Illness name: hufeisenniere
Description:
Fabian Dupont ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Der Humanmediziner ist bereits für wissenschaftliche Arbeiten unter anderem Belgien, Spanien, Ruanda, die USA, Großbritannien, Südafrika, Neuseeland und die Schweiz. Schwerpunkt seiner Doktorarbeit war die Tropen-Neurologie, sein besonderes Interesse gilt aber der internationalen Gesundheitswissenschaft (Public Health) und der verständlichen Vermittlung medizinischer Sachverhalte.
Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.
Die
Hufeisenniere
bezeichnet fehlgebildete Nieren, die sich bereits beim ungeborenen Kind im Mutterleib entwickeln. In der Regel sind die Nieren trotzdem funktionstüchtig und das Baby gesund. In manchen Fällen ist die Hufeisenniere allerdings die Ursache von Harnabflussbeschwerden sowie Harnwegsinfekten und ein mögliches Zeichen für andere genetische Erkrankungen. Lesen Sie hier mehr über die Hufeisenniere!
Die beiden Nierenanlagen entwickeln sich bereits in den ersten Lebenswochen eines Embryos und liegen normalerweise getrennt voneinander im hinteren Bauchraum. Bei einer Hufeisenniere jedoch sind die beiden Nierenanlagen am unteren Pol miteinander verwachsen und diese Verbindung bildet sich auch bis zur
Geburt
nicht zurück. Im Querschnitt betrachtet bilden die Nieren einen U-förmigen Bogen, der an ein Hufeisen erinnert – daher die Bezeichnung Hufeisenniere.
Die Verbindung zwischen den beiden Nieren (Isthmus genannt) besteht dabei entweder aus funktionstüchtigem Nierengewebe oder aus strangartigem Bindegewebe. Beide Nieren arbeiten unabhängig voneinander, sodass auch die Hufeisenniere meist normal funktioniert.
Die Hufeisenniere ist die häufigste Fusionsanomalie der Nieren. Etwa eines von 400 Kindern kommt damit zur Welt. Jungen sind dabei häufiger betroffen als Mädchen.
Die Hufeisenniere ist eine
angeborene Entwicklungsstörung
, die zu einer Fehlbildung der Nieren führt. Normalerweise entwickeln sich die beiden Nierenanlagen beim Ungeborenen ohne direkte Verbindung zueinander in der Beckenregion. Von dort steigen sie dann auf in den Bereich der
Lendenwirbelsäule
, wobei sie sich so drehen, dass die
Nierenbecken
nach innen (medial) weisen.
Bei einer Hufeisenniere dagegen verschmelzen die beiden Nierenanlagen in den ersten beiden Lebensmonaten am unteren Pol (selten am oberen Pol) miteinander. Außerdem steigen sie nicht auf und drehen sich nicht wie bei gesunden Menschen: Die Hufeisenniere liegt etwas tiefer als "normale" Nieren. Zudem weisen die Nierenbecken oft zur Bauchseite (ventral). Auch die vom Nierenbecken abgehenden Harnleiter (Urether) zeigen zur Bauchseite, wobei diese über den Isthmus verlaufen und dabei häufig abknicken.
Manche Menschen mit einer Hufeisenniere haben keinerlei Beschwerden und entwickeln keine Folgeerkrankungen. Andere dagegen leiden häufiger an Folgeerkrankungen wie Harnwegsinfekten oder entwickeln Nierentumoren.
In den meisten Fällen
führen Menschen mit einer Hufeisenniere jedoch ein ungestörtes Leben,
ohne maßgebliche Einschränkung in ihrer Lebensqualität und Lebenserwartung
.
Je nach Schwere der Fehlbildung und individuellen Risikofaktoren sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen angezeigt. Wenn Sie eine Hufeisenniere haben, weisen Sie bei einem Arztbesuch bereits im Erstgespräch darauf hin. Diese Information ist unter Umständen für die Abklärung verschiedener Beschwerden wichtig.
Die Verwachsung der beiden Unterpole der Nieren bei der Hufeisenniere verursacht an sich keine Symptome. Allerdings begünstigt die veränderte Lage der Nieren, bei der die Harnleiter oft abgeknickt sind, verschiedene Nieren- und Harnwegserkrankungen. So fördern Engstellen im Urinabfluss Rückstauungen, Entzündungen und die Bildung von Nierensteinen. Diese Erkrankungen gehen unter anderem mit starken Koliken und Fieber einher, die nicht nur die
Nierenfunktion
, sondern manchmal auch das Leben des Erkrankten gefährden.
Ist bei einer Person eine Hufeisenniere bekannt, ist daher besonders auf folgende Symptome zu achten:
Sollte eins dieser Symptome auftreten, ist ein Arztbesuch dringend anzuraten, um die Ursache genau abzuklären.
Etwa ein Drittel aller Menschen mit einer Hufeisenniere weisen zusätzliche Fehlbildungen auf, die ebenfalls den Urogenitaltrakt (Harn- und Geschlechtsapparat) oder andere Körperbereiche (wie die Verdauungsorgane) betreffen.
Bestimmte genetische Erkrankungen treten öfter im Zusammenhang mit einer Hufeisenniere auf, und zwar das Ulrich-Turner-Syndrom und die
Trisomie 18
(Edwards-Syndrom):
Das
Turner-Syndrom
ist eine genetische Störung bei Mädchen beziehungsweise Frauen: Die Betroffenen haben nur ein X-Geschlechtschromosom und nicht zwei wie üblicherweise. Die Symptome sind neben einer Hufeisenniere und weiteren Organfehlbildungen zum Beispiel Minderwuchs, fehlende sekundäre Geschlechtsmerkmale, tiefer Haaransatz am Nacken und flügelförmige Hautfalten seitlich am Hals.
Bei der Trisomie 18 ist das Chromosom 18 in dreifacher (statt doppelter) Ausführung vorhanden. Das hat komplexe Fehlbildungen zur Folge – neben einer Hufeisenniere zum Beispiel Fehlbildungen im Kopfbereich (wie kleines Gesicht, kleiner
Mund
, großes Hinterhaupt), Minderwuchs und eine charakteristische Fingerhaltung.
Da viele Menschen mit einer Hufeisenniere keine Symptome zeigen, entdecken Ärzte die Fehlbildung oft nur zufällig – etwa bei einer
Ultraschall-Untersuchung
bei Verdacht auf eine Nierenerkrankung. Im Ultraschall lassen sich Form und Lage der
Niere
einfach und schnell begutachten, und eine Hufeisenniere ist auf den Bildern sofort erkennbar.
Sind genauere Informationen über die Fehlbildung notwendig, lässt sich mithilfe der
Magnetresonanztomografie (MRT)
oder
Computertomografie (CT)
ein detailliertes Querschnittsbild aller Organe im Bauchraum anfertigen.
Urin- und Bluttests
geben Auskunft über die Nierenfunktion sowie eventuelle Entzündungen der Niere.
Ist der Harnabfluss gestört oder besteht ein Harn-Rückfluss aus der Blase in Richtung Niere, lassen sich mithilfe der
Ausscheidungsurografie (AUG)
die Schwere und der genaue Ort der Störung ermitteln. Dazu erhalten Patienten ein Kontrastmittel gespritzt, das der Körper über die Nieren ausscheidet.
Gleich nach der Verabreichung fertigt der Arzt in regelmäßigen Zeitabständen
Röntgenaufnahmen
an, auf denen sich der Weg des Kontrastmittels über die Nieren und die ableitenden Harnwege und
Harnblase
verfolgen lässt. Das Kontrastmittel stellt diese Strukturen besonders gut dar. So lassen sich eventuelle Engstellen oder ein Rückstau leicht feststellen.
Die Hufeisenniere ist an sich keine Krankheit, sondern eine anatomische Abweichung von der Norm (Anomalie). Solange
keine Beschwerden
bestehen, ist daher auch
keine Behandlung
notwendig
. Eventuelle Folgeerkrankungen (wie Infektionen oder Nierensteine) sind dagegen oft zu behandeln. So verordnet der Arzt etwa bei Harnwegsentzündungen
Antibiotika
. Bei einer mit Beschwerden verbundenen Harnabflussstörung ist mitunter eine
Operation
sinnvoll.
Haben sich Nierentumoren entwickelt, die bei Menschen mit einer Hufeisenniere etwas häufiger auftreten als bei Menschen mit "normalen" Nieren, bedarf es meist ebenfalls einer Behandlung. Solche Tumoren sind entweder gutartige (wie Angiomyolipom) oder bösartige Tumoren (wie Nierenzellkarzinom, Wilms-Tumor).
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Fabian Dupont ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Der Humanmediziner ist bereits für wissenschaftliche Arbeiten unter anderem Belgien, Spanien, Ruanda, die USA, Großbritannien, Südafrika, Neuseeland und die Schweiz. Schwerpunkt seiner Doktorarbeit war die Tropen-Neurologie, sein besonderes Interesse gilt aber der internationalen Gesundheitswissenschaft (Public Health) und der verständlichen Vermittlung medizinischer Sachverhalte.
Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.
Hufeisenniere
Kurzübersicht
Was ist eine Hufeisenniere?
Wie entsteht eine Hufeisenniere?
Ist eine Hufeisenniere gefährlich?
Was sind Anzeichen einer Hufeisenniere?
Weitere Fehlbildungen oder genetische Erkrankungen
Wie wird eine Hufeisenniere festgestellt?
Wie sieht die Therapie einer Hufeisenniere aus?
Autoren- & Quelleninformationen