersten Lebenswochen ist das Leben des Neugeborenen gefährdet.
Mehr als 95 Prozent aller Kinder mit Trisomie 18 sterben noch im Mutterleib, oft schon im ersten Schwangerschaftsdrittel. Die Lebenserwartung von lebend geborenen Trisomie 18-Kindern ist nicht sehr hoch. Sind die Organfehlbildungen bereits vor der Geburt bekannt, kann die Entbindung auf einer Geburtsstation mit anschließender pädiatrischer Maximalversorgung stattfinden. Das kann die Überlebenschancen des Kindes erhöhen.
Die durchschnittliche Lebenserwartung von Trisomie 18-Kindern liegt bei ein bis zwei Wochen. Lediglich fünf Prozent erreichen das erste Lebensjahr, und nur ein Prozent erlebt das zehnte Lebensjahr. Im Einzelfall hängt die Prognose aber von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehört vor allem die Art der Trisomie 18: Kleine, partielle Trisomien und leichte Mosaiktrisomien haben eine bessere Prognose als eine freie Trisomie 18.
Auch wenn das Kind seinen ersten Geburtstag überlebt, muss man mit schweren körperlichen und geistigen Behinderungen und Entwicklungsverzögerungen rechnen. Neben den Organfehlbildungen neigen viele Kinder zu Krampfanfällen, schwerer Haltungsdeformität und Problemen bei der Nahrungsaufnahme. In seltenen Fällen erreichen Patienten mit Trisomie 18 das Jugendalter. Es gibt auch Berichte von einzelnen Trisomie 18-Patienten, die bis zum 27. Lebensjahr überlebt haben.
Die ungünstige Prognose gilt besonders für das Vollbild der Erkrankung - die freie Trisomie 18. Sie ist die weitaus häufigste Krankheitsvariante. Die seltenere Mosaiktrisomie 18 hat oft eine bessere Prognose. Hier kann die Entwicklung des Kindes in einzelnen Fällen sogar fast normal verlaufen, wenn nur wenige Zelllinien von der Chromosomenstörung betroffen sind.
Nicht zu unterschätzen ist die psychologische Belastung der Eltern, die tagtäglich mit der Gewissheit leben, dass ihr Kind plötzlich versterben kann. Eltern von
Trisomie 18
-Kindern sollten daher die verschiedenen Beratungs- und Hilfsangebote in Anspruch nehmen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Fabian Dupont ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Der Humanmediziner ist bereits für wissenschaftliche Arbeiten unter anderem Belgien, Spanien, Ruanda, die USA, Großbritannien, Südafrika, Neuseeland und die Schweiz. Schwerpunkt seiner Doktorarbeit war die Tropen-Neurologie, sein besonderes Interesse gilt aber der internationalen Gesundheitswissenschaft (Public Health) und der verständlichen Vermittlung medizinischer Sachverhalte.
Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).
Trisomie 18
Kurzübersicht
Trisomie 18: Symptome und Folgen
Trisomie 18: Ursachen und Risikofaktoren
Freie Trisomie 18
Mosaiktrisomie 18
Translokationstrisomie 18
Zweithäufigste Trisomie
Trisomie 18: Untersuchungen und Diagnose
Triple-Test
Invasive Untersuchungen
Chromosomenanalyse anhand einer Blutprobe
Trisomie 18: Behandlung
Trisomie 18: Krankheitsverlauf und Prognose
Weiterführende Informationen
Selbsthilfegruppe:
Autoren- & Quelleninformationen