Illness name: lippen kiefer gaumenspalte
Description:
Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.
Die
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
ist eine der häufigsten angeborenen Fehlbildungen des Menschen. Bei den Betroffenen sind Oberlippe, Oberkiefer und Gaumen teilweise oder komplett von einem Spalt durchzogen. Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist kosmetisch störend und behindert in manchen Fällen die Atmung und Nahrungsaufnahme. An spezialisierten Zentren lässt sie sich aber gut behandeln. Lesen Sie mehr zur Lippen-Kiefer-Gaumenspalte.
Der Begriff "Lippen-Kiefer-Gaumenspalte" umfasst eine Gruppe von angeborenen Fehlbildungen im Gesicht. Dabei weisen die Oberlippe, der
Oberkiefer
sowie harter und/oder weicher Gaumen einen Spalt auf. Dieser durchzieht entweder alle diese Gesichtsstrukturen oder nur Teile davon.
In der Oberlippe erinnert die Spalte an die Y-förmige Einziehung zur
Nase
an der Oberlippe eines Hasen. Deshalb wurde die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte früher umgangssprachlich als "Hasenscharte" bezeichnet. Der medizinische Fachausdruck ist Cheilognathopalatoschisis.
Den Begriff Hasenscharte empfinden viele Patienten als diskriminierend. Er wird daher im medizinischen Zusammenhang nicht mehr verwendet.
Streng genommen liegt eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte nur dann vor, wenn die Spalte durchgehend in Oberlippe, Oberkiefer und Gaumen vorhanden ist. Tatsächlich fallen unter diesen Sammelbegriff aber auch Spaltformen, bei denen nur eine oder zwei dieser Strukturen betroffen sind:
Eine Gaumenspalte durchzieht entweder den gesamten Gaumen – also den harten (vorderer Bereich des Gaumens) und den weichen Gaumen (hinterer Bereich) – oder betrifft nur den weichen Gaumen (Weichgaumenspalte, Gaumensegelspalte). Eine alleinige Hartgaumenspalte gibt es dagegen nicht.
An Oberlippe, Oberkiefer und Hartgaumen ist die Position der Spalte nicht mittig, sondern leicht rechts oder links von der symmetrischen Mitte (paramedian). So befindet sich etwa eine Lippenspalte immer im Bereich der sogenannten Philtrumkante, also am Rand der senkrechten Rinne, die von der Mitte der Oberlippe zur Nase zieht (Philtrum).
Am Oberkiefer verläuft die Spalte in der Region des seitlichen Schneidezahns. Sie reicht dort unter Umständen bis zum Nasenboden hinauf. Auch im Hartgaumen liegt eine Spalte immer seitlich der Symmetrieachse, lediglich im weichen Gaumen ist sie in der Mitte.
Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist manchmal auch doppelseitig vorhanden. Die Patienten haben dann zwei Spalten, eine rechts und eine links von der Mitte. Nur im weichen Gaumen gibt es keine zweiseitigen Spalten.
Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist von Fall zu Fall in den einzelnen Abschnitten unterschiedlich stark ausgeprägt. Eine vollständige Lippenspalte betrifft alle Gewebeschichten (Schleimhaut, Muskel,
Haut
) der Oberlippe und reicht bis zum Naseneingang. Bei einer unvollständigen (partiellen) Lippenspalte ist die Lippe dagegen nicht bis zur Nase durchtrennt. Mediziner sprechen hier auch von einer Lippenkerbe.
Eine Spalte im Oberkiefer variiert mitunter ebenfalls bezüglich Breite und Ausdehnung (nach oben, also in Richtung Nasenboden). Oft wird sie nach oben V-förmig breiter. Die angrenzenden
Zähne
weisen oft Fehlstellungen auf.
Sowohl im harten als auch im weichen Gaumen ist die Spalte entweder vollständig oder unvollständig sowie unterschiedlich breit. Im Bereich der Hartgaumenspalte sind die Mundschleimhaut, die knöcherne Gaumenplatte und die darüberliegende Schleimhaut der Nasenhöhle unterbrochen. Mund- und Nasenhöhle sind dann nicht voneinander getrennt.
Entlang der Weichgaumenspalte sind die Mundschleimhaut und die darüberliegende Muskelschicht betroffen. Bei der kleinsten Form einer Weichgaumenspalte ist nur das Zäpfchen gespalten (Uvula bifida).
Eine Sonderform der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist die submuköse Gaumenspalte. Hierbei ist im Weichgaumen die Mundschleimhaut erhalten, aber die darüberliegende Muskulatur und manchmal auch das Zäpfchen gespalten. Durch die Schleimhaut schimmert dann typischerweise der luftgefüllte Nasenrachenraum schwarz hindurch.
Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zählt zu den häufigsten Fehlbildungen des Kopf-Halsbereichs. In Mitteleuropa kommt ungefähr jedes 500. Kind damit auf die Welt, wobei Jungen etwas öfter betroffen sind als Mädchen (Verhältnis 3:2).
In mehr als der Hälfte aller Fälle liegt eine durchgehende Lippen-Kiefer-Gaumenspalte vor. Ein knappes Drittel sind reine Gaumenspalten. Isolierte Lippenspalten sowie Lippen-Kieferspalten machen zusammen bis zu einem Viertel der Fälle aus. Einseitige Spalten kommen auf der linken Seite doppelt so oft vor wie rechts. Der Grund dafür ist unbekannt.
Verschiedene Faktoren begünstigen die Entstehung einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte – sowohl äußere (exogene) als auch innere (genetische) Einflüsse. Es wird vermutet, dass die meisten Spalt-Fehlbildungen durch äußere Faktoren entstehen. Dazu gehören:
Wie groß der Einfluss der einzelnen Faktoren ist, lässt sich nicht genau sagen. Es gilt lediglich als gesichert, dass sie Fehlbildungen am ungeborenen Kind allgemein fördern und somit das Risiko für eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte steigern.
Ein gewisser Anteil an Lippen-Kiefer-Gaumenspalten ist familiär bedingt, also durch fehlerhafte Erbanlagen verursacht. Dabei ist nicht ein einzelnes Gen der Auslöser, vielmehr sind mehrere Gene beteiligt (Polygenie). Je mehr Verwandte die Fehlbildung haben und je enger der Verwandtschaftsgrad, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für ein Kind, ebenfalls eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zu bekommen.
Hat beispielsweise ein Elternpaar bereits ein Kind mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, ist ein weiteres Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa vier Prozent ebenfalls betroffen. Hat ein Elternteil selbst eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, steigt das Risiko auf 17 Prozent.
Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte tritt oft zusammen mit anderen Fehlbildungen im Rahmen bestimmter Syndrome auf. Ein Syndrom ist ein Krankheitsbild, das sich aus verschiedenen typischen Symptomen zusammensetzt. Etwa die Hälfte aller Lippen-Kiefer-Gaumenspalten ist Teil eines komplexeren Syndroms. Insgesamt sind über 400 Syndrome bekannt, die mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte einhergehen.
Manche dieser Syndrome werden vererbt, bei anderen ist die Entstehung unklar. Beispiele für Syndrome mit Spaltbildung sind die Trisomie 13 und das Pierre-Robin-Syndrom. Bei Letzterem haben die betroffenen Kinder eine U-förmige Gaumenspalte und zusätzlich einen zu kleinen
Unterkiefer
(Mikrognathie) sowie eine in den
Rachen
verlagerte, häufig zu große Zunge (Glossoptose).
Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte führt entweder direkt oder indirekt zu verschiedenen Symptomen und Komplikationen. Je nach Form und Ausprägung der Fehlbildung variieren die Beschwerden. Vor allem Spaltbildungen mit Gaumenbeteiligung gehen oft mit zahlreichen Funktionsstörungen einher. Zu den möglichen Symptomen einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zählen:
Bei Gaumenspalten fehlt der Zunge das Gaumengewölbe als Widerlager. Dadurch besteht die Gefahr, dass sie beim Neugeborenen nach hinten zurückfällt und die Atemwege verlegt. Schwerwiegende Atemprobleme bei Babys mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte sind aber selten.
Auch hier ist das fehlende Gaumen-Widerlager die Ursache. Säuglinge saugen nämlich nicht an der
Brustwarze
, sie melken diese, indem sie sie zwischen Zunge und Gaumen massieren. Ohne Gaumengewölbe bekommen sie nicht genügend Milch. Alleinige Lippenspalten beeinflussen die Nahrungsaufnahme dagegen kaum.
Weil bei Gaumenspalten kein Abschluss zwischen Mund- und Nasenhöhle besteht, ist die Lautbildung oft gestört. Die betroffenen Kinder näseln beim Sprechen (Rhinophonie). Eine Lippenspalte hat kaum Auswirkungen auf das Sprechen. Nur sehr breite Formen, die nicht behandelt werden, verursachen Sprechstörungen.
Zwischen
Mittelohr
und Mundhöhle besteht eine Verbindung, die
Eustachische Röhre
. Beim Schlucken öffnet sie sich kurzzeitig und belüftet somit das Mittelohr beziehungsweise sorgt für einen Druckausgleich. Dieser Mechanismus ist bei einer Weichgaumenspalte oft gestört, die Eustachische Röhre öffnet sich nicht richtig. Das führt häufig zu Problemen wie Sekretansammlungen und Entzündungen im Mittelohr.
Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte bewirkt oft eine unausgeglichene Kräfteverteilung im Gesicht. So sind bei einer Lippen- oder Gaumenspalte bestimmte Muskeln unterbrochen, die dann falsch ansetzen. Dadurch entsteht ein muskuläres Ungleichgewicht, das manchmal zu Wachstumsstörungen führt.
Viele Kinder mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte haben deshalb Fehlbildungen an der Nase, wie eine schiefe Nasenscheidewand oder zu kleine Nasenlöcher. In ausgeprägten Fällen behindert dies die Nasenatmung und zwingt die Betroffenen, durch den
Mund
zu atmen. Auch das Kieferwachstum ist in manchen Fällen beeinträchtigt. Der Oberkiefer ist im Vergleich zum Unterkiefer zu kurz (maxilläre Retrognathie).
Sowohl die Stellung als auch die korrekte Anzahl der oberen Zähne sind durch eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte oft beeinträchtigt. Besonders die angrenzenden Zähne sind davon betroffen. Der seitliche Schneidezahn ist etwa häufig verkümmert oder fehlt sogar. Außerdem haben die spaltnahen Zähne oft nur wenig Zahnschmelz, was sie anfälliger für
Karies
macht.
Bei Gaumenspalten wird die eingeatmete Luft in der Nase nicht genügend befeuchtet. Trockene Atemluft fördert wiederum Kariesbildung an den Zähnen sowie Infektionen im Mund-, Nasen- und Rachenraum.
Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte fällt normalerweise sofort bei der ersten Untersuchung des Neugeborenen auf. Lediglich eine submuköse, das heißt unter der Schleimhaut gelegene Gaumenspalte, wird nicht immer gleich erkannt. Auf sie wird ein HNO- oder Kinderarzt womöglich erst dann aufmerksam, wenn das Kind ungewöhnlich oft an Mittelohrentzündungen leidet.
Weil die betroffenen Kinder oft noch andere Fehlbildungen haben, macht es Sinn, sie in den ersten Lebenstagen umfangreich daraufhin zu untersuchen. So werden zum Beispiel das
Herz
, die Augen und das Gehör genauer überprüft.
Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte lässt sich eventuell schon vor der Geburt in einer Ultraschalluntersuchung erkennen. Im Rahmen der Ultraschalluntersuchungen der Schwangerenvorsorge ist eine genaue Darstellung des Gesichts des ungeborenen Kindes aber normalerweise nicht enthalten.
Nur an spezialisierten Zentren gehört diese Gesichtsuntersuchung dazu. Ein erfahrener Arzt erkennt eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte mit hoher Wahrscheinlichkeit. Isolierte Gaumenspalten sind schwerer zu identifizieren. Selbst an spezialisierten Häusern wird nur jede fünfte davon entdeckt.
Eine Ultraschalluntersuchung des fetalen Gesichts wird meist dann durchgeführt, wenn in der Familie bereits Spalt-Fehlbildungen bekannt sind. Sollte dabei eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte diagnostiziert werden, lässt sich die Spaltform mit der sogenannten Volumensonografie näher bestimmen.
Sollte die Fehlbildung Teil eines erblichen Syndroms sein, lässt sich das eventuell mit bestimmten Untersuchungen der Erbsubstanz (Karyogramm, molekulargenetische Untersuchung) feststellen.
Die Therapie einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist langwierig und kompliziert. Sie erfolgt in der Regel an spezialisierten Spaltzentren. Dort arbeiten Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, Kieferorthopäden, HNO-Ärzte und Logopäden zusammen und erstellen für jeden Patienten einen passenden Therapieplan.
In aller Regel geht man die Therapie einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte schon bald nach der Diagnose an. Die wesentlichen Schritte finden in den ersten Lebensjahren der Kinder statt. Eine Behandlung an erwachsenen Patienten ist in Ländern mit moderner medizinischer Versorgung heutzutage selten.
Ziel ist es, die Spalte beziehungsweise die Spalten in allen Abschnitten zu schließen (Primärbehandlung). Dabei sind Funktionseinschränkungen und spätere Wachstumsstörungen zu vermeiden. Außerdem wird auf ein kosmetisch zufriedenstellendes Ergebnis geachtet. Neben den Operationen zum Spaltverschluss sind oft vorbereitende Maßnahmen sowie Eingriffe im weiteren Verlauf der Therapie (Sekundärbehandlung) erforderlich.
Einen einheitlichen Therapiestandard bei einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte gibt es nicht. Die verschiedenen Behandlungszentren gehen teils sehr unterschiedlich vor, besonders die Zeitabläufe variieren. Das grundsätzliche Vorgehen ist aber meist gleich.
Zunächst ist wichtig, dass es einem Baby mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte gelingt, ungestört zu trinken und so das Stillen zu ermöglichen. Bei einer reinen Lippenspalte ist das normalerweise kein Problem, Kinder mit Gaumenspalten benötigen dafür jedoch eine spezielle Gaumenplatte (Obturator). Diese wird nach einem Abdruck passgenau aus Kunststoff angefertigt und dem Säugling in den Mund eingelegt.
So entsteht ein Widerlager für die Zunge.
Die Gaumenplatte muss regelmäßig an den wachsenden Knochen angepasst werden. Sie ermöglicht dem Kind nicht nur die Nahrungsaufnahme, sondern steuert auch das Kieferwachstum. So hilft sie dabei, dass sich die Kiefer- und Gaumenspalten verschmälern. Das wiederum erleichtert später die Operation.
Gelingt dies mit der Gaumenplatte alleine nicht, gibt es zu diesem Zweck weitere kieferorthopädische Methoden.
Besonders im Zusammenhang mit Weichgaumenspalten entstehen im Mittelohr häufig Sekretansammlungen. Das führt in manchen Fällen zu Schwerhörigkeit, die später wiederum die
Sprachentwicklung
stört. Ein spezialisierter Hals-Nasen-Ohrenarzt untersucht deshalb noch vor der ersten Operation, ob eine solche Sekretansammlung vorliegt und ob das Hörvermögen beeinträchtigt ist.
Falls ja, legt der Arzt in die Trommelfelle mitunter sogenannte Paukenröhrchen ein. Darüber fließt das Sekret dauerhaft ab.
Die verschiedenen Abschnitte einer durchgehenden Lippen-Kiefer-Gaumenspalte werden meistens nicht auf einmal geschlossen, sondern zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Für den Verschluss stehen verschiedene Operationstechniken zur Verfügung.
Lippenspalte:
Man beginnt gewöhnlich mit dem Verschluss der Lippenspalte, am besten zwischen dem vierten und sechsten Lebensmonat. Einige Spaltzentren führen den Eingriff schon ab dem dritten Monat durch.
Gaumenspalte:
Eine Spalte im weichen Gaumen sollte ebenfalls möglichst früh verschlossen werden, spätestens bis zum ersten Geburtstag – am besten aber wie die Lippenspalte schon wenige Monate nach der Geburt, um rechtzeitig eine Mittelohrbelüftung zu ermöglichen.
Mit dem Verschluss des harten Gaumens wartet man etwas länger, um zu vermeiden, dass mögliche Operationsnarben das Kieferwachstum stören. Andererseits ist es wichtig, dass die Nasenhöhle von der Mundhöhle getrennt ist, damit das Kind das Sprechen richtig erlernt. Ein Spalt im harten Gaumen wird deshalb um den zweiten Geburtstag herum, spätestens zweieinhalb Jahre nach der Geburt verschlossen.
Kieferspalte:
Eine schmale Kieferspalte lässt sich eventuell zusammen mit der Spalte im harten Gaumen verschließen. Ist die Spalte im Kiefer zu breit, muss sie durch zusätzlichen Knochen überbrückt werden. Dann ist eine Spaltosteoplastik nötig. Knochenmaterial, etwa aus Hüftknochen oder Schienbein, wird in die Spaltlücke eingesetzt. Der Knochen verwächst allmählich und schließt so die Spalte.
Einen Kieferspaltverschluss mittels Osteoplastik führt man meist zwischen dem siebten und elften Lebensjahr, am besten vor Durchbruch des Eckzahns, durch. Denn der Eckzahn lässt sich dann kieferorthopädisch in die Lücke bewegen, wo er nun ein knöchernes Widerlager hat.
Auch wenn die operativen Verschlüsse einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte nach Plan verlaufen, bleiben oft funktionelle und ästhetische Probleme bestehen. Mitunter sind sie die Folge von Operationsnarben.
Um diese Defekte zu korrigieren, sind eventuell weitere Eingriffe nötig, wie etwa sprachverbessernde Operationen, Nasenkorrekturen oder der Verschluss von Restlöchern im Gaumen. Sie sollten so bald wie möglich erfolgen. Für Nasenkorrekturen wartet man aber meist das Ende des Nasenwachstums ab, weil sonst die Gefahr für Fehlstellungen besteht.
Begleitend zu den chirurgischen Eingriffen werden die Patienten regelmäßig kieferorthopädisch untersucht und bei Bedarf behandelt. Vor allem beim Durchbruch der
Milchzähne
und später der bleibenden Zähne achten Ärzte genau auf Fehlstellungen.
Außerdem ist eine logopädische Betreuung der Kinder wichtig. Diese sollte schon im ersten Lebensjahr beginnen und dabei unter anderem die Entwicklung der Lippen-, Zungen- und Gaumenmuskulatur überprüfen. Im zweiten und dritten Lebensjahr überwacht der Logopäde die Lautbildung und greift wenn nötig therapeutisch ein.
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten sind komplizierte Fehlbildungen, die unbehandelt zu zahlreichen Komplikationen führen. Es braucht ein spezialisiertes Behandlungsteam und Zeit, um alle ästhetischen und funktionellen Einschränkungen zu beheben.
Die wesentlichen Operationen bei einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte erfolgen meist in den ersten drei Lebensjahren, aber nachfolgende, korrigierende chirurgische Eingriffe sind teilweise bis ins junge Erwachsenenalter nötig.
Auch in den operationsfreien Phasen finden in regelmäßigen Abständen Kontrolluntersuchungen statt. Die häufigen Untersuchungen empfinden manche Betroffene als seelisch belastend. Dann ist es für Kinder und ihre Eltern eventuell sinnvoll, sich im Rahmen der Behandlung psychotherapeutisch begleiten lassen. Zudem gibt es Selbsthilfegruppen und Elterninitiativen, die Rückhalt bieten.
Am Ende der Therapie steht meist ein gutes Ergebnis. Die Patienten leben beschwerdefrei und von der einstigen
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
sieht man kaum mehr als eine kleine Narbe an der Oberlippe.
Da es für eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte verschiedene Ursachen gibt, lässt sich ihr nicht durch eine einzelne Maßnahme vorbeugen. Die vorbeugende Gabe von Vitamin B1 in den ersten beiden Schwangerschaftsmonaten soll die Häufigkeit der Fehlbildung verringern.
Es ist jedoch nicht ratsam, während der Schwangerschaft auf eigene Faust Vitaminpräparate einzunehmen. Wenn Sie schwanger sind, lassen Sie sich von Ihrem Frauenarzt beraten, wie Sie eine gesunde Vitaminversorgung sicherstellen.
Generell ist es zum Schutz vor Fehlbildungen wie einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte empfehlenswert, schädigende Stoffe wie Nikotin oder
Alkohol in der Schwangerschaft
konsequent zu meiden.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
Kurzübersicht
Was ist eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte?
Welche Formen der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte gibt es?
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: Position
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: Schweregrad
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: Häufigkeit
Welche Ursachen hat eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte?
Genetische Einflüsse
Kombination mit anderen Fehlbildungen
Welche Symptome verursacht eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte?
Atemstörungen
Erschwerte Nahrungsaufnahme
Gestörte Sprachentwicklung
Fehlende Mittelohrbelüftung
Wachstumsstörungen
Schäden und Fehlbildungen an den Zähnen
Trockene Atemluft
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: Untersuchungen und Diagnose
Pränatale Diagnostik
Wie wird eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte behandelt?
Kieferorthopädische Vorbehandlung
HNO-ärztliche Behandlung
Operativer Spaltverschluss
Nachfolgende Operationen und Begleitbehandlung
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: Wie ist die Prognose?
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: Gibt es eine Vorbeugung?
Autoren- & Quelleninformationen