Illness name: morbus reiter
Description:
Sophie Matzik ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.
Sabrina Kempe ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Biologie studiert und sich dabei besonders in die Molekularbiologie, Humangenetik und Pharmakologie vertieft. Nach ihrer Ausbildung zur Medizinredakteurin in einem renommierten Fachverlag hat sie Fachzeitschriften und eine Patientenzeitschrift betreut. Jetzt verfasst sie Beiträge zu Medizin- und Wissenschaftsthemen für Experten und Laien und redigiert wissenschaftliche Fachbeiträge von Ärzten.
Die
reaktive Arthritis (Morbus Reiter)
ist eine entzündliche Erkrankung der Gelenke, die unter anderem mit Bindehaut- und Harnröhrenentzündung einhergehen kann. Sie entwickelt sich als Folge eines bakteriellen Infektes und heilt in vielen Fällen von selbst aus. Bei einigen Betroffenen bleibt Morbus Reiter aber auch jahre- oder jahrzehntelang bestehen. Lesen Sie hier mehr über Ursachen, Symptome und Behandlung der reaktiven Arthritis.
Eine reaktive Arthritis ist eine entzündliche Erkrankung der Gelenke (Arthritis), die sich sozusagen als Reaktion (reaktiv) auf einen bakteriellen Infekt außerhalb von Gelenken entwickelt. Die Entzündung betrifft neben Gelenken oft auch die
Harnröhre
, die Bindehäute der Augen und teilweise auch die
Haut
. Darüber hinaus kann die Wirbelsäule involviert sein – mit einer Wirbelkörperentzündung (
Spondyloarthritis
). Deshalb wird die reaktive Arthritis heutzutage zu den entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen (Spondyloarthritiden) gezählt.
Weltweit können Menschen jeden Alters an reaktiver Arthritis erkranken. Die meisten Betroffenen sind allerdings jünger als 40 Jahre. In Deutschland leiden 30 bis 40 von 100.000 Erwachsenen an einer reaktiven Arthritis.
Der Berliner Arzt, Bakteriologe und Hygieniker Hans Reiter beschrieb 1916 erstmals eine Krankheit mit den drei Hauptsymptomen Gelenkentzündung (Arthritis), Harnröhrenentzündung (Urethritis) und Bindehautentzündung (Konjunktivitis) – zusammengefassr als "
Reiter-Trias
" bezeichnet.
Die Krankheit wurde nach ihm als Morbus Reiter (Reiter-Syndrom, Reiter-Krankheit) benannt. Da Hans Reiter allerdings ein hoher Funktionär im Nationalsozialismus war, wurde die Krankheit Anfang des 21. Jahrhunderts erst im Ausland und dann auch in Deutschland in "reaktive Arthritis" umbenannt.
Die Symptome bei der reaktiven Arthritis treten
meist etwa zwei bis vier Wochen nach einer Infektion
der Harn- und Geschlechtsorgane, des Magen-Darm-Traktes oder der Atemwege auf. Es können aber auch bis zu sechs Wochen vergehen, bis erste Symptome zu spüren sind.
Hauptsächlich leiden Menschen mit reaktiver Arthritis an Gelenkbeschwerden. Diese Beschwerden sind von Patient zu Patient unterschiedlich ausgeprägt: Manche Erkrankte haben
nur leichte Gelenkschmerzen
(Arthralgie). Andere entwickeln eine mehr oder weniger starke Gelenkentzündung (Arthritis) mit
Schmerzen, Schwellung und Überwärmung
im Gelenkbereich.
Meist sind nur ein oder wenige Gelenke (Mono- bis Oligoarthritis) betroffen und nur selten gleichzeitig mehrere Gelenke (Polyarthritis) wie bei anderen rheumatischen Erkrankungen. Manchmal wechselt die Entzündung von einem Gelenk zum anderen.
Besonders häufig entstehen die entzündungsbedingten Schmerzen, Rötung und Überwärmung in den Knie- und Sprunggelenken sowie in den Hüftgelenken. Typischerweise sind auch ein oder mehrere Zehengelenke betroffen, manchmal auch Fingergelenke (Daktylitis). Ist ein ganzer Zeh oder Finger angeschwollen, spricht man von "Wurstzeh" oder "Wurstfinger".
Ebenfalls häufig bei reaktiver Arthritis ist eine ein- oder beidseitige Augenentzündung, vor allem eine Entzündung der
Bindehaut
(Konjunktivitis). Manchmal entwickelt sich auch eine Entzündung der Regenbogenhaut (Iritis) oder Hornhaut (Keratitis). Typische Symptome sind
Lichtscheu
,
gerötete, brennende, schmerzende Augen
und eventuell
gestörtes Sehen
.
In schweren Fällen kann eine Augenentzündung sogar zur Erblindung führen.
Manchmal kommt es bei einer reaktiven Arthritis auch zu unterschiedlichen Hautveränderungen –
oft an Hand- und Fußsohlen
: Die betroffenen Stellen können an Schuppenflechte (Psoriasis) erinnern, oder die Haut ist übermäßig verhornt (Keratoma blennorrhagicum).
Vor allem unter den Fußsohlen und in der Handinnenfläche können sich auch bräunliche Verfärbungen bilden. Im Verlauf weniger Tage verdicken sich diese Hautbereiche, und es entstehen krustenartige, manchmal beulenartige Erhebungen. In diesen Bläschen oder Beulen kann sich Flüssigkeit ansammeln. Platzen die Bläschen auf, entwickelt sich auf der Haut eine bräunliche Kruste.
Bei einige Morbus Reiter-Patienten finden sich schmerzhafte, rötlich-bläuliche Hautknoten im Bereich der Sprunggelenke und Unterschenkel (Erythema nodosum).
Die
Mundschleimhaut
ist teilweise ebenfalls betroffen. Häufig kommt es zu einer
verstärkten Speichelbildung
und zu
Ablagerungen auf der Zunge
. Im Verlauf mehrerer Tage entsteht aus den Ablagerungen dann eine sogenannte
Landkartenzunge
, bei der sich bräunlich oder weiß verfärbte Stellen mit noch normal aussehenden Stellen abwechseln.
Auch kann eine Harnröhrenentzündung gemeinsam mit der reaktiven Arthritis auftreten. Betroffene verspüren
häufigen Harndrang
und
Schmerzen beim Wasserlassen
. Letztere können auch auf eine Blasenentzündung oder Prostataentzündung zurückzuführen sein – ebenfalls mögliche Begleiterscheiungen einer reaktiven Arthritis.
Manchmal tritt bei Patienten auch
Ausfluss
aus der Harnröhre aus - oder aus der Scheide. Die reaktive Arthritis kann nämlich unter anderem auch mit einer Schleimhautentzündung im
Gebärmutterhals
(Zervizitis) einhergehen.
In knapp einem Drittel aller Fälle von reaktiver Arthritis ist die Wirbelsäule mitbetroffen. Möglich ist eine Entzündung des Kreuz-Darmbein-Gelenkes (
Iliosakralgelenk
), was als Sakroiliitis bezeichnet wird. Auch eine Wirbelkörperentzündung (Spondylitis) im Lenden-, Brust- bis Halsbereich kann auftreten. Tief sitzende
Kreuzschmerzen und
Rückenschmerzen
, die meist am frühen Morgen am stärksten sind und bei Bewegung nachlassen, sind mögliche Anzeichen für einen Befall der Wirbelsäule.
Zusätzlich zu den Gelenken können sich auch Sehnen, Sehnenscheiden und Sehnenansätze entzünden. Besonders häufig ist die
Achillessehne
an der Ferse betroffen. Betroffene berichten vor allem über
Schmerzen bei Bewegungen des Fußes
. Entzündet sich die Sehnenplatte an der Fußsohle, ist das Gehen mit starken Schmerzen verbunden.
Manche Menschen mit reaktiver Arthritis leiden unter
Allgemeinsymptomen
wie Fieber, Mattigkeit und Gewichtsverlust. Auch
Muskelschmerzen
können auftreten.
Einige Patienten entwickeln eine leichte Entzündung der Nieren, während schwerere Nierenerkrankungen selten sind. Es besteht auch die Gefahr, dass sich der Herzmuskel entzündet. Dies wiederum löst teilweise
Herzrhythmusstörungen
aus.
Wie reaktive Arthritis (Morbus Reiter) genau entsteht, ist unklar. Auslöser ist meist eine Infektion mit Bakterien im Bereich des Magen-Darm-Traktes, der Harn- und Geschlechtsorgane oder (seltener) der Atemwege. Typische Erreger sind Chlamydien und Enterobakterien (Salmonellen, Yersinien, Shigellen, Campylobacter).
So entwickeln ein bis drei Prozent der Menschen, die an einem Harnwegsinfekt mit dem Bakterium
Chlamydia trachomatis
erkranken, anschließend eine reaktive Arthritis. Nach Magen-Darm-Infektionen mit Enterobakterien ist dies für 30 Prozent der Patienten der Fall.
Typische Symptome einer der reaktiven Arthritis vorausgehenden Infektion können etwa
Brennen beim Wasserlassen
, häufiges Wasserlassen, Ausfluss aus der Harnröhre bzw. Scheide, Durchfallerkrankungen, Halsschmerzen oder
Husten
sein. Die Infektion kann aber auch unbemerkt und ohne Symptome abgelaufen sein.
Bei Menschen mit reaktiver Arthritis ist der Körper wahrscheinlich nicht in der Lage, die Erreger der vorausgegangenen Infektion vollständig zu beseitigen: Vom ursprünglich infizierten Gewebe gelangen die Bakterien deshalb über das
Blut
und die Lymphbahnen in die Gelenke und Schleimhäute. Dort verbleiben dann vermutlich Eiweiße des Erregers oder sogar lebende Bakterien. Das Immunsystem bekämpft die körperfremden Bestandteile weiter und ruft damit an verschiedenen Orten im Körper Entzündungen hervor. Kommt beispielsweise die Gelenksmembran mit den Oberflächeneiweißen von bestimmten Bakterien in Kontakt, reagiert sie mit einer Entzündungsantwort.
Mehr als die Hälfte aller Menschen mit reaktiver Arthritis sind genetisch vorbelastet. Bei ihnen lässt sich das sogenannte
HLA-B27
nachweisen – ein Eiweiß auf der Oberfläche fast aller Körperzellen. Es findet sich auch gehäuft bei einigen anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (wie
Rheumatoider Arthritis
und
Morbus Bechterew
). Patienten mit reaktiver Arthritis, die HLA-B27 besitzen, haben ein höheres Risiko für einen schwereren und längeren Krankheitsverlauf. Darüber hinaus ist bei ihnen das Achsenskelett (Wirbelsäule, Iliosakralgelenk) stärker befallen.
Zur Abklärung von Gelenkbeschwerden und ggf. weiteren Symptomen wird der Arzt sich zuerst ausführlich mit Ihnen unterhalten. So kann er Ihre Krankengeschichte erheben (
Anamnese
), was ihm hilft, die möglichen Ursachen für Ihre Beschwerden einzugrenzen.
Wenn Sie im Gespräch Symptome, wie die oben angeführten, schildern, wird der Mediziner schnell eine reaktive Arthritis vermuten. Vor allem wenn Sie ein junger Erwachsener sind, bei dem sich plötzlich ein oder wenige große Gelenke entzündet haben, liegt der Verdacht "Morbus Reiter" nahe.
Der Arzt wird Sie dann fragen, ob Sie in den letzten Tagen oder Wochen beispielsweise eine Blasen- oder Harnröhrenentzündung (etwa durch beim Sex übertragene Erreger), eine Durchfallerkrankung oder einen Atemwegsinfekt durchgemacht haben. Wenn ja, erhärtet sich der Verdacht auf eine reaktive Arthritis.
Manchmal laufen solche Infektionen aber auch ohne (deutliche) Symptome und damit unbemerkt ab. Oder der Patient erinnert sich nicht mehr daran. Deshalb wird bei Verdacht auf eine reaktive Arthritis versucht, ursächliche Infektionserreger nachzuweisen. Dazu bittet Sie der Arzt um eine Stuhl- oder Urinprobe. Auch in Abstrichen der Harnwege, des
Anus
, des Gebärmutterhalses oder des Rachens kann nach Infektionserregern gesucht werden.
Die akute Infektion liegt aber meist schon ein paar Wochen zurück, sodass ein solcher
direkter Erreger-Nachweis
oft nicht mehr möglich ist. Weiterhelfen kann dann ein
indirekter Erreger-Nachweis
: Das Blut wird auf spezifische Antikörper gegen Erreger getestet, die als Auslöser einer reaktiven Arthritis in Betracht kommen.
Außerdem werden bei reaktiver Arthritis Blutwerte bestimmt: So sind bei dieser Erkrankung die
Blutsenkungsgeschwindigkeit
und das C-reaktive Protein (
CRP
) – als allgemeine Entzündungparameter – erhöht.
Der Nachweis von HLA-B27 im Blut gelingt bei den meisten, aber nicht allen Patienten. Das Fehlen von HLA-B27 schließt also eine reaktive Arthritis nicht aus.
Bildgebende Verfahren der betroffenen Gelenke und der Wirbelsäulenabschnitte geben genaueren Aufschluss über die Ausprägung der Gelenkschäden. Ihr Arzt kann etwa folgende Verfahren anwenden:
Röntgenbilder zeigen in den ersten sechs Monaten der reaktiven Arthritis noch keine Veränderungen an betroffenen Gelenken. Sie sind also eher im späteren Krankheitsverlauf sinnvoll – oder zum Ausschluss anderer Erkrankungen als Ursache der Gelenkbeschwerden.
Manchmal ist eine
Gelenkpunktion
nötig. Dabei wird mit einer feinen Hohlnadel in die Gelenkhöhle gestochen, um etwas Gelenkflüssigkeit für eine genauere Untersuchung (Synoviaanalyse) zu entnehmen. Das kann helfen, andere Ursachen für eine Gelenkentzündung zu erkennen. Finden sich beispielsweise Bakterien wie Staphylococcus aureus oder Haemophilus influenzae in der Gelenkflüssigkeit, deutet dies auf eine septische Arthritis hin. Der Nachweis von Borrelien spricht für Lyme-Borreliose.
Finden sich Kristalleinlagerungen in der Gelenkflüssigkeit und in den Gelenkknorpeln, handelt es sich wahrscheinlich um eine Arthritis mit Kalziumphosphat-Kristallablagerung (Chondrokalzinose).
Des Weiteren kann der Arzt zum Beispiel prüfen, ob die
Nierenfunktion
durch die reaktive Arthritis eingeschränkt ist. Dabei hilft eine Urinuntersuchung.
Eine Messung der elektrischen Herzaktivität (Elektrokardiografie,
EKG
) und eine Herz-Ultraschall (
Echokardiografie
) sollen ausschließen, dass die Immunreaktion auch das
Herz
in Mitleidenschaft gezogen hat.
Sind auch Ihre Augen betroffen, müssen Sie auf jeden Fall zusätzlich einen Augenarzt aufsuchen. Er kann Ihre Augen genauer untersuchen und dann eine passende Behandlung vorschlagen. So lassen sich spätere
Sehstörungen
verhindern!
Eine reaktive Arthritis wird in erster Linie mit Medikamenten behandelt. Zusätzlich können physiotherapeutische Maßnahmen gegen die Beschwerden helfen.
Hat Ihr Arzt eine Infektionen mit Bakterien als Auslöser der reaktiven Arthritis nachgewiesen, erhalten Sie passende
Antibiotika
. Handelt es sich bei den Bakterien um sexuell übertragbare Chlamydien, muss auch Ihr Partner mitbehandelt werden. Anderenfalls könnte dieser Sie nach der Antibiotika-Einnahme erneut infizieren.
Sind die ursächlichen Erreger nicht bekannt, ist eine Antibiotika-Therapie nicht sinnvoll.
Die Antibiotika heilen nicht unbedingt die Arthritis, eliminieren aber den Erreger an der Eintrittspforte (Geschlechtsorgane, Harnwege,
Darm
, Atemwege) und senken damit das Risiko für spätere Rückfälle.
Die Beschwerden lassen sich mit
schmerz- und entzündungshemmenden Mitteln
behandeln. Geeignet sind etwa kortisonfreie (nicht-steroidale) Antirheumatika (NSAR) wie
Diclofenac
und Ibuprofen.
Bei schweren Krankheitsverläufen muss oft kurzzeitig mit
Glukokortikoiden
(Kortison) therapiert werden. Kortison kann auch direkt ins Gelenk gespritzt werden, wenn eine bakterielle Gelenkinfektion ausgeschlossen wurde.
Klingt die reaktive Arthritis nicht innerhalb von einigen Monaten zurück, spricht man von chronischer Arthritis. Dann kann eine Behandlung mit sogenannten
Basistherapeutika
(Basismedikamenten) notwendig sein, im Englischen "disease modifying anti-rheumatic drugs" (DMARDs) genannt – also krankheitsmodifizierende antirheumatische Mittel. Sie können Entzündungen hemmen und das Immunsystem modulieren und bilden allgemein die Basis der Behandlung von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (wie Rheumatoider Arthritis).
Bei chronischer reaktiver Arthritis kommt meits das konventionelle (klassische) Basismedikament
Sulfasalazin
zum Einsatz. Wenn das nicht ausreichend wirkt, kann der Arzt zum Beispiel
Methotrexat
verschreiben (ebenfalls ein klassisches Basistherapeutikum). In seltenen Fällen schlägt auch diese Behandlung nicht an. Dann können biologische DMARDs wie zum Beispiel
Infliximab
oder Etanercept versucht werden. Diese sind zwar als Medikament zugelassen, aber nicht direkt für die reaktive Arthritis – ihre Anwendung bei dieser Erkrankung erfolgt also "off-label“.
Physiotherapeutische Maßnahmen unterstützen die medikamentöse Behandlung der reaktiven Arthritis. So lassen sich mit einer Kältetherapie (
Kryotherapie
, etwa in Form von Kryopacks) akute Entzündungsprozesse und Schmerzen lindern. Bewegungsübungen und Manualtherapie können Gelenke beweglich halten oder beweglicher machen und einer Rückbildung der Muskulatur vorbeugen.
Versuchen Sie, die betroffenen Gelenke zu schonen. Wenn Ihnen der Physiotherapeut aber Übungen für zuhause empfiehlt, sollten Sie diese gewissenhaft machen.
Sie können in Eigenregie auch kühlende Umschläge bei akut entzündeten, schmerzenden Gelenken anlegen.
Patienten mit
Bluthochdruck
sollten mit Kälteanwendungen aber vorsichtig sein und vorher ihren Arzt um Rat fragen.
Viele Betroffene interessiert vor allem eine Frage: Wie lange dauert die reaktive Arthritis? Die beruhigende Antwort: Meistens heilt die reaktive Arthritis
nach sechs bis zwölf Monaten
von selbst aus. Bis dahin können Medikamente und Physiotherapie die Beschwerden lindern.
Bei 15 bis 30 Prozent der Betroffenen wird die reaktive Arthritis allerdings
chronisch
. Der Verlauf der Erkrankung wird umso langwieriger, je mehr Gelenke betroffen sind. Vor allem bei Patienten mit HLA-B27 im Blut ist die Krankheit meist hartnäckig. In Ausnahmefällen ist sogar eine Krankheitsdauer von zehn bis 15 Jahren möglich.
In 20 Prozent der Fälle ist die chronische reaktive Arthritis mit dem Auftreten anderer entzündlicher Wirbelsäulenerkrankungen (Spondyloarthritiden) verbunden, etwa mit einer Psoriasis-Arthritis oder einer axialen Spondyloarthritis.
Komplikationen
ergeben sich etwa, wenn die Gelenkentzündung die Gelenkfunktion bleibend beeinträchtigt – bis hin zur Zerstörung des Gelenks. Am
Auge
kann der Entzündungsprozess von der Bindehaut auf die Regenbogenhaut und die angrenzenden Augenstrukturen übergreifen. Das kann die Sehfunktion dauerhaft beeinträchtigen. Es kann sich ein sogenannter
Grauer Star
(Katarakt) entwickeln, der zur Erblindung führen kann.
Bei der Hälfte der Patienten kehrt die Erkrankung nach einiger Zeit zurück (
Rezidiv
), hervorgerufen durch eine erneute Infektion. Wer also schon einmal eine reaktive Arthritis hatte, trägt ein erhöhtes Risiko, erneut daran zu erkranken. Manchmal treten dann aber auch nur einzelne Symptome wie eine Bindehautentzündung auf.
Vor einer Chlamydien-Infektion als (erneuter) Auslöser einer reaktiven Arthritis kann man sich schützen, indem man beim Sex immer Kondome verwendet – vor allem bei wechselnden Sexualpartnern.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Sophie Matzik ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.
Sabrina Kempe ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Biologie studiert und sich dabei besonders in die Molekularbiologie, Humangenetik und Pharmakologie vertieft. Nach ihrer Ausbildung zur Medizinredakteurin in einem renommierten Fachverlag hat sie Fachzeitschriften und eine Patientenzeitschrift betreut. Jetzt verfasst sie Beiträge zu Medizin- und Wissenschaftsthemen für Experten und Laien und redigiert wissenschaftliche Fachbeiträge von Ärzten.
Reaktive Arthritis (Morbus Reiter)
Kurzübersicht
Reaktive Arthritis: Definition
Alter Name: Morbus Reiter
Reaktive Arthritis: Symptome
Gelenkbeschwerden
Augenentzündung
Haut- und Schleimhautveränderungen
Entzündungen der Harnwege und Geschlechtsorgane
Weniger häufige Begleitsymptome
Reaktive Arthritis: Ursachen und Risikofaktoren
Reaktive Arthritis: Risikofaktoren
Reaktive Arthritis: Untersuchungen und Diagnose
Krankengeschichte
Erreger-Nachweis
Weitere Blutuntersuchungen
Bildgebende Verfahren
Gelenkpunktion
Sonstige Untersuchungen
Reaktive Arthritis: Behandlung
Behandlung mit Medikamenten
Physiotherapie
Das können Sie selbst tun
Reaktive Arthritis: Krankheitsverlauf und Prognose
Autoren- & Quelleninformationen