Illness name: retinitis pigmentosa

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Retinitis pigmentosa

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Unter Retinitis pigmentosa (Retinopathia pigmentosa) versteht man eine Gruppe von genetischen Netzhauterkrankungen, bei denen die Sehzellen nach und nach absterben. Die Folgen sind Nachtblindheit, Tunnelblick, abnehmende Sehschärfe bis hin zur Erblindung. Derzeit ist die Retinitis pigmentosa nicht heilbar. Eine Hilfe für den Alltag können aber beispielsweise Sehhilfen, UV-Schutz-Gläser sowie Orientierungs- und Mobilitätstraining bieten. Lesen Sie alles Wissenswerte über Retinitis pigmentosa.

ICD-Codes für diese Krankheit: ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen. H35

Retinitis pigmentosa: Beschreibung

Bei der Retinitis pigmentosa (Retinopathia pigmentosa) handelt es sich um eine große Gruppe genetisch bedingter Augenerkrankungen , die alle zum schleichenden Absterben der Sehzellen in der Netzhaut (Retina) führen, also der Stäbchen- und Zapfenzellen. Sehstörungen bis hin zur Erblindung sind die Folgen. Meist erkranken beide Augen, in seltenen Fällen betrifft die Retinopathia pigmentosa nur ein Auge .

Obwohl sie zu den eher seltenen Augenerkrankungen zählt, gilt die Retinitis pigmentosa als häufigste Ursache für Sehverlust im mittleren Erwachsenalter. Weltweit leiden etwa drei Millionen Menschen daran. In Deutschland schätzt man die Zahl der Betroffenen auf 30.000 bis 40.000. An der Retinitis pigmentosa erkranken Frauen und Männer, junge und ältere Menschen gleichermaßen.

Die Endung „-itis“ steht in der Medizin in der Regel für eine Entzündung. Die Retinitis ist aber keine Netzhautentzündung, sondern eine andere Form von Netzhauterkrankung. Korrekter ist daher Retinopathia ("-pathie" = Krankheit). Dennoch hat sich "Retinitis" für dieses Krankheitsbild durchgesetzt.

Formen von Retinitis pigmentosa

Wann die Erkrankung im Lauf des Lebens beginnt, wie schnell sie voranschreitet und wie stark der Sehverlust sein wird, hängt von der genetischen Ursache der Erkrankung ab. Es gibt verschiedene Erbanlagen (Gene), die bei genetischer Veränderung (Mutation) die Erkrankung auslösen können. Die zahlreichen Unterformen der Retinitis pigmentosa werden abhängig von der Vererbung in drei Hauptgruppen unterteilt:

  • autosomal-dominante Retinitis pigmentosa (Häufigkeit: 20 bis 30 Prozent)
  • autosomal-rezessive Retinitis pigmentosa (Häufigkeit: 15 bis 20 Prozent)
  • X-rezessive Retinitis pigmentosa (Häufigkeit: 10 bis 15 Prozent)

Mehr über die drei Vererbungsformen lesen Sie unten im Abschnitt „Ursachen und Risikofaktoren“.

Daneben existieren einige Sonderformen der Retinitis pigmentosa , die neben den typischen Sehproblemen noch weitere Beschwerden verursachen wie Hörstörungen, Augenzittern (Nystagmus), Linsentrübung ( Grauer Star ) oder krankhaftes Übergewicht. Die Hauptgruppen sind:

  • kongenitale Lebersche Amaurose (Häufigkeit: 5 Prozent)
  • digenische Retinitis pigmentosa ("digenisch" bedeutet, es liegt eine Mutation in zwei Genen vor; Häufigkeit: sehr selten)
  • Usher-Syndrom (mit Verlust der Hör- und Sehfähigkeit; Häufigkeit: 10 Prozent)
  • Bardet-Biedl-Syndrom (mit retinale Degeneration, Extremitätenanomalien, Adipositas; Häufigkeit: 5 Prozent)

Begleiterkrankungen

Für die Therapieplanung ist es sehr wichtig, frühzeitig zu erkennen, welche Form von Retinitis pigmentosa bei einem Patienten vorliegt. Nur dann kann der Arzt eine individuell angepasste Behandlung einleiten. Das Gleiche gilt, wenn noch weitere Augenveränderungen auftreten, wie es bei Retinitis pigmentosa nicht selten der Fall ist. Beispielsweise entwickelt etwa die Hälfte aller Patienten mit Retinitis pigmentosa zusätzlich einen Grauen Star (Linsentrübung, Katarakt). Unbehandelt beschleunigt dies den Sehverlust.

Das langsame Erblinden belastet auch die Psyche der Betroffenen. So sind Depressionen bei Retinitis-pigmentosa-Patienten nicht selten. Sie sollten möglichst frühzeitig erkannt und behandelt werden, um den Betroffenen eine bessere Lebensqualität zu ermöglichen.

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Retinitis pigmentosa: Symptome

Allen Formen von Retinitis pigmentosa ist gemein, dass die für das Sehen verantwortlichen Netzhautzellen (Stäbchen- und Zapfenzellen) allmählich absterben.

  • Stäbchenzellen finden sich überwiegend in der Peripherie der Netzhaut. Sie reagieren auf Licht geringster Intensität und sind daher für das Sehen in der Nacht beziehungsweise Dämmerung zuständig.
  • Zapfenzellen sind überwiegend im Zentrum der Netzhaut lokalisiert und ermöglichen dem Menschen das Farbensehen am Tag sowie das Scharfsehen.

Symptome durch Absterben der Stäbchen und Zapfen

Die Symptome der Retinitis pigmentosa lassen sich auf das allmähliche Absterben der beiden Zelltypen zurückführen:

  • fortschreitende Nachtblindheit (meist das erste Anzeichen)
  • zunehmende Gesichtsfeldeinschränkung, z.B. in Form eines zunehmenden Tunnelblicks (frühes Anzeichen)
  • erhöhte Blendungsempfindlichkeit
  • abnehmendes Farbensehen
  • gestörtes Kontrastsehen
  • verlängerte Anpassungszeit der Augen beispielsweise bei raschem Wechsel von einem hellen in einen dunklen Raum
  • schleichender Verlust der Sehschärfe
  • komplette Erblindung

Retinitis pigmentosa: Nachtblindheit

In vielen Fällen von Retinopathia pigmentosa sterben zuerst die Stäbchenzellen ab, erst später die Zapfenzellen. Nachtblindheit ist daher meist das erste Anzeichen: Die Betroffenen werden im Dunkeln zunehmend orientierungslos. Es fällt ihnen außerdem schwer, ihre Augen bei einem raschen Wechsel von Hell zu Dunkel anzupassen (beispielsweise beim Wechsel aus der Sonne in einen dunklen Raum).

Retinitis pigmentosa: Gesichtsfeldeinschränkung

Die Gesichtsfeldeinschränkung äußert sich unterschiedlich - je nach Form der Retinitis pigmentosa. Häufig engt sich das Gesichtsfeld von außen nach innen bis hin zum Tunnelblick ein. In anderen Fällen sind Ausfälle um das Zentrum oder fleckenförmig über das gesamte Gesichtsfeld möglich. Seltener verliert der Betroffene sein Gesichtsfeld von innen nach außen.

Retinitis pigmentosa: Farbensehen und Lichtempfindlichkeit

Nach dem Absterben der Stäbchenzellen verlieren auch die Zapfenzellen allmählich ihre Funktion. Betroffene nehmen Farben schlechter wahr, sie können Kontraste weniger gut unterscheiden und werden fortschreitend blendungsempfindlicher. Im Endstadium der Erkrankung kommt es häufig zur völligen Erblindung.

Weitere Symptome

Neben den oben genannten Symptomen zeigen sich bei Retinitis pigmentosa auch typische Anzeichen am Augenhintergrund :

  • Verengung der Blutgefäße
  • wachsgelbe Papillen
  • Veränderungen der Macula lutea ("gelber Fleck")
  • Pigmentablagerungen ("Knochenkörperchen")

Daneben sind Veränderungen bekannt, die sich auf den Glaskörper des Auges auswirken:

  • Linsentrübung
  • Drusenpapille (Kalkeinlagerungen im Sehnervkopf)
  • Kurzsichtigkeit (Myopie)
  • Keratokonus (Hornhautverformung)
  • entzündlich bedingte Vaskulopathie (Gefäßerkrankung)

Die letzten beiden Symptome (Keratokonus und entzündliche Vaskulopathie) treten bei Retinitis pigmentosa aber eher selten auf.

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Retinitis pigmentosa: Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursache für die Retinitis pigmentosa ist ausschließlich im Erbgut zu finden. Dabei spielen vier Aspekte eine Rolle, die für die vielen Unterformen und damit den Krankheitsverlauf ursächlich sind:

  • Bislang sind über 100 Gene bekannt (Hauptgruppen und Sonderformen), die bei einer Schädigung (Mutation) zu einer der vielen Unterformen von Retinitis pigmentosa führen.
  • Man kennt mehrere Tausend unterschiedlicher Mutationen an diesen Genen.
  • Verschiedene Mutationen an ein und demselben Gen können unterschiedliche Unterformen hervorrufen.
  • Ein und dieselbe Mutation an einem Gen kann zu verschiedenen klinischen Symptomen führen.

Die bisher bekannten Gene kodieren für Proteine, die essenziell an Mechanismen für das Sehen beteiligt sind: Phototransduktion (Umwandlung des Lichtreizes), Stoffwechsel der Netzhaut, genetische Prozesse (RNA splicing), Entwicklung und Erhalt von Gewebe, Zellstruktur. Zu Beginn der Erkrankung wird daher nur der jeweilige Prozess gestört. Im fortgeschrittenen Stadium allerdings ist die gemeinsame Folge das Absterben der Sehzellen.

Tod der Zapfenzellen ist ungeklärt

Bisher noch nicht ganz geklärt ist die Frage, warum nach dem Absterben der Stäbchenzellen auch die Zapfenzellen zugrunde gehen. Denn nur der Zelltod der Stäbchenzellen ist (in den meisten Fällen) genetisch festgelegt. Möglicherweise tragen verschiedene Faktoren zum Absterben auch der Zapfenzellen bei, darunter oxidativer Stress, Energiemangel oder spezielle Proteine wie RdCVF. Dieses Protein wird von Stäbchenzellen abgegeben, sodass Zapfenzellen lebenswichtige Glucose zur Energieversorgung aufnehmen können. Sterben Stäbchenzellen, geht RdCVF verloren - Zapfenzellen fehlt dann die notwendige Energie zum Überleben.

Retinitis pigmentosa: Drei Vererbungsformen

Eine Mutation kann von einer auf die nächste Generation vererbt werden (weil sie schon bei Vater und/oder Mutter vorliegt) oder sie „entsteht ganz  neu“, wenn sich das väterliche und mütterliche Erbgut nach der Befruchtung von Ei- und Samenzelle vermischen. Ein geschädigtes Gen kann, muss aber nicht zwingend zur Erkrankung führen. Dies ist abhängig davon, ob das Gen dominant oder rezessiv ist und auf welchem Chromosom es sitzt.

Jeder Mensch hat 22 Chromosomenpaare (Autosomen) sowie zwei Geschlechtschromosomen (Gonosomen): Letztere sind bei einer Frau zwei X-Chromosomen, bei einem Mann ein X- und ein Y-Chromosom . Die 22 Chromosomenpaare und beiden X-Chromosomen der Frau sind homolog, das heißt: Von jedem Gen gibt es zwei Kopien (eine Kopie vom Vater, eine von der Mutter). Das gilt auch beim Mann - außer für die Gene auf dem X-Chromosom , weil er ja nur eines davon besitzt.

Die Weitergabe von Genen auf den Autosomen nennt man autosomale Vererbung, die Weitergabe von Genen der Geschlechtschromosomen gonosomale Vererbung. Es gibt nun drei mögliche Vererbungsformen bei Retinitis pigmentosa:

  • autosomal-dominante Vererbung : Das mutierte Gen ist dominant, sodass eine Kopie für den Krankheitsausbruch genügt - sie setzt sich gegen die zweite, gesunde Genkopie durch.
  • autosomal-rezessive Vererbung : Das betreffende Gen ist rezessiv, sodass beide Genkopien mutiert sein müssen, um die Retinitis pigmentosa auszulösen.
  • X-rezessive Vererbung : Das betreffende Gen liegt auf dem X-Chromosom und ist rezessiv. Wenn bei Frauen eine Kopie dieses Gens mutiert ist, kann die zweite, gesunde Kopie (auf dem anderen X-Chromosom) einen Krankheitsausbruch verhindern. Betroffene Frauen sind aber Genträger - sie können die mutierte Genkopie an die Kinder vererben. Bei Männern dagegen führt ein solches mutiertea Gen immer zum Ausbruch der Retinitis pigmentosa, weil sie kein zweites X-Chromsom und damit keine zweite (gesunde) Kopie dieses Gens besitzen.

Retinitis pigmentosa: Genetische Beratung

Die Wahrscheinlichkeit, die Retinitis pigmentosa an die eigenen Kinder weiterzugeben, hängt davon ab, welcher Vererbungsweg vorliegt, ob das mutierte Gen dominant oder rezessiv ist und ob Vater oder Mutter der Genträger ist. Für Betroffene oder Familienangehörige von Erkrankten ist daher eine ausführliche genetische Beratung oft für die Familienplanung wichtig. In der Regel klärt einen der Augenarzt über die Vererbungswahrscheinlichkeiten auf. Auch Selbsthilfevereinigungen wie Pro Retina Deutschland e.V. beraten ausführlich über die Augenerkankung.

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Retinitis pigmentosa: Untersuchungen und Diagnose

Wenn bei Ihnen möglicherweise eine Retinitis pigmentosa vorliegt, wird der Augenarzt sich zuerst ausführlich mit Ihnen über Ihre Krankengeschichte unterhalten ( Anamnese ). Dabei fragt er zum Beispiel:

  • Haben Sie im Dunkeln Schwierigkeiten, zu sehen?
  • Wenn ja, seit wann sehen Sie im Dunkeln schlechter?
  • Gibt es in Ihrer Familie jemanden, der langsam erblindet?
  • Wenn ja, sind nur Geschwister betroffen oder trat die Erkrankung schon in früheren Generationen auf?
  • Wird ein Gegenstand schärfer, wenn Sie ihn nicht direkt ansehen, sondern knapp daran vorbei?
  • Ist Ihr Gesichtsfeld eingeschränkt, beispielsweise durch fleckige Stellen oder durch eine Einengung von außen?

Daneben befragt der Arzt Sie zu möglichen anderen Ursachen von Sehproblemen. So führen beispielsweise eine Medikamentenvergiftung, Tumorleiden und andere Netzhauterkrankungen wie die kongenitale Nachtblindheit zu ähnlichen Beschwerden wie die Retinitis pigmentosa.

Funktionelle Diagnostik

Im nächsten Schritt folgen Tests auf verschiedene Sehleistungen :

  • Sehschärfe (mit einem Sehtest )
  • Farbensehen (in der Regel mit dem Lanthony-Panel-D-15-desaturierten-Test)
  • Gesichtsfeld (in der Regel mit einem sogenannten Perimeter wie dem Goldmann-Perimeter)
  • Anpassungsfähigkeit von Hell nach Dunkel (mit einem Dunkeladaptometer)

Allgemeine Augenuntersuchungen helfen dem Arzt, Ihre Augen auf typische Veränderungen wie stärkere Pigmentierung der Netzhaut, Blutgefäßverengung oder Linsentrübung hin zu überprüfen.

Im Anschluss untersucht der Mediziner die Funktion Ihrer Netzhaut. Mithilfe der Elektroretinografie (ERG) misst er die elektrischen Potenziale, die sowohl die Stäbchen- als auch Zapfenzellen bei Lichteinfall aussenden. Je fortgeschrittener die Retinopathia pigmentosa ist, desto weniger intensiv ist die Antwort der Zellen auf Licht. In fortgeschrittenen Fällen ermittelt der Augenarzt die Restfunktion der Zapfenzellen mithilfe des sogenannten multifokalen ERGs.

Bei stark fortgeschrittener Erkrankung kann mittels Pupillografie die Funktion der Pupille unter verschiedenen Lichtbedingungen geprüft werden. Diese Untersuchung bieten allerdings nur spezielle Zentren an, meist im Rahmen von wissenschaftlichen Studien.

Genetische Diagnostik

Ein wichtiger Schritt in der Diagnose der Retinitis pigmentosa ist es, das geschädigte Gen mithilfe der Molekulardiagnostik zu identifizieren. Für den Molekularbiologen, der das Erbgut auf Mutationen hin untersucht, sind die Ergebnisse aus der Augenarztpraxis und ein Stammbaum des Betroffenen hilfreich. Trotzdem kann manchmal die ursächliche Genveränderung nicht ermittelt werden. Vermutlich sind längst noch nicht alle Gene und Mutationen bekannt, die eine Retinitis pigmentosa auslösen können.

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Retinitis pigmentosa: Behandlung

Im Moment kann die Retinitis pigmentosa bis auf wenige Ausnahmen (wie Atrophia gyrata, Bassen-Kornzweig-Syndrom) nicht therapiert werden. Die Behandlung beschränkt sich daher auf die Linderung der Beschwerden mit:

  • Brillen , Kontaktlinsen oder vergrößernden Sehhilfen
  • UV-Schutz-Gläsern
  • Kantenfiltergläsern (Gläser mit UV-Schutz und Filtern für bestimmte Wellenlängen des Lichts)
  • spezialisierter Computer-Software
  • Blindenstock
  • Orientierungs- und Mobilitätstraining

Des Weiteren behandelt man Komplikationen wie Grauer Star oder Veränderungen der Macula lutea.

Häufig wird die psychische Belastung unterschätzt, unter der Menschen mit Retinitis pigmentosa zu leiden haben. Da sich die Erkrankung meist schon in jungen Jahren bemerkbar macht, kann sie die Lebensqualität frühzeitig stark beeinträchtigen. Frust, Wut, Stress und Angst bis hin zu Depressionen sind bekannte Beschwerden bei Betroffenen. Zur Verbesserung der Lebensqualität ist es daher wichtig, die Augenerkrankung und eventuelle Begleitbeschwerden und -erkrankungen frühzeitig zu erkennen und im Rahmen der Möglichkeiten zu behandeln.

Retinitis pigmentosa: Therapie in Aussicht?

Seit über zwei Jahrzehnten suchen Wissenschaftler mit Nachdruck nach möglichen Therapien für Retinitis pigmentosa. Erforscht werden verschiedene Wege, die Krankheit aufzuhalten oder komplett zu verhindern. So wird versucht, den genetischen Defekt zu korrigieren, das Absterben der Sehzellen zu verhindern oder abgestorbene Sehzellen wieder aufzubauen. Zu den erfolgversprechenden Methoden zählen:

  • Gentherapie: Austausch des defekten Gens durch ein gesundes (Transfer in die Zelle über Virenhüllen)
  • Stammzelltherapie: Stammzellen, die zu Netzhautzellen werden und abgestorbene Zellen ersetzen
  • Medikamente wie Unoproston-Isopropyl Augentropfen, QLT091001, Valproinsäure
  • Zellschutz: Wachstumsfaktoren (wie CNTF) oder Faktoren, die den Zelltod verhindern (wie DHA), oder RdCVF, um das Absterben der Zapfenzellen zu verhindern
  • elektronische, epiretinale oder subretinale Netzhautimplantate: Ein auf (ARGUS II) oder unter (Alpha IMS) die Netzhaut eingepflanzter lichtempfindlicher Chip soll die Funktion der Sehzellen teilweise wieder herstellen.
  • Optogenetik: Mithilfe der Gentechnologie werden lichtempfindliche Kanäle oder Pumpen in die Sehzellen integriert, um ihre Funktion wieder herzustellen.

Viele dieser Technologien werden derzeit in Studien erforscht – im Reagenzglas, an Tieren und einige bereits am Menschen. Betroffene haben daher die Möglichkeit, an einer der aktuellen Studien teilzunehmen. Solche gibt es allerdings nicht für alle Unterformen der Retinitis pigmentosa.

Ob die zusätzliche Gabe von Vitamin A die Erkrankung positiv beeinflusst, ist derzeit noch nicht geklärt. Einige Studien sprechen gegen eine Wirkung. Lediglich das Bassen-Kornzweig-Syndrom lässt sich durch die Gabe von hochdosiertem Vitamin A, E und K aufhalten.

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Retinitis pigmentosa: Krankheitsverlauf und Prognose

Der Verlauf der Retinitis pigmentosa ist fortschreitend (progressiv). Das heißt, die Symptome Nachtblindheit, Gesichtsfeldeinengung, Farbenblindheit und Blendempfindlichkeit verschlechtern sich zunehmend bis hin zur Erblindung. Einen Einfluss auf den Verlauf hat allerdings die Form der Erkrankung: Die X-chromosomal-rezessive Retinitis pigmentosa nimmt in der Regel den schwersten Verlauf, gefolgt von der autosomal-rezessiven und der autosomal-dominanten Form. Letztere hat allgemein den günstigsten Verlauf.

Da es noch keine Heilung gibt, unzählige Unterformen der Retinitis pigmentosa mit unterschiedlichen Verläufen existieren und sich Betroffene, aber auch Angehörige oft alleine gelassen fühlen, sind ausführliche Gespräche mit dem Augenarzt sehr zu empfehlen. Eine wichtige Anlaufstelle ist auch Pro Retina, eine Selbsthilfevereinigung für Menschen mit Netzhautdegeneration wie Retinitis pigmentosa .

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Autoren- & Quelleninformationen

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Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. Daniela Oesterle
Autor:
NetDoktor Redaktion

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