Illness name: adipositas
Description:
Julia Dobmeier absolviert derzeit ihr Masterstudium in Klinischer Psychologie. Schon seit Beginn ihres Studiums interessiert sie sich besonders für die Behandlung und Erforschung psychischer Erkrankungen. Dabei motiviert sie insbesondere der Gedanke, Betroffenen durch leicht verständliche Wissensvermittlung eine höhere Lebensqualität zu ermöglichen.
Von Adipositas spricht man bei starkem Übergewicht, das schädlich für die Gesundheit ist. Adipositas ist eine chronische Krankheit, die mit eingeschränkter Lebensqualität und hohem Risiko für Folgeerkrankungen einhergeht. Betroffene leiden nicht nur unter den körperlichen Folgen, sondern auch unter Stigmatisierung durch die Umwelt. Lesen Sie hier, was genau Adipositas ist, wie sie sich äußert und was man dagegen tun kann.
Adipositas oder Fettleibigkeit, ist kein Figurproblem charakterschwacher Menschen, sondern eine anerkannte, chronische Erkrankung. Sie gehört zum Kreis der hormonellen, der Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Deutsche Adipositas Gesellschaft (DAG) definieren Adipositas als eine über das normale Maß hinausgehende Ansammlung von Fettgewebe im Körper, die gesundheitliche Schäden verursacht.
Fettleibigkeit, auch Fettsucht oder Obesitas genannt, belastet den ganzen Körper und birgt daher ein hohes Risiko von Folgeerkrankungen – von
Herzinfarkt
über Diabetes bis hin zu verschiedenen Krebserkrankungen. Dass inzwischen ein Viertel der Männer und Frauen in Deutschland fettleibig (adipös) sind, ist daher ein großes gesellschaftliches Problem. Als immerhin übergewichtig gelten 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen.
Die rasche Zunahme der Adipositas bei Kindern und Jugendlichen bereitet Experten ebenfalls große Sorgen. Inzwischen sind bereits rund sechs Prozent der Kinder in Deutschland fettleibig, weitere 15 Prozent sind übergewichtig.
Wenn Kinder bereits vor der Pubertät an
Übergewicht
leiden, haben sie ein hohes Risiko, auch im Erwachsenenalter übergewichtig zu sein und somit frühzeitig verschiedenste Erkrankungen zu entwickeln.
Doch nicht nur die körperlichen Folgen der Adipositas sind problematisch: Auch soziale Ausgrenzung und Mobbing im Kindesalter legen mitunter den Grundstein für spätere psychische Störungen und beeinträchtigen die Persönlichkeitsentwicklung nachhaltig.
Die Gründe für Adipositas im Kindes- und Jugendalter sind vielfältig. Neben der genetischen Veranlagung spielen vor allem Bewegungsmangel und falsche Ernährung eine wesentliche Rolle. Oft geben die Eltern einen Adipositas-fördernden Lebensstil an ihre Kinder weiter.
Übergewicht ist nicht gleichzusetzen mit Adipositas. Menschen mit Übergewicht sind nicht zwangsläufig adipös. Eine Fettsucht oder Fettleibigkeit entwickelt sich in der Regel stufenweise. Um diese Entwicklung und den Status des Übergewichts beziehungsweise der Fettleibigkeit besser einzuschätzen, dient der sogenannte Body-Mass-Index (kurz BMI) als Richtwert.
Ab einem Body-Mass -Index von 25 gilt ein Mensch nach den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO als übergewichtig, ab einem BMI von 30 als stark übergewichtig (adipös). Der BMI errechnet sich aus dem Gewicht (in Kilogramm) geteilt durch die Körpergröße im Quadrat (m
2
). Somit wäre beispielsweise eine Person mit einer Körpergröße von 180 cm mit einem Gewicht von 81 Kilogramm übergewichtig und mit 98 Kilogramm fettleibig.
Anhand des BMI-Wertes wird ein entsprechender Gewichtsstatus identifiziert und damit lassen sich unterschiedliche Adipositas-Typen unterteilen.
Der Begriff Präadipositas ist gleichbedeutend mit dem Begriff Übergewicht und wird häufig synonym verwendet, ist aber nicht allgemein gültig. Eine Präadipositas gilt als Vorstufe einer Adipositas und deutet darauf hin, das Personen mit einem BMI größer als 25 ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Adipositas und deren Folgeerkrankungen tragen.
Hier zum BMI-Rechner für Erwachsene
Der BMI gilt bei Erwachsenen als Richtwert, nicht als absolutes Maß. Seine Schwächen liegen darin, dass das Geschlecht und das Alter, die wichtige Faktoren sind, in die Berechnung nicht mit einfließen. Bei Kindern und Jugendlichen, die sich noch in der körperlichen Entwicklung befinden, fließen in die Berechnung des BMI die sogenannten Perzentilen mit ein. Bei den Perzentielen handelt es sich um Werte oder ein statistisches Maß, um das Verhältnis von Körpergröße und Gewicht eines Kindes alters- und geschlechtsspezifisch zu beurteilen. Die sogenannte BMI-Perzentile berücksichtigt also auch das Alter und Geschlecht des Kindes.
Demnach sieht die
BMI-Tabelle für Kinder und Jugendliche
folgendermaßen aus:
Ab einem BMI von 40 sprechen Mediziner von einer
Adipositas permagna
oder von Adipositas Grad 3. Die Betroffenen sind sehr stark fettleibig und daher meist in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt. Selbst langsames Gehen oder Sitzen fällt ihnen schwer.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sie an Folgeerkrankungen wie Diabetes und
Bluthochdruck
leiden, ist bei ihnen besonders hoch, ihre Lebenserwartung ist reduziert. Meist leidet das Selbstbewusstsein unter dem starken Übergewicht, und die Betroffenen werden durch ihre Umwelt stigmatisiert.
Deutlich Gewicht abzubauen ist für sehr stark Fettleibige entscheidend, um wieder gesünder zu werden. Mehr zum Thema Adipositas Grad III lesen Sie im Artikel
Adipositas permagna
.
Wie gefährlich das Fett ist, hängt nicht nur von der Menge ab, sondern auch davon, wo es sich ansammelt. Als gesundheitlich besonders ungünstig gelten Fettspeicher in der Bauchregion. Das sogenannte viszerale Fett sammelt sich nicht nur unter der
Haut
, sondern vor allem rund um die Organe. Die Körpersilhouette bei dieser Fettverteilung bezeichnet man auch als „
Apfeltyp
“ oder
androide Fettverteilung
. Sie ist vor allem für Männer typisch.
Bei Frauen hingegen reichert sich Fett vor allem an den Hüften und den Oberschenkeln an. Daher wird diese Form als „
Birnentyp
“ oder
gynoide Fettverteilung
bezeichnet. Diese Depots sind weniger gesundheitsschädlich als die vom Apfeltyp, wobei beide Formen ab einem bestimmten Grad der Fettsucht erhöhte Risiken für die Gesundheit bergen.
Zur Behandlung einer Adipositas reicht es nicht aus, kurzfristig etwas Gewicht zu reduzieren. Um schwere Folgeerkrankungen abzuwenden, müssen Menschen mit Adipositas dauerhaft ihr Gewicht senken und ihren Energiestoffwechsel wieder normalisieren.
Damit die Adipositas-Therapie langfristig erfolgreich ist, sind tiefgreifende Veränderungen der Lebensgewohnheiten nötig. Eine Adipositas-Therapie beruht immer auf einer Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie. Die Kombination aus diesen Behandlungsmethoden nennen Mediziner eine
multimodale konservative Therapie
(mmk).
Die Ernährung dauerhaft umzustellen ist nicht leicht. Was sich lange als Gewohnheit eingeschlichen hat, wird man so schnell nicht wieder los. Menschen mit Adipositas sollten daher eine individuell an ihre Bedürfnisse angepasste Ernährungsberatung erhalten. Das persönliche und berufliche Umfeld sollte darin berücksichtigt werden.
Wichtig ist, dass konkrete Ziele formuliert werden. Beispielsweise jeden Tag 500 Kalorien einzusparen. Außerdem sollten die praktischen Aspekte der Ernährungsumstellung berücksichtigt werden. Beispielsweise lernen die Patienten, worauf sie beim Einkaufen achten müssen und wie sie mit wenig Aufwand abwechslungsreich kochen.
Bei Betroffenen, die neben Adipositas auch an
Diabetes mellitus
erkrankt sind, ist der Ernährungstherapie meist auch eine Diabetesberatung angeschlossen.
Bewegung ist ein zentraler Baustein der Adipositastherapie. Um effektiv abzunehmen, sollten sich die Patienten wenigstens 150 Minuten pro Woche moderat bewegen und dabei 1200 bis 1500 Kilokalorien verbrauchen. Meist stehen hierbei Kraft- und Ausdauersportarten im Fokus. Bei starkem Übergewicht sollten es Sportarten sein, die Gelenke und Skelett nicht zusätzlich belasten.
Der erste Schritt, seinen Lebensstil grundlegend zu ändern ist es, ein entsprechendes Problembewusstsein zu entwickeln. Speziell geschulte Therapeuten unterstützen dabei, die seelischen Ursachen für die Fettleibigkeit sowie Adipositas-fördernde Verhaltensweisen und Muster aufzudecken.
So kompensieren viele Übergewichtige negative Gefühle wie Trauer, Frustration und Stress mit Essen. Solche Verhaltensmuster abzulegen, die sich über Jahre oder sogar Jahrzehnte eingeschliffen haben, ist nicht leicht.
Mithilfe von psychosomatischer Medizin und Verhaltenstherapie eröffnen sich dem Patienten neue Wege, gesundheitsschädliches Verhalten durch gesündere Verhaltensweisen zu ersetzen. Dieses theoretische Wissen wird in praktischen Übungen verfestigt und eingeübt.
Führt diese Basistherapie aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie nicht zum Ziel oder verspricht sie aufgrund des Ausmaßes des Übergewichts keinen ausreichenden Erfolg, kommen auch medikamentöse oder chirurgische Maßnahmen wie eine Magenverkleinerung in Betracht.
Es gibt zahllose Tabletten und Pülverchen, die das Abnehmen unterstützen sollen. Beispielsweise indem sie angeblich den Appetit zügeln, den Stoffwechsel ankurbeln oder bestimmte Nahrungsbestandteile wie Fette unverdaut durch den
Darm
schleusen sollen. Diese bezeichnet man als Anorektika.
Viele frei verkäufliche Mittel sind allerdings bestenfalls teuer und wirkungslos, schlimmstenfalls gesundheitsgefährdend. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über eine sinnvolle medikamentöse Unterstützung zur Gewichtsreduktion.
Zur Verkleinerung des Magenvolumens gibt es verschiedene Methoden. Ein
Magenband
oder
Magenballon
verhindert, dass man größere Mengen Essen zu sich nimmt. Sie sind reversibel – haben aber auch einen weniger großen Effekt als eine operative Magenverkleinerung (bariatrische Operation).
Operativ lässt sich ein einfacher
Schlauchmagen
herstellen oder ein
Magenbypass
, bei dem außerdem ein Stück des Dünndarms überbrückt wird, sodass weniger von dem, was verzehrt wurde, vom Körper aufgenommen wird.
Interessant ist, dass mit den Magenoperationen oft erstaunliche Veränderungen im Stoffwechsel einhergehen. Zum Beispiel verbessert sich ein Diabetes dadurch oft schnell und drastisch. Magenverkleinerungen sind meist sehr wirksame Maßnahmen zur Gewichtsreduktion. Sie stellen aber immer auch einen großen Eingriff in die Körperanatomie dar und sind nicht mehr rückgängig zu machen.
In Deutschland ist es möglich, ab einem BMI von 40 einen Antrag auf Magenverkleinerung zu stellen oder ab einem BMI von 35, wenn Folgeerkrankungen wie Diabetes hinzukommen. Mehr zum Thema lesen Sie im Artikel
Magenverkleinerung
.
Ziele und Bausteine einer Adipositas-Kur entsprechen denen der Basis-Therapie: Ernährungsumstellung, ein Sportprogramm und verhaltenstherapeutische Maßnahmen. Im Rahmen einer Adipositas-Kur erfolgt jedoch eine viel intensivere Behandlung. Auch fällt die Umstellung der Lebensgewohnheiten vielen Patienten leichter, wenn sie in einer anderen Umgebung erfolgt.
Eine Adipositas-Kur führen in der Regel Reha-Kliniken oder spezielle Adipositas-Kliniken durch. Es gibt sowohl stationäre wie ambulante Angebote. Die Kur muss zusammen mit einem Arzt beantragt werden. Welche Voraussetzungen für eine Kur gelten und wie Sie einen Antrag stellen, lesen Sie im Beitrag
Adipositas-Kur
.
Je ausgeprägter das Übergewicht ist und je länger es besteht, desto größer sind in der Regel die körperlichen Beschwerden. Auch das Risiko für Folgeerkrankungen steigt. Dazu tragen auch die Botenstoffe bei, die im Fettgewebe gebildet werden, sogenannte Adipokine. Während es im Bereich der Übergewichtigen durchaus einige gibt, die körperlich fit und gesund sind, ist das bei fettleibigen Menschen unwahrscheinlich.
Das Hauptsymptom von Adipositas ist die übermäßige Ansammlung von Fettdepots im Körper. Sie belasten den Körper schon durch die schiere Last, die er in der Folge zu tragen hat. Durch die erhöhte Belastung benötigt der Körper mehr Sauerstoff und Nährstoffe.
Die Fettdepots sind zudem keine bloßen Fettspeicher. Sie produzieren Botenstoffe, die den Stoffwechsel und viele andere körperliche Funktionen negativ beeinflussen.
Das Übergewicht beansprucht besonders das
Herz
und den Kreislauf. Bereits geringe körperliche Belastungen sind dadurch teilweise ein anstrengendes Unterfangen. Das liegt einerseits an der Gewichtslast, aber auch daran, dass insgesamt mehr
Blut
durch das Gewebe fließt.
Die eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit macht sich in erster Linie durch Kurzatmigkeit beziehungsweise Atemnot bemerkbar. Diese entsteht, wenn Herz und
Lunge
nicht in der Lage sind, den erhöhten Sauerstoffbedarf zu kompensieren und somit ein Sauerstoffmangel im Blut und im Gewebe herrscht.
Da jede körperliche Aktivität aufgrund des Gewichts sehr anstrengend und wegen der Atemnot unangenehm ist, scheuen viele Menschen mit Adipositas körperliche Anstrengung. Doch gerade der Bewegungsmangel ist mitunter eine Hauptursache für Adipositas. Die Betroffenen geraten häufig in einen Teufelskreis aus Bewegungsmangel und
Gewichtszunahme
, der ihr Gewicht immer weiter nach oben treibt.
Neben dem Herz-Kreislauf-System leidet vor allem der Bewegungsapparat unter der Adipositas. Durch die hohe Belastung der Gelenke verschleißen diese vorzeitig. Dabei wird nach und nach die feine Knorpelschicht in verschiedenen Gelenken irreparabel zerstört (
Arthrose
). Besonders häufig sind Knie,
Hüftgelenk
und
Sprunggelenk
betroffen. Adipositas führt zudem häufig zu einem vorzeitigen Verschleiß der Bandscheiben zwischen den Wirbelkörpern und verursacht mitunter somit auch einen
Bandscheibenvorfall
(Diskusprolaps).
Viele Menschen mit einer Fettsucht schwitzen übermäßig. Ein Grund dafür ist die gewichtsbedingte vermehrte körperliche Belastung, ein weiterer ist die schlechtere Wärmeableitung über das Fettgewebe. Betroffenen ist ihr starkes Schwitzen sehr unangenehm.
Die Fettspeicher im Bauchraum drücken in vielen Fällen kontinuierlich auf die Verdauungsorgane, zum Beispiel auf den
Magen
. Dann wird saurer Magensaft zurück in die
Speiseröhre
gepresst und verursacht dort
Sodbrennen
. Langfristig verändern die Säureattacken die Zellen der Speiseröhre: Es entwickelt sich ein sogenannter Barrett-Ösophagus, der sich möglicherweise zu Krebs weiterentwickelt.
Menschen mit Schlafapnoe-Syndrom (SAS) leiden unter Atemaussetzern während des Schlafs. Die häufigste Form dieser Erkrankung ist das sogenannte obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS). Dabei erschlafft während des Schlafs die Muskulatur der oberen Atemwege. Das behindert den Luftstrom der normalen
Atmung
, und die Schlafqualität ist schlecht. Bei stark übergewichtigen Menschen ist das häufig der Fall.
Menschen mit
Schlafapnoe
sind oft sehr müde und unkonzentriert. Die mangelnde Erholung während des Schlafs belastet auch die Psyche.
Bei adipösen Menschen treten häufiger
Krampfadern
auf. Darunter versteht man eine Erweiterung der oberflächlichen
Venen
an den Beinen. Ausgeprägte Krampfadern bergen ein erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel (Thrombosen) in den Beinvenen.
Weshalb Menschen mit Adipositas vermehrt zu Krampfadern neigen, ist bislang nicht eindeutig geklärt. Möglicherweise ist das vergleichsweise schwächere Bindegewebe von adipösen Menschen der Grund. Forscher vermuten außerdem, dass die Fettzellen eine Reihe von Botenstoffen freisetzen, welche die Gefäßwände der Venen schwächen.
Menschen mit Adipositas werden häufig aufgrund ihres Gewichts stigmatisiert. Umfragen zeigen, dass zwei Drittel der Deutschen die Gründe für Adipositas in Bewegungsfaulheit und übermäßigem Essen vermuten. Die meisten Befragten gingen davon aus, dass die Fettleibigkeit selbst verschuldet sei. Mit diesen pauschalen Bewertungen werden die Betroffenen häufig im Alltag konfrontiert. Sozialer Rückzug und möglicherweise vermehrtes Trostessen sind mögliche Folgen.
Die Stigmatisierung löst häufig zahlreiche psychische Erkrankungen aus: Menschen mit Adipositas leiden beispielsweise vermehrt unter
Depression
und Angststörungen. Besonders Kinder und Jugendliche trifft die soziale Isolation und die Ablehnung durch Gleichaltrige. Negative prägende Erfahrungen in diesem Alter beschädigen in einigen Fällen massiv die psychische Stabilität der Heranwachsenden und verursachen so nachhaltige psychische Störungen.
Es gibt zahlreiche, individuelle Faktoren, die den Stoffwechsel und damit die individuelle Energiebilanz und das Gewicht erheblich beeinflussen. Dazu gehören die genetische Ausstattung, die Ernährung der Mutter in der Schwangerschaft oder auch die
Hormone
. Daher muss jemand, der übergewichtig ist, nicht zwangsläufig mehr essen oder sich weniger bewegen als eine schlanke Person.
Die Adipositas-Ursachen gehen weit über zu viel Essen und zu wenig Bewegung hinaus. Eine ganze Reihe von Faktoren scheinen sich gegenseitig zu beeinflussen und zu verstärken. Die genauen Mechanismen sind bislang noch nicht vollständig geklärt. Es zeichnet sich jedoch ab, dass das Krankheitsgeschehen dazu neigt, sich zu verselbstständigen: Je ausgeprägter das Übergewicht ist, desto hartnäckiger verteidigt der Körper die überflüssigen Pfunde.
Wer zu viel und zudem noch sehr kalorienreich isst, nimmt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu. Doch welche Menge zu viel ist, hängt von vielen Faktoren ab und ist individuell verschieden.
Einige Forscher vertreten zudem die Auffassung, dass nicht die Gesamtkalorienmenge entscheidend für die Entstehung von Adipositas sei, sondern die Zusammensetzung der Kost. Beispielsweise, dass Öle mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren weniger stark ansetzen als gesättigtes Fett. Oder dass Süßigkeiten dicker machen als Gemüse mit derselben Kalorienmenge.
Wieder andere Hypothesen besagen, dass längere Esspausen, in denen der Körper Zeit hat, Essdepots wieder abzubauen, helfen schlank zu werden oder zu bleiben. Wer oft zwischendurch etwas isst, nimmt wahrscheinlich bei gleicher Kalorienzufuhr eher zu. Experten empfehlen daher mindestens vier kalorienfreie Stunden zwischen den Mahlzeiten.
Wenn die tägliche Kalorienbilanz „positiv“ ist, also mehr Kalorien aufgenommen als verbraucht werden, nimmt man zu. Wer sich gern bewegt, ist also in der Lage, mehr zu essen, ohne dick zu werden. Zum einen wird natürlich während der Bewegung selbst mehr Energie verbraucht. Es stellt sich aber zusätzlich der sogenannte Nachbrenneffekt ein: Auch nach Beendigung der Aktivität verbraucht der Körper eine Weile mehr Energie als sonst.
Nicht nur das aktuelle Bewegungspensum ist ausschlaggebend: Wer sich wenig bewegt, hat weniger Muskelmasse. Muskeln verbrauchen auch in Ruhe mehr Energie als beispielsweise Fettgewebe. Sinkt die Muskelmasse, sinkt auch der sogenannte Grundumsatz, also der Energiebedarf des Körpers in Ruhe.
Problematisch ist, dass soziale Netzwerke vor allem Jugendliche dazu verlocken, den Tag lieber sitzend mit virtuellen Freunden zu verbringen, als sich tatsächlich körperlich anzustrengen oder sportlich aktiv zu sein.
Auch immer mehr Erwachsene pflegen einen Lebensstil, der für Übergewicht anfällig macht: Viele Arbeitnehmer verbringen einen Großteil ihrer Zeit am PC. Radfahren und Laufen sind durch Autofahren oder öffentliche Transportmittel ersetzt worden, Treppensteigen entfällt vielerorts durch Rolltreppen und Aufzüge.
Der Grundumsatz ist von weiteren Faktoren abhängig. So gibt es tatsächlich Menschen, die normal essen und trotzdem dick werden. "Gute Futterverwerter" werden sie genannt. Das klingt erst mal gut, ist in Zeiten eines übergroßen Nahrungsangebots aber problematisch. Das ist zum Teil Veranlagung, ist aber mitunter durch Diäten verursacht oder verstärkt. Dann verlangsamt sich der Stoffwechsel.
Umgekehrt gibt es auch sehr schlanke Menschen, die ordentlich zulangen beim Essen – und zwar ohne sich im Ausgleich besonders viel zu bewegen.
Fettleibige Menschen verlieren zudem durch die isolierende Fettschicht unter der Haut weniger Wärmeenergie. Daher müssen sie vergleichsweise weniger Energie in Wärme umsetzen, verbrennen also weniger Kalorien.
Essgewohnheiten werden im Kindes- und Jugendalter maßgeblich geprägt. Eine steigende Anzahl von Kindern erlernt weder zu Hause noch in der Schule den richtigen Umgang mit Nahrung. Beispielsweise stört der unkontrollierte Zugang zu Süßigkeiten den natürlichen Rhythmus von Hungergefühl und Nahrungsaufnahme: Kinder und Jugendliche essen dadurch stets und ständig.
Oft fehlt in der Familie die Zeit für gemeinsames Kochen und gemeinsame Mahlzeiten. Die Lücke füllen häufig Fast-Food-Angebote. Damit konsumieren manche praktisch rund um die Uhr hochkalorische Fertignahrungsmittel. Zuckerhaltige, fettige Nahrungsmittel sind zudem meist deutlich preisgünstiger als hochwertige Lebensmittel.
Die Gene spielen bei der Entstehung von Adipositas eine große Rolle: Die Ergebnisse von Zwillingsstudien legen nahe, dass Adipositas in etwa 40 bis 70 Prozent der Fälle auf genetische Ursachen zurückzuführen ist.
Allerdings ist derzeit noch unklar, wie viele Gene tatsächlich an der Entstehung von Adipositas beteiligt sind und auf welche Weise. Etwa 100 Gene sind bislang bekannt, bei denen ein Zusammenhang mit Übergewicht und Adipositas vermutet wird.
Insbesondere das „FTO-Gen“ steht im Mittelpunkt der Adipositas-Forschung. Das Gen scheint an der Steuerung des Appetits beteiligt zu sein. Menschen mit einer Mutation in diesem Gen werden möglicherweise erst verzögert satt und nehmen daher leichter zu.
Genetisch bedingt ist vermutlich auch ein „individuelles Sollgewicht“. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind bislang vollkommen unklar. Jedoch sprechen Studien mit Adoptivkindern für ein solch genetisch programmiertes Sollgewicht: In diesen Studien glich das Gewicht der Adoptivkinder im Erwachsenenalter seltener dem der Adoptiveltern, sondern häufig dem Gewicht der biologischen Eltern und Geschwister.
Nicht nur die Gene selbst haben großen Einfluss auf das Gewicht, sondern auch, wie aktiv sie im Körper sind. Ein großer Teil der Gene ist sogar gänzlich stummgeschaltet und kommt gar nicht zum Einsatz.
Welche das sind, wird unter anderem schon im Mutterleib beeinflusst. Ist die Mutter übergewichtig oder entwickelt sie eine Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes), kommen die Kinder oft groß und zu schwer zur Welt. Ihr Risiko für Fettleibigkeit ist dann hoch, denn der Körper ist an ein Überangebot an Nahrung gewöhnt. Das Kind tendiert lebenslang dazu, sich zu überessen. Zudem toleriert sein Körper höhere Blutzuckerspiegel.
Vor der
Geburt
und in der Kindheit ist die sogenannte epigenetische Prägung besonders stark. Doch auch im weiteren Leben sind die Lebensumstände entscheidend. Sport, Stress, Hunger oder ständige Überernährung – all diese Faktoren verändern häufig die Funktionsweise der Körperzellen. Die gute Nachricht ist: Durch einen gesünderen Lebensstil gelingt es auch noch im Erwachsenenalter, viele negative Gene aus- und positive anzuschalten.
Auch bestimmte Erkrankungen und Medikamente begünstigen eine Gewichtszunahme und damit Adipositas. Dann sprechen Experten von einer
sekundären Adipositas
.
Einige Medikamente haben die unerwünschte Nebenwirkung, den Appetit anzuregen oder vermehrt Wasser einzulagern. Zu diesen Medikamenten gehören:
Als Faustregel gilt bei Frauen ein Bauchumfang von über 80 cm als riskant, bei Männern von über 94 cm. Damit steigt unter anderem das Risiko für
Schlaganfall
und Typ-2-Diabetes. Bei einem Bauchumfang von über 88 cm bei Frauen und 102 cm bei Männern ist das Risiko sogar deutlich erhöht.
Wenn Sie wegen Ihres erhöhten Körpergewichts Beschwerden haben oder Sie ohne erkennbaren Grund zunehmen, lassen Sie sich zuerst vom Hausarzt beraten. Dieser wird Ihnen im sogenannten Anamnesegespräch zunächst einige Fragen stellen, um die möglichen Ursachen einzugrenzen:
Der Arzt ermittelt das Ausmaß der Adipositas, indem er zunächst den Body-Mass-Index berechnet.
Da der BMI nur ein Richtwert ist und einen ersten Hinweis auf eine mögliche Adipositas gibt, nimmt der Arzt meist noch andere Messwerte auf, die das Ausmaß des Übergewichts und das Risiko für Folgeerkrankungen eindeutiger eingrenzen. Dazu gehören zum Beispiel der Taillen- und Hüftumfang.
Bei Menschen mit Adipositas sind häufig die
Blutfettwerte
erhöht. Daher untersucht der Arzt zusätzlich die Cholesterin- und Triglyzeridwerte.
Auch die Leber leidet häufig bei starkem Übergewicht. Darüber geben die
Leberwerte
Aufschluss.
Besteht der Verdacht, dass die Adipositas eventuell hormonell bedingt ist, bestimmt der Arzt verschiedene Hormone im Blut, beispielsweise die Schilddrüsenhormone.
Klagt der Patient über Luftnot und Kurzatmigkeit, sind weitere kardiologische Untersuchungen notwendig. Zwar ist ein massiv erhöhtes Körpergewicht in vielen Fällen bereits die Erklärung für Kurzatmigkeit, doch mitunter löst auch eine Herzerkrankung diese Symptome aus. Zum Einsatz kommen vor allem:
Der erste Ansprechpartner bei Adipositas in diesem Alter ist der Kinder- und Jugendarzt. Dieser klärt ab, ob eine Weiterleitung an ein Adipositas-Zentrum notwendig ist. Auch bei Kindern und Jugendlichen verwendet der Arzt zur Bestimmung von Adipositas den BMI. Allerdings werden Alter und Geschlecht mit in die Berechnung einbezogen (BMI-Perzentile). Ein BMI-Rechner für Erwachsene ist daher nicht für die Berechnung des BMIs bei Kindern anwendbar.
Fettleibigkeit entwickelt sich rasant zu einem weltweiten Problem. Die Deutsche Adipositas Gesellschaft schätzt, dass momentan rund 16 Millionen Menschen in Deutschland fettleibig sind, Tendenz steigend. Dabei entsteht Adipositas nicht plötzlich, sondern entwickelt sich über Jahre oder Jahrzehnte. In der Mehrzahl sind Erwachsene zwischen 30 und 60 Jahren betroffen. Starkes Übergewicht schränkt nicht nur die Lebensqualität ein, es erhöht das Risiko für verschiedene schwerwiegende Erkrankungen. Grund dafür sind unter anderem Botenstoffe, die im Fettgewebe vorkommen. Sie lösen beispielsweise chronische Entzündungsreaktionen im Körper aus.
Eine mögliche Folge dieser chronischen, stummen Entzündungen ist ein Typ-2-Diabetes, der vor allem bei übergewichtigen Menschen auftritt. Auch
Arteriosklerose
ist bei Menschen mit Adipositas häufig. Die Arterienverkalkung wiederum ist die Ursache für die beiden häufigsten Todesursachen weltweit: Herzinfarkt und Schlaganfall.
Außerdem treten verschiedene Krebserkrankungen bei fettleibigen Menschen häufiger auf. Einen besonders starken Zusammenhang gibt es zwischen Adipositas und
Brustkrebs
, aber auch andere Krebsarten wie
Darmkrebs
,
Speiseröhrenkrebs
, Nierenzellkrebs,
Gebärmutterkrebs
und
Bauchspeicheldrüsenkrebs
.
Übergewichtig oder fettleibig wird ein Mensch, wenn er seinem Körper langfristig mehr Energie zuführt als er verbraucht (positive Energiebilanz). Nahrungsaufnahme und Bewegung sind also zwei Stellschrauben, über die sich das Gewicht beeinflussen lässt.
Abnehmen fällt den meisten Betroffenen schwer. Holen Sie sich daher professionelle Unterstützung, wenn Sie stark übergewichtig sind. Schon eine vergleichsweise geringe Gewichtsreduktion verbessert den Stoffwechsel mitunter deutlich und reduziert so das Risiko für Folgeerkrankungen. Für übergewichtige Menschen ist es besonders wichtig, Sport zu treiben. Die körperliche Aktivität hilft nicht nur, Gewicht zu verlieren, sie verbessert auch die Stoffwechsellage im Körper.
Mit genügend körperlicher Aktivität und einer ausgewogenen Ernährung lässt sich der Entstehung von Übergewicht bereits vorbeugen. So sollten Personen, die zudem ein erhöhtes Risiko für Adipositas haben, mäßig zu Süßigkeiten, fettreichen Speisen und Knabbereien sowie gesüßten Getränkten greifen. Stattdessen sind regelmäßige Mahlzeiten günstig. Experten raten zu drei Haupt- und maximal zwei Zwischenmahlzeiten. Sollte zwischendurch Hunger oder auch nur Appetit aufkommen, bieten sich Snacks aus Obst und Gemüse an.
Ungesüßter Tee und Wasser sind als Getränke ideal, da sie keinen zusätzlichen Zucker enthalten. Trinken Sie ausreichend und vor allem auch, bevor Sie etwas essen. Oft verbirgt sich hinter dem vermeintlichen Appetit oder Hunger schlichter Durst. Bei Kindern und Jugendlichen raten Experten dringend davon ab, sie dazu zu zwingen, den Teller stets zu leeren. Oft erhalten sie auch zu große Portionen. Servieren Sie lieber kleinere Mahlzeiten und geben bei Bedarf noch etwas nach.
Verbote und Verzicht zum Beispiel über Diäten sind wenig erfolgreich. Gerade im Kindesalter sollte auf derartige Maßnahmen verzichtet werden. Positive Stimulation und Aufklärung sind dagegen geeignete Methoden, dem Kind ein gutes Gefühl zu verleihen und eine gesunde Einstellung zum Essen zu entwickeln. Ernährungsberater bieten Ihnen Unterstützung, wenn Sie hierbei Hilfe benötigen. Sprechen Sie mit Ihrem Haus- oder gegebenenfalls dem Kinderarzt.
Anderen auslösenden Faktoren wie Stress oder Erkrankungen lässt sich hingegen nicht so einfach entgegenwirken. Diese Auslöser zu erkennen, ist oft schwierig und meist nur mit ärztlichem Rat möglich. Fragen Sie daher bei Verdacht Ihren Hausarzt.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Julia Dobmeier absolviert derzeit ihr Masterstudium in Klinischer Psychologie. Schon seit Beginn ihres Studiums interessiert sie sich besonders für die Behandlung und Erforschung psychischer Erkrankungen. Dabei motiviert sie insbesondere der Gedanke, Betroffenen durch leicht verständliche Wissensvermittlung eine höhere Lebensqualität zu ermöglichen.
Adipositas
Kurzübersicht
Was ist Adipositas?
Adipositas im Kindes- und Jugendalter
Richtwert Body-Mass-Index (BMI)
BMI-Tabelle bei Erwachsenen
Adipositas permagna
Welche Formen der Adipositas gibt es?
Welche Behandlung gibt es bei Adipositas?
Ernährungstherapie
Bewegungstherapie
Verhaltenstherapie
Medikamentöse Behandlung
Magenverkleinerung (bariatrische Operation)
Adipositas-Kur
Anzeichen für Übergewicht oder Fettleibigkeit
Hauptsymptom krankhafte Fettansammlung
Eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit
Gelenkverschleiß
Vermehrtes Schwitzen (Hyperhidrosis)
Reflux (Sodbrennen)
Schlafapnoe
Krampfadern (Varikosis) und Thrombosen
Psychische Probleme
Weitere klinische Anzeichen bei Adipositas
Ursachen und Risikofaktoren
Essverhalten (alimentäre Adipositas)
Bewegungsmangel
Stoffwechsel
Umgebung prägt Essverhalten
Genetische Ursachen
Epigenetische Programmierung
Erkrankungen als Adipositas-Ursache
Medikamente
Risikofaktor Bauchumfang
Untersuchungen und Diagnose
Bestimmung des Body-Mass-Index
Blutuntersuchungen
Kardiologische Untersuchungen
Untersuchungen bei Kindern und Jugendlichen
Krankheitsverlauf und Prognose
Folgeerkrankungen
Vorbeugen
Autoren- & Quelleninformationen