Illness name: suizidalitaet
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Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.
Der Begriff
Suizidalität
bezeichnet die Neigung, den eigenen Tod selbst oder durch andere herbeizuführen. Sie kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein und beruht fast immer auf einer psychischen Erkrankung. Bei akuter Suizidalität ist rasches Handeln angezeigt, die Betroffenen brauchen schnellstmöglich psychiatrische Hilfe. Lesen Sie hier, woran Sie Suizidalität erkennen, welche Risikofaktoren relevant sind und was Angehörige tun können, um Betroffenen zu helfen.
Von Suizidalität spricht man, wenn das Erleben und Verhalten eines Menschen darauf abzielt, den eigenen Tod bewusst herbeizuführen – aktiv oder passiv. Eine solche Suizidalität kann einmalig auftreten oder chronisch werden. Chronische Suizidalität bedeutet, dass die Betroffenen immer wieder suizidale Gedanken und Absichten entwickeln und meist bereits einen oder mehrere Suizidversuche unternommen haben.
In der psychiatrischen Literatur werden verschiedene Ausprägungen von Suizidalität unterschieden, zum Beispiel:
Ziel dieser Einteilung ist es, im Einzelfall die Art der nötigen Interventionsmaßnahmen möglichst genau einschätzen zu können.
Suizidgedanken entstehen, wenn der psychische Leidensdruck eines Menschen Überhand gewinnt. Dann können sich Gedanken einstellen wie "Welchen Sinn hat das alles noch?", "Es wäre besser, tot zu sein" oder "So will ich nicht weiterleben". Diese Gedanken können in puncto Häufigkeit und Intensität stark variieren. Je öfter sie auftreten und je drängender sie sind, desto stärker geraten Alternativen zum Selbstmord aus dem Blick der Betroffenen.
Ein bewährtes Modell zur Verlaufsbeschreibung der Suizidalität ist das Stadien-Modell des österreichischen Psychiaters Walter Pöldinger. Es gliedert die suizidale Entwicklung in drei Phasen:
Typisch für die erste Phase sind wiederholte suizidale Gedanken sowie der soziale Rückzug der Betroffenen. Zudem werden suizidale Ereignisse, zum Beispiel in den Medien oder im eigenen Umfeld, stärker bzw. selektiver wahrgenommen. Die Betroffenen können sich in dieser Phase aber noch von ihren suizidalen Gedanken distanzieren, sie sind noch fähig zur Selbststeuerung. Oft senden sie versteckte Signale aus, um auf ihre Notlage aufmerksam zu machen.
Im zweiten Stadium sind die Betroffenen nicht mehr fähig, sich von ihren suizidalen Gedanken zu distanzieren, die Selbststeuerung ist nicht mehr möglich. Ihre Gedanken kreisen immer stärker um den Suizid, der Raum für andere Gedanken schwindet. Die Betroffenen ringen mit sich zwischen Selbsterhaltung und Selbsttötung. Häufig äußern sie ihre Suizidgedanken in dieser Phase erstmals gegenüber Angehörigen oder Freunden bzw. suchen Kontakt zu einem Arzt.
In der letzten Phase ist die Selbststeuerung weiterhin ausgesetzt. Die Betroffenen wirken jetzt häufig gelöst und entspannt, da die Last der Entscheidung weggefallen ist. Die Gefahr für Laien, angesichts dieser Veränderung von einer Verbesserung der psychischen Verfassung auszugehen, ist groß. Tatsächlich treffen die Betroffenen in diesem Stadium jedoch konkrete Vorbereitungen für den Suizid. Sie formulieren möglicherweise ihr Testament, verabschieden sich von Familie und Freunden oder kündigen eine längere Reise an – solche Warnsignale sollte man sehr ernst nehmen!
Der Psychiater Erwin Ringel befragte in den 1950er Jahren rund 750 Menschen, die einen Suizidversuch überlebt hatten. Auf Basis der Ergebnisse formulierte er das sogenannte präsuizidale Syndrom. Es beinhaltet spezifische Merkmale, die typischerweise vor einem Suizidversuch auftreten. Sie gelten als Warnzeichen und sollten immer ernst genommen werden:
Rund 10.000 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland durch Suizid. Hinzu kommen Jahr für Jahr etwa 10- bis 20-mal so viele Suizidversuche. Damit liegt in der Todesursachestatistik Suizid deutlich vor Verkehrsunfällen mit rund 3.300 Toten pro Jahr und Drogen mit ca. 1.400 jährlichen Todesfällen.
Zwei von drei Suiziden werden von Männern verübt. Frauen unternehmen dagegen öfter Suizidversuche – vor allem junge Frauen unter 30 Jahren.
Suizide werden in mehr als 90 Prozent der Fälle infolge einer psychischen Erkrankung verübt. Bei mehr als 50 Prozent davon handelt es sich um eine Depression. Die damit verbundenen Symptome wie Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle, innere Leere und die Unfähigkeit, Freude zu empfinden, machen die Betroffenen besonders anfällig für suizidale Gedanken, Absichten und Handlungen.
Auch Schizophrenie, bestimmte Persönlichkeitsstörungen wie
Borderline
sowie Suchterkrankungen steigern das Suizid-Risiko.
Weitere Risikofaktoren der Suizidalität sind zum Beispiel:
Woran lassen sich Suizidalität und Suizidgedanken erkennen? Es gibt einige Symptome und Alarmzeichen, die auf einen geplanten Suizid hinweisen können, vor allem:
Von
akuter Suizidalität
spricht man, wenn die Betroffenen intensive lebensmüde Gedanken und konkrete Suizidabsichten haben, so dass eine akute Suizidhandlung droht. An folgenden Anzeichen lässt sich akute Suizidalität erkennen. Der Betroffene...
Sie bemerken eines oder mehrere der oben genannten Symptome und Anzeichen bei einem Angehörigen, Freund oder Bekannten? Dann sollten Sie rasch handeln. Sprechen Sie das Thema an und bieten Sie Ihre Unterstützung an. Begleiten Sie den Betroffenen beispielweise in eine psychiatrische Ambulanz. Bei akuter Suizidalität sollten Sie den Notruf (Tel. 112) wählen.
Suizidale Gedanken sollten immer ernst genommen werden – von den Betroffenen selbst, aber auch von Angehörigen und Freunden. Leider ist noch das Vorurteil weit verbreitet, wonach jemand, der davon spricht, sich das Leben zu nehmen, dies nicht tut. Das ist falsch! Es ist sogar oft das Gegenteil der Fall: Viele lebensmüde Menschen kündigen ihren Suizid an – direkt oder indirekt, etwa durch Äußerungen wie "Das macht alles keinen Sinn mehr", "Ich kann nicht mehr" oder Ähnliches.
Man sollte immer was tun bei Suizidgedanken, die man selber hegt oder die ein anderer äußert! Wichtig ist, wie oft und wie drängend diese Überlegungen sind. Im ersten Schritt kann ein offenes Gespräch mit einem engen Vertrauten helfen, wo die oft quälenden Gedanken ausgesprochen werden.
Wenn die Selbstmordgedanken allerdings sehr drängend und häufig sind und sich der Betroffene nicht mehr davon distanzieren kann, ist rasche psychiatrische (Not-)Hilfe nötig.
Bei akuter Suizidalität sollte man sich an den Notruf wenden (Tel. 112) oder sofort eine psychiatrische Ambulanz aufsuchen, um die akute Krise in den Griff zu bekommen. Den Betroffenen keinesfalls allein lassen!
Zur Behandlung von akuter Suizidalität werden zunächst meist dämpfende, beruhigende Medikamente eingesetzt. Ist die akute Gefährdung abgeklungen, schließen sich psychotherapeutische Gespräche an. Ob die Behandlung in der Klinik oder ambulant fortgesetzt wird, hängt davon ab, wie hoch das Suizidrisiko des Patienten eingeschätzt wird.
Wichtige Elemente der Behandlung sind zum Beispiel:
Sie machen sich Sorgen um einen Angehörigen und fragen sich: Was tun bei Suizidalität? Der wichtigste Rat zum Umgang mit Suizidalität lautet: Seien Sie da! Lassen Sie den Betroffenen nicht allein und kümmern Sie sich um ihn. Weitere wichtige Ratschläge:
Wichtig: Übernehmen Sie Verantwortung für den Suizidgefährdeten, indem Sie Hilfe organisieren, an seiner Seite bleiben und ihm das Gefühl geben, ganz für ihn da zu sein. Sicher wissen Sie selbst, wie wichtig es ist, in einer akuten, existenziellen Krise einen nahestehenden Menschen an seiner Seite zu wissen.
Neben niedergelassenen Psychiatern und Psychotherapeuten sowie psychiatrischen Kliniken gibt es weitere Anlaufstellen für suizidgefährdete Menschen und ihre Angehörigen. Zum Beispiel:
Unterstützend können bei Suizidalität auch Selbsthilfegruppen rund um die Themen Depression und psychische Erkrankungen helfen. Die Adressen und Kontaktinformationen sind im Internet zu finden.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.
Suizidalität
Kurzübersicht
Was ist Suizidalität?
Was sind Suizidgedanken?
Suizidalität-Stadien nach Pöldinger
1. Erwägung
2. Ambivalenz
3. Entschluss
Präsuizidales Syndrom nach Erwin Ringel
Suizidalität: Häufigkeit
Suizidalität: Ursachen und Risikofaktoren
Suizidalität: Symptome und Warnsignale
Suizidgedanken - Was tun?
Selbstmordgedanken - was tun?
Akute Suizidalität: Ärztliche Behandlung
Umgang mit Suizidalität: Hinweise für Angehörige
Suizidalität: Anlaufstellen
Autoren- & Quelleninformationen