Illness name: vogelgrippe
Description:
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Vogelgrippe
ist eine Infektionskrankheit, die durch verschiedene Typen von Grippeviren verursacht wird. Normalerweise kommen sie nur bei Geflügel vor und sind für den Menschen harmlos. Manche Virentypen können aber auf den Menschen überspringen und dann sehr gefährlich werden. Abhängig vom Erreger sterben dann bis zur Hälfte aller Infizierten daran. Hier lesen Sie alles, was Sie über Vogelgrippe wissen müssen.
Unter Vogelgrippe verstehen Experten eigentlich ganz allgemein eine Tiererkrankung durch Vogel-Influenzaviren. Sie wird auch als
aviäre Influenza
oder
Geflügelpest
bezeichnet, und betrifft meist Hühner, Puten, Enten, aber auch Wildvögel, die sie in die Mastbetriebe einschleppen.
Verursacht wird die Vogelgrippe von
Influenza A-Viren
, von denen es verschiedenen Untergruppen (Subtypen) gibt. Manche davon scheinen gar nicht auf den Menschen überzuspringen, bei anderen ist eine Ansteckung bei sehr engem Kontakt zum Federvieh möglich. Bislang sind weltweit rund 1000 Fälle von Vogelgrippe beim Menschen bekannt - die meisten davon in Asien. Von diesen starben je nach Erreger-Subtyp zwischen 20 und 50 Prozent der Infizierten.
Influenza-Viren tragen bestimmte Eiweiße auf ihrer Oberfläche, die für sie charakteristisch sind. Dazu gehören
Hämagglutinase
(kurz H) und
Neuraminidase
(kurz N). Mithilfe dieser Proteine können die
Viren
den Organismus, den sie befallen, schädigen. Bisher sind 18 verschiedene Hämagglutinasen und 11 verschiedene Neuraminidasen bekannt. Nach der Zusammensetzung der Proteine, welche ein Virus auf seiner Oberfläche trägt, richtet sich seine Bezeichnung. So gibt es zum Beispiel die Vogelgrippe-Subtypen H7N9, H5N1 und H7N2.
Manche dieser Vogelgrippe-Subtypen können schwere Erkrankungen bei den betroffenen Vögeln auslösen (z.B. H5N1). Sie werden als
hochpathogen
bezeichnet. Andere Subtypen verursachen bei den befallenen Tieren nur leichte oder gar keine Symptome, sind also
niedrigpathogen
(z.B. H7N7). Subtypen, die auch Menschen befallen können, werden
humanpathogen
genannt.
Vogelgrippe-Viren befallen hauptsächlich den Atemtrakt. Daher sind die meist plötzlich auftretenden Symptome im Allgemeinen
grippeähnlich
:
In etwa der Hälfte der Fälle klagen Patienten auch über
Magen-Darm-Beschwerden
. Dazu zählen:
Manche Patienten entwickeln im Krankheitsverlauf zudem eine schwere
Lungenentzündung
(
Pneumonie
). Verantwortlich dafür ist meist nicht das Vogelgrippe-Virus selbst, sonder viel öfters eine zusätzliche Infektion mit
Bakterien
(Sekundärinfektion) - die Bakterien nutzen aus, dass das Immunsystem gerade durch die Virus-Infektion geschwächt ist, und befallen die
Lunge
. Betroffene Patienten leiden unter schwerer Atemnot und husten manchmal
Blut
. Oft führt die Lungenentzündung zum Tod.
Die Vogelgrippe kann beim Menschen auftreten, wenn die Erreger, die sonst nur Geflügeltiere befallen, auf den Menschen übertragen werden. Meist ist dazu
sehr enger Kontakt
zu den Tieren nötig, denn eigentlich sind die Vogelgrippe-Erreger nicht gut an die Gegebenheiten im menschlichen Organismus angepasst. In vielen Fällen ist bekannt, dass Erkrankte eng mit ihren Nutztieren zusammenlebten.
Bei einer Infektion heften sich die Viren hauptsächlich an Zellen der obersten Zellschicht, die den Atemtrakt auskleidet (Epithel). Menschen und Vögel haben unterschiedliche Epithelien, weshalb nicht jeder Kontakt mit dem Virus beim Menschen zur Erkrankung führt. Vor allem die Virus-Subtypen H7N9 und H5N1 sind in der Vergangenheit auf Menschen übertragen worden. Nicht auszuschließen ist, dass es in Einzelfällen zu einer Übertragung des Virus von Mensch zu Mensch kommen kann.
Mit H5N1 infizierten sich Menschen erstmals in den 90er-Jahren, vor allem in Südostasien und Ägypten. In Deutschland gab es bislang noch keinen Erkrankungsfälle, aber weltweit wurden 850 solcher H5N1-Erkrankungen bei Menschen registriert, wobei 450 der Betroffenen starben (Stand 24.02.2021). Noch ist unklar, warum gerade dieser Virus-Subtyp für den Menschen so fatal ist. Er kann sich jedenfalls sehr schnell verändern, weil er Gene anderer Erreger in sein Erbgut aufnehmen und so neue Eigenschaften entwickeln kann. Bisher hat sich das Virus allerdings noch nicht so weit verändert, dass es von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.
Die große Vogelgrippe-Epidemie, die Mitte Dezember 2003 in Korea begann, wurde durch die Untergruppe H5N1 ausgelöst.
Im Jahr 2013 wurden in China erste Erkrankungen bei Menschen mit einem neuen Subtyp der Vogelgrippe bekannt - H7N9. Es gibt mehr als 1.500 bestätigte Erkrankungsfälle, von diesen starben mindestens 600 (Stand 24.02.2021). Das durchschnittliche Erkrankungsalter lag bei 58 Jahren, und es erkrankten mehr Männer als Frauen an dieser Form der Vogelgrippe.
Es sind Einzelfälle bekannt, in denen Menschen an den Vogelgrippe-Subtypen H5N6, H7N2 und H3N2 erkrankten. Einige der Betroffenen starben.
Im Februar 2021 wurde gemeldet, dass sich 2020 in Russland sieben Arbeiter in einem Geflügelbetrieb mit dem hoch pathogenen Typ A(H5N8) angesteckt hatten. Die Erkrankung verlief mild, und es gab keine Mensch-zu-Mensch-Übertragungen.
Deutschland ist bislang frei von der Vogelgrippe beim Menschen. Durch die Globalisierung und die vielen Reisen, die Menschen heutzutage unternehmen, besteht allerdings die Gefahr, dass Vogelgrippe-Viren nach Deutschland eingeschleppt werden. Grundsätzlich gelten folgende Personengruppen als gefährdet:
Um die Diagnose Vogelgrippe zu stellen, befragt Ihr Arzt Sie zunächst nach Ihrer
Krankheitsgeschichte
(
Anamnese
). Dabei stellt er Ihnen unter anderem folgende Fragen:
Anschließend folgt eine
körperliche Untersuchung
. Unter anderem horcht der Arzt dabei Ihre Lunge ab, misst Ihre Temperatur und schaut sich Ihren
Rachen
an.
Um eine Vogelgrippe-Erkrankung sicher diagnostizieren zu können, kann der Arzt einen
Nasen- oder Rachenabstrich
nehmen. Dieser wird dann in einem Labor auf das Erbgut des Krankheitserregers untersucht.
Bei Verdacht auf Vogelgrippe wird der Patient als Erstes isoliert, um eine mögliche Übertragung auf andere Menschen und damit eine Ausbreitung zu verhindern.
Antivirale Medikamente
(Neuraminidasehemmer wie Zanamivir oder Oseltamivir) können verhindern, dass sich die Viren im Körper ausbreiten. Sie sind aber nur wirksam, wenn sie innerhalb kurzer Zeit nach der Ansteckung gegeben werden.
Ist die Infektion schon länger her, kann die Vogelgrippe ausschließlich
symptomatisch behandelt
werden - also mit dem Ziel, die Beschwerden zu lindern. Die Ursache selbst - das Vogelgrippe-Virus - lässt sich dann nicht mehr direkt bekämpfen. Zur symptomatischen Therapie der Vogelgrippe zählen:
Kindern sollte gegen das Fieber keine
Acetylsalicylsäure
(ASS) gegeben werden. Im Zusammenhang mit dem Vogelgrippe-Virus könnte sich sonst eine lebensbedrohliche Erkrankung, das
Reye-Syndrom
, entwickeln.
Falls eine zusätzliche Infektion mit Bakterien zu einer Lungenentzündung geführt hat, erhalten die Betroffenen ein
Antibiotikum
. Zur Verfügung stehen die Antibiotika-Klassen Betalaktamase-Inhibitoren, Cephalosporine und Makrolide.
Die Zeit zwischen der Ansteckung mit dem Vogelgrippe-Virus und dem Ausbruch der Krankheit (
Inkubationszeit
) beträgt im Durchschnitt zwei bis fünf Tage. Sie kann aber auch bis zu 14 Tage dauern. Typisch sind - wie oben erwähnt - grippeähnliche Symptome bei Vogelgrippe. Oft kommt als Komplikation eine Lungenentzündung hinzu - schwere Atemnot, die im Schnitt sechs Tage nach Krankheitsbeginn auftritt, ist ein Anzeichen dafür. Die Lungenentzündung kann so schwer verlaufen, dass die Betroffenen an einem Lungenversagen sterben. Das beobachtet man bei über der Hälfte der Patienten.
An den Vogelgrippe-Erkrankungen in den 90er-Jahren starben häufiger ältere Menschen, an jenen im Jahr 2013 dagegen viele Kinder.
Nach wie vor ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich Menschen mit der Vogelgrippe infizieren. Grundsätzlich gilt aber wie bei anderen auf den Menschen übertragbaren Tierseuchen:, dass ein Kontakt mit dem Erreger nach Möglichkeit vermieden werden sollte. Daher folgende
Tipps
:
Nicht nur eine nachgewiesene Vogelgrippe-Erkrankung bei einem Mensch sowie ein Tod durch Vogelgrippe muss vom behandelnden Arzt an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden - auch schon der Verdacht auf eine Vogelgrippe-Erkrankung ist meldepflichtig. So können Seuchenbekämpfungsmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet und eine Ausbreitung verhindert werden.
Wenn in einer Geflügelfarm ein Tier an Vogelgrippe erkrankt, wird meist vorsorglich der gesamte Vogelbestand getötet.
Der Impfstoff, der jährlich gegen die "normale"
Grippe
angeboten wird, schützt nicht vor der Vogelgrippe. Dennoch ist es ratsam, dass sich Menschen, die zu den gefährdeten Personengruppen (wie zum Beispiel Geflügelzuchtmitarbeiter) zählen, gegen die Grippe impfen lassen. So lässt sich verhindern, dass das "normale" Grippe-Virus und das Vogelgrippe-Virus gleichzeitig denselben Menschen befallen - dann bestünde nämlich die Möglichkeit, dass sie ihr Erbgut austauschen. In der Folge könnte der Vogelgrippe-Erreger - wie das Grippe-Virus - leichter Menschen befallen können.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Mareike Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und Assistenzärztin für Neurochirurgie in Düsseldorf. Sie studierte Humanmedizin in Magdeburg und sammelte viel praktische medizinische Erfahrung während ihrer Auslandsaufenthalte auf vier verschiedenen Kontinenten.
Vogelgrippe
Vogelgrippe: Beschreibung
Subtypen von Influenza-A-Viren
Vogelgrippe: Symptome
Vogelgrippe: Ursachen und Risikofaktoren
Vogelgrippe-Virus H5N1
Vogelgrippe-Virus H7N9
Andere Subtypen
Erkrankungsrisiko in Deutschland
Vogelgrippe: Untersuchungen und Diagnose
Vogelgrippe: Behandlung
Vogelgrippe: Krankheitsverlauf und Prognose
Vogelgrippe: Vorbeugung
Meldepflicht
Grippe-Impfung
Autoren- & Quelleninformationen