Illness name: epiglottitis
Description:
Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.
Eine
Epiglottitis
(Kehldeckelentzündung) ist eine lebensbedrohliche Entzündung des Kehldeckels, verursacht durch Bakterien. Atemnot, hohes Fieber und Speichelfluss sind typische Symptome. Die Erkrankung betrifft vor allem Kleininder und ist Dank flächendeckender Impfungen selten geworden. Lesen Sie hier alles Wichtige über die Epiglottitis.
Eine Epiglottitis ist eine Entzündung des Kehldeckels (
Epiglottis
), verursacht in der Regel durch das Bakterium Haemophilus influenzae Typ B. Seltener – eher bei Erwachsenen – sind die Bakterien Streptococcus pneumoniae ("Pneumokokken") oder Staphylococcus aureus Auslöser der Entzündung.
Der Kehldeckel liegt oberhalb der Luftröhre und dient dazu, sie während des Schluckens zu verschließen. Bei einer Kehldeckelentzündung kommt es zu Schwellungen der Schleimhäute an und um den Kehldeckel. Dadurch ist die Luftröhre eingeengt, was oft zu Atemnot führt.
Der Zustand ist akut lebensbedrohlich, da durch den geschwollenen Kehldeckel Erstickungsgefahr besteht.
Bei Verdacht auf Epiglottitis sollten Sie daher sofort einen Notarzt alarmieren. Droht der Patient zu ersticken, muss er so schnell wie möglich künstlich beatmet werden.
Rechtzeitig behandelt heilt die Kehldeckelentzündung in der Regel ohne schwere Folgen aus.
Die Epiglottitis tritt zwar gehäuft bei Kleinkindern zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr auf, grundsätzlich ist es aber möglich, dass alle Altersgruppen daran erkranken. Insbesondere seit der flächendeckenden Impfung beobachtet man eine Zunahme der Fälle bei älteren Kindern oder Erwachsenen.
Insgesamt nimmt die Zahl der Erkrankungen aber ab – die Epiglottitis ist mittlerweile eine seltene Krankheit geworden.
Ein wahrscheinlich prominentes historisches Opfer einer Epiglottitis ist der erste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, George Washington.
Bei der Epiglottitis handelt es sich immer um einen Notfall. Denn eine akute Atemnot entwickelt sich oft innerhalb kürzester Zeit von sechs bis zwölf Stunden nach Krankheitsbeginn. Rufen Sie daher umgehend einen Notarzt, auch wenn sich herausstellt, dass die Beschwerden möglicherweise durch eine andere Erkrankung ausgelöst wurden.
Bei folgenden Symptomen liegt wahrscheinlich eine Epiglottitis vor:
Lebensgefährliche Erstickungsanfälle sind bei einer Kehldeckelentzündung möglich – rufen Sie dann sofort einen Rettungswagen und einen Notarzt!
Eine Epiglottitis lässt sich leicht mit einem durch
Viren
ausgelösten
Pseudokrupp
verwechseln. Sowohl eine Epiglottitis als auch der sogenannte Pseudokrupp (stenosierende Laryngotracheitis) sind Entzündungen im Rachenraum und haben daher ähnliche Symptome, zum Beispiel das Anschwellen des Kehlkopfdeckels.
Während die Epiglottitis jedoch ein lebensbedrohliches Krankheitsbild darstellt, ist der Pseudokrupp meist harmlos. Es bestehen folgende Unterschiede:
Epiglottitis
Pseudokrupp
Erreger
Meist das Bakterium Haemophilus influenzae Typ B
Meist Viren, z.B. das Parainfluenzavirus
Allgemeinzustand
Schweres Krankheitsgefühl, hohes Fieber
Meist nicht wesentlich beeinträchtigt
Beginn der Krankheit
Plötzlich aus bester Gesundheit heraus, rapide schlechter werdend
Langsamer, zunehmender Krankheitsbeginn
Typische Merkmale
Kloßige Sprache, starke Schluckbeschwerden, Betroffene sind nicht in der Lage, den eigenen Speichel zu schlucken
Bellender
Husten
,
Heiserkeit
, vor allem nachts, aber keine Schluckbeschwerden
Bei einer Epiglottitis treten keine Heiserkeit und kein Husten auf.
Die Epiglottitis wird meist durch eine Infektion mit dem Bakterium Haemophilus influenzae Typ B ausgelöst. Selten sind andere Bakterien wie Streptokokken und Staphylokokken für die Entzündung des Kehldeckels verantwortlich. Seit der Einführung der Haemophilus-influenzae-Typ-B-Impfung (HiB-Impfung) tritt die Erkrankung wesentlich seltener auf.
In manchen Fällen haben die Betroffenen vor der Epiglottitis einen banalen Infekt, wie beispielsweise
Schnupfen
oder leichte Halsschmerzen. Meistens erkranken die Betroffenen aber aus vollkommener, bester Gesundheit heraus. Im Gegensatz zum deutlich häufigeren Pseudokrupp gibt es bei einer Epiglottitis keine saisonale Häufung, eine Kehldeckelentzündung tritt zu allen Jahreszeiten auf.
Das Epiglottitis verursachende Bakterium Haemophilus influenzae Typ B besiedelt die Schleimhaut des Atmungstrakts (
Nase
, Rachenraum, Luftröhre) und führt dort unter Umständen zu Entzündungen. Es wird durch Husten, Sprechen oder Niesen (
Tröpfcheninfektion
) übertragen.
Die Inkubationszeit, also der Zeitraum zwischen Infektion und den ersten Beschwerden, liegt bei zwei bis fünf Tagen. Früher hielt man das Bakterium fälschlicherweise für den Auslöser der
Grippe
(Influenza) und nannte es daher „influenzae“.
Für den erfahrenen Arzt ist die Epiglottitis eine „Blickdiagnose“, das heißt schon durch eine einfache Inspektion des Patienten erkennt er die Erkrankung. Die Untersuchungen beschränken sich auf das Notwendigste, da besonders bei Kindern durch
Angst
und Manipulation im Rachenraum die Atemnot oft verschlimmert und ein Erstickungsanfall ausgelöst wird.
Eine körperliche Untersuchung nimmt der Arzt nur vor, wenn noch keine Atemschwierigkeiten bestehen. Dabei müssen immer Gerätschaften für eine künstliche Beatmung und mindestens Gabe von Sauerstoff bereitstehen, falls sie sich entwickeln.
Der Arzt inspiziert dann die Mundhöhle und den Rachenraum mit einem Spatel. Bei Kindern ist der entzündete Kehldeckel der Epiglottitis schon bei vorsichtigem Wegdrücken der Zunge zu erkennen.
Gegebenenfalls ist eine Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie), beziehungsweise Luftröhren- und Bronchienspiegelung (
Bronchoskopie
) notwendig. Der Kehldeckel (Epiglottis) ist dabei erkennbar stark gerötet und geschwollen.
Ringt der Betroffene nach Luft und ist blau angelaufen (
Zyanose
), ist es angeraten, frühzeitig künstlich zu beatmen (
Intubation
). Dazu legt man einen Beatmungsschlauch (Tubus) über den Mund oder Nase in den Rachen, um die Atemwege zu sichern.
Unter Umständen ist das durch den geschwollenen Kehlkopfdeckel erschwert, weshalb der Arzt im Notfall auch etwa einen Luftröhrenschnitt machen muss. Diese Maßnahmen bereitet der Arzt vorsorglich bereits bei der Untersuchung vor.
Eine Epiglottitis versorgt man
stationär und intensivmedizinisch
. In der Klinik wird der Patient engmaschig überwacht und falls nötig künstlich beatmet. Infusionen über eine Vene versorgen ihn mit Nährstoffen und regulieren den Flüssigkeitshaushalt.
Zudem erhält er intravenös verabreichte Antibiotika wie beispielsweise Cefotaxim oder Cephalosporine über einen Zeitraum von zehn Tagen. Des Weiteren geben die Behandelnden Cortison (Glukokortikoid) über die Vene, damit die Entzündung des Kehldeckels zurückgeht. Zur Linderung der akuten Atemnot hilft ein Pumpspray mit Epinephrin.
Bei drohendem Atemstillstand wird der Betroffene sofort intubiert, was unter Umständen durch die Epiglottitis schwierig ist. Zusätzlich wird ein Adrenalinspray verabreicht.
Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine dürfen auf keinen Fall gegeben werden, da diese Medikamente in vielen Fällen eine Atemnot verstärken. In seltenen und schweren Fällen, wenn keine Intubation durch die Schwellungen möglich ist, führt man einen Luftröhrenschnitt (Koniotomie, Tracheotomie) durch.
In der Regel wird der Patient etwa zwei Tage künstlich beatmet. Er wird erst entlassen, wenn länger als 24 Stunden keine Beschwerden mehr aufgetreten sind.
Bis der Notarzt eintrifft, sollten Sie im Falle einer Epiglottitis den Patienten beruhigen, denn eine unnötige Aufregung verschlimmert die Atemnot oft. Versuchen Sie daher in keinem Fall, in den Hals zu schauen.
Öffnen Sie die Fenster, um für Frischluft zu sorgen. Öffnen Sie beengende Kleidung. Achten Sie darauf, welche Haltung der Betroffene einnehmen möchte.
Der Kutschersitz mit vorgebeugtem Rumpf, auf den Oberschenkeln abgestützten Armen und nach oben gerichtetem Kopf erleichtert oft die Atmung.
Bei rechtzeitiger Therapie bessern sich die Symptome innerhalb weniger Tage, und die Epiglottitis heilt ohne Folgeschäden ab. Wird die Epiglottitis zu spät erkannt beziehungsweise behandelt, nimmt sie unter Umständen einen tödlichen Ausgang.
Erstickung ist die gefürchtetste Komplikation der
Epiglottitis.
Sie endet in zehn bis 20 Prozent der Fälle tödlich.
Da das Bakterium Haemophilus influenzae Typ B überwiegend Auslöser der Epiglottitis ist, stellt die sogenannte HiB-Impfung einen wirksamen Schutz dar.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI) rät zu einer Impfung für alle Säuglinge ab dem zweiten Lebensmonat. Sie erfolgt in der Regel als Sechsfachimpfung gemeinsam mit Impfstoffen gegen
Hepatitis B
,
Tetanus
,
Diphtherie
,
Polio
und
Keuchhusten
.
Gemäß dem reduzierten 2+1-Impfschema, das die STIKO seit Juni 2020 empfiehlt, erhalten Säuglinge die HiB-Impfung im zweiten, vierten und elften Lebensmonat. Frühgeborene bekommen hingegen vier Impfspritzen (eine zusätzliche im dritten Lebensmonat).
Auffrischimpfungen sind nach vollständiger Grundimmunisierung nicht notwendig. Die Grundimmunisierung ist wichtig, um einen ausreichenden Impfschutz aufzubauen, der effektiv einer Epiglottitis vorbeugt.
Mehr zur Impfung gegen Haemophilus influenzae Typ B erhalten Sie in unserem Artikel
Hib-Impfung
.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.
Epiglottitis
Kurzübersicht
Was ist eine Epiglottitis?
Welche Symptome treten auf?
Unterscheidung Epiglottitis und Pseudokrupp
Ursachen und Risikofaktoren
Haemophilus influenzae Typ B
Untersuchungen und Diagnose
Wie behandelt man eine Epiglottitis?
Maßnahmen, bis der Notarzt kommt
Krankheitsverlauf und Prognose
Vorbeugen
Autoren- & Quelleninformationen